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ID0106512900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag. — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1950 2357 65. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1950. Gedenkworte des Präsidenten anläßlich des Grubenunglücks auf der Zeche Dahlbusch 2359A Geschäftliche Mitteilungen . . . 2359B, 2384C, D Eintritt des Abg. Dr. Semler i. d. Bundestag 2359B Zustimmung des Bundesrats zu den Gesetzentwürfen über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Internationalen Weizenabmen 2359B die Anerkennung freier Ehen rassisch und politisch Verfolgter 2359C Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer . . . 2359C die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1950 2359C den Bundesfinanzhof 2359C Beseitigung von Kriegsvorschriften über die Siegelung gerichtlicher und notarieller Urkunden 2359C die Ausprägung von Scheidemünzen . 2359C Ergänzung des Gesetzes über die Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1949 sowie über die Haushaltsführung und über die vorläufige Rechnungsprüfung im Bereich der Bundesverwaltung 2359C Antrag des Bundesrats auf Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Art. 74 Abs. 2 des Grundgesetzes bezüglich der Gesetze zur Änderung des Soforthilfegesetzes (Drucksache Nr. 953) 2359C über die Finanzverwaltung (Drucksache Nr. 990) 2359D Bericht des Bundeskanzlers über die Einrichtung eines besonderen Referats beim Bundesministerium für Angelegenheiten der Vertriebenen für in Polen und in der Tschechoslowakei lebende Deutsche (Drucksache Nr. 988) 2359D Anfrage Nr. 66 der Fraktion der FDP betr. erlassene Kaffeesteuer (Drucksachen Nr 818 und 963) 2359D Anfrage Nr. 69 der Fraktion der SPD betr. Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung für das Kupferschieferwerk in Sontra (Drucksachen Nr. 864 und 977) 2359D Anfrage Nr. 71 der Fraktion der FDP betr. Liquidation der staatlichen Erfassungsgesellschaft für öffentliches Gut m. b. H. (Drucksachen Nr. 895 und 979) 2359D Anfrage Nr. 73 der Fraktion der SPD betr. Lehrwerkstätten bei den Reichsbahnausbesserungswerken (Drucksachen Nr. 899 und 969) 2359D Anfrage Nr. 74 der Abg. Dr. Jaeger, Strauß, Spies u. Gen. betr. Verhaftung deutscher Missionsangehöriger in Nordkorea (Drucksachen Nr. 909 und 986) . . . . 2360A Anfrage Nr. 72 der Fraktion der FDP betr. Rückerstattungspflicht von Fürsorgeaufwendungen (Drucksachen Nr. 896 und 987) 2360A Mitteilung betr. elektrotechnische Uhr zur Ankündigung des Schlusses der Redezeit . 2360A Antrag auf Aufsetzung des Antrages der KPD betr. Aufhebung aller gegen die Teilnahme am Pfingsttreffen der Freien Deutschen Jugend in Berlin getroffenen Ausnahmeanordnungen auf die Tagesordnung 2360B Fisch (KPD) (zur Geschäftsordnung) 2360B Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität über die Mandatsniederlegung des Abg. Kurt Müller (Hannover) (Drucksache Nr. 993) 2360B, D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP), Berichterstatter 2361A Renner (KPD) 2363C Ritzel (SPD) 2364B Euler (FDP) 2365C Erste Beratung des von der Fraktion der KPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Zuerkennung der deutschen Staatsangehörigkeit an alle auf der Grundlage des Potsdamer Abkommens ausgesiedelten Personen deutscher Volkszugehörigkeit (Drucksache Nr. 889) . . . 2366B Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 2366B Müller (Hessen) (KPD), Antragsteller 2366C Eichler (SPD) 2368A Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes für den Wohnungsbau: Das „Deutsche Wohnungswerk" (Drucksache Nr. 897) 2368C, 2378C Dr. Preusker (FDP), Antragsteller . 2378D Klabunde (SPD) 2380C Dr. Gerstenmaier (CDU) 2382A Dr. Bertram (Z) 2382D Paul (Düsseldorf) (KPD) 2383D Freiherr von Fürstenberg (BP) . . 2384B Unterbrechung der Sitzung . . 2384D Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mieterschutzgesetzes (Drucksache Nr. 904) . . 2368D, 2384D Dr. Arndt (SPD), Antragsteller 2384D, 2386D Dr. Schneider (FDP) 2385C Ewers (DP) 2386A Paul (Düsseldorf) (KPD) 2386C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit für Dienstvergehen (Drucksache Nr. 905) 2369A Zinn (SPD), Antragsteller . . 2369A, 2372B Dr. Schneider (FDP) 2370A Dr. Miessner (DRP) 2370D Dr. Kleindinst (CSU) 2371B Farke (DP) 2371C Dr. Reismann (Z) 2371D Erste Beratung des Entwurfs eines Preisgesetzes (Drucksachen Nr. 972 und Zu Nr. 972) 2373B Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 2373B Dr. Wellhausen (FDP) 2374B Dr. Baumgartner (BP) 2375C Ewers (DP) 2375D Kurlbaum (SPD) 2376C Niebergall (KPD) 2377B Dr. Reismann (Z) 2377B Schoettle (SPD) (zur Geschäftsordnung) 2378B Etzel (Duisburg) (CDU) 2378B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungschutzes (Drucksache Nr. 924) . . 2387C Ritter von Lex, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 2387C, 2394C Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 2388D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . . 2389C Fisch (KPD) 2390A Dr. Greve (SPD) 2391A Dr. von Merkatz (DP) 2392C Dr. Kopf (CDU) 2393B Dr. Reismann (Z) 2394A Schoettle (SPD) (zur Abstimmung) 2395B Erste Beratung des von der Fraktion der Bayernpartei eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Art. 105 des Grundgesetzes (Drucksache Nr. 929) . 2395C Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 2395C Dr. Solleder (CSU) 2397A Wönner (SPD) 2397B, 2398D Schmidt (Bayern) (WAV) 2398A Dr. Horlacher (CSU) 2398B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreidegesetz) (Drucksache Nr. 968) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die Anträge der Fraktion der Bayernpartei betr. Getreidebewirtschaftung und Neuregelung der Mühlenkontingentierung (Drucksachen Nr. 713, 101 (neu) und 115) 2399A, 2400B Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2399A Dr. Mühlenfeld (DP), Berichterstatter 2400B Dr. Baumgartner (BP) 2400C Kriedemann (SPD) 2401C Dr. Horlacher (CSU) 2404B Faßbender (FDP) 2406C Niebergall (KPD) 2407C Wallner (WAV) 2408A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über eine Zählung der Bevölkerung, Gebäude, Wohnungen, nichtlandwirtschaftlichen Arbeitsstätten und landwirtschaftlichen Kleinbetriebe im Jahre 1950 (Volkszählungsgesetz 1950) (Drucksache Nr. 982) 2408B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Ausschluß des Umtausches und der Bareinlösung außer Umlauf gesetzter Postwertzeichen (Drucksachen Nr. 921 und 711) 2408C Cramer (SPD), Berichterstatter . . 2108C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Zahlung von Arbeitslosenunterstützungen (Druck- sachen Nr. 898 und 648) 2409C Ludwig (SPD), Berichterstatter . 2409C Nächste Sitzung 2409D Die Sitzung wird um 9 Uhr 38 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Herbert Kriedemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist für meine politischen Freunde und mich nahezu eine Selbstverständlichkeit, grundsätzlich ja zu sagen zu einem Gesetz, das die Aufgabe hat, auf einem wichtigen Teilgebiet unserer Wirtschaft Ordnung zu schaffen. Wir befinden uns da in keiner neuen Situation, und für uns bedeutet das auch nicht die Spur einer inneren Umkehr, was vielleicht nicht jeder für sich in Anspruch nehmen kann, der heute zu diesem Gesetz und zu diesem Unternehmen der Marktordnung für die Landwirtschaft ja zu sagen bereit ist. Schließlich haben wir unsere Kritik an der sogenannten freien Wirtschaft nicht zuletzt im Interesse der Landwirtschaft geführt. Wir haben es vom ersten Tage dieser sogenannten freien Wirtschaft an immer ausgesprochen, daß die Landwirtschaft als ein leider sehr schwaches Glied in unserer Volkswirschaft zugleich mit den kaufkraftschwachen Verbraucherschichten unter dieser freien Wirtschaft zu leiden haben wird. Wir konnten deshalb manche Zustimmung zu unserer Kritik, die sich in den Vorbesprechungen über das Problem der Marktordnung im Ernährungsausschuß in reichem Maße gezeigt hat, mit einigem Vergnügen quittieren. Ein bißchen wird das Vergnügen durch das bedauern beeinträchtigt, daß die Erkenntnis so spät kommt

