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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag. — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1950 2357 65. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1950. Gedenkworte des Präsidenten anläßlich des Grubenunglücks auf der Zeche Dahlbusch 2359A Geschäftliche Mitteilungen . . . 2359B, 2384C, D Eintritt des Abg. Dr. Semler i. d. Bundestag 2359B Zustimmung des Bundesrats zu den Gesetzentwürfen über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Internationalen Weizenabmen 2359B die Anerkennung freier Ehen rassisch und politisch Verfolgter 2359C Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer . . . 2359C die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950 2359C den Bundesfinanzhof 2359C Beseitigung von Kriegsvorschriften über die Siegelung gerichtlicher und notarieller Urkunden 2359C die Ausprägung von Scheidemünzen . 2359C Ergänzung des Gesetzes über die Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1949 sowie über die Haushaltsführung und über die vorläufige Rechnungsprüfung im Bereich der Bundesverwaltung 2359C Antrag des Bundesrats auf Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Art. 74 Abs. 2 des Grundgesetzes bezüglich der Gesetze zur Änderung des Soforthilfegesetzes (Drucksache Nr. 953) 2359C über die Finanzverwaltung (Drucksache Nr. 990) 2359D Bericht des Bundeskanzlers über die Einrichtung eines besonderen Referats beim Bundesministerium für Angelegenheiten der Vertriebenen für in Polen und in der Tschechoslowakei lebende Deutsche (Drucksache Nr. 988) 2359D Anfrage Nr. 66 der Fraktion der FDP betr. erlassene Kaffeesteuer (Drucksachen Nr 818 und 963) 2359D Anfrage Nr. 69 der Fraktion der SPD betr. Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung für das Kupferschieferwerk in Sontra (Drucksachen Nr. 864 und 977) 2359D Anfrage Nr. 71 der Fraktion der FDP betr. Liquidation der staatlichen Erfassungsgesellschaft für öffentliches Gut m. b. H. (Drucksachen Nr. 895 und 979) 2359D Anfrage Nr. 73 der Fraktion der SPD betr. Lehrwerkstätten bei den Reichsbahnausbesserungswerken (Drucksachen Nr. 899 und 969) 2359D Anfrage Nr. 74 der Abg. Dr. Jaeger, Strauß, Spies u. Gen. betr. Verhaftung deutscher Missionsangehöriger in Nordkorea (Drucksachen Nr. 909 und 986) . . . . 2360A Anfrage Nr. 72 der Fraktion der FDP betr. Rückerstattungspflicht von Fürsorgeaufwendungen (Drucksachen Nr. 896 und 987) 2360A Mitteilung betr. elektrotechnische Uhr zur Ankündigung des Schlusses der Redezeit . 2360A Antrag auf Aufsetzung des Antrages der KPD betr. Aufhebung aller gegen die Teilnahme am Pfingsttreffen der Freien Deutschen Jugend in Berlin getroffenen Ausnahmeanordnungen auf die Tagesordnung 2360B Fisch (KPD) (zur Geschäftsordnung) 2360B Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität über die Mandatsniederlegung des Abg. Kurt Müller (Hannover) (Drucksache Nr. 993) 2360B, D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP), Berichterstatter 2361A Renner (KPD) 2363C Ritzel (SPD) 2364B Euler (FDP) 2365C Erste Beratung des von der Fraktion der KPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Zuerkennung der deutschen Staatsangehörigkeit an alle auf der Grundlage des Potsdamer Abkommens ausgesiedelten Personen deutscher Volkszugehörigkeit (Drucksache Nr. 889) . . . 2366B Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 2366B Müller (Hessen) (KPD), Antragsteller 2366C Eichler (SPD) 2368A Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes für den Wohnungsbau: Das „Deutsche Wohnungswerk" (Drucksache Nr. 897) 2368C, 2378C Dr. Preusker (FDP), Antragsteller . 