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ID0106303600

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    Deutscher Bundestag - 63. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Mai 1950 2287 63. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. Mai 1950 Geschäftliche Mitteilungen 2288B Zwischenbericht über die Wiederherstellung der deutschen Fischereihoheit (Drucksache Nr. 881) 2288B Anfrage Nr. 65 der Fraktion der FDP betr Notstand in den deutschen Badestädten (Drucksachen Nr. 815 und 915) 2288B Beratung der Interpellation der Fraktionen der Deutschen Partei und der Bayernpartei betr. Watenstedt-Salzgitter (Drucksache Nr. 653) und Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Watenstedt-Salzgitter (Drucksache Nr. 688): Renner (KPD) (zur Geschäftsordnung) . 2288C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Drucksache Nr. 913) . 2288D, 2292A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 2292A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe (Flaggenrechtsgesetz) (Drucksache Nr. 893) 2288D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Finanzverwaltung (Drucksachen Nr. 888 und 697, Antrag Nr. 911) 2289A, 2292C Mellies (SPD) 2289A Dr. Greve (SPD), Berichterstatter . . 2292D Zinn (SPD) 2294C Dr. Bertram (Z) 2296B Dr. Etzel (Bamberg) (BP) : zur Sache 2297A persönliche Bemerkung 2303C Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . . 2297C (C Renner (KPD) 2299A Dr. Koch (SPD) 2300A Dr. Dresbach (CDU) 2301A Eickhoff (DP) 2301D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 2302A Seuffert (SPD) 2303B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Ausprägung von Scheidemünzen (Drucksachen Nr. 907 und 806) 2289B, 2304A Ruhnke (SPD), Berichterstatter . . . . 2304A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über eine vorübergehende Erweiterung der Geschäfte der Hypotheken- und Schiffspfandbriefbanken (Drucksachen Nr. 908 und 545) 2289C Wackerzapp (CDU), Berichterstatter 2289C Dr. Oellers (FDP) 2290C, D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 2291C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht über den Antrag der Abgeordneten Dr. Falkner, Dr. Etzel (Bamberg), Dr. Seelos und Fraktion der Bayernpartei betr. Rechtsverhältnisse der entnazifizierten und der aus den deutschen Ostgebieten geflüchteten kriegsblinden Beamten und Angestellten der öffentlichen Dienste (Drucksachen Nr. 875 und 485) 2305B Dr. Götz (CDU), Berichterstatter . . 2305B Pannenbecker (Z) 2306B Beratung des Interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Drucksache Nr. 906) . . . . 2306B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Berlin über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Verlegung von Dienststellen des Bundes nach Berlin (Drucksachen Nr. 825 und 508) 2306C Dr. Reif (FDP), Berichterstatter . . . 2306D Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 2307B Mellies (SPD) . . . 2308A Brookmann (CDU) 2309C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Auf- hebung der Einreisebeschränkungen für deutsche Staatsbürger in das Saargebiet (Drucksachen Nr. 842 und 353) 2310A Beratung des mündlichen Berichts des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten über den Antrag der Abgeordneten Dr. Richter, Dr. Leuchtgens, Dr. Miessner, von Thadden, Frommhold und Genossen betr. Rückgabe der deutschen Archive (Drucksachen Nr. 844 und 149, Antrag Nr. 923) 2310A Dr. Brill (SPD), Berichterstatter . . . 