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    bei denjenigen, die es immer mit Vorliebe für sich in Anspruch nehmen, die Belange der Landwirtschaft sozusagen berufsmäßig zu vertreten.
    Diese grundsätzliche Zustimmung erspart uns jedoch nicht eine recht erhebliche Kritik an der Form, in der hier der Versuch zur Wiederherstellung der Ordnung in der Landwirtschaft unternommen werden soll. Auch ich muß an die Spitze meiner kritischen Bemerkungen die Worte stellen, daß dieses Gesetz nicht nur spät, sondern viel zu spät kommt. Wir befinden uns unmittelbar vor dem Ende nicht nur des laufenden Getreidewirtschaftsjahres, sondern auch einer ganzen Reihe von Einrichtungen und Gesetzen, die so in etwa den Schutz der Landwirtschaft im Auge hatten. Wir wissen auch, daß gar keine Rede davon sein kann, auch wenn das Haus sich noch soviel Mühe gibt, dieses Gesetz zu dem Zeitpunkt fertigzustellen, an dem es längst hätte in Kraft sein müssen, damit alle Beteiligten sich darauf einrichten konnten, nämlich zum 1. Juli. Bei aller Bereitschaft des Ernährungsausschusses, an diesem Gesetz fleißig und eifrig zu arbeiten, vermag keiner zu sagen, wann endlich das Gesetz die verschiedenen Hürden passiert haben wird.
    Ein zweites, sehr erhebliches Bedenken ist für uns dadurch gegeben, daß wir in diesem Gesetz nur erst ein Glied aus der ganzen Marktordnung kennengelernt haben. Wir hätten es für unbedingt notwendig gehalten, daß diese Marktordnung als ein Ganzes vorgelegt worden wäre. Aber auch darüber können nur die peinlichen Worte „zu spät" gesetzt werden.

