Rede von
Friedrich
Rische
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Der Herr Minister für die Durchführung der amerikanischen Wirtschaftspolitik in Westdeutschland
hat mit seltener Offenheit zugegeben, daß die Verwendung der Mittel aus dem Marshallplan, nach dem ECA-Abkommen also, nicht deutscher Kontrolle, sondern der Kontrolle der Besatzungsmächte, der Hohen Kommission untersteht.
Von diesem Standpunkt aus muß man auch den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion beurteilen, ein Gesetz der Adenauer-Regierung über die Kontrolle der gewährten ERP-Mittel durch den Bundestag zu verabschieden. Bei der Beurteilung des sozialdemokratischen Antrags muß man auf Art. II des Ihnen bekannten ECAVertrags zurückgreifen. In diesem Artikel des ECA-Vertrags werden der Adenauer-Regierung die Verpflichtungen auferlegt, die sich aus diesem Vertragswerk zuungunsten der westdeutschen Wirtschaft ergeben: Die Mittel, die nach dem ECA-Vertrag der westdeutschen Wirtschaft gewährt werden, müssen mit den Zielen des Marshallplans und mit den Richtlinien der amerikanischen Wirtschaftspolitik in Westdeutschland übereinstimmen. Nur auf dieser Grundlage
konnte schließlich dieses Vertragswerk mit der
Hohen Kommission durch die Bundesregierung abgeschlossen werden. Das heißt, im Grunde genommen bestimmt über die Richtlinien der amerikanischen Wirtschaftspolitik in Westdeutschland Mr. Hoffman in Paris. Dies haben wir des öfteren von dieser Stelle aus dem deutschen Volke zugerufen und wir sind gezwungen, es heute bei der Vorlage des sozialdemokratischen Antrags erneut mit aller Deutlichkeit festzustellen.
Der Art. II des ECA-Vertrags bedeutet in Wirklichkeit eine weitgehende Kontrolle aller Produktions- und Geschäftsvorgänge in allen Betrieben und Unternehmungen Westdeutschlands, die Marshallplangelder oder Waren aus dem Marshallplan erhalten. Nach unserer Auffassung von der amerikanischen Wirtschaftspolitik bedeutet dies die Preisgabe deutscher Hoheitsrechte an die ausführenden Organe der amerikanischen Wirtschaftspolitik. Unter der Parole, den höchsten Grad des Wiederaufbaus in Westdeutschland zu erzielen, verpflichtete sich die AdenauerRegierung im ECA-Vertrag — wie im Anhang zum ECA-Vertrag erläutert ist —, die Ware nicht in illegale und irreguläre Märkte oder Handelskanäle abfließen zu lassen. Schon allein diese Formulierung bedeutet eine Diskriminierung der westdeutschen Wirtschaft.
Aber was bedeutet in• Wirklichkeit diese so harmlos erscheinende Klausel im Anhang des ECA-Vertrags? Nun, dies bedeutet nichts mehr und nichts weniger als die Einmischung in Geschäftsvorgänge westdeutscher Firmen, die auf eine Ausweitung des innerdeutschen Handels, auf eine Ausweitung des deutschen Außenhandels mit den Völkern des Ostens angewiesen sind. In dieser Klausel steckt auch das Verbot des Handels mit der Deutschen Demokratischen Republik und den Ländern des Ostens. In dieser Klausel haben auch die Ihnen bekannten Sperrlisten zur Unterbindung des Ost-West-Handels ihre Ursache. Ich erinnere auch an die in den letzten Wochen an viele westdeutsche Firmen verschickten Fragebogen, die eine genaue Auskunft über die Produktion, über die Rohstoffe, über die Kunden verlangen, also eine Einflußnahme ausländischer Stellen im Bundesgebiet auf den Gang der Produktion und
direkte Spionage bedeuten. Bei aller Abneigung der SPD gegen den Ost-West-Handel möchte ich aber von dieser Stelle aus die sozialdemokratischen Arbeiter und die Gewerkschaftler fragen, ob sie mit dieser Ausschaltung deutscher Firmen vom Ost-West-Handel und vom innerdeutschen Handel einverstanden sind. Ich bin der Meinung, daß diese Arbeiter und Gewerkschaftler mehr als nur Bedenken gegen diese Kontrolle haben, die hier über die deutsche Wirtschaft ausgeübt werden soll. Dieser Handel ist für Deutschland lebensnotwendig! Es ist interessant, daß selbst ein Sozialdemokrat, der Vorsitzende der UN-Kommission in Genf, erst kürzlich betonte, daß dieser Handel auch für die Wirtschaftsentwicklung in Westdeutschland von außerordentlicher Bedeutung ist. Wir, d. h. die kommunistische Fraktion, müssen aus grundsätzlichen Bedenken gegenüber der Politik der Amerikaner in Westdeutschland gegen den sozialdemokratischen Antrag stimmen.