Rede von
Johann
Wartner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat schon sehr ausführlich darüber berichtet, wie ernst und verantwortungsbewußt im Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft gearbeitet worden ist. Er hat die Öffentlichkeit auch darauf aufmerksam gemacht, welche Bedeutung die Landwirtschaft für die gesamte Volkswirtschaft hat. Nachdem mir aber nur 5 Minuten zur Verfügung stehen, ist es mir unmöglich, auf alle Einzelheiten einzugehen. Ich möchte nur betonen, daß wir dem vorliegenden Antrag im Ausschuß zugestimmt haben und daß wir ihm selbstverständlich auch jetzt zustimmen werden, wenn er auch nicht all den Forderungen entspricht, die wir erheben müssen.
Wenn es in dem Antrag heißt:
Aus diesem Grunde sind die Einfuhren landwirtschaftlicher Erzeugnisse sowie die Abmachungen in den Handelsverträgen so zu steuern, daß die Steigerung der landwirtschaftlichen, Inlandserzeugung und Verarbeitung durch ungeregelte Importe keine Störung erfährt,
und wenn es weiter dort heißt:
In den Handelsverträgen sind hinsichtlich
landwirtschaftlicher Positionen Vereinbarungen nicht nur mengenmäßig, sondern auch
jahreszeitlich unter Einführung der notwendigen Schutzbestimmungen herbeizuführen, so heißt das nichts anderes, als daß es ohne eine geordnete Marktwirtschaft — um nicht zu sagen: ohne Planwirtschaft — nicht geht, daß eine Liberalisierung, eine schrankenlos freie Wirtschaft unsere Landwirtschaft sogar in große Gefahr bringen könnte, wie es der Berichterstatter ja bereits angedeutet hat. Wir sprechen der Liberalisierung das Wort, aber letzten Endes — mit Recht hat der Berichterstatter darauf verwiesen — können wir es nur, wenn auch die übrigen Staaten in der Welt um uns herum das gleiche tun.
Mit Handelsverträgen, Schutzbestimmungen, Marktordnung und Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion allein wird der Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft eine sehr
kümmerliche Angelegenheit bleiben. Es müssen gleichzeitig grundsätzliche Maßnahmen wirksam werden, auch auf steuerlichem und auf sozialpolitischem Gebiet. Die Betriebskosten müssen den Einnahmen angepaßt werden. Diese Ausgaben, Steuern, Soziallasten und Betriebskosten, betragen ein Vielfaches gegenüber der Vorkriegszeit. Die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse haben aber mit den Ausgaben nicht gleichen Schritt gehalten. Die großen Handelsspannen zwischen Landwirtschaft und gewerblichen Betrieben, die Spannen zwischen den Preisen für landwirtschaftliche Erzeugnisse und denen der Industrie bedürfen unbedingt eines Ausgleichs. Wenn dieser Ausgleich nicht kommt, dann werden all die guten Ansätze, die man mit diesem Antrag gemacht hat, zu nichts führen, die vorgesehenen Maßnahmen werden nicht zur Auswirkung kommen.
Insbesondere für die landwirtschaftlichen Veredelungsprodukte müssen stabile und den Kosten entsprechende Preise geschaffen werden, Preise allerdings, die auch für die Verbraucherschaft tragbar sind. Letzten Endes sollen stabile Preise gerade im Interesse der kleineren Landwirte festgesetzt werden, die diese Edelprodukte erzeugen, damit auch diese kleinen landwirtschaftlichen Betriebe regelmäßig und etwas sicherer kalkulieren können. Nur ein ausgeglichener Haushalt auch in der Landwirtschaft kann diese vor schwersten Erschütterungen bewahren.
Der Antrag lautet in seinem letzten Absatz: Dem Bundestag sollen monatlich bezüglich der Landwirtschaft fortlaufend Übersichten über die Einfuhren und Ausfuhren und Zusammenstellungen der abgeschlossenen handelsvertraglichen Abmachungen zugeleitet werden.
Diese Unterrichtung wurde dem Außenhandelsausschuß von der Regierung wiederholt zugesagt, ist aber nicht erfolgt, vor allem nicht bei den neuen Zolltarifen, die den ausländischen Staaten am 15. Mai vorgelegt werden sollen. Erst heute erfahren wir, daß vorige Woche ein Handelsvertrag mit Jugoslawien über die Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse, Getreide, Fleisch usw. in einem Betrage von 35 Millionen Mark unterzeichnet worden ist. Meine Damen und Herren, wir müssen schon ersuchen, daß das Bundesparlament von solch wichtigen Beschlüssen unterrichtet wird, wie es uns ja auch zugesagt worden ist!
Das ganze Problem der Agrarpolitik bedarf endlich einer eingehenden Erörterung im Bundestag. Ich glaubte, auch heute sei hierzu Gelegenheit gegeben. Leider ist den einzelnen Rednern besonders der kleineren Fraktionen die Zeit dafür allzukurz bemessen, als daß man auf die allgemeinen Dinge in großer Breite eingehen könnte, wie es notwendig wäre.