    Kriedemann)
    Man kann ganz allgemein sagen, daß das Gesetz den inneren Widerspruch widerspiegelt, mit dem die Regierung und ihre Freunde nun fertig werden müssen, wenn sie in der einen Hand immer noch die Fahne der freien Wirtschaft hochhalten wollen oder sich bemühen, diese Fahne hochzuhalten, und auf der anderen Seite für die Landwirtschaft die Wirtschaftsordnung und das Maß an Sicherheit herstellen wollen, ohne das die deutsche Landwirtschaft einfach nicht existieren kann.
    Das stellt für uns die innere Glaubwürdigkeit der Motive des Gesetzes sehr erheblich in Frage und beschwört die Gefahr herauf, daß mit diesem Gesetz und wohl auch mit den folgenden Gesetzen zur Marktordnung in der Landwirtschaft Illusionen erweckt werden sollen, zu deren Realisierung dann sozusagen alles fehlt. Man versucht z. B. die Mühlenkontingentierung durchzuführen. Die Regierung sucht um Vollmachten nach, um Vermahlungsvorschriften, Verwendungsvorschriften usw. erlassen zu können. Dabei weiß man doch, daß es alle diese Dinge schon heute gibt und daß sie absolut nicht funktionieren, weil es eben an dem Willen und an den Einrichtungen fehlt, die geltenden, in Kraft befindlichen Vorschriften nun auch wirklich durchzusetzen.
    Man kann eben nicht ungestraft die Verwaltung und die in ihr tätigen Personen so herabsetzend kritisieren, wie das der immer noch amtierende Wirtschaftsminister zum höheren Ruhme seiner freien Wirtschaft in der Vergangenheit so oft getan hat.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Damit bricht man der Autorität der Verwaltung und dem guten Willen der in ihr tätigen Menschen geradezu das Rückgrat, und man kann sich dann nicht wundern, wenn es zwar Gesetze gibt, es aber doch auch anders gemacht werden kann.
    Alle die Damen und Herren, die damals zusammen mit mir und meinen Freunden in Frankfurt im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit unserer Landwirtschaft den Versuch des Importausgleichgesetzes gemacht haben, darf ich an die Tatsache erinnern, daß außerordentlich schwierige Verhältnisse für einen wichtigen Teil unserer Wirtschaft dadurch entstanden sind, daß einige sich auf diese Ordnung, die Gesetzeskraft erlangt hat, verlassen haben, aber andere auch um dieses Gesetz herummanipulieren können.
    Wir haben gerade in den letzten Tagen in einem Unterausschuß des Ernährungsausschusses, der eingesetzt worden ist, um die Situation auf dem Margarine- und Fettsektor zu klären, zu unserem Entsetzen erfahren, daß es möglich war, sehr erhebliche Mengen auch um den Exportausgleich herum einzuführen, weil die Verwaltung nicht funktionierte, offenbar auch gar nicht funktionieren kann, und daß es außerdem möglich war, Beträge, die nach dem Wortlaut des Gesetzes ganz klar geschuldet waren, einzubehalten, Beträge, die in die vielen, vielen Millionen gehen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich weiß nicht, ob, wenn das alles in dem vorliegenden Entwurf noch einmal aufgeschrieben wird, dadurch der Regierung auch der politische Wille und die verwaltungsmäßige Kraft zuwachsen werden, um diese Gesetze jetzt zum Funktionieren zu bringen, nachdem die anderen
    bisher nicht beachtet worden sind und nicht durchgesetzt werden konnten.
    Das alles stimmt uns selbstverständlich sehr skeptisch und macht uns Zweifel an der Wirksamkeit dessen, was hier der Landwirtschaft sozusagen als Marktordnung präsentiert wird. Doch werden wir an dem Versuch, aus dieser Vorlage ein brauchbares Gesetz zu machen, mit aller Hingabe mitarbeiten. Denn die Landwirtschaft braucht Ordnung und braucht ein sehr erhebliches Maß von Sicherheit, wenn sie am Leben bleiben will und wenn sie die Aufgaben erfüllen will, die ihr in unserer Volkswirtschaft gestellt sind.
    Ich möchte der Beratung im Ernährungsausschuß, dem ja zweifellos diese Vorlage überwiesen wird und der auf eine schnelle Behandlung durch grundsätzliche Erörterungen, die schon vorangegangen sind, vorbereitet ist, nicht vorgreifen. Aber ich möchte doch zu einigen Punkten dieses Gesetzentwurfes noch etwas sagen. Ich glaube, daß die Vorlage noch sehr erheblich verändert werden muß, daß insbesondere alle die Ermächtigungen für den Minister, von denen sie eine große Zahl enthält, durch klare Bestimmungen ersetzt werden müssen. Ich meine weiter, daß aus diesem Gesetz alles heraus muß, was unter den heutigen Verhältnissen entbehrt werden kann. Ich glaube nicht, daß es zweckmäßig ist, sozusagen mit der Wiedereinführung der Brotkarte zu drohen und mit diesem Argument eine Fülle von Kann-Vorschriften, bei denen keiner weiß, was nachher daraus werden wird, in das Gesetz mit hineinzunehmen.
    Man hat uns so oft unsere angebliche Liebe zur Zwangswirtschaft vorgeworfen. Wir sind nun in der Situation, daß wir vor einem Zuviel an Verwaltungsmaßnahmen, an Verwaltungsvollmachten warnen müssen,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    eben weil Planwirtschaft mit Zwangswirtschaft nichts zu tun hat, ebensowenig mit einer allzu großen Aufblähung des Behördenapparates. Ein Gesetz zur Marktordnung in der Landwirtschaft ist schließlich kein Gesetz zur Beschaffung von Arbeit für Verwaltungsbeamte.
    Meine Damen und Herren! Es scheint uns auch nicht zweckmäßig zu sein, wenn man sich allzu eng an Vorstellungen aus dem Bereiche des Reichsnährstandes hält. Wir möchten auch unter dem Eindruck, daß sich von jener Ecke her der eine oder andere wieder miteinschalten möchte, das Gesetz noch sehr wesentlich bereinigen und beschränken.
    Darüber hinaus scheint es uns sehr wichtig zu sein, daß man das, was Hoheitsaufgaben sind, nicht etwa an die sogenannten beteiligten Wirtschaftskreise abtritt. Ich denke da an die Mühlenkontingentierung. Hier wird allerhand bereinigt werden, an die neue, im Wachsen begriffene Wirtschaftsstruktur angepaßt werden müssen. Das scheint mir eine Angelegenheit zu sein, die nicht den Beteiligten allein überlassen werden kann, schon weil man, wenn man „beteiligte Wirtschaftskreise" sagt, nicht immer weiß, ob auch alle Beteiligten dann wirklich beteiligt sein werden.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Es kommt doch sehr oft vor, daß da der eine Teil zum Richter über den andern Teil gemacht wird, und man weiß dann im vorhinein nicht, wer denn da zum Richter und wer zum Hingerichteten wird.


