Rede von
Max
Wönner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Gewerkschaftler komme ich wohl kaum in den Verdacht, nicht auch das gesamtwirtschaftliche Interesse im Auge zu behalten, die Verbraucherinteressen selbstverständlich voran. Ich habe mich zunächst einmal mit der Frage auseinandergesetzt: ist es denn überhaupt wünschenswert, zu dem von der WAV vorgetragenen Tatbestand jetzt alle Gründe darzulegen, die eigentlich dann erörtert werden müßten, wenn wir die Frage der Biersteuer zu behandeln haben,
denn das steht mit der Biersteuerfrage in einem nicht zu lösenden Konnex.
Gleichwohl aber müssen wir uns heute damit auseinandersetzen, und ich habe mich nach all den Gründen gefragt, die Herrn Abgeordneten Loritz dazu bewegen konnten, diesen Antrag hier zu stellen.
Ich habe keinerlei irgendwie gearteten sachlichen Grund festgestellt.
Bei all meinen Erwägungen bin ich immer wieder darauf gekommen: er scheint offenbar nur dem Agitationsbedürfnis der WAV zu entspringen.
Dies dürfte auch durch die Tatsache erhärtet werden, daß es doch erst knapp drei Wochen her ist, seit wir aus dem Munde des Herrn Loritz, auch an dieser Stelle, sehr nachdrückliche Ausführungen über die Reduzierung überhöhter Handels- und Preisspannen gehört haben.
Das, was er heute will, ist offensichtlich das genaue Gegenteil von dem, was er damals gewollt hat.
— Herr Kollege Loritz, wir müssen doch bereit sein, die Dinge unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten.
Seien auch Sie bitte einmal bereit und versuchen
Sie, mir persönlich — nicht dem Hohen Hause, ich möchte die Zeit nicht unnötig aufgewandt wissen — eine plausible Erklärung dafür zu geben, was sich am Bierpreis ändern würde, wenn wir den Höchstpreis beseitigen wollten!
Dann könnte vielleicht der Fall eintreten, daß er weiter hinaufklettert,
nicht aber, daß er heruntergeht. Außerdem aber
ist allen Brauereien und allen Wirten nicht die
geringste Hemmung auferlegt, die ihrerseits bereit sind, den Bierpreis jetzt weiter zu senken.
Wir haben uns mit dieser Tatsache gar nicht auseinandergesetzt, aber ich darf Ihnen. Herr Loritz, von dieser Stelle aus verraten: Während Sie sich um Agitationsdinge bemüht haben, haben wir uns mit dem Finanzminister und mit den Brauereien zusammengesetzt und haben eine schliche Grundlage dafür erarbeitet. wie wir zu einem Preis von 70 Pfennig pro Liter Bier tatsächlich kommen können.
— Jawohl, darum geht es nämlich ganz allein, um sonst gar nichts.
Wir sind uns — das darf ich hier bemerken, und für den bayerischen Raum muß ich das einschränkend sagen — mit den Brauereien und auch mit dem Finanzministerium einig darin, wie es geschehen sollte.
Nun ist es sachlich unrichtig gewesen, wenn Herr Loritz hier behauptet hat, es werde den Wirten zugemutet, 16 Pfennig von ihrem Schanknutzen nachzulassen. Das verlangt kein Mensch! Auch wir sind nicht bereit, ihnen das zuzumuten. Auf der anderen Seite darf ich Herrn Loritz bitten, sich einmal die Frage zu überlegen, ob wir es uns bei nur 38 % Umsatz gestatten können, genau dieselbe Zahl von Wirten durchzuhalten, die wir in besten Friedenszeiten durchgehalten haben.
Es wird eine entsprechende Korrektur durchgeführt werden müssen, und gerade ich, der ich hier als Bayer und auch als guter Bierkonsument spreche,
möchte doch der Meinung Ausdruck geben, daß nicht alle Wirte in Bauern auch wirklich Wirte sind. Sie müßten das wieder werden. Dann werden sie auch zweifellos den Bierkonsum wieder zu fördern in der Lage sein. Erhöhter Bierkonsum wird auch die Existenz der Wirte sichern helfen.
Und, Herr Loritz, darf ich Sie vielleicht noch auf etwas hinweisen. Ich weiß nicht genau, oh Ihre Vorstellungen noch irgendwie davon beeinflußt sind. Vielleicht ist der Herr Abgeordnete Dr. Horlacher liebenswürdig genug, knapp auf dieses Thema einzugehen. Wir hatten einmal eine solche Situation, in der Höchstpreise auch zu Mindestpreisen geworden waren. Voriges Jahr hat es Landwirtschaftsminister gegeben, die den Höchstpreis zum Mindestpreis werden ließen, bei den Kartoffeln nämlich, und diejenigen zur Strafanzeige gebracht haben, die diese Preise zu
unterschreiten bemüht waren. Aber diese Situation ist heute beim Bierpreis nicht gegeben.
