Rede von
Wilhelm
Schmidt
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Meine Damen und Herren! Die Vorlage, die wir heute behandeln, spricht von einem Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft. In vielen Kreisen ist der Anschein erweckt worden, als ob damit der Wiederaufbau von Gebäuden und dergleichen gemeint sei. In diesem Falle wäre ein anderes Wort angebrachter gewesen, vielleicht die Überschrift „Weiterer Ausbau der deutschen Landwirtschaft".
Mit den Ausführungen, die die Herren Dr. Mühlenfeld, Dr. Horlacher und auch Herr Schmidt gemacht haben, bin ich voll und ganz einverstanden. Denn wir müssen uns vor Augen halten, meine Damen und Herren: der Bauernstand ist die Grundlage der deutschen Ernährung und damit auch der deutschen Wirtschaft. Die deutsche Landwirtschaft ist durch die Verhältnisse der letzten Monate in eine Lage gekommen, die ihre Existenz gefährdet. Darum muß von uns und von der Regierung alles getan werden, um diese Gefährdung abzustellen.
Meine Damen und Herren! Es ist mir in den letzten Wochen und auch heute von einer Seite nahegelegt worden, der Bauer komme schon wieder und jammere. Ich mußte dabei feststeilen, daß heute in gewissen Kreisen eine Art von Schadenfreude darüber vorhanden war; man meint, der Bauer solle für etwas büßen. Man lebt in dem irrigen Wahn, der Bauer sei damals daran schuld gewesen, daß die Lebensmittel in den Jahren des Krieges und der Nachkriegszeit so knapp waren oder daß sie vielleicht nicht richtig verteilt worden sind. Diesen Leuten möchte ich sagen, daß sie gewaltig im Irrtum sind. Ich möchte sie einmal fragen, ob sie sich eigentlich in der letzten Zeit auch überlegt haben, woher denn die Lebensmittel damals kamen, ob die viel-
leicht vom Himmel heruntergefallen sind oder ob wir sie zu Zeiten des Krieges vom Ausland bekommen haben. Nein, es war doch so, daß sie durch den Fleiß und durch den Schweiß des deutschen Bauern erzeugt worden sind.
Darum hat auch heute der Bauer einen Anspruch darauf, daß all das für ihn getan wird, was zu seiner Existenz nötig ist. Ja, ich möchte noch etwas nachholen: nicht der deutsche Bauer allein war es; damals, in den Zeiten, als unsere Brüder, unsere Väter und Söhne draußen waren, war nicht nur der Bauer hinter dem Pflug, sondern auch die Bauersfrau; beide haben damals ihre Pflicht bis zum äußersten erfüllt. Darum hat der Bauer das Recht, zu verlangen, daß ihm heute, wenn ihm Gefahr droht, von allen Seiten geholfen wird. Darum ist es unsere Aufgabe, Ihre Aufgabe, meine Damen und Herren, die Regierung darauf hinzuweisen, vorausschauend kommenden Dingen vorzubeugen, die vielleicht noch einmal über unser deutsches Volk hinweggehen könnten.
Ich möchte im Anschluß daran die Frage anschneiden, was geschehen würde, wenn man heute die deutsche Landwirtschaft ihrem Schicksal überließe und wenn die deutsche Landwirtschaft zugrunde ginge. Was würde geschehen? Wer würde die Ernährung des deutschen Volks sichern, wenn heute der deutsche Bauer nicht mehr wäre? Ich glaube, aus dem Grunde müssen sich diese Kreise, die noch eine gewisse Schadenfreude in sich tragen, weil es dem Bauern schlecht gehen soll, auf das besinnen, was — Gott wolle es verhüten — noch einmal kommen könnte. Es könnte kommen! Und da frage ich: Wer wäre dann der, der die deutsche Bevölkerung unterstützen würde, und wer würde ihre Ernährung sichern?
Deswegen bin ich mit all den Maßnahmen, die im Ernährungsausschuß beschlossen wurden, einverstanden, ob es nun die Handelsverträge, die Aus- und Einfuhr, die Preisgestaltung, ob es die Marktregelung oder die Dinge, die mein Vorredner vorhin angeführt hat, betrifft. Mit all dem sind wir einverstanden. Wir sehen unsere Aufgabe darin, Sie, Kollegen und Kolleginnen des Bundestags, darauf hinzuweisen: Sie als Salz der Erde
müssen dafür sorgen, daß vorbeugende Maßnahmen getroffen werden. — Sie lachen, wenn ich sage „Salz der Erde". Sie wissen, daß ein Spruch in der Bibel heißt: Ihr seid das Salz der Erde! — Und ihr habt dafür zu sorgen, daß diese Maßnahmen weiterbetrieben werden. Also in dem Sinne, Freunde, müssen wir alles tun.