Rede von
Hans
Ewers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich nur zum Wort gemeldet, um der meines Erachtens rechtlich unhaltbaren Begründung, die der Herr Abgeordnete Dr. Arndt dem Antrag gegeben hat, entgegenzutreten. Das Mieterschutzgesetz ist ein Gesetz, welches die Eigentumsbefugnisse des Vermieters beschränkt. Mit Recht! Es ist ein typisches Notgesetz, entstanden in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg, als eine zwar keineswegs ganz so große, aber immerhin vergleichbare Wohnungsnot herrschte, die die heutigen Zustände vorweggenommen hat. Es war damals nicht möglich, zuzulassen, daß der Eigentümer von seinem normalen, bis 1914 unangefochtenen Kündigungsrecht Gebrauch machte, weil der gekündigte Mieter einfach keine Wohnung gefunden hätte. Man hat dann bei der Kündigung wegen Eigenbedarfs — daneben gibt es als Kündigungsgründe bekanntlich die Versäumnis der Mietzahlung, die schwere Belästigung des Vermieters oder die Beschädigung des Wohnraums — sehr früh schon die Klausel eingeführt, die der SPD-Antrag wieder zu erneuern wünscht. Ob das zweckmäßig ist, hängt meines Erachtens in der Tat ganz allein von der wesentlichen Frage ab, wie groß denn heute die Wohnungsnot ist. Und der Hinweis des Herrn Kollegen Dr. Arndt darauf, daß es sich hier etwa um die Kontroverse Einheimischer — beati possidentes — und armseliger Flüchtlinge handelt, ist durchaus zutreffend. Das alles aber hat mit der durch das Grundgesetz garantierten Heiligkeit der Wohnung überhaupt nichts zu tun. Denn dieses Grundrecht geht davon aus, daß einer eine Wohnung Rechtens innehat, sei es als berechtigter Mieter, sei es als Eigentümer seines eigenen Grund und Bodens. In dieses privatrechtlich geschützte Rechtsgut der eigenen Wohnung darf nach dem Grundgesetz durch Haussuchung, Verhaftung und dergleichen nur eingegriffen werden, soweit es Gesetze zulassen. Daß der Eigentümer einen Privatvertrag nach Maßgabe der Gesetze kündigen darf, ist klar. Hätten wir keine Wohnungs- und Raumnot, brauchten wir kein Mieterschutzgesetz, sondern kämen wie bis 1914 mit den normalen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften aus. Ob man darüber hinaus nicht allgemein ein ganz neues, aus dem BGB herauszunehmendes soziales Mietrecht schaffen sollte, ist eine Frage, die auf einem andern Blatt steht.
Ich sage daher: die Frage, die der Herr Kollege Dr. Arndt und seine Fraktion anschneiden, bedarf ernstlicher Erwägungen. Daß diejenigen politischen Richtungen dieses Hauses, die grundsätzlich die Zwangswirtschaft für kein Mittel der Seligkeit halten, Bedenken tragen, ist klar. Ich muß dem Herrn Kollegen Dr. Arndt darin recht geben: in Schleswig-Holstein, diesem überbelasteten Lande, kann man sehr wohl mit Energie dafür eintreten, daß die alte Vorschrift wieder erneuert wird. Ich halte somit eine Ausschußberatung für eine selbstverständliche Notwendigkeit und bitte, der Überweisung des Antrages an die Ausschüsse zuzustimmen.