2378D Klabunde (SPD) 2380C Dr. Gerstenmaier (CDU) 2382A Dr. Bertram (Z) 2382D Paul (Düsseldorf) (KPD) 2383D Freiherr von Fürstenberg (BP) . . 2384B Unterbrechung der Sitzung . . 2384D Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mieterschutzgesetzes (Drucksache Nr. 904) . . 2368D, 2384D Dr. Arndt (SPD), Antragsteller 2384D, 2386D Dr. Schneider (FDP) 2385C Ewers (DP) 2386A Paul (Düsseldorf) (KPD) 2386C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit für Dienstvergehen (Drucksache Nr. 905) 2369A Zinn (SPD), Antragsteller . . 2369A, 2372B Dr. Schneider (FDP) 2370A Dr. Miessner (DRP) 2370D Dr. Kleindinst (CSU) 2371B Farke (DP) 2371C Dr. Reismann (Z) 2371D Erste Beratung des Entwurfs eines Preisgesetzes (Drucksachen Nr. 972 und Zu Nr. 972) 2373B Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 2373B Dr. Wellhausen (FDP) 2374B Dr. Baumgartner (BP) 2375C Ewers (DP) 2375D Kurlbaum (SPD) 2376C Niebergall (KPD) 2377B Dr. Reismann (Z) 2377B Schoettle (SPD) (zur Geschäftsordnung) 2378B Etzel (Duisburg) (CDU) 2378B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungschutzes (Drucksache Nr. 924) . . 2387C Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 2387C, 2394C Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 2388D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . . 2389C Fisch (KPD) 2390A Dr. Greve (SPD) 2391A Dr. von Merkatz (DP) 2392C Dr. Kopf (CDU) 2393B Dr. Reismann (Z) 2394A Schoettle (SPD) (zur Abstimmung) 2395B Erste Beratung des von der Fraktion der Bayernpartei eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Art. 105 des Grundgesetzes (Drucksache Nr. 929) . 2395C Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 2395C Dr. Solleder (CSU) 2397A Wönner (SPD) 2397B, 2398D Schmidt (Bayern) (WAV) 2398A Dr. Horlacher (CSU) 2398B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreidegesetz) (Drucksache Nr. 968) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die Anträge der Fraktion der Bayernpartei betr. Getreidebewirtschaftung und Neuregelung der Mühlenkontingentierung (Drucksachen Nr. 713, 101 (neu) und 115) 2399A, 2400B Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2399A Dr. Mühlenfeld (DP), Berichterstatter 2400B Dr. Baumgartner (BP) 2400C Kriedemann (SPD) 2401C Dr. Horlacher (CSU) 2404B Faßbender (FDP) 2406C Niebergall (KPD) 2407C Wallner (WAV) 2408A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über eine Zählung der Bevölkerung, Gebäude, Wohnungen, nichtlandwirtschaftlichen Arbeitsstätten und landwirtschaftlichen Kleinbetriebe im Jahre 1950 (Volkszählungsgesetz 1950) (Drucksache Nr. 982) 2408B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Ausschluß des Umtausches und der Bareinlösung außer Umlauf gesetzter Postwertzeichen (Drucksachen Nr. 921 und 711) 2408C Cramer (SPD), Berichterstatter . . 2108C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Zahlung von Arbeitslosenunterstützungen (Druck- sachen Nr. 898 und 648) 2409C Ludwig (SPD), Berichterstatter . 2409C Nächste Sitzung 2409D Die Sitzung wird um 9 Uhr 38 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Michael Horlacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig, was einige der Herren Vorredner schon gesagt haben, daß wir sehr spät in die Beratung dieses Gegenstandes hineinkommen; denn es ist ja wiederholt bei allen möglichen Gelegenheiten der Wunsch zum Ausdruck gebracht worden, daß eigentlich sowohl die Landwirtschaft als auch die Verbraucherschaft über die Verhältnisse des neuen Wirtschaftsjahres rechtzeitig unterrichtet sein müßten. Also müßte die Unterrichtung jetzt vor dem 1. Juli 1950 erfolgen, und es müßte dann auf der ganzen Linie die Möglichkeit bestehen, daß sich das Wirtschaftsleben, soweit es die landwirtschaftliche Seite angeht, auf diese Verhältnisse einstellt. Denn der Wirtschaftsplan für das gesamte Wirtschaftsjahr ist für die Arbeit des Bauern eine unerläßliche
