Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen, hat aber den Wunsch, doch ein paar Fragen, die uns wesentlich erscheinen, hier in der Plenarsitzung zur Sprache zu bringen. Zunächst einmal ist es immerhin ein Fortschritt, daß Wir jetzt wenigstens eine gesetzliche Regelung für die Übergangszeit bis zur Beschlußfassung über den Haushaltsplan 1950 haben. Daß wir noch mit einem solchen Provisorium arbeiten müssen, ist nicht zu ändern. Aber die Tatsache, daß ein solches Gesetz überhaupt vorgelegt und beschlossen wird, zeigt doch, wie sehr sich unsere ganzen Verhältnisse von Woche zu Woche konsolidieren. Das sollte gerade auch der Öffentlichkeit gegenüber einmal festgestellt werden.
In meiner Fraktion sind bei der Beratung des Gesetzes sofort Bedenken aufgetaucht — die ich im Haushaltsausschuß auch schon vorgebracht habe — gegen die Fassung des § 1 a). Im Haushaltsausschuß ist uns von Herrn Ministerialdirektor Öftering die Erklärung abgegeben worden, man habe diese Bestimmung lediglich mit Rücksicht auf ein in Bearbeitung befindliches Überleitungsgesetz für notwendig gehalten. In diesem Gesetz über die Überleitung der Ausgaben und Einnahmen von den Ländern auf den Bund sei auf eine besondere gesetzliche Regelung verwiesen, von welchem Termin ab die Einnahmen auf den Bund übergehen sollten. Deswegen habe die Regierung den § 1 a) in den vorliegenden Gesetzentwurf aufgenommen. Mehr, so wurde erklärt, solle dieser § .1 a) nicht bedeuten. Wir haben uns mit dieser Erklärung an sich begnügt legen aber doch Wert darauf, vor der Öffentlichkeit noch einmal festzustellen, daß nach deutschem Haushaltsrecht die Regierung für die Forterhebung der auf besonderen, auf Spezialgesetzen beruhenden Einnahmen keiner besonderen Ermächtigung im Haushaltsgesetz bedarf. Wäre das anders, könnten später unter Umständen doch einmal erhebliche Schwierigkeiten entstehen. Dieser Grundsatz, meine Damen und Herren, ist schon im preußischen Haushaltsrecht seit dem berühmten Indemnitätsgesetz vom 14. September 1866 unbestritten gewesen. Die Frage war auf Grund der Bestimmungen der preußischen Verfassungsurkunde zweifelhaft. Aber schon in dem Indemnitätsgesetz ist nur noch eine Indemnität für die Ausgaben der Konfliktszeit bewilligt worden, aber nicht mehr für die Forterhebung der Einnahmen. Wir stellen fest, daß auch nach dem jetzigen Bundeshaushaltsrecht die Bundesregierung zur Forterhebung der Einnahmen nicht einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung im Haushaltsgesetz bedarf.
Schwere materielle Bedenken haben wir gegen § 6. Der Herr Berichterstatter, Herr Kollege Ritzel, hat ja schon darauf hingewiesen, daß wir die Frage der Einnahmengestaltung der Bundesbahn auch im Haushaltsausschuß bereits erörtert haben. Dieses heiße Eisen muß man einmal anfassen. An der Tatsache kommen wir nicht vorbei, daß seit dem 1. Oktober 1949 die Deutsche Bundesbahn nicht mehr in der Lage gewesen ist, die Zahlungen an die Bundeshauptkasse zu leisten, die ihr in Höhe von monatlich 14,5 Millionen schon im Haushaltsplan des Vereinigten Wirtschaftsgebietes auferlegt waren. Darüber hinaus hat der Vertreter des Herrn Finanzministers im Haushaltsausschuß auf meine Frage mitgeteilt, daß auch die Zinsverpflichtungen der Deutschen Bundesbahn gegenüber der Bank deutscher Länder für die Verzinsung der Ausgleichsforderungen schon seit 1. Juli 1949 nicht mehr erfüllt werden konnten. Andererseits wurde erklärt, daß der Bund für diese Zinsverpflichtungen nicht, wie gelegentlich behauptet worden ist, eingetreten ist. Das ist also eine Angelegenheit, die zwischen der Bank deutscher Länder und der Deutschen Bundesbahn allein auszumachen ist.
