Meine Damen und Herren! Kollege Dr. Preusker hat uns aufgefordert, Mut zu haben. Das ist eine sehr nützliche Aufforderung. Aber der Mut' sollte sich nicht nur auf die Konstruktion beziehen, sondern auch auf die Kritik an der Konstruktion, damit das Endergebnis den Erwartungen möglichst entsprechen kann. Wenn ich Sie nun bitte, diese kritische Sonde anzulegen, dann sei voraus bemerkt, daß wir Erwägungen, wie die Spartätigkeit zugunsten des Wohnungsbaues gefördert werden kann, selbstverständlich begrüßen. Daß solche Erwägungen, um zum Ziel zu gelangen, nicht nur nützliche gerade Wege gehen können, sondern zum Teil auch Umwege gehen müssen, ist eine Erfahrung des Lebens, die auch hier gilt. Ich sage das, weil nämlich unsere Zustimmung zu dem Vorschlag des Herrn Kollegen Dr. Preusker sich im wesentlichen nur auf die erste Hälfte des § 1, ich kann auch sagen, des einzigen Satzes des § 1, beziehen kann.
Als wir das Wort Wohnungswerk hörten, nahmen wir an — wir wären für eine Aufklärung darüber dankbar —, daß es einen anderen Sinn habe; denn der Gedanke ist ja zunächst von unserem Kollegen_ Dr. Gerstenmaier in ganz anderem Zusammenhang geäußert worden. Dort ist die Bezeichnung „Wohnungswerk" gefunden worden. Damit später keine Unklarheiten entstehen, wäre es ganz nützlich, wenn wir über den Übergang des Titels von dem einen an den anderen Verfasser etwas hören könnten. Aber unabhängig von dem Wort selbst sei folgendes festgestellt.
Die Lösung, die der Vorschlag des Kollegen Preusker bringen will, bedeutet an keiner Stelle einen Fortschritt gegenüber dem Gesetz, das wir am 28. März beschlossen haben, sondern es ist an vielen Stellen ein leider schmerzlicher Rückschritt, und ich hoffe, daß uns nichts, auch nicht die Lage der öffentlichen Finanzen, zwingt, diesen Rückschritt zu tun. Herr Kollege Preusker, wir haben bei der Beratung des Ersten Wohnungsbaugesetzes viele Stunden zusammengesessen und haben, glaube ich, ein Ergebnis erzielt, das uns befriedigt hat. Die Beratungen des Ausschusses, und zwar des gleichen Wohnungsbauausschusses, über dieses Gesetz werden, nehme ich an, ein ähnliches Ergebnis haben. Aber wir wollen ganz offen aussprechen, was wir an Hindernissen hierfür sehen.
Zunächst einmal dürfte schon die Kontruktion verfassungsmäßig auf eine Fülle von Schwierigkeiten stoßen. Ich kann mir nicht vorstellen. daß eines der Länder dieser hier gewählten Konstruktion zuzustimmen vermag; denn es wird hier für die Länder, die Wohnungsbau treiben wollen, in Zukunft neben den Zuteilungen des Herrn Bundeswohnungsministers aus den Mitteln des Herrn Bundesfinanzministers und aus den Mitteln der Soforthilfe eine weitere Stelle geschaffen, bei der sie um ein genügend großes Kontingent zu petitionieren haben, nachdem nicht festgelegt ist, daß der Herr Bundeswohnungsminister die Beträge aufschlüsselt. Das ist ein ganz entscheidendes Hindernis. Wir haben bis jetzt keine Veranlassung, die dankenswerte Initiative der Länder abzubauen, die zwar manchmal etwas geholpert, schließlich aber doch ein bedeutendes Ergebnis gezeitigt hat, und an ihre Stelle die Initiative eines noch nicht bewährten Apparates zu setzen.
Wir wollen uns weiter darüber klar sein, daß die bemerkenswert vollständige Aufzählung in § 4, wer dieses Präsidium bildet, interessanterweise an den Mitmietern, an den Gewerkschaften und an den Unternehmern, die ja Mittel nach § 7c des Einkommensteuergesetzes geben sollen, vorübergegangen ist.
