Rede von
Willi
Agatz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Von dieser Stelle hier sind seitens der Vertreter der Regierung und auch seitens der Vertreter der Regierungsparteien des öfteren schon hohe Loblieder auf die freie Marktwirtschaft gesungenworden. Wir haben heute anläßlich der Diskussion über den Antrag der SPD die Gelegenheit, die realen Ergebnisse dieser freien Marktwirtschaft noch einmal vor Augen führen zu können: zwei Millionen Arbeitslose, weitere Millionen in bitterster Not, die Arbeiter und Angestellten haben nur 65 % des Realeinkommens von 1936; auf der anderen Seite aber stehen die Nutznießer dieser sogenannten freien Marktwirtschaft, die es verstehen, durch geheime illegale Preisabsprachen dem Konsumenten Millio-
nengewinne abzunehmen und in die Tasche zu stecken.
Wir sind nicht der Meinung, daß von dieser Regierung wirksame Maßnahmen gegen diese Nutznießer ihrer Politik erwartet werden können. Wir sind nicht der Meinung, daß diese Regierung willens und auch fähig ist, aus monopolkapitalistischen Wölfen sozialmarktwirtschaftliche Schafe zu machen.
Seit nun schon anderthalb Jahren soll ein solches Antimonopolgesetz hier vorgelegt werden. Herr Professor Erhard hat es des öfteren für nötig befunden zu beruhigen. Nun habe ich hier die „Frankfurter Rundschau" vom 15. März 1950. In ihr wird von einer Rede berichtet, die Herr Professor Erhard in Köln gehalten hat und bei der er versichert hat, daß bei der Gestaltung der bevorstehenden Kartellgesetze das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet würde. Und dann weiter: Die deutsche Wirtschaft kann darauf vertrauen, daß wir nichts zerschlagen, was volkswirtschaftlich notwendig ist.
Wir Kommunisten stehen auf dem Standpunkt: dem Kapitalismus und vor- allem diesem skrupellosen Profitstreben kann man nur beikommen, wenn man den Kampf grundsätzlich gegen das ganze System führt. Wir sind der Meinung. man muß den Kampf um die wirtschaftliche Entmachtung des Monopolkapitalismus führen, man muß ihn führen um die Enteignung der Grundstoffindustrien, um die Überführung dieser Industrien in Gemeinbesitz, man muß ihn führen um das Mitbestimmungsrecht.
Wenn man versucht, den Kapitalismus zu organisieren — und dieser Versuch wird zweifellos gemacht, wenn auch von „freier Marktwirtschaft" gesprochen wird -, dann bewirkt man zwangsläufig nichts anderes als die Wiederherstellung und Festigung der Herrschaft des Monopolkapitals.
— Davon haben Sie keine Ahnung!
Wir stehen auf dem Standpunkt: es gibt auch eine Möglichkeit, die Regierung Adenauer zu zwingen, diesem Treiben in der Wirtschaft, nämlich durch geheime Preisabsprachen unserem Volk das Geld aus der Tasche zu ziehen, dadurch ein Ende zu setzen, daß wir in den Gewerkschaften den Kampf um Lohnerhöhungen organisieren.
Sollten die Gewerkschaften bereit sein, diesen Kampf um Erhöhung der Löhne zu führen, dann würde die Regierung Adenauer sehr bald Dampf aufmachen und auch den Wünschen entsprechen, die wir gegen solche Preistreibereien haben.