Rede von
Oskar
Wackerzapp
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen Bericht zu erstatten über das Ergebnis der Beratung des Ausschusses für Geld und Kredit über den Entwurf eines Gesetzes über eine vorübergehende Erweiterung der Geschäfte der Hypotheken- und Schiffspfandbriefbanken. Das ist Nr. 545 der Drucksachen. Der Ausschuß ist zu dem Ergebnis gekommen, daß die Ihnen hier vorgeschlagene Regelung im wesentlichen angenommen werden soll. Um aber das Verständnis für die Tragweite des Gesetzes zu fördern, möchte ich kurz auf die allgemeine Bedeutung hinweisen. Es geht nämlich um mehr als lediglich darum, die gesetzmäßige Zuständigkeit der Hypothekenbanken und Schiffspfandbriefbanken formell zu vergrößern. Im wesentlichen steht im Hintergrund, für diese Banken Gelder verfügbar zu machen, die ihnen sonst nicht zugänglich sind. Es ist ja doch so, daß die Hypothekenbanken und die Schiffspfandbriefbanken zur Zeit die für die ungemein wichtige langfristige Kapitalausleihung notwendigen Gelder nicht wie üblich aus dem Publikum heraus durch Absatz von Pfandbriefen gewinnen können. Dazu ist die Kapitaldecke zu kurz und die Neigung des Publikums, sich gerade in Pfandbriefanlagen mit seinen verfügbaren Beständen anzulegen, zu gering. Andererseits aber wissen wir alle, wie ungemein groß unser Bedarf an langfristigem Kapital ist.
Da bietet sich nun aus folgender Konstellation heraus eine sehr gute Gelegenheit. Die Wiederaufbaubank verfügt bekanntlich als treuhänderischer Verwalter über die großen Mittel, die aus den Counterpart-Funds überwiesen werden. Sie selbst hat aber keinen Unterbau und keine Organisation, um diese gewaltigen Mittel, die in die Hunderte von Millionen gehen, in der volkswirtschaftlich richtigen Streuung bis an den letzten Kreditnehmer heranzubringen. Auf der anderen Seite verfügen die Hypothekenbanken und Schiffspfandbriefbanken, die durch die Währungsreform in ihrer ganzen Geschäftsgebarung, im Volumen ihrer Betätigung und in ihrer wirtschaftlichen Geltung dezimiert worden sind, über einen ungemein sachkundigen und hochwertigen Organismus, der weitreichende Erfahrungen gerade auf dem Gebiet der Anlage von Geldern im Hypothekenwesen besitzt. Und darum ist es eine glückliche Lösung, wenn dieser durchgebildete Verwaltungsapparat nunmehr in den Dienst der Auf-
gabe gestellt wird, die großen, für langfristige Kredite geeigneten Gelder der Wiederaufbaubank in breiter Streuung an die Wirtschaft, insbesondere an den sozialen Wohnungsbau, heranzubringen. Deswegen ist der Ausschuß durchaus damit einverstanden, daß das Übergangsgesetz hierfür die formellen Voraussetzungen schafft.
Aber der Ausschuß hat sich nicht allein mit dieser formalen Erweiterung des Geschäftsbereichs der Hypotheken- und Pfandbriefbanken begnügt, sondern er ist auch in das Wesen der Dinge hineingestiegen und hat insbesondere die Frage geprüft, ob sich hier nicht eine Gelegenheit bietet, dem letzten Kreditnehmer möglichst billiges Geld zur Verfügung zu stellen. Da ist der Ansatz der gewesen, daß die Wiederaufbaubank bei der Weitergabe der Gelder, die sie aus den Counterpart-Funds bekommt, an die Finanzinstitute eine Zinsmarge von 1/4% erhebt. Wir fragten uns, ob dieses 1/4 % notwendig wäre, ob nicht die Wiederaufbaubank in der Weise ausgeschaltet werden kann, daß die Counterpart-Funds unmittelbar in Verbindung mit den Hypothekenbanken treten, daß also letzten Endes der letzte Kreditnehmer die Gelder um 1/4% billiger bekäme. Wir haben uns überzeugen lassen, daß dies nach den Statuten der Wiederaufbaubank und auch aus sonstigen Gründen nicht möglich ist und daß die Wiederaufbaubank eine gewisse Zinsmarge braucht, um ihre Unkosten bestreiten zu können und weil sie statutenmäßig gehalten ist, einen Reservefonds zu schaffen.
Wir haben weiter die Frage geprüft, ob nicht die Hypothekenbanken bei Bemessung ihrer Zinsmarge übertriebene Ansprüche stellen, indem sie 3/4% dabei verdienen möchten. Wir sagten uns, 3/4 % wäre ein zu ausgiebiges Entgelt, da ja die ganze Geldbeschaffung aus den Fonds der Wiederaufbaubank nur eine Unterschrift kostet und nicht wie sonst große Beschaffungskosten und Verwaltungskosten für die Ausgabe von Pfandbriefen bedingt. Aber wir haben uns auch hier überzeugen lassen, daß die Hypothekenbanken es nicht billiger machen können, denn, wie gesagt, sie sind durch die Entwicklung der Verhältnisse in ihrem Geschäft kläglich zusammengeschrumpft und haben andererseits einen kostspieligen Verwaltungsapparat nach wie vor durchzuhalten, so daß sie also aus diesen Gründen einen ergiebigen Verdienst aus der Zinsmarge nicht entbehren können.
Schließlich haben wir uns mit dem Antrag der Lebensversicherungsanstalten befaßt, die der Meinung waren, daß auch sie als hypothekenverteilende Stellen eingeschaltet werden sollten und daher zu den Mitteln der Wiederaufbaubank Zugang haben müßten. In dieser Beziehung haben wir uns auf den Standpunkt gestellt, daß das nicht Sache der Lebensversicherungen sei. Für sie ist die Ausgabe von Hypotheken ja nur ein Nebengeschäft, ein Reflexgeschäft, eine Art der Anlage ihrer verfügbaren Reserven. Dazu kommt, daß die Kapitalbildung bei den Lebensversicherungsgesellschaften außerordentlich günstig verläuft. Aus diesen Gründen glaubten wir, dem Antrag der Lebensversicherungsanstalten nicht folgen zu sollen.
Schließlich haben wir uns mit den Einwendungen des Bundesrates auseinandergesetzt, die im wesentlichen darin gipfelten, daß man die Dauer dieses Gesetzes nicht wie vorgesehen bis zum Ende des Jahres 1955 befristen sollte, sondern nur bis zum Ende des Jahres 1953. Das ist das Jahr, in dem die Marshallplan-Subventionen ihr Ende finden sollen.
Wir haben uns aus diesem Grunde und auch aus N anderen Erwägungen, insbesondere mit Rücksicht auf die große Labilität des Geld- und Kapitalmarktes und auf die Unübersehbarkeit der künftigen Entwicklungen, ebenfalls auf den Standpunkt gestellt, daß die zeitliche Begrenzung, wie sie der Bundesrat vorschlägt, der richtige Entschluß ist. Wir haben uns in dieser Beziehung daher dem Bundesrat angeschlossen.
Im übrigen hatte der Bundesrat einige Bemängelungen mehr redaktioneller Natur, die nicht von wesentlicher Bedeutung sind. Ich habe daher die Ehre, Ihnen im Namen des Ausschusses vorzuschlagen: Der Bundestag wolle beschließen, dem vorgelegten Gesetzentwurf mit der Maßgabe, die ich eben genannt habe, nämlich mit der Verkürzung der Gesetzesdauer auf Ende 1953, zuzustimmen.