    (Kriedemann)

    Gerade in diesem Punkte — aber auch in einer ganzen Reihe von anderen Punkten, mit deren Erörterung ich Sie jetzt nicht aufhalten will — scheint es uns unbedingt notwendig zu sein, daß mindestens durch die gleichzeitige Vorlage der Rechtsverordnungen allen, die diesem Gesetz dann zustimmen sollen, völlig klar vor Augen steht, was eigentlich damit erreicht werden, wohin der Kurs gehen soll.
    Wir wollen auch keine ständischen Einrichtungen dort schaffen, wo es sich um Interessen der Allgemeinheit handelt. Wenn wir in diesem Zusammenhang eine sehr viel stärkere Beteiligung der Verbraucher in den verschiedenen Organen fordern, dann aus folgendem Grunde: die Marktordnung soll ja — darüber sind wir uns sicherlich alle einig - nicht nur den Interessen der Erzeuger dienen; die Marktordnung soll dem allgemeinen Interesse, also auch dem Interesse der Verbraucher dienen, und je klarer das in Erscheinung tritt, meine Damen und Herren, desto leichter wird die bereitwillige Mitarbeit auf allen Seiten des Hauses zu gewinnen sein. Wenn wir eine stärkere Beteiligung der Verbraucher in all den Organen fordern, um die es sich hier handelt, dann sicherlich nicht zum Nachteil der Landwirtschaft. Wir glauben vielmehr, daß für die Landwirtschaft, also die Erzeuger, die Verbraucher in diesen Organen sehr nötig sind, damit nicht die Landwirtschaft von den „beteiligten Wirtschaftskreisen" überfahren wird, was ja nicht zum ersten Male passieren würde. Die Interessengemeinschaft der Erzeuger mit den Verbrauchern ist in Wirklichkeit sehr viel enger, als das von interessierter Seite immer wieder dargestellt wird.
    Klarstellen wollen wir in diesem Gesetzentwurf vor allem aber auch die politische Verantwortung für alles, was in der Getreidewirtschaft geschieht. Wir fordern diese Klarstellung in dem Bewußtsein, daß die Getreidewirtschaft zwar nur ein Teil unserer Wirtschaft, aber eines ihrer Fundamente ist. Deshalb sind wir sehr dagegen, daß hier mit Ausschüssen operiert wird, deren Mitglieder niemandem verantwortlich sind.

    (Abg. Dr. Baumgartner: Sehr richtig!)