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Wenn man schon vollständig sein will, hätten das noch andere sein können, vor allem um zu zeigen, daß man nicht nur die eine Seite der Wohnungswirtschaft, nämlich diejenigen, die das Eigentum an den Objekten haben werden und die eventuell das Geld dazu geben, heranzieht, sondern auch andere. Es sind auch so kleine Schnitzer vorgekommen wie der, daß hier ein Präsident der Invalidenversicherung eingeführt wird, den es gar nicht gibt.
— Der kann aber noch kommen. Immerhin wäre es natürlich für einen solchen Entwurf eine bessere Vorarbeit gewesen, wenn derartige Dinge berücksichtigt worden wären.
Nun aber zur Sache selbst. Der Mann wird in dem Augenblick, da er die erste Mark spart, gezwungen, zu entscheiden: will ich eine Mietwohnung oder ein Eigenheim haben? Diese Entscheidung auf einen so frühen Zeitpunkt zu verlegen und die örtlichen Stellen daran zu binden, ist sehr problematisch, weil wir Städte haben, die auf engem Boden Mietwohnhäuser bauen müssen und es nicht der Entscheidung der Bewohner überlassen können, ob sie auf städtischem Gelände, also aus Gemeindemitteln — notfalls durch Zwang des Gesetzes — Boden bekommen. Vielleicht jedoch kann Boden gar nicht zur Verfügung gestellt werden.
Aber nun setzt die Bürokratie ein, und hier ist gerade dadurch zuviel geboten worden, weil das Gesetz zu vollständig sein wollte. Es interessiert gar nicht, wie das Verfahren in den Details funktioniert. Wenn aber die betreffende Bank jeden Monat zweimal die Aufstellung der Namen der Sparer und der ihnen zustehenden Beträge — so steht es im § 7 — einreichen soll, so sollte man sich doch überlegen, ob man derartige Vorschläge wirklich zwingend macht. Wenn wir uns um die Einengung der Bürokratie bemühen, so müßte diese zuerst in unseren eigenen Entwürfen eingeengt werden. Ich glaube also, verwaltungsmäßig wäre hier noch manches zu vereinfachen.
Die Vorschrift in § 10 über die unverzügliche Zustellung an den Antragsteller bedeutet, wenn eine genügend große Zahl von Antragstellern und Sparern da ist, verwaltungsmäßig eine Unmöglichkeit, weil niemand über die Kapazität der deutschen Wohnungswirtschaft hinaus bauen kann und weil zweifellos auch für diejenigen gebaut werden muß, die sich dem „Deutschen Wohnungswerk" nicht anschließen können.
Das ist eine sehr große Zahl von Bewerbern, und es ist unmöglich, bei der Viertelmillion Wohnungen, die der Herr Minister für dieses Jahr mit Recht erwartet, zu sagen: diejenigen, die beim „Deutschen Wohnungswerk" sparen, haben den Vorrang vor allen anderen. Wir können ihnen keine Zusage machen, deren Erfüllung hinterher auf Schwierigkeiten stoßen wird und die niemand, unabhängig vom politischen Standpunkt, verantworten kann.
Meine Damen und Herren! Gehen Sie bitte weiter und vergleichen Sie bitte. Im Wohnungsbaugesetz vom 28. März haben wir dem Sparer, der eigene
Mittel für den Wohnungsbau zur Verfügung stellt, zugesagt: du bekommts 4 % Zinsen, soweit es sich um die ersten 15 % des Kapitalbetrages handelt, und, soweit es darüber hinausgeht, den Zinsbetrag der marktmäßigen Hypotheken, also heute etwa 6 %. In 30 Jahren würde also ein solcher Mieter nach dem Wohnungsbaugesetz eine sehr erkleckliche Summe Zinsen zu bekommen haben, bei Herrn Dr. Preusker laut § 11 nichts. Er bekommt nur vom 30. Jahre an in 10 Jahren das Kapital zurückgezahlt, das hier „Rente" heißt. Auf diese Bezeichnung will ich nicht im einzelnen eingehen, darüber möchte ich nicht streiten. Ich will nur sagen, er hat einen mittleren zinslosen Kredit von 35 Jahren zu liefern. Das ist tatsächlich eine entscheidende Schlechterstellung des kleinen Sparers gegenüber dem Wohnungsbaugesetz. Ich glaube, man wird, unabhängig von dem politischen Standort, eine solche Verschlechterung nicht mitmachen dürfen; das muß man ganz deutlich aussprechen.