    Angelegenheit. Hoffentlich gelingt es in Zukunft, über diese Schwierigkeiten hinwegzukommen.
    Ich bin klug genug, um zu wissen, daß wir nicht allein die Verhältnisse bestimmen können, sondern daß da auch noch andere Faktoren in Frage kommen. Ich weiß auch, daß die Regierung große Schwierigkeiten hatte, bis das Gesetz in dieser Form zustande kam. Eine Reihe von Verhandlungen waren notwendig, die Entwürfe wurden wieder abgeändert; und so ist es erst nach wiederholten Beratungen und Entwürfen zu diesem Gesetz gekommen.
    Es ist nach meiner Überzeugung unerläßlich, daß wir die Bevölkerung darauf aufmerksam machen, daß eigentlich das Ganze, was hier an Agrargesetzen geplant ist, zusammengehört. Wenn es nach meinem Willen gegangen wäre, dann wäre ein Gesetz zur Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung und zur Sicherung der Versorgung unserer Bevölkerung erlassen worden,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    daß man sich auf der ganzen Linie ausgekannt hätte. Da hätte man gewußt, daß wir mit den agrarischen Maßnahmen einerseits die Arbeit des Bauern entlohnen und andererseits einen gewissen Lebensstandard unserer Bevölkerung auf den verschiedensten Gebieten möglichst aus eigener Kraft garantieren wollen. Das wäre das Ziel gewesen. Aber manches läßt sich halt bei unseren heutigen Verhältnissen nicht so erreichen. Vielleicht gelingt es in der Zukunft besser.
    So müssen wir uns zunächst mit dem Teilgebiet Getreide, später mit Fett- und Milchgesetz, mit Fleischgesetz, Zuckergesetz usw. beschäftigen. Das Gesetz, wie es jetzt vorliegt, hat verschiedene Grundziele. Einmal, die Sicherung der landwirtschaftlichen Erzeugung auf dem Getreidegebiet herbeizuführen; zweitens, die Versorgung aus der eigenen Kraft möglichst zu erhöhen. Eine große Abhängigkeit von den Lieferungen des Auslandes wird ja trotzdem nach wie vor auf dem Brot- und Getreidesektor bestehen; das bringt ja unsere Lage mit sich. Das Wichtigste ist, daß mit den Produkten des Bauern nicht spekuliert werden soll, sondern daß wir möglichst das ganze Jahr hindurch stabile Preisverhältnisse durchhalten. Deswegen ist es notwendig, daß die Regierung in erster Linie — das ist im Gesetz vorgesehen — über den Versorgungsplan zu Beginn des Wirtschaftsjahres verfügt; und hier muß sich manches ändern. Ich spreche das aus. Die Ziffern aus der Zwangswirtschaft geben kein richtiges Bild mehr. Um den Bauern gegenüber den Einfuhren entsprechend in Schutz nehmen zu können, müssen wir wissen, wie die echte Produktion der deutschen Landwirtschaft in den Westzonen ist, damit sich auf Grund des Versorgungsplans der Regierung die Einfuhrmenge richtig bemessen läßt. Solange diese Berechnungen nicht stimmen, wird die Regierung Schwierigkeiten mit einem fluktuierenden Markt haben, der dann immer da sein wird. Der fluktuierende Markt bringt es dann mit sich, daß die Ausmahlungssätze und all diese Dinge nicht eingehalten werden können, weil die Grundziffern nicht stimmen. Je mehr wir zu einer Abgleichung der Verhältnisse gegenüber der Wirklichkeit kommen, um so besser wird auch der Apparat und die Überwachungstätigkeit der Regierung funktionieren.


