Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Antrag des Ausschusses liegen Anträge der Bayernpartei, der KPD, der WAV und der Sozialdemokratischen Partei zugrunde, die sich auf die Tabaksteuer, die Zigarettenpapiersteuer, die Kaffeesteuer und die Teesteuer beziehen. Der Ausschuß hat die Lage, wie sie durch den Schmuggel gegeben ist, nochmals sehr eingehend und gewissenhaft durchberaten. Dabei lag in erster Linie die Debatte in der 64. Sitzung des Bundestags anläßlich der Interpellation meiner Freunde und meiner Person über den Schmuggel zugrunde. Weiterhin lag zugrunde und haben wir entsprechend gewürdigt die damals gehaltene Rede des Bundesfinanzministers, in der dieser die Schäden aufgezeigt hat, die infolge des Schmuggels unsere deutsche Volkswirtschaft bedrohen.
Der Bundesfinanzminister hat damals ausgeführt, daß der illegale Import durch den Schmuggel auf insgesamt 500 Millionen DM zu schätzen sei und daß dem ein entsprechender Export gegenübergestellt werden müsse. Er hat weiterhin ausgeführt, daß von diesen 500 Millionen DM 240 Millionen DM auf Kaffee und Zigaretten entfielen. Wir glauben, daß diese Ziffern, jedenfalls soweit sie sich auf Kaffee, Tee und Zigaretten beziehen, noch zu niedrig veranschlagt sind. Wir kommen auf Grund folgender Berechnungen zu höheren Schätzungen. Der Bundesfinanzminister hat nicht bestritten, daß der Konsum an geschmuggelten Zigaretten augenblicklich auf mindestens 400 Millionen Stück pro Monat zu veranschlagen ist. Die Internationale Tabakwissenschaftliche Gesellschaft in Amberg hat sich gutachtlich dahin geäußert, daß für die geschmuggelten Zigaretten ab Grenze 38 bis 40 DM pro mille zu zahlen sind. Wenn man diesen Preis zugrunde legt, kommt man zu einem Wert ab Grenze von 200 Millionen DM, der sich beim. Endverbraucher auf 400 Millionen DM stellt.
Beim Kaffee liegen die Dinge ähnlich. Dort ist der Gesamtumsatz beim Endverbraucher nach den unbestrittenen Umsatzziffern auf 480 Millionen DM zu veranschlagen. Wenn man dieselbe Relation zwischen Endverbraucherpreis und Preis ab Grenze zugrunde legt, kommt man auch beim Kaffee auf einen Grenzpreis in Höhe von 240 Millionen DM Allein diese beiden Schmuggelwaren dürften also bereits an der Grenze einen Aufwand von über 400 Millionen DM erfordern. Dazu kommt noch Tee, den man vielleicht mit 20 bis 25 Millionen DM veranschlagen kann. Ferner kommen die übrigen Waren hinzu, die der Bundesfinanzminister in seiner Rede aufgezählt hat und für die er einen Aufwand von 260 Millionen DM, immer ab Grenze gerechnet, veranschlagt hat. Wir kommen damit zu einem Gesamtschmuggelwert von 1,5 Milliarden DM beim Endverbraucher und zu einem illegalen Import von 700 Millonen DM — dem ein entsprechender illegaler Export gegenübergestellt werden muß — sowie zu 800 Millionen DM Gewinnen, die bei den Schmugglern, welche hier im Inland diese Waren weitervertreiben und an den Endverbraucher bringen, entstehen und von denen angenommen werden kann, daß sie samt und sonders der Versteuerung entzogen werden.