2310B Renner (KPD) 2313B Dr. Ehlers (CDU) 2314B Übersicht über Anträge von Ausschüssen des deutschen Bundestages über Petitionen nach dem Stand vom 17. April 1950 (Drucksache Nr. 848) 2315C Schreiben des Abg. Kurt Müller betr. Niederlegung seines Abgeordnetenmandats 2315C Nächste Sitzung 2315D Die Sitzung wird um 14 Uhr 34 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Hermann Höpker-Aschoff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Kollege Zinn, es ist sicherlich nicht Ihre und auch nicht meine Schuld, daß wir bei der Gestaltung der Verwaltung solche Schwierigkeiten haben; denn wir haben uns ja im Parlamentarischen Rat gemeinsam für eine andere Lösung eingesetzt, bei der wir zu einer klaren einschichtigen Bundesfinanzverwaltung gekommen wären. Aber wir haben uns mit diesen Gedanken ja nicht durchsetzen können, weil wir auf den entschiedenen Widerstand der Besatzungsmächte stießen, und haben uns nun mit der Aufteilung der Finanzverwaltung in eine Bundesfinanzverwaltung und eine Länderfinanzverwaltung abfinden müssen. Wenn diese Aufteilung vorgenommen wird, kann sie jedoch nur so vorgenommen werden, daß Zölle und Verbrauchsteuern durch Bundesbehörden und Besitz- und Verkehrssteuern durch die Länderbehörden verwaltet werden.
    Wenn man nun nach Ihrem Grundgedanken anders verfahren wollte, dann würden wir die Veranlagung von Steuern, die nur von einer Stelle gemeinsam verwaltet werden können, also der Einkommensteuer, der Vermögensteuer, der Gewerbesteuer, aber auch der Umsatzsteuer, die alle bei demselben Steuerschuldner auch von einem Beamten in einem Arbeitsgang verwaltet werden müssen, völlig auseinanderreißen.
    Ich weiß sehr wohl, daß wir dadurch, daß die Umsatzsteuer nun Bundessteuer geworden ist und nach dem Grundgesetz durch Bundesbehörden verwaltet werden soll, zu einer etwas eigentümlichen Konstruktion gezwungen werden. Aber ich glaube, daß eine leidliche Konstruktion gefunden ist: Verwaltung durch die Oberfinanzpräsidien mit Hilfe der Finanzämter, die insoweit Hilfsorgane der Oberfinanzpräsidien sind. Ich gebe zu, daß dieser Weg verwickelt ist; aber daß er der Verfassung widersprechen würde, kann icht nicht zugeben. Außerdem ist diese Frage nicht neu, Herr Kollege Zinn; sie ist seit neun Monaten erörtert worden, und alle Stellen, die sich mit dem Entwurf dieses Gesetzes befaßt haben — die Konferenz der Ministerpräsidenten und ihre Unterausschüsse, an deren Beratungen aber auch Mitglieder des Parlamentarischen Rates teilgenommen haben —, haben sich einmütig für diesen Ausweg entschieden: daß man bei der Verwaltung dieser Steuern die Finanzämter als Hilfsorgane einschalten und dadurch die Einheitlichkeit der Verwaltung wahren solle. Es ist mir auch niemals bekanntgeworden, daß von seiten derjenigen Länder, deren Regierungen entweder nur aus Sozialdemokraten bestehen oder doch jedenfalls vnn einer Koalition geleitet werden, in der auch die Sozialdemokraten einen entscheidenden Einfluß haben, jemals ein Widerspruch gegen diese Lösung vorgebracht worden wäre.
    Ich frage Sie aber auch: wie wollen Sie es denn anders lösen? Wollen Sie die Verwaltung der Umsatzsteuer, der Beförderungssteuer den Zöllnern über-