    Unserer Meinung nach ist es Sache des Parlaments oder seiner Ausschüsse, den Minister zu beraten, wenn er Wert darauf legt,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    und das kann nicht auf mehr oder weniger anonyme Ausschüsse abgeschoben werden, deren Mitglieder der Minister noch selbst beruft und die er selber entlassen kann, Ausschüsse, die außerdem nur ein Recht auf Anhörung haben. Hier geht es wirklich um zuviel und um zu Schwerwiegendes, als daß man dieses Haus aus der Verantwortung entlassen könnte.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Hier weiß jeder, wem er Verantwortung schuldet für das, was er in irgendeiner Funktion tut.
    In ganz besonderem Maße muß diese Verantwortung bei der Festsetzung der Preise klargestellt werden. Ich bin mit meinen Freunden der Meinung, daß das kein Verwaltungsakt ist, auch nicht ein Verwaltungsakt auf dem Niveau der Regierung. Das ist vielmehr eine — wenn das Wort irgendwo paßt, dann paßt es hierher — fundamentale politische Entscheidung. Davon hängt das Schicksal unserer Landwirtschaft ab, davon hängt es ab, in welchem Umfang sich die Arbeit auf
    dem Lande lohnt. Es tut uns allen gut, uns, wenn wir „Landwirtschaft" sagen, immer vor Augen zu halten, daß es sich dort um Millionen arbeitender und hart arbeitender Menschen handelt.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Die Forderung nach einem gerechten Lohn muß auch für sie gelten. Die Verantwortung dafür, daß sie einen gerechten Lohn bekommen, und die Verantwortung dafür, daß der Getreidepreis ausreicht, die Landwirtschaft zumindest in den Stand zu setzen, nach Kräften zu produzieren, diese politische Verantwortung kann nicht der Regierung überlassen bleiben, die muß dieses Haus tragen.
    Meine Damen und Herren, zu dem Gesetz oder der Vorlage, wie sie uns hier vorliegt, wären noch eine ganze Reihe von Einzelheiten anzuführen, aber ich möchte, wie gesagt, den Arbeiten des Ernährungsausschusses nicht vorgreifen. Diese Arbeiten werden ja schon im Laufe der nächsten Woche beginnen und hoffentlich tagelang hintereinander fortgesetzt werden können.
    Ich möchte aber doch noch auf etwas eingehen, was auch der Herr Minister angeschnitten hat. Natürlich braucht in diesem Gesetz noch nicht drinzustehen, wie denn nun der Getreidepreis aussehen wird. Selbstverständlich aber muß hier klargestellt werden, wer für diesen Preis zuständig ist. Auch hier darf ich wieder auf den 1. Juli hinweisen, der in diesem Fall recht drohend vor uns steht, und darauf aufmerksam machen, daß vielleicht nicht so sehr in der Frage des Getreidepreises, mindestens aber in der Frage des Brotpreises eine Unklarheit besteht, die so unmittelbar vor dem 1. Juli geradezu unerträglich ist. Ich möchte die Regierung nicht nur bitten, sich möglichst bald dazu zu äußern, sondern ich möchte Ihnen mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten eine große Anfrage meiner Freunde an die Regierung zur Kenntnis bringen, ehe ich sie dem Herrn Präsidenten überreiche, eine Anfrage, mit der wir diese Unklarheit zu beseitigen hoffen.
    Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat kürzlich im Ernährungsausschuß mitgeteilt, daß vom 1. Juli dieses Jahres ab keinerlei Beträge zum Ausgleich höherer Einfuhrpreise mehr zur Verfügung gestellt werden würden. Diese Mitteilung ist auch durch die Presse gegangen und hat sehr erhebliche Beunruhigung in allen Verbraucherschichten hervorgerufen, weil der Fortfall dieser Ausgleichszahlungen zu einer sehr erheblichen Steigerung der Preise für Brot und Nährmittel führen muß.
    I. Die Bundesregierung hat leider bisher nichts zur Klärung der Situation unternommen, vielmehr ist in den beiden letzten Sitzungen des Ernährungsausschusses nur mitgeteilt worden, daß über den zukünftigen Brotpreis noch nichts gesagt werden könne. Angesichts der Tatsache, daß uns nur noch wenige Wochen vom 1. Juli trennen, fragen wir die Bundesregierung:
    1. ob sie auch in Zukunft Mittel zur Aufrechterhaltung des heutigen Brotpreises in den Haushaltsplan einsetzen will,
    2. wenn ja, in welcher Höhe,
    3. wenn nein, welche anderen Maßnahmen die Bundesregierung erwägt, um die katastrophalen Folgen der vom Herrn Bun-


    (Kriedemann)