Das Gesetz geht dann etwas großzügig mit der Bezeichnung „sozialer Wohnungsbau" um, übernimmt im Prinzip, aber nur dekorativ, die Mietsätze des am 28. März beschlossenen Gesetzes und erhöht sie um rund 50 %,
wie ich Ihnen nachweisen werde. So haben es wahrscheinlich die Verfasser nicht gemeint; ich will ihnen den guten Willen durchaus unterstellen. Aber Sie kommen notwendigerweise zu dieser Konsequenz. Die Wohnungen, die wir heute mit 50 qm Fläche für 10 000 DM bauen und die in den Großstädten 600 DM jährliche Miete kosten sollen, erfordern nach dem Rezept von Herrn Dr. Preusker an Zinsen und Zinsverzichten des Mieters für das Geld, das er hingegeben hat, plus Tilgung allein schon bei 50 qm Fläche 580 DM Kapitalkosten der genannten Art, so daß, wenn die Bewirtschaftungskosten noch hinzutreten, diese Wohnung pro Monat nicht mehr 50 DM, sondern 72 DM kostet. Das ist rund 50 0/o mehr. Wenn wir solche Mieterhöhungen vornehmen müssen, dann wollen wir das doch ganz offen aussprechen.
Ich will weitergehen. Hier werden die Eigenheime genannt. Ich habe es zu den Sätzen, die das Gesetz vorschreibt, kalkuliert; der Mindestbetrag, den das Eigenheim an monatlichen Kosten verursacht, ist 83 DM für das kleinste Eigenheim, das noch nicht einmal die von Herrn Preusker gewünschten 65 qm erreicht, während das Eigenheim für kinderreiche Familien 24 000 DM Baukosten verursacht und natürlich entsprechende Zinsen, Tilgungs- und Bewirtschaftungskosten aufweist.
Ich will zum Schluß kommen. Sie sehen, daß dieses Gesetz zweifellos aus besten Absichten geboren ist, das ist nicht zu bestreiten, daß aber die rechnerischen Unterlagen nicht sorgfältig genug geprüft zu sein scheinen. Wenn sie sorgfältig geprüft sind, ist das Ergebnis schlecht, so daß eine entscheidende Korrektur dieses Entwurfs erforderlich ist. Wir müssen zunächst einmal wissen, was wir wollen. Wir müssen dieses Gesetz in das Gesamtwohnunsbauprogramm einfügen. Es hat gar keinen Zweck, jetzt vor die Öffentlichkeit zu treten und mit dem neu entstandenen Wohnungswerk, für das sich manche zynischen Kritiker schon das Wort „Wunderwerk" angewöhnt haben, hausieren zu gehen und Hoffnungen zu erwecken, die wir nicht erfüllen können.
Meine Aufgabe ist, an Sie alle zu appellieren: Versprechen wir nichts, was wir nicht halten können, und lassen wir andererseits die brutale Wirklichkeit sprechen, deren Stimme gehört werden muß. Doch
seien wir gerade deswegen vorsichtig. Versuchen Sie doch bitte in Ihren Parteien zu erreichen, daß man einige Monate nicht mehr darüber redet, sondern daß das Gesetz gründlich beraten und so geändert wird, wie es wirklich notwendig ist, damit wir es dann vor den Wohnungsuchenden und den Sparern verantworten können und man uns nicht nachsagt, wir hätten die Öffentlichkeit durch ein geschicktes Arrangement nicht mit der vollen Wahrheit vertraut gemacht. Verweisen Sie das Gesetz also an den Ausschuß!