    (Dr. Dr. Höpker-Aschoff)

    tragen, oder wie wollen Sie es machen? Sie können ja keine andere praktische Lösung finden. Nur bei den Finanzämtern sind die sachkundigen Leute da. Außerdem muß die Verwaltung der Umsatzsteuer — von der Beförderungssteuer will ich einmal schweigen — in die Hände derjenigen gelegt werden, die auch die Verwaltung der Einkommensteuer, der Vermögensteuer und der Meßbeträge der Gewerbesteuer in demselben Arbeitsgang durchführen. Einen anderen Weg gibt es überhaupt nicht. Und darum bedauere ich, daß diese Frage, nachdem wir sie im Ausschuß eingehend erörtert haben, hier noch einmal im Plenum angerührt wird und hier noch einmal langwierige Beratungen, womöglich der beiden Ausschüsse, des Rechtsausschusses und des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen, verlangt werden.
    Meine Damen und Herren, nun die Gegenseite! Das ist ja das Merkwürdige, daß wir hier Probleme behandeln sollen, die von der einen Richtung so, von der anderen Richtung so beurteilt werden. Herr Kollege Etzel, Sie haben zwar in Bayern nicht für das Grundgesetz gestimmt; aber Bayern hat doch damals seine Treue zum Bund bekannt, und Sie sind doch wahrscheinlich auch gewillt, die Verfassung zu halten. Ihr Antrag, die Biersteuer aus der Verwaltung der Bundesbehörden zu nehmen, verstößt glatt gegen die Verfassung; denn im Grundgesetz steht mit klaren und eindeutigen Worten, daß die Zölle und Verbrauchsteuern — und die Biersteuer gehört ja zu den Verbrauchsteuern — von Bundesbehörden verwaltet werden. Die Annahme des Antrags der Bayernpartei, die Worte „einschließlich der Biersteuer" aus dem Gesetzestext zu streichen, würde ein Verstoß gegen das Grundgesetz sein.
    Ob wir, nachdem alle diese Anträge gestellt sind und nun auch noch ein uns sehr überraschender Antrag der CDU kommt, die Bauverwaltung auch in der mittleren Instanz den Ländern zu übertragen, die Dinge nicht noch einmal im Ausschuß erörtern müssen, ist eine Frage, über die wir morgen abzustimmen haben, und ich behalte für meine Fraktion in dieser Frage jedenfalls die volle Entscheidungsfreiheit vor.
    Was mit dem Zentrumsantrag anzufangen sein soll, ist mir völlig unverständlich. 1, 2 und 3 sind ohne Bedeutung; 4 scheint eine gewisse Bedeutung zu haben. Es ist mir aber in der Tat völlig unverständlich, daß man die Veranlagung einer Kasse übertragen will und glaubt, damit Holland retten zu können. Ich sehe also in diesem Antrag keine Beseitigung der Rechtsschwierigkeiten und ganz gewiß auch keine Verbesserung des ganzen Entwurfs.
    Nun möchte ich aber noch ein paar Worte zu dem politisch nicht unbedeutsamen Antrag der SPD-Fraktion über die Offenlegung der Steuerlisten sagen. Ich frage mich: was soll diese Offenlegung der Steuerlisten nun eigentlich bezwecken? Soll hier eine Kontrolle ausgeübt und, wenn ja, wie soll sie durchgeführt werden? Meine Damen und Herren, nehmen Sie an, es wird nun bekannt, daß die veranlagten Steuerpflichtigen das und das Einkommen haben und mit dem und dem Einkommen veranlagt sind und die und die Steuern zu zahlen haben. Eine Kontrolle kann ja dadurch nicht ausgeübt werden, sondern sie müßten ja dann noch so etwas wie eine Popularklage einführen und jedem, der nach Einsicht in diese Steuerlisten die Veranlagung für falsch hält, die Möglichkeit geben, die Veranlagungsbeschlüsse der Finanzämter anzufechten.
    Wir glauben, daß die öffentliche Kontrolle dadurch in hinreichender Weise durchgeführt wird, daß an den Veranlagungsentscheidungen Steuerausschüsse beteiligt sind, in denen gewählte Vertreter der Gemeinde sitzen, daß außerdem die Kontrolle auch dadurch ausgeübt wird, daß in der zweiten Instanz in den Finanzgerichten neben den Berufsrichtern auch noch Laien entscheiden, die wiederum von öffentlichen Stellen gewählt werden.
    Wir haben außerdem die große Sorge, daß die Offenlegung solcher Steuerlisten nicht etwa dazu führt, daß wir mehr Steuern bekommen. Wir befürchten vielmehr, daß die Scheu, allen Leuten Einblick in die eigenen Verhältnisse zu geben, auch aus wirtschaftlichen, aus kreditpolitischen Gründen einen neuen Anreiz zur Steuerunehrlichkeit ausüben könnte.
    Weiter sind wir der Meinung, daß durch die Offenlegung der Steuerlisten in der Form, wie es von der SPD beantragt ist, ein ganz falsches Bild vermittelt würde. Nehmen Sie zwei Leute mit demselben Einkommen. Der eine ist bei der Lage seines Geschäfts imstande, eine ganze Reihe von Abschreibungen und Rückstellungen zu machen. Infolgedessen erscheint, obwohl sein Bruttoeinkommen dasselbe ist wie bei dem andern, das veranlagte Steuereinkommen viel geringer, weil bei diesem alle diese Rückstellungen und Abschreibungen berücksichtigt werden. Nehmen Sie ein weiteres Beispiel. Da ist ein Unternehmer, der von § 32a Gebrauch macht. Der andere Unternehmer kann davon nicht Gebrauch machen. Infolgedessen erscheint hier bei zwei Unternehmern, die beide ein hohes Einkommen haben, die veranlagte Steuer mit ganz verschiedenen Sätzen, weil der eine, wenn er von § 32a Gebrauch macht, nunmehr eine Besteuerung mit 50 °/o fordern kann, während der andere mit den höheren Steuersätzen veranlagt wird.
    Schließlich ist folgendes zu bedenken. Wenn in die Steuerliste nur das aufgenommen wird, was Sie von der SPD-Fraktion aufnehmen wollen, dann entsteht ja der Eindruck, daß mit dieser Steuerleistung die Verpflichtungen des Steuerschuldners erschöpft seien. Der Steuerschuldner muß aber noch einige andere Steuern aus seinem Einkommen zahlen. Er hat vor allen Dingen die Soforthilfeabgabe zu leisten, die heute bis zu 20 °/o des Einkommens verschlingt. Wenn das nicht auch in die Steuerlisten aufgenommen wird, entsteht doch wieder ein ganz falscher Eindruck.

