Meine Damen und Herren! Der dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen überwiesene Entwurf eines Gesetzes über die Finanzverwaltung begegnete in den Beratungen des Ausschusses den Schwierigkeiten, die sich aus dem Grundgesetz ergeben. In der Begründung zur Regierungsvorlage ist bereits darauf hingewiesen, daß nach den Artikeln 87 Abs. 1 und 108 Abs. 1 des Grundgesetzes die Aufteilung der Finanzverwaltung in eine Bundesfinanzverwaltung und in Landesfinanzverwaltungen vorzunehmen ist. Um diese Vorschrift des Grundgesetzes kam auch der Ausschuß nicht herum. Die Schwierigkeiten, die sich in den Beratungen ergeben haben, haben sich vor allem bei vier verschiedenen Punkten gezeigt, und zwar erstens bei der Frage, wie die Umsatzsteuer entsprechend Art. 108 Abs. 1 des Grundgesetzes verwaltet werden soll: zweitens bei der Frage - die nichts mit dem Grundgesetz zu tun hat —. ob eine eigene Abteilung des Bundes für die Verwaltung des Bundesvermögens und eine eigene Abteilung für die Bauangelegenheiten des Bundes bei den Oberfinanzdirektionen eingerichtet werden sollen: drittens bei der Frage. ob bei den Oberfinanzdirektionen eine Präsidialabteilung bestehen. bleiben bzw. wieder eingerichtet werden soll: viertens hei der Frage der Errichtung bzw. Wiedererrichtung — in den meisten Ländern der Bundesrenublik - der Steuerausschüsse.
In der Frage der Verwaltung der Umsatzsteuer durch bundeseigene Behörden, wie sie nach dem Grundgesetz vorgeschrieben ist, ist der Ausschuß zu der Lösung gekommen, wie sie Ihnen in der Drucksache Nr. 888 vorgelegt worden ist. Seitens einzelner Mitglieder des Ausschusses, aber auch seitens des Herrn Vertreters des Bundesministers
der Justiz ist darauf hingewiesen worden, daß die Lösung, wie sie in der Regierungsvorlage enthalten war und auch in der Vorlage des Ausschusses noch enthalten ist, im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit nicht ohne Bedenken ist. In dem Grundgesetz ist vorgeschrieben, daß diejenigen Steuern, die in die Kassen des Bundes fließen, von Bundesbehörden verwaltet werden und daß diejenigen Steuern, die in die Kassen der Länder fließen, von Landesbehörden verwaltet werden. Diese Schwierigkeit war noch in der Mittelinstanz, bei den Oberfinanzdirektionen, zu beseitigen.
Schwierigkeiten bestanden und bestehen nach Auffassung einzelner Mitglieder des Ausschusses noch in folgendem. Ich darf Sie bitten, hierzu auf die Fassung des § 10 zu schauen, in der gesagt ist, daß die Oberfinanzdirektionen sich bei der Bearbeitung der Umsatzsteuer und der Beförderungssteuer der Hilfe der Finanzämter bedienen. Inwieweit das mit dem Grundgesetz zu vereinbaren ist, konnte im Ausschuß nicht einheitlich geklärt werden. Die Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses ist der Auffassung, daß die Fassung in § 10 den Vorschriften des Grundgesetzes entspricht Demzufolge wird die Umsatzsteuer auf der unteren Ebene durch die Finanzämter im Auftrage der Bundesbehörden verwaltet. Diese Auftragsverwaltung wird zwar durch Behörden des Landes, nämlich durch die Finanzämter, wahrgenommen. Aber die Schwierigkeiten, die entstanden wären, wenn man die Umsatzsteuer von der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer getrennt hätte, wären nach Auffassung der Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses wesentlich größer gewesen — einzelne Mitglieder waren der Auffassung, daß es völlig unmöglich sei, diese Trennung vorzunehmen — als die Schwierigkeiten, die sich jetzt im Hinblick auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung ergeben. Der Ausschuß schlägt Ihnen demnach vor, die Regelung in der Weise vorzunehmen, wie es in dem § 10 seines Entwurfs vorgesehen ist.