    desfinanzminister beabsichtigten Brot-
    preispolitik von den Massen der kauf-
    kraftschwachen Bevölkerung abzuwenden.
    II. Durch den angekündigten Fortfall von Ausgleichszahlungen wird auch eine Preissteigerung für wichtige landwirtschaftliche Produktionsmittel (Futtermittel und Kunstdünger) heraufbeschworen.
    Wir fragen die Bundesregierung:
    1. ob tatsächlich auch diese Ausgleichszahlungen ab 1. Juli 1950 eingestellt werden sollen,
    2. oder in welchem Umfang auch nach dem 1. Juli 1950 dafür Beträge vorgesehen sind,
    3. oder auf welche andere Weise die durch
    eine Verteuerung dieser Produktionsmittel veränderte Kostenlage der Landwirtschaft ausgeglichen werden soll.
    III. Aus Beratungen, die im Rahmen des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit Vertretern der beteiligten Wirtschaftskreise über einen Gesetzentwurf zur Marktordnung in der Milch- und Fettwirtschaft stattgefunden haben, ist bekanntgeworden, daß die Einführung einer Fettsteuer geplant ist, die sich in einer Erhöhung der Margarinepreise auswirken würde.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Wir fragen die Bundesregierung:
    1. ob diese Absicht tatsächlich besteht,
    2. welche Preiserhöhung für Margarine beabsichtigt ist,
    3. wie diese Preiserhöhung, falls sie beabsichtigt ist, für die kaufkraftschwachen Schichten ausgeglichen werden soll, damit deren Fettverbrauch nicht beeinträchtigt wird.
    Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß wir recht bald von der Regierung eine eindeutige Antwort auf diese Fragen bekommen, und ich hoffe, daß wir bei den Beratungen über den Gesetzentwurf, um den es sich hier handelt, zu dem Ergebnis kommen, das unsere ganze Wirtschaft, die Verbraucher und nicht zuletzt die deutsche Landwirtschaft brauchen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Horlacher. 18 Minuten!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Michael Horlacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig, was einige der Herren Vorredner schon gesagt haben, daß wir sehr spät in die Beratung dieses Gegenstandes hineinkommen; denn es ist ja wiederholt bei allen möglichen Gelegenheiten der Wunsch zum Ausdruck gebracht worden, daß eigentlich sowohl die Landwirtschaft als auch die Verbraucherschaft über die Verhältnisse des neuen Wirtschaftsjahres rechtzeitig unterrichtet sein müßten. Also müßte die Unterrichtung jetzt vor dem 1. Juli 1950 erfolgen, und es müßte dann auf der ganzen Linie die Möglichkeit bestehen, daß sich das Wirtschaftsleben, soweit es die landwirtschaftliche Seite angeht, auf diese Verhältnisse einstellt. Denn der Wirtschaftsplan für das gesamte Wirtschaftsjahr ist für die Arbeit des Bauern eine unerläßliche
    Angelegenheit. Hoffentlich gelingt es in Zukunft, über diese Schwierigkeiten hinwegzukommen.
    Ich bin klug genug, um zu wissen, daß wir nicht allein die Verhältnisse bestimmen können, sondern daß da auch noch andere Faktoren in Frage kommen. Ich weiß auch, daß die Regierung große Schwierigkeiten hatte, bis das Gesetz in dieser Form zustande kam. Eine Reihe von Verhandlungen waren notwendig, die Entwürfe wurden wieder abgeändert; und so ist es erst nach wiederholten Beratungen und Entwürfen zu diesem Gesetz gekommen.
    Es ist nach meiner Überzeugung unerläßlich, daß wir die Bevölkerung darauf aufmerksam machen, daß eigentlich das Ganze, was hier an Agrargesetzen geplant ist, zusammengehört. Wenn es nach meinem Willen gegangen wäre, dann wäre ein Gesetz zur Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung und zur Sicherung der Versorgung unserer Bevölkerung erlassen worden,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    daß man sich auf der ganzen Linie ausgekannt hätte. Da hätte man gewußt, daß wir mit den agrarischen Maßnahmen einerseits die Arbeit des Bauern entlohnen und andererseits einen gewissen Lebensstandard unserer Bevölkerung auf den verschiedensten Gebieten möglichst aus eigener Kraft garantieren wollen. Das wäre das Ziel gewesen. Aber manches läßt sich halt bei unseren heutigen Verhältnissen nicht so erreichen. Vielleicht gelingt es in der Zukunft besser.
    So müssen wir uns zunächst mit dem Teilgebiet Getreide, später mit Fett- und Milchgesetz, mit Fleischgesetz, Zuckergesetz usw. beschäftigen. Das Gesetz, wie es jetzt vorliegt, hat verschiedene Grundziele. Einmal, die Sicherung der landwirtschaftlichen Erzeugung auf dem Getreidegebiet herbeizuführen; zweitens, die Versorgung aus der eigenen Kraft möglichst zu erhöhen. Eine große Abhängigkeit von den Lieferungen des Auslandes wird ja trotzdem nach wie vor auf dem Brot- und Getreidesektor bestehen; das bringt ja unsere Lage mit sich. Das Wichtigste ist, daß mit den Produkten des Bauern nicht spekuliert werden soll, sondern daß wir möglichst das ganze Jahr hindurch stabile Preisverhältnisse durchhalten. Deswegen ist es notwendig, daß die Regierung in erster Linie — das ist im Gesetz vorgesehen — über den Versorgungsplan zu Beginn des Wirtschaftsjahres verfügt; und hier muß sich manches ändern. Ich spreche das aus. Die Ziffern aus der Zwangswirtschaft geben kein richtiges Bild mehr. Um den Bauern gegenüber den Einfuhren entsprechend in Schutz nehmen zu können, müssen wir wissen, wie die echte Produktion der deutschen Landwirtschaft in den Westzonen ist, damit sich auf Grund des Versorgungsplans der Regierung die Einfuhrmenge richtig bemessen läßt. Solange diese Berechnungen nicht stimmen, wird die Regierung Schwierigkeiten mit einem fluktuierenden Markt haben, der dann immer da sein wird. Der fluktuierende Markt bringt es dann mit sich, daß die Ausmahlungssätze und all diese Dinge nicht eingehalten werden können, weil die Grundziffern nicht stimmen. Je mehr wir zu einer Abgleichung der Verhältnisse gegenüber der Wirklichkeit kommen, um so besser wird auch der Apparat und die Überwachungstätigkeit der Regierung funktionieren.


    (Dr. Horlacher)

    Das ist eine Frage, die einem sehr ernste Sorgen macht; denn hier geht es wirklich um das Leben des deutschen Volkes, um die Devisen zu ersparen, die wir auf anderen Gebieten, besonders vom Jahre 1952 ab, notwendig brauchen, um unsere Arbeiter in Brot und Beschäftigung zu halten. Hier müssen wir schauen, daß wir die Staatsautorität auf den Gebieten, wo es notwendig ist, unbedingt wiederherstellen. Wir wollen keine Zwangswirtschaft mehr, wir wollen aber Ordnung und Sicherheit. Darin stimme ich mit dem Herrn Kollegen Kriedemann überein; wir sind da nicht so weit voneinander entfernt, wie es aussieht.

    (Zuruf von der SPD: Nicht mehr!)