    (Abg. Dr. Greve: Das ist doch eine Abgabe aus dem Vermögen!)

    Ich frage mich: was wollen Sie nun eigentlich mit der ganzen Geschichte erreichen? Sehen Sie einmal: früher ist es in Deutschland so gewesen, daß einer, wenn er ein hohes Einkommen hatte, auch die Achtung und Anerkennung seiner Mitbürger besaß. Man sagte: das ist ein tüchtiger Kerl. Oder ist das nicht wahr? Bei der Not, in der wir alle leben, und nach alledem, was wir durchgemacht haben, ist Neid und Begehrlichkeit da. Ich fürchte, daß die Offenlegung der Steuerlisten von unnützen Leuten in agitatorischer Weise ausgenutzt werden und daß daher die Offenlegung der Steuerlisten nicht zur Beruhigung und Verbesserung der Steuermoral führen, sondern aufs ganze gesehen eine ganz andere Auswirkung haben wird.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Und dann, wenn man schon sagt, auch der Mann, der
    ein hohes Einkommen hat, soll ganz offen bekennen: soviel habe ich!, du lieber Gott, es gibt


    (Dr. Dr. Höpker-Aschoff)

    unter den Lohnsteuerpflichtigen auch Leute mit sehr stattlichem Einkommen, mit Einkommen bis zu 24 000 DM. Wenn die Öffentlichkeit nun einmal erfahren soll, was alle verdienen, dann wäre es interessant, bei manchen Lohnsteuerpflichtigen auch zu erfahren, was sie verdienen.

    (Abg. Dr. Greve: Sicher! Machen wir ein Kompromiß!)

    — Ich fürchte, daß uns der Herr Finanzminister sagen wird: dies kann ich schon schwer verkraften; wenn Sie aber von ihm die Offenlegung der Steuerlisten für alle Lohnsteuerpflichtigen verlangen, hat er die Unterlagen gar nicht zur Hand, denn die Steuern werden vom Arbeitgeber eingezogen. Ich fürchte also, daß eine solche Erweiterung des Antrags undurchführbar sein würde.

    (Zurufe.)