    (Dr. Horlacher)

    Das ist eine Frage, die einem sehr ernste Sorgen macht; denn hier geht es wirklich um das Leben des deutschen Volkes, um die Devisen zu ersparen, die wir auf anderen Gebieten, besonders vom Jahre 1952 ab, notwendig brauchen, um unsere Arbeiter in Brot und Beschäftigung zu halten. Hier müssen wir schauen, daß wir die Staatsautorität auf den Gebieten, wo es notwendig ist, unbedingt wiederherstellen. Wir wollen keine Zwangswirtschaft mehr, wir wollen aber Ordnung und Sicherheit. Darin stimme ich mit dem Herrn Kollegen Kriedemann überein; wir sind da nicht so weit voneinander entfernt, wie es aussieht.

    (Zuruf von der SPD: Nicht mehr!)

    Wir sind in den Grundgedanken ziemlich einig. Wir brauchen für das Leben der deutschen Landwirtschaft eine Ordnung; die brauchen wir auf jeden Fall. Von mir aus heißen Sie das Planung oder wie Sie es heißen wollen, es ist mir persönlich gleichgültig. Wir brauchen die Ordnung, weil sic die Sicherheit der Produktion garantiert. Darüber brauchen wir nicht miteinander zu streiten. Ich freue mich auch, daß die Gewerkschaften in ihren Darlegungen die gleichen Gesichtspunkte zum Ausdruck gebracht haben.
    Wir brauchen diese Ordnung auch mit Rücksicht auf den Marshallplan; und das spreche ich auch zur amerikanisch-britischen Seite hin. Die ganze Ordnung unserer Agrarwirtschaft ist auch ein Stück, um den Marshallplan zum Funktionieren bringen zu können. Denn der Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft ist auch das Programm der Besatzungsmächte, und da soll man dem Ratschlag der deutschen Regierung folgen, um diesen Wiederaufbau entsprechend gestalten zu können. Jetzt eilt die Sache, und wir können nicht mehr lange warten. Die Ernte reift heran, der 1. Juli steht vor der Tür, das neue Wirtschaftsjahr beginnt. Wir wollen wissen, was im neuen Wirtschaftsjahr notwendig ist.
    Ich möchte aber noch folgende Grundsätze aufstellen, ohne zu sehr auf die Einzelheiten eingehen zu wollen. Ganz klar und deutlich spreche ich aus, daß wir keinen übermäßigen Behördenapparat wollen, insbesondere nicht mehr das Aufleben der alten Reichsnährstandsbürokratie, sondern wir wollen in dem neuen Getreidegesetz, was beispielsweise die Mühlenstelle oder die Einfuhr- und Vorratsstelle anlangt, einen Apparat haben, der nicht zu groß ist, der den Verhältnissen entspricht und nach kaufmännischen Grundsätzen zu arbeiten versteht.
    Ich will jetzt einmal die Streitfrage der Mühlenstelle aus dem Bereich der Diskussion lassen, darüber wird im Ausschuß noch geredet werden müssen. Ich möchte mich heute dem Hauptkernstück, der Einfuhr- und Vorratsstelle zuwenden und der Bundesregierung eines klar sagen, daß sie bei uns auf schärfsten Widerstand stoßen würde, wenn sie sich etwa, so wie das früher beliebt wurde, eine Reihe von Einrichtungen neu schaffen würde, ohne das in der Wirtschaft schon Bestehende heranzuziehen. Ich darf hier auf die Lagermöglichkeiten unserer Raiffeisen-Genossenschaften, auf die Lagerhäuser des Handels, auf die Lagermöglichkeiten bei den Mühlen hinweisen. Alle diese schon bestehenden wirtschaftlichen Einrichtungen müssen in erster Linie benutzt werden, und es dürfen nicht sogenannte bundesunmittelbare Lagerverhältnisse neu geschaffen werden. Dagegen würden wir uns mit aller