Der Bundesfinanzminister hat nun in seiner Rede verschiedene Maßnahmen angekündigt, um den Schmuggel zu bekämpfen. Im Gegensatz dazu haben fast alle Parteien zusätzlich eine Senkung der Verbrauchssteuern gefordert, weil sie der Meinung sind, daß nur auf diese Weise der Anreiz zum Schmuggeln beseitigt werden kann. Der Finanzausschuß hofft, daß der Minister mit seinen Maßnahmen Erfolg hat. Der Finanzausschuß hat für den Gesichtspunkt des Bundesfinanzministers, daß die Verbrauchssteuerkorrekturen allein ja den Schmuggel nicht restlos beseitigen werden, durchaus Verständnis. Wir haben gewürdigt, daß bei den übrigen Schmuggelwaren, Rauschgift, Schokolade, Spirituosen. Parfüms usw. — dazu kommt noch in sehr großem Umfange Benzin —, die Verhältnisse anders liegen als bei den Gegenständen, die durch eine hohe Verbrauchssteuer im Konsumpreis in die Höhe getrieben sind. Der Finanzausschuß richtet daher auch an den Bundesfinanzminister die dringende Bitte, mit allem Nachdruck die Maßnahmen zu fördern, die auf deutscher Seite vorgesehen sind und die auf alliierter Seite erfolgen sollen. Trotzdem wünscht der Finanzausschuß, daß vorsorglich ein Gesetzentwurf in Angriff genommen wird, der die Verbrauchsteuern senkt; und daß ein solcher Gesetzentwurf vorsorglich dem
Bundesrat und dem Bundestag zugeleitet wird, damit keine Zeit verloren wird, falls etwa die Hoffnungen des Finanzministers auf den Erfolg seiner Maßnahmen bei der Schmuggelbekämpfung nicht voll in Erfüllung gehen sollten. Der Ausschuß hat sich dabei von folgenden Erwägungen leiten lassen
Der illegale Export und Import in der Größenordnung von 700 Millionen, von denen, wie ich Ihnen sagte, 500 Millionen auf Tabak, Kaffee und Tee entfallen, muß beseitigt werden. Weiterhin muß die Quelle für die Steuerhinterziehungen beseitigt werden, und die Schwarzgewinne, die erzielt werden, müssen wieder dem legalen Handel und der legalen Industrie zugeführt und damit dann auch ordnungsgemäß versteuert werden. Wir müssen auch die moralischen Auswirkungen beseitigen, die in der letzten Debatte schon eingehend erörtert worden sind, und schließlich handelt es sich um die wichtigste Einnahmeposition des Bundeshaushalts, die hier bedroht ist. Beim Tabak haben wir ein Aufbringen an Verbrauchsteuern, Zöllen und Materialsteuern von 2,2 Milliarden; beim Kaffee wird es sich um etwas mehr als 300 Millionen handeln, und beim Tee dürfte auch noch ein namhafter Betrag hinzukommen. Tatsache ist, daß bis jetzt der Schmuggel zunimmt und der legale Verbrauch abnimmt, und alle Anzeichen deuten darauf hin, daß das Aufkommen aus den Verbrauchsteuern für die eben erwähnten Waren im April noch weiterhin rückgängig geworden ist. Schließlich ist noch zu bedenken, daß die beteiligten Industrien und Handelsfirmen durch den immer zunehmenden Schmuggel bedroht werden, und außerdem ist als sehr wesentlicher Punkt zu bedenken, daß bei Kaffee Handelsverträge mit Südamerika abgeschlossen werden müssen. Diese Handelsverträge werden uns zwingen, ein bestimmtes Quantum Kaffee abzunehmen, welches nur dann im Inlande abgesetzt werden kann, wenn es uns gelingt, den gesamten Kaffeehandel legal zu machen.
Der Finanzausschuß ist der Meinung, daß da: Steueraufkommen nicht gefährdet ist bei einer Steuerermäßigung, wohl aber bei einer Nichtermäßigung und beim Fortbestand des Schwarzhandels; denn der Konsum wird — so ist die Auffassung des Finanzausschusses — durch die entsprechenden Steuerermäßigungen erhöht werden. Die beteiligten Industrien und Handelsfirmen haben gewisse Berechnungen hierüber angestellt, die den Finanzausschuß überzeugt haben. Aus diesen Gründen bittet Sie der Finanzausschuß, entsprechend der Vorlage Nr. 964 zu beschließen, daß die Bundesregierung ersucht wird, den gesetzgebenden Körperschaften bis zum 1. Juli 1950 Gesetzentwürfe über eine ausreichende Senkung der Tabak-, Kaffee- und Teesteuer vorzulegen, und zweitens die Anträge Drucksachen Nr. 865, 868, 885, 538, 800 und 877 durch diese Entschließung als erledigt anzusehen.