    Wir sind aus allen diesen Gründen in dieser Frage, offen gesagt, in unserer Fraktion nicht einig und wollen auf niemanden einen Zwang ausüben. Aber ich habe die Anschauungen vorgetragen, von denen sich die Mehrheit meiner Fraktion leiten läßt. Ich glaube, daß es richtiger wäre, diese Bestimmung nicht noch in das Steuergesetz aufzunehmen.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Renner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz Renner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Wir haben heute hier im kleinen eine Wiederholung der wochenlangen Diskussionen im Parlamentarischen Rat um den Aufbau der Finanz- und Steuerverwaltung erlebt. Darf ich daran erinnern, daß im Streit um diese Frage die bekannte Weihnachtskrise des Parlamentarischen Rates ausgebrochen ist! Heute stehen wir vor der Situation, daß die sozialdemokratische Fraktion — das geht aus ihrem Vorbehalt, der hier vorgetragen wurde, eindeutig hervor — zu der Überzeugung gekommen ist, daß das, was sie seinerzeit als großen Erfolg ihres Auftretens verbucht und agitatorisch ausgewertet hat, nämlich eine Stärkung des Gedankens der zentralen Bundesfinanzverwaltung, heute durch den Beschluß des Ausschusses verspielt ist.
    Der Herr Sprecher der Sozialdemokratie hat davon gesprochen, daß diese Vorlage neben ihrem allgemeinen technischen Inhalt auch einen politischen hat. Das ist bestimmt der Fall. Aber ich will aus Gründen des Zeitmangels aus dieser Vorlage nur einen Teil herausgreifen, aus dem eindeutig klar wird, worin der wesentlichste politische Inhalt dieser Vorlage besteht. Das ist die Frage, die sich úm das Problem der Offenlegung der Steuerlisten schlingt. So liegen die Dinge doch wohl! Wir haben in dieser Vorlage Steuerausschüsse, die einen Ersatz für die Kontrolle durch die Öffentlichkeit darstellen sollen. Sie sind so zusammengesetzt, daß die Vertreter der Selbstverwaltung zahlenmäßig darin einen sehr minimalen Anteil ausmachen. Außerdem steht im § 25 der Vorlage ganz eindeutig, daß diese Ausschüsse nur beratende Funktionen haben und daß das Finanzamt nur verpflichtet ist, sich von ihnen beraten zu lassen. Es handelt sich ausdrücklich um eine Kannvorschrift. Das Finanzamt „kann"!

    (Abg. Dr. Dr. Höpker-Aschoff: Sie müssen weiterlesen! Den Abs. 2, Herr Kollege Renner!)

    (Abg. Dr. Dr. Höpker-Aschoff: Das sind die
    entscheidenden Fälle!)
    — Ich weiß nicht, ob die Veranlagung das Entscheidende ist oder der Einspruch gegen die Veranlagung. Ich glaube, die Veranlagung ist entscheidend und nicht der Einspruch.
    Die Aufgabe der Steuerveranlagung liegt nach dieser Vorlage eindeutig bei der Verwaltung, und zwar bei den Landesfinanzämtern. Die Landesfinanzämter sollen Hilfsorgane der Oberfinanzämter sein. Darf ich an einen Streit erinnern, der im Parlamentarischen Rat ob der Frage ausgebrochen ist, wie sich die Tatsache, daß die Landesfinanzämter die Aufgabe der Steuerveranlagung durchführen, auswirken kann? Haben wir im Parlamentarischen Rat nicht folgende Klage gehört, meine Damen und Herren, daß dann, wenn man den Landesfinanzämtern die Steuerveranlagung und Steuereintreibung überläßt, der Zustand eintreten kann, daß die Landesfinanzämter diejenigen Steuern, die ausgesprochene Bundessteuern sind, nicht mit der Energie veranlagen und erfassen, mit der sie sich bei den Ländersteuern einsetzen? Es ist doch offen ausgesprochen worden, das sei ein großer Mangel in dem ursprünglich im Grundgesetz vorgesehenen System. Heute hören wir genau das Gegenteil. Wir hören, daß diese Hilfsorgane, diese Landesfinanzämter, in der Lage sein sollen, die Arbeit der Oberfinanzämter wirklich im positiven Sinne zu untermauern.
    Darf ich in diesem Zusammenhang auf den § 32 hinweisen! Die Steuerausschußmitglieder stehen nach dieser Regelung etwa im Verhältnis von Beamten. Sie sind zur Amtsverschwiegenheit und Wahrung des Steuergeheimnisses ausdrücklich verpflichtet. Diese Verpflichtung wird protokollarisch festgehalten, und damit kommen wir zu dem Kernproblem in der Frage der Offenlegung der Steuerlisten. Wie kann man, Herr Kollege Dr. Höpker-Aschoff, überhaupt die Lohnsteuer und diese anderen Steuern, um die es hier geht, in einem Atemzug nennen! Die Lohnsteuer ist doch eine Steuer, die vom Unternehmer an Lohn, Einkommen und Gehalt des Betreffenden in Abzug gebracht wird. Wer hat denn etwas dagegen, daß die Summe, die einem an Steuern abgezogen wird, offengelegt wird? Dagegen hat doch wohl niemand aus diesem Kreis etwas einzuwenden. Der Zuruf des Herrn Kollegen Dr. Greve war durchaus berechtigt: Machen wir ein Kompromiß! Legen wir einmal die Listen der Einkommensteuer und auch der anderen Steuern offen! Darf ich Sie daran erinnern, Herr Kollege Dr. Höpker-Aschoff, daß bei der ersten Beratung des Gesetzes so ungewollt aus einer in Angst geratenen Bürgerseele ein bezeichnender Zuruf kam, als zum ersten Male das Problem der Offenlegung der Steuerlisten hier zur Debatte stand? Da hat einer von Ihren Herren aufgestöhnt: Das ist ja der reinste Bolschewismus!