Entschiedenheit zur Wehr setzen. Es ist notwendig, daß dieser kaufmännische Apparat, der hier geschaffen werden muß, sich der schon bestehenden Verhältnisse bedient. Also die Wirtschaft muß weitestgehend eingeschaltet werden. Naturgemäß ist hier die entsprechende Ausgestaltung der Organe notwendig; ich möchte mich nicht gegen die Ausführungen des Herrn Kollegen Kriedemann wenden, sondern lediglich das eine betonen, daß auch die landwirtschaftliche Seite, soweit sie genossenschaftlich organisiert ist, in den Verwaltungsorganen und in all diesen Dingen entsprechend zur Geltung kommen muß. Das ist eine Frage, über die wir uns im einzelnen wahrscheinlich werden verständigen können.
    Es kommt dann noch hinzu — da kann ich durchaus zustimmen —, daß wir der Einschaltung cines Organs des Bundestags wohlwollend gegenüberstehen. Wir werden zu prüfen haben, an welcher Stelle der gesetzlichen Bestimmungen wir das einschalten. Denn das ist ein solches Neuland, das ist eine solche Sache, die zwar gewisse Vorbilder im Auslande hat, aber deren Funktionieren man erst einmal sehen muß. Das kann man nicht allein der Selbstverwaltung der beteiligten Wirtschaftskreise oder gar der alleinigen Bestimmung des Bundesministeriums überlassen, sondern da wollen schon die Vertreter des Volkes im Parlament in irgendwelchen Organen Einfluß nehmen, so daß wir bei der Gestaltung der ganzen Verhältnisse entsprechend mitwirken und rechtzeitig unterrichtet sein können. Erschrecken Sie nicht darüber, das ist jetzt meine persönliche Meinung, wenn ich mir hier überlegt habe, ob es nicht zweckmäßig wäre, das Gesetz vielleicht auf ein Jahr zu befristen, damit wir über die Entwicklung fortlaufend genau unterrichtet werden können, damit a wir wissen, wie sich dieser Behördenapparat aufbaut, und damit wir auf den Aufbau des Behördenapparates Einfluß nehmen können. Damit kann man vielleicht gewisse Schwierigkeiten überbrücken, die in den Ausschußberatungen entstehen könnten; denn unter dem Zwang der Verhältnisse müssen wir möglichst rasch zu einer entsprechenden Entscheidung auf diesem Gebiet kommen.
    Dann kommt noch hinzu, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle in der Abwicklung der Geschäfte nach kaufmännischen Gesichtspunkten funktionieren muß. Da heißt es nun im Gesetz: „nach Maßgabe der vorhandenen Haushaltsmittel". Ich weiß, daß es der Gesetzgeber anders gemeint hat; aber wer das Gesetz liest, könnte die Dinge doch falsch verstehen. Hier muß notwendig der Weg gegangen werden, daß die Aufnahme des Getreides durch entsprechende Kreditierung ermöglicht wird — bei einem Produkt wie Getreide ist das durch Lombardierung durchaus möglich —, damit hier keine Stockung in der Manipulierung der Gesamtverhältnisse eintritt. Es kommt darauf an, die ausländischen Verhältnisse mit den inländischen so zu kombinieren, daß es stabile Preisverhältnisse gibt. Deswegen braucht die Einfuhr- und Vorratsstelle die notwendige Beweglichkeit, um das nach kaufmännischen Grundsätzen manipulieren zu können.
    So wird manches, was hier im Gesetz vielleicht stark betont und doch nicht so notwendig ist - wir werden uns das im einzelnen ansehen müssen —, so wird mancher Ballast noch aus vergangenen Tagen aus dem Gesetz zu entfernen sein. Die Bürokratie aus den vergangenen Tagen