Dann allerdings auch ein Wort an den Herrn Bundesfinanzminister. Ich bin dazu schon auf Grund der gestrigen Debatte zur Tabaksteuerfrage veranlaßt. Dabei habe ich nämlich das Gefühl gehabt, daß der Herr Bundesfinanzminister auf einen recht beachtlichen Einwand, nämlich den der Verfassungswidrigkeit der vorläufigen Steuerstundung, nicht ausreichend eingegangen ist. Deswegen muß ich im Zusammenhang mit der Biersteuerreform auch auf diese Frage zu sprechen kommen. Dem Hohen Hause sollte bekannt sein, daß mindestens im Bereich von Bayern eine Anordnung des Finanzministers mit Deckung des Herrn Bundesfinanzministers besteht, wonach den Hausbrauern — Herr Abgeordneter Dr. Horlacher, ich darf Sie bitten, diese Frage zu beachten — schon jetzt eine Biersteuerstundung in der Höhe gewährt wird, daß die Hausbrauer nicht mehr mehr als 60 % der Biersteuer bezahlen; soviel soll sie nach dem neuen, noch nicht existierenden Biersteuergesetz betragen.
Ich stelle erstens fest: Es wird auf ein Gesetz Bezug genommen, das noch gar nicht existiert. Ich stelle weiter fest: Eine Anordnung ist erlassen worden, deren Verfassungswidrigkeit nicht in Zweifel gezogen werden kann. Und dann darf ich mir in Anlehnung an das, was der Herr Bundesfinanzminister gestern gesagt hat, — —
- Das müßte erst sachlich geprüft werden, ob das wirklich der Fall war. Ich glaube nicht, daß das tatsächlich der Fall ist; denn gerade in den Bereichen, wo die Biersteuerstundung wirksam wird, im fränkischen Raum, bestehen Verhältnisse, unter denen die gewerblichen Brauereien in sehr ernste Schwierigkeiten kommen, wenn nicht eine ausreichende Korrektur durchgesetzt wird.
— Herr Strauß, veranlassen Sie mich bitte nicht, Ihnen noch klarer zu sagen, worum es geht. Ich bin bereit, es zu tun. Ich habe mich auch bemüht, die Hintergründe zu erforschen, die etwa zu diesem so eiligen Vorgehen Veranlassung gegeben haben könnten, und bin zu dem recht merkwürdigen Ergebnis gekommen, daß es Parteifreunde des Herrn Bundesfinanzministers sind. die diese Wahlkreise zu vertreten haben, in denen die meisten Hausbrauer zu finden sind.
Ich weise nur auf die Tatsache hin.
— Ich weiß, dein Wahlkreis ist der zweite unter denen, in denen sich die meisten Hausbrauer finden!
Wir haben das sehr genau überprüft. Ich möchte aber jetzt nicht mehr sagen. Ich müßte nämlich als den Vertreter des Wahlkreises, in dem die meisten Hausbrauer zu finden sind, eine auch mir sehr hochachtbare Persönlichkeit nennen, möchte es aber vorläufig lieber nicht tun!
Gestern hat der Herr Bundesfinanzminister im Zusammenhang mit der Zigarrensteuer darauf Bezug genommen, daß es sachlich durchaus begründet gewesen sei, so zu verfahren, wie verfahren worden ist; denn diese notleidende Industrie mußte ja vor dem Zusammenbruch gerettet werden. Dasselbe Argument hoffe ich doch wohl nicht auf die Hausbrauer bezogen hören zu müssen, denn hier handelt es sich nicht um ein Interesse der Verbraucher. Hier handelt es sich einfach um die Bevorzugung einer kleinen Schicht von Bauern. Denn es ist auch in Bayern nicht so, daß ein größerer Teil von Bauern das Hausbraurecht ausübt; es ist ein ungewöhnlich kleiner Bezirk. Aber da sitzen 50 000 Hausbrauer drin.
Ich bitte den Herrn Bundesfinanzminister, darüber Auskunft geben zu wollen, inwieweit diese Maßnahme verfassungsrechtlich gedeckt ist. Im übrigen aber sehen wir keinen sachlichen Grund, dem Antrag des Herrn Abgeordneten Loritz zuzustimmen. Wir bitten, ihn abzulehnen.