Die zweite Frage, die Frage der Errichtung einer selbständigen Abteilung für die Verwaltung des Bundesvermögens und für die Bauangelegenheiten bei den Oberfinanzdirektionen, ist in dem Sinne entschieden worden, daß der Ausschuß der Regierungsvorlage zugestimmt hat. Über diese Frage hat eine gemeinsame Beratung zwischen einigen Mitgliedern des Bundestagsausschusses und des Bundesratsausschusses für Finanzen und Steuern stattgefunden. Eine Einigung über diese Frage konnte zwischen dem Bundesrat und dem Bundestag nicht erzielt werden. Der Bundesrat war der Auffassung, daß, wenn man auch vielleicht eine eigene Abteilung für die Verwaltung des Bundesvermögens bei den Oberfinanzdirektionen einrichten könnte oder auch sollte, dies unter gar keinen Umständen für die Bauangelegenheiten angebracht sei. Die Mehrheit des Ausschusses war im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium der Auffassung, daß sowohl eine Abteilung für das Bundesvermögen als auch eine Abteilung für Bauangelegenheiten hei den Oberfinanzdirektionen errichtet werden sollte. In der gemeinsamen Sitzung wurden im Zusammenhang damit Fragen behandelt, auf die hier im einzelnen einzugehen nicht nötig ist, da sie, ohne daß von seiten der Mitglieder des Bundesrats Bedenken geäußert wurden, ihren Niederschlag in der Drucksache Nr. 888 gefunden haben.
Über die Frage der Errichtung einer eigenen Präsidialabteilung bei den Oberfinanzdirektionen ist
es ebenfalls zu verschiedenen Auffassungen innerhalb des Ausschusses gekommen. Die Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses war der Auffassung, daß eine eigene Präsidialabteilung mit einem eigenen Leiter nicht einzurichten sei. Die Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses wollte zu dieser Einrichtung auch deswegen nicht wieder zurückkehren, weil die Organisation der Oberfinanzdirektionen eine andere ist als früher, was eben mit der Teilung in Bundesfinanzverwaltung und Länderfinanzverwaltung zusammenhängt. Die Vorlage des Ausschusses sieht also von der Errichtung einer eigenen Präsidialabteilung bei den Oberfinanzdirektionen ab.
Der vierte Punkt der grundsätzlichen Fragen betraf die Errichtung von Steuerausschüssen. Im Ausschuß bestand Einmütigkeit darüber, daß die Steuerausschüsse mit den Aufgaben, wie sie in der Drucksache Nr. 888 niedergelegt worden sind, wieder errichtet werden sollten.
Ich darf kurz im einzelnen auf das eingehen, was in der Drucksache Nr. 888 dem Plenum vom Ausschuß zur Annahme empfohlen wird. Der Begriff Oberfinanzpräsidien ist durch Oberfinanzdirektionen ersetz worden, und zwar
im Hinblick darauf, daß man es nach Auffassung der Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses für nützlich und auch wohl notwendig hielt, eine einheitliche Bezeichnung für alle Mittelbehörden sämtlicher Bundesministerien zu haben. Die Bezeichnung bei der Bundesbahn ist Eisenbahndirektion, bei der Post Oberpostdirektion, so daß hier der Ausdruck Oberfinanzdirektion gewählt worden ist. Gewisse Bedenken der Verwaltung sprachen allerdings dagegen, im wesentlichen weil man meinte, der Begriff Oberfinanzpräsidium hätte sich eingebürgert. Das trifft sachlich nicht zu, weil es die Bezeichnung Oberfinanzpräsidium nicht gibt, sondern die Behördenbezeichnung nach wie vor ,,Der Oberfinanzpräsident" heißt. Diese Bezeichnung beizubehalten, liegt ohnedies kein Anlaß vor. Der Ausschuß empfiehlt Ihnen nach Abstimmung mit Mehrheit, die Bezeichnung „Oberfinanzdirektion" statt der bisherigen „Der Oberfinanzpräsident" zu wählen.
Im Abschnitt II ist zu § 3 zu bemerken, daß zwar an dieser Stelle des § 3 die Bestimmungen, wie sie in der Regierungsvorlage enthalten sind, weggefallen sind, dafür aber an anderer Stelle, und zwar in den §§ 5, 6 und 7, erscheinen. Der Ausschuß hält die Gliederung, wie sie jetzt vorgenommen worden ist, für richtiger. Die Herren Vertreter des Bundesfinanzministeriums, die den Ausschußberatungen beigewohnt haben, halten ebenfalls die jetzige Vorlage des Ausschusses für richtiger.