    (Dr. Horlacher)

    hat sich noch nicht auf der ganzen Linie dem modernen Geist erschlossen, der für die Neugestaltung auf den verschiedensten Gebieten notwendig ist. Da müssen wir schon noch einigermaßen mitarbeiten.
    Es wäre mir auch erwünscht, wenn der Herr Bundesminister für Wirtschaft, dessen Zuständigkeit hier im Gesetz irgendwie verankert ist, aus der Ernährungswirtschaft herauskommen würde. Die Position des Bundesernährungsministers muß allmählich gestärkt werden, sonst wird oft der Eindruck erweckt, daß der Stärkere im Sektor Wirtschaft sitzt. Das möchten wir nicht haben. Wir wollen also, daß auf diesem Gebiet die Macht des Bundesernährungs- und Landwirtschaftsministeriums verstärkt wird, damit die Verhältnisse entsprechend geregelt werden können.
    Ich bin dem Herrn Minister dankbar, daß er in der Preisfrage so bestimmte Ausführungen gemacht hat. — Es ist sehr richtig, Herr Kollege Kriedemann, wenn Sie sagen: man muß dem Bauern einen entsprechenden Lohn geben; man muß die Getreidepreise entsprechend gestalten. Wir müssen naturgemäß auch auf die Lage des Verbrauchers Rücksicht nehmen; denn das ganze Zusammenspiel der Dinge hängt ja auch von der Kaufkraft der Bevölkerung ab. Nun hat der Herr Minister durchaus recht, wenn er sagt, er sei heute noch nicht in der Lage, zu diesen Dingen präzise Stellung zu nehmen; denn die Verhältnisse auf dem Weltmarkt fluktuieren. Die Dinge sollen ja ab 1. Juli entsprechend gestaltet werden, vielleicht erst ab 15. Juli.
    Zuerst muß das Gesetz fertig sein, dann erst kommt der zweite Akt, dann erst können wir übersehen, wie die Weltmarktlage ist. Die Lage ist dadurch erleichtert, daß wir jetzt dem Internationalen Weizenpakt angeschlossen sind, so daß wir also die Subventionen, die die amerikanischen Farmer bekommen, nicht mehr zu bezahlen brauchen. Hier ist, glaube ich, eine Erleichterung um ungefähr lo DM pro Doppelzentner eingetreten. Das aht den Betrag der Subventionen heruntergebracht. Es wird aber die Frage zu prüfen sein: Wie steht es künftig mit den Subventionen, wie steht es künftig mit der Errechnung der Handelsspanne und all dem, was dazwischen liegt?
    Glauben Sie mir - ich spreche da auch aus den Erfahrungen aus meiner Tätigkeit als Genossenschaftler —: die größten Sorgen macht hier die Gestaltung des Weges vom Erzeuger zum Verbraucher.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir müssen zu einer Verkürzung des Weges kommen und mit dem steigenden Konsum auch zu einer Verbilligung. Das zu erreichen ist unsere Aufgabe.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ob da die Behörde die richtige Stelle ist, das möchte ich bezweifeln. Ich glaube, gewisse Festpreise im Ausgangspunkt und etwas freier Wettbewerb nahe dem Endpunkt des Verbrauchs könnten hier die Lage vielleicht von Grund auf ändern, so daß wir wieder zu einer Normalisierung der Zustände kommen und hier für die Masse unserer Bevölkerung eine wirklich greifbare Änderung zu ihren Gunsten herbeiführen können.
    Das möchte ich dem Gesetz mit auf den Weg geben. Andere Geheimnisse möchte ich jetzt nicht verraten.

    (Heiterkeit.)