Meine Damen und Herren! Nachdem der Haushaltsausschuß die Vorlage nach gründlicher Beratung dem Plenum unterbreitet hat, wollen wir darauf verzichten, hier einen besonderen Abänderungsantrag zu § 6 zu stellen. Aber wir möchten diese Gelegenheit doch benutzen, um auch die Öffentlichkeit auf den Ernst der Lage hinzuweisen. Es handelt sich hier immerhin um 87,5 Millionen, die bereits aus dem Jahre 1949 rückständig sind. Es erscheint uns auch sehr zweifelhaft, ob die Bundesbahn jetzt in der Lage sein wird, nicht nur diese Rückstände, die ja noch im Haushaltsplan 1949 des Vereinigten Wirtschaftsgebietes enthalten sind, zu bezahlen, sondern darüber hinaus ihren Verpflichtungen in dem jetzt kommenden halben Jahr nachzukommen. Auf der anderen Seite sind auch wir der Ansicht des Herrn Bundesfinanzministers, daß der Anspruch des Bundes gegenüber der Bundesbahn auf finanzielle Leistungen aufrechterhalten werden muß. Bei unserer derzeitigen Finanznot müssen wir darauf bedacht sein, von den großen Verkehrsverwaltungen Zuschüsse zu bekommen. Wir halten es nicht für richtig, daß wir mit diesen hohen Summen in den Haushaltsplänen rechnen. Wir sollten uns eher auf Merkposten beschränken.
Einverstanden sind wir mit der Erhöhung der Kreditermächtigung des Herrn Bundesfinanzministers auf 1,5 Milliarden.
- Ich habe Sie nicht ganz verstanden. Wer muß schön zahlen?
- Nicht allein wegen des ECA-Vertrags! Schon der Herr Berichterstatter hat ja festgestellt, weshalb und warum diese Kreditermächtigung notwendig ist.
Die notwendig gewordene Erhöhung der Kreditermächtigung ist allein schon technisch bedingt durch die Schwierigkeiten der Überleitung der Einnahmen und Ausgaben von den Ländern auf den Bund. Außerdem aber halten wir es grundsätzlich für wünschenswert, daß die Bundeshauptkasse so flüssig wie möglich ist, allein schon deswegen, damit der Bund - und die Bitte, dafür zu sorgen, möchten wir an den Vertreter des Herrn Bundesfinanzministers richten - den Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Lieferanten pünktlich nachkommen kann. Wir haben augenblicklich in vielen Sparten unserer Wirtschaft gewisse Zahlungsschwierigkeiten. Um so notwendiger ist es deshalb, daß wenigstens die öffentliche Hand ihren Zahlungsverpflichtungen prompt nachkommt. Die Verstärkung der Kassenmittel gibt nun der Bundesfinanzverwaltung die Möglichkeit, ihre Zahlungsverpflichtungen tatsächlich pünktlichst zu erfüllen.
In diesem Zusammenhang muß ich nun aber die Öffentlichkeit und dieses Hohe Haus noch auf einen anderen Punkt hinweisen. Mit der Tatsache, daß wir diese Kreditermächtigung hier beschließen, ist es ja nicht allein getan. Kredite kosten leider Zinsen. Wenn Sie annehmen, daß
der Herr Bundesfinanzminister mit seinen Schatzwechseln usw. etwa mit 3,5 % unterkommt, so würde das doch immerhin bei einer durchschnittlichen Kreditinanspruchnahme von etwa 1 Milliarde im Jahr eine zusätzliche Belastung des Haushalts in Höhe von 35 Millionen pro Jahr bedeuten. Das ist also mehr als die gesamte Summe des Haushaltsplans 1949 für die neuen Bundesverwaltungen, den wir vor der Osterpause beschlossen haben. An der Tatsache, daß wir diese Kreditermächtigung brauchen, kommen wir nicht vorbei. Aber es ist notwendig, daß wir uns darüber klar werden und es auch vor der Öffentlichkeit mit aller Deutlichkeit sagen, daß hier immerhin eine neue Millionenausgabe an Zinslasten beschlossen werden muß.
Meine Fraktion hielt es für notwendig, diese Bedenken hier zum Ausdruck zu bringen. Wir werden, wie schon gesagt, das Gesetz annehmen und hoffen, daß der Herr Bundesfinanzminister alles in seinen Kräften Stehende tun wird, um uns so rasch wie möglich den Haushaltsplan 1950 vorzulegen. Erst nach Vorlage dieses Haushaltsplans werden wir eine wirklich gesicherte Basis für die Wirtschaftsführung des Bundes haben.