    Wir sind in den Grundgedanken ziemlich einig. Wir brauchen für das Leben der deutschen Landwirtschaft eine Ordnung; die brauchen wir auf jeden Fall. Von mir aus heißen Sie das Planung oder wie Sie es heißen wollen, es ist mir persönlich gleichgültig. Wir brauchen die Ordnung, weil sic die Sicherheit der Produktion garantiert. Darüber brauchen wir nicht miteinander zu streiten. Ich freue mich auch, daß die Gewerkschaften in ihren Darlegungen die gleichen Gesichtspunkte zum Ausdruck gebracht haben.
    Wir brauchen diese Ordnung auch mit Rücksicht auf den Marshallplan; und das spreche ich auch zur amerikanisch-britischen Seite hin. Die ganze Ordnung unserer Agrarwirtschaft ist auch ein Stück, um den Marshallplan zum Funktionieren bringen zu können. Denn der Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft ist auch das Programm der Besatzungsmächte, und da soll man dem Ratschlag der deutschen Regierung folgen, um diesen Wiederaufbau entsprechend gestalten zu können. Jetzt eilt die Sache, und wir können nicht mehr lange warten. Die Ernte reift heran, der 1. Juli steht vor der Tür, das neue Wirtschaftsjahr beginnt. Wir wollen wissen, was im neuen Wirtschaftsjahr notwendig ist.
    Ich möchte aber noch folgende Grundsätze aufstellen, ohne zu sehr auf die Einzelheiten eingehen zu wollen. Ganz klar und deutlich spreche ich aus, daß wir keinen übermäßigen Behördenapparat wollen, insbesondere nicht mehr das Aufleben der alten Reichsnährstandsbürokratie, sondern wir wollen in dem neuen Getreidegesetz, was beispielsweise die Mühlenstelle oder die Einfuhr- und Vorratsstelle anlangt, einen Apparat haben, der nicht zu groß ist, der den Verhältnissen entspricht und nach kaufmännischen Grundsätzen zu arbeiten versteht.
    Ich will jetzt einmal die Streitfrage der Mühlenstelle aus dem Bereich der Diskussion lassen, darüber wird im Ausschuß noch geredet werden müssen. Ich möchte mich heute dem Hauptkernstück, der Einfuhr- und Vorratsstelle zuwenden und der Bundesregierung eines klar sagen, daß sie bei uns auf schärfsten Widerstand stoßen würde, wenn sie sich etwa, so wie das früher beliebt wurde, eine Reihe von Einrichtungen neu schaffen würde, ohne das in der Wirtschaft schon Bestehende heranzuziehen. Ich darf hier auf die Lagermöglichkeiten unserer Raiffeisen-Genossenschaften, auf die Lagerhäuser des Handels, auf die Lagermöglichkeiten bei den Mühlen hinweisen. Alle diese schon bestehenden wirtschaftlichen Einrichtungen müssen in erster Linie benutzt werden, und es dürfen nicht sogenannte bundesunmittelbare Lagerverhältnisse neu geschaffen werden. Dagegen würden wir uns mit aller Entschiedenheit zur Wehr setzen. Es ist notwendig, daß dieser kaufmännische Apparat, der hier geschaffen werden muß, sich der schon bestehenden Verhältnisse bedient. Also die Wirtschaft muß weitestgehend eingeschaltet werden. Naturgemäß ist hier die entsprechende Ausgestaltung der Organe notwendig; ich möchte mich nicht gegen die Ausführungen des Herrn Kollegen Kriedemann wenden, sondern lediglich das eine betonen, daß auch die landwirtschaftliche Seite, soweit sie genossenschaftlich organisiert ist, in den Verwaltungsorganen und in all diesen Dingen entsprechend zur Geltung kommen muß. Das ist eine Frage, über die wir uns im einzelnen wahrscheinlich werden verständigen können.
    Es kommt dann noch hinzu — da kann ich durchaus zustimmen —, daß wir der Einschaltung cines Organs des Bundestags wohlwollend gegenüberstehen. Wir werden zu prüfen haben, an welcher Stelle der gesetzlichen Bestimmungen wir das einschalten. Denn das ist ein solches Neuland, das ist eine solche Sache, die zwar gewisse Vorbilder im Auslande hat, aber deren Funktionieren man erst einmal sehen muß. Das kann man nicht allein der Selbstverwaltung der beteiligten Wirtschaftskreise oder gar der alleinigen Bestimmung des Bundesministeriums überlassen, sondern da wollen schon die Vertreter des Volkes im Parlament in irgendwelchen Organen Einfluß nehmen, so daß wir bei der Gestaltung der ganzen Verhältnisse entsprechend mitwirken und rechtzeitig unterrichtet sein können. Erschrecken Sie nicht darüber, das ist jetzt meine persönliche Meinung, wenn ich mir hier überlegt habe, ob es nicht zweckmäßig wäre, das Gesetz vielleicht auf ein Jahr zu befristen, damit wir über die Entwicklung fortlaufend genau unterrichtet werden können, damit a wir wissen, wie sich dieser Behördenapparat aufbaut, und damit wir auf den Aufbau des Behördenapparates Einfluß nehmen können. Damit kann man vielleicht gewisse Schwierigkeiten überbrücken, die in den Ausschußberatungen entstehen könnten; denn unter dem Zwang der Verhältnisse müssen wir möglichst rasch zu einer entsprechenden Entscheidung auf diesem Gebiet kommen.
    Dann kommt noch hinzu, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle in der Abwicklung der Geschäfte nach kaufmännischen Gesichtspunkten funktionieren muß. Da heißt es nun im Gesetz: „nach Maßgabe der vorhandenen Haushaltsmittel". Ich weiß, daß es der Gesetzgeber anders gemeint hat; aber wer das Gesetz liest, könnte die Dinge doch falsch verstehen. Hier muß notwendig der Weg gegangen werden, daß die Aufnahme des Getreides durch entsprechende Kreditierung ermöglicht wird — bei einem Produkt wie Getreide ist das durch Lombardierung durchaus möglich —, damit hier keine Stockung in der Manipulierung der Gesamtverhältnisse eintritt. Es kommt darauf an, die ausländischen Verhältnisse mit den inländischen so zu kombinieren, daß es stabile Preisverhältnisse gibt. Deswegen braucht die Einfuhr- und Vorratsstelle die notwendige Beweglichkeit, um das nach kaufmännischen Grundsätzen manipulieren zu können.
    So wird manches, was hier im Gesetz vielleicht stark betont und doch nicht so notwendig ist - wir werden uns das im einzelnen ansehen müssen —, so wird mancher Ballast noch aus vergangenen Tagen aus dem Gesetz zu entfernen sein. Die Bürokratie aus den vergangenen Tagen