    (Heiterkeit links.)

    Erinnern Sie sich, Herr Kollege Höpker-Aschoff: Das ist ja der reinste Bolschewismus!

    (Heiterkeit. — Abg. Dr. Dr. Höpker-Aschoff: Ich nicht!)

    — Sie nicht; Sie sind dazu viel zu klug, Herr Kollege.

    (Abg. Dr. Dr. Höpker-Aschoff: Ich habe auch keine ängstliche Bürgerseele!)

    - Nein, auch das will ich Ihnen nicht unterstellen. Aber Sie können nicht bestreiten, daß der Zwischenruf aus Ihrer absoluten Nachbarschaft gekommen ist; und das war die gequälte Bürgerseele, der zugemutet werden soll, im Punkte Steuerleistungen ehrlich zu sein.

    (Zuruf von der FDP: Offenlegung hat doch nichts mit Ehrlichkeit zu tun!)



    (Renner)

    — Steuerzahlen hat mit Ehrlichkeit nichts zu tun?

    (Zuruf rechts: Offenlegung hat nichts damit zu tun!)

    —Wem sagen Sie das? Das ist das, was ich immer behauptet habe.

    (Zuruf rechts: Nein, drehen Sie es nicht wieder um! „Offenlegung" habe ich gerufen!)

    Bitte sehr, der Herr Kollege Höpker-Aschoff hat gesagt, daß die Offenlegung der Steuerehrlichkeit abträglich sein könnte.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Das hat er doch gesagt; also hat es doch etwas mit der Steuermoral zu tun.

    (Anhaltende Zurufe und Unruhe.)

    Ich habe selbst nicht soviel Geld wie Sie; aber von den Dingen verstehe ich doch ein bißchen. Und, meine Herren von der SPD, darauf kommt es an, daß wir erreichen, daß die Steuerlisten offengelegt werden müssen. Man hat schon den Organen der kommunalen Selbstverwaltung die Veranlagung aus der Hand genommen. Wenn wir es jetzt nicht fertig bringen, daß eine komplette und vollkommene Offenlegung der Steuerlisten erreicht wird, dann haben wir absolut damit zu rechnen, daß die bisherige Praxis auch weiter fortgesetzt und sich durchsetzen wird, d. h. daß der Besitzende, der seine Steuern in ihrer Höhe selber bestimmt, genau das zahlt, was ihm beliebt.

    (Händeklatschen bei der KPD.)