    Wir werden uns ja im Ausschuß noch genügend über die Dinge unterhalten können. Ich habe mich nur bemüht, hier mit meinen Ausführungen den Gang der Ereignisse im Ernährungsausschuß nicht zu erschweren. Ich möchte ihn erleichtern. Ich freue mich darüber, daß wir bisher doch eine Plattform haben, die uns die Möglichkeit gibt, in gemeinsamer emsiger Arbeit ein vernünftiges Gesetz für die Regelung unserer Getreidewirtschaft und eines wichtigen Wirtschaftsfaktors zustandezubringen. Das würde ich wünschen. Soweit meine Kräfte dazu angetan sind, bin ich bereit, ohne Rücksicht auf irgendwelche Parteigegensätze daran mitzuarbeiten, daß wir eine Ordnung in unserer bäuerlichen Wirtschaft auf möglichst breiter Basis herbeiführen können.

    (Bravo! und Händeklatschen bei den Regierungsparteien und bei der SPD.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Faßbender. 12 Minuten!

(Zuruf von der SPD: Jetzt kommt der dritte Sozialdemokrat!)


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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Darüber dürfen Sie nachher reden!
    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte ein Wort wiederholen, das ich bei einer Agrardebatte im Wirtschaftsrat einmal gebraucht habe: „Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt."

    (Heiterkeit.) Wir haben heute den 1. Juni, und das neue Wirtschaftsjahr auf dem agrarischen Sektor beginnt bekanntlich in 30 Tagen. Vier Gesetze, an denen die Landwirtschaft, aber auch die Verbraucher dringend interessiert sind, die Gesetze für Getreide, Zucker, Vieh und Fleisch, Milch und Fett, sollten eigentlich längst nicht nur vorgelegt, sondern verabschiedet sein, damit sowohl auf dem agrarischen Sektor die Erzeugung weiß, woran sie ist, wie aber auch die Verbraucher wissen, wie sie sich einzustellen haben.

    Vier Wochen vor dem neuen Erntejahr legt man uns — Herr Minister, ich muß das zutiefst bedauern -- ein kleines Stückwerk- dieses Werkes und dazu noch in Rahmenform vor. Ich bin mir weiß Gott nicht darüber im klaren, wann nun die dazugehörigen Ausführungsbestimmungen eigentlich erlassen werden sollen, nachdem Sie respektive Ihr Ministerium 5 Monate gebraucht haben, hier ein Rahmengesetz vorzulegen, über dessen Inhalt man sich, glaube ich, in den Ausschüssen noch sehr ernst wird unterhalten müssen.
    Ich will nicht so gehässig sein, wie es heute ein Bekannter von mir ausdrücken zu müssen glaubte: Fünf Monate hat man anscheinend nötig gehabt, um ein Reichsnährstandsgesetz abzuschreiben.

    (Heiterkeit.)

    Meine Damen und Herren! Was in diesem Gesetz verankert ist oder verankert werden soll, ist praktisch eine Machtfülle einer Bürokratie, zu der wir absolut kein Vertrauen haben,

    (Hört! Hört! bei der SPD)



    (Faßbender)

    t einer Bürokratie, die bisher — das muß man ein-. mal ruhig aussprechen - auf dem agrarischen Sektor die Dinge manchmal verwirrt, aber nicht entwirrt hat. Ich brauche bloß auf die Entwicklung - -

    (Anhaltende Zurufe links.)

    - Sie können ja mitarbeiten! Ich hoffe, daß Ihre Agrarfreundlichkeit bei dem wichtigsten Punkt, nämlich der Bezahlung der ländlichen Arbeit, so entscheidend sein wird wie jetzt Ihre Kritik.

    (Bravo! rechts.)