    (Dr. Horlacher)

    hat sich noch nicht auf der ganzen Linie dem modernen Geist erschlossen, der für die Neugestaltung auf den verschiedensten Gebieten notwendig ist. Da müssen wir schon noch einigermaßen mitarbeiten.
    Es wäre mir auch erwünscht, wenn der Herr Bundesminister für Wirtschaft, dessen Zuständigkeit hier im Gesetz irgendwie verankert ist, aus der Ernährungswirtschaft herauskommen würde. Die Position des Bundesernährungsministers muß allmählich gestärkt werden, sonst wird oft der Eindruck erweckt, daß der Stärkere im Sektor Wirtschaft sitzt. Das möchten wir nicht haben. Wir wollen also, daß auf diesem Gebiet die Macht des Bundesernährungs- und Landwirtschaftsministeriums verstärkt wird, damit die Verhältnisse entsprechend geregelt werden können.
    Ich bin dem Herrn Minister dankbar, daß er in der Preisfrage so bestimmte Ausführungen gemacht hat. — Es ist sehr richtig, Herr Kollege Kriedemann, wenn Sie sagen: man muß dem Bauern einen entsprechenden Lohn geben; man muß die Getreidepreise entsprechend gestalten. Wir müssen naturgemäß auch auf die Lage des Verbrauchers Rücksicht nehmen; denn das ganze Zusammenspiel der Dinge hängt ja auch von der Kaufkraft der Bevölkerung ab. Nun hat der Herr Minister durchaus recht, wenn er sagt, er sei heute noch nicht in der Lage, zu diesen Dingen präzise Stellung zu nehmen; denn die Verhältnisse auf dem Weltmarkt fluktuieren. Die Dinge sollen ja ab 1. Juli entsprechend gestaltet werden, vielleicht erst ab 15. Juli.
    Zuerst muß das Gesetz fertig sein, dann erst kommt der zweite Akt, dann erst können wir übersehen, wie die Weltmarktlage ist. Die Lage ist dadurch erleichtert, daß wir jetzt dem Internationalen Weizenpakt angeschlossen sind, so daß wir also die Subventionen, die die amerikanischen Farmer bekommen, nicht mehr zu bezahlen brauchen. Hier ist, glaube ich, eine Erleichterung um ungefähr lo DM pro Doppelzentner eingetreten. Das aht den Betrag der Subventionen heruntergebracht. Es wird aber die Frage zu prüfen sein: Wie steht es künftig mit den Subventionen, wie steht es künftig mit der Errechnung der Handelsspanne und all dem, was dazwischen liegt?
    Glauben Sie mir - ich spreche da auch aus den Erfahrungen aus meiner Tätigkeit als Genossenschaftler —: die größten Sorgen macht hier die Gestaltung des Weges vom Erzeuger zum Verbraucher.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir müssen zu einer Verkürzung des Weges kommen und mit dem steigenden Konsum auch zu einer Verbilligung. Das zu erreichen ist unsere Aufgabe.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ob da die Behörde die richtige Stelle ist, das möchte ich bezweifeln. Ich glaube, gewisse Festpreise im Ausgangspunkt und etwas freier Wettbewerb nahe dem Endpunkt des Verbrauchs könnten hier die Lage vielleicht von Grund auf ändern, so daß wir wieder zu einer Normalisierung der Zustände kommen und hier für die Masse unserer Bevölkerung eine wirklich greifbare Änderung zu ihren Gunsten herbeiführen können.
    Das möchte ich dem Gesetz mit auf den Weg geben. Andere Geheimnisse möchte ich jetzt nicht verraten.

    (Heiterkeit.)

    Wir werden uns ja im Ausschuß noch genügend über die Dinge unterhalten können. Ich habe mich nur bemüht, hier mit meinen Ausführungen den Gang der Ereignisse im Ernährungsausschuß nicht zu erschweren. Ich möchte ihn erleichtern. Ich freue mich darüber, daß wir bisher doch eine Plattform haben, die uns die Möglichkeit gibt, in gemeinsamer emsiger Arbeit ein vernünftiges Gesetz für die Regelung unserer Getreidewirtschaft und eines wichtigen Wirtschaftsfaktors zustandezubringen. Das würde ich wünschen. Soweit meine Kräfte dazu angetan sind, bin ich bereit, ohne Rücksicht auf irgendwelche Parteigegensätze daran mitzuarbeiten, daß wir eine Ordnung in unserer bäuerlichen Wirtschaft auf möglichst breiter Basis herbeiführen können.

    (Bravo! und Händeklatschen bei den Regierungsparteien und bei der SPD.)