Zu den §§ 5 und 6 sind im einzelnen keine besonderen Ausführungen zu machen. Lediglich zu § 7, letzter Absatz, bestanden Differenzen zwischen den Ländern und dem Bunde bzw. den Vertretern des Ausschusses des Bundesrates für Finanzen und den Mitgliedern des Ausschusses des Bundestages für Finanzen über die Frage der angemessenen Entschädigung. Im einzeln en konnte keine Klarheit darüber geschaffen werden, welcher Prozentsatz dann richtig sei, wenn die Steuern des Bundes von den Ländern nicht im ganzen verwaltet werden, wie das
früher der Fall war, sondern nur zum Teil, wie es heute beispielsweise bei der Umsatzsteuer der Fall ist.
§ 8 sieht vor, daß die Aufgaben, die früher in der Präsidialabteilung der Oberfinanzdirektionen, der damaligen Oberfinanzpräsidien, erledigt worden
sind, nunmehr getrennt für die Bundesabteilungen und die Länderabteilungen zu erledigen sind. Zu diesem Zwecke können die Aufgaben in einer der Bundesabteilungen bzw. in einer der Landesabteilungen zusammengefaßt werden.
In § 10 ist die von mir vorhin schon erwähnte Bestimmung enthalten, daß der Bund durch die Oberfinanzdirektionen sich der Finanzämter zur Bearbeitung der Umsatzsteuer und der Beförderungssteuer bedient. Auf die Gefährlichkeit dieser Bestimmung nach Auffassung einzelner- Mitglieder des Ausschusses im Hinblick auf das Grundgesetz habe ich bereits hingewiesen.
Im § 11 in der Fassung des Ausschusses bitte ich einen Druckfehler zu berichtigen. Es heißt in der vorletzten Zeile des Abs. 1 „Sie untersteht dem Oberfinanzpräsidenten unmittelbar", nicht „dem Oberpräsidenten", wie es in der Vorlage heißt.
Zu den §§ 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22 und 23 sind besondere Ausführungen nicht zu machen. Hier entsprechen die vom Ausschuß gefaßten Beschlüsse der Vorlage der Regierung.
Zum § 24 ist folgendes zu bemerken. Die Steuerausschüsse, die es bisher in einem Lande der Bundesrepublik, nämlich in Bayern, gegeben hat und noch gibt, haben eine andere Zusammensetzung, als nach dem vorliegenden Steuerverwaltungsgesetz vorgeschrieben ist. In Bayern werden die Mitglieder der Steuerausschüsse nicht nach den Gesichtspunkten gewählt, wie es nach der Vorlage für richtig gehalten wird. Es besteht keine Veranlassung, die abweichende Regelung, wie sie in Bayern zur Zeit noch vorhanden ist, beizubehalten, nachdem dieses Finanzverwaltungsgesetz in Kraft getreten ist. Gerade auf diesem Gebiete der Mitwirkung der Steuerausschüsse bei der Veranlagung der Steuern und auch bei der Entscheidung über Einsprüche gegen Steuerbescheide schien es notwendig, die Einheitlichkeit in allen Oberfinanzbezirken in allen Ländern herbeizuführen. Aus diesem Grunde war es notwendig, daß die entspreche den Vorschriften in § 24 Abs. 2 der Regierungsvorlage gestrichen wurden.
In diesem Zusammenhang darf ich bemerken, daß das noch in einem anderen Falle zutrifft, und zwar in § 36. Für das Land Hessen war nach der Regierungsvorlage die Möglichkeit vorgesehen, die Regelung bei den Oberfinanzkassen anders beizubehalten, als es die Regelung nach diesem Gesetz vorsieht. Auch in diesem Falle lag nach Auffassung der Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses keine Veranlassung vor, dem Lande Hessen zu gestatten, die bisherige Regelung beizubehalten, die lediglich unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Kassenführung im Lande Hessen eingerichtet worden ist. Da in Hessen eine Oberfinanzdirektion neu eingerichtet werden muß, schien es angebracht, auch die entsprechende Bestimmung in Abs. 2 des § 36 der Regierungsvorlage zu streichen.
Zu den übrigen Paragraphen sind Einzelausführungen nicht mehr zu machen. Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen empfiehlt dem Bundestag die Annahme des Gesetzes über die Finanzverwaltung in der von ihm verabschiedeten Fassung.