    Ich möchte bloß daran erinnern: auf dem Milch- und Fettsektor und auf dem Gebiet der Fleischerzeugung sind die Dinge absolut nicht so gelaufen, wie sie hätten laufen müssen, wenn die deutsche Landwirtschaft auf den Höchststand ihrer Erzeugungskraft gebracht werden soll, und ich glaube, das ist eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit, über deren Ernst es hoffentlich nicht zweierlei Meinung gibt. Gelingt es uns nicht, die deutsche Agrarerzeugung innerhalb der nächsten zwei Jahre auf einen Höchststand zu bringen, dann, meine Damen und Herren, befürchte ich allen Ernstes, daß wieder Zeiten eintreten können, die wir hoffentlich nicht wieder zu erleben brauchen.
    Ich verstehe auch nicht, warum man in dieses Gesetz alle möglichen Kautelen über Dinge einbaut, die vielleicht einmal kommen könnten. Ich glaube, es hätte genügt, ein Gesetz zu schaffen, einfach, klar, ohne allzuviele bürokratische Bestimmungen, und man hätte die Handhabung dieses Gesetzes dann unter Ihrer Aufsicht, Herr Minister, den Kreisen überlassen sollen, die von wirtschaftlichen Dingen etwas mehr verstehen als eine Staatsbürokratie.

    (Zuruf von der CDU: Um bei Wallenstein zu bleiben, das war kein Heldenstück!)

    Dieses Kernstück — denn alles andere an diesem Gesetz ist mehr oder weniger Beiwerk — ist Schleuse und Vorratshaltung. Das ist das einzig Primäre! Wer diese Schleuse und Vorratshaltung in der Hand hat und zu handhaben weiß, dem ist es nicht schwer, den ganzen deutschen Getreidemarkt zu lenken.
    Ein anderes Moment, wo die Meinungen bestimmt auseinandergehen werden, betrifft die Mühlenstelle. Ich darf ein paar ganz ernste Worte einmal zu dem Problem der Mühlen schlechthin sagen. Es ist eine bekannte Tatsache, daß die Kapazität der vorhandenen deutschen Mühlen praktisch bloß zu etwa 400/o ausgelastet ist. Hier müssen natürlich auf die Dauer gesehen andere Verhältnisse Platz greifen. Wir möchten aber eines ganz eindeutig sagen: daß wir alles tun werden, um den Schutz der Klein- und Mittelmühlen zu gewährleisten. Denn die deutsche Landwirtschaft hat an der Existenzkraft dieser Klein- und Mittelmühlen mehr Interesse als an ein paar großen Konzernmühlen. Wenn hier schon Einschränkungen gemacht werden müssen, dann, glaube ich, sollte man sie bei dem Sektor der Konzern- und Großmühlen vornehmen. Es dürfte nicht unbekannt sein, daß der Brotverbrauch von 300 kg pro Kopf im Jahre 1800 auf heute vielleicht 130 kg zurückgegangen ist. Wir begrüßen an sich diese Entwicklung, denn sie beweist uns, daß das Volk zu veredelteren Nahrungsmitteln übergegangen ist, und das setzt immerhin das Vorhandensein einer Kaufkraft voraus. Das zwingt uns aber, auf dem Gebiet des Mühlensektors so oder so über K kurz oder lang zur Ordnung zu kommen. Und das, Herr Minister, was Sie mit Ihrer Mühlen-stelle vorhaben, läßt die Dinge wieder ein Jahr lang weiterschlittern. Wir sehen auch keine Möglichkeit, wie bei einer Kontingentierung der Mühlen, sagen wir einmal, ein freier Wettbewerb zum Tragen kommen kann.
    Das sind Dinge, die bei uns ernste Besorgnis erregen. Wir werden selbstverständlich mitarbeiten und versuchen, in den Ausschüssen die Dinge so zu gestalten, wie wir sie glauben gestalten zu müssen im Interesse einer produktionskräftigen Landwirtschaft, aber auch im Interesse einer Verbraucherschaft, die auf dem kürzesten Weg mit Erzeugnissen zu erträglichen Preisen versorgt werden muß.

    (Beifall bei der FDP.)