Rede von
Dr.
Carl
von
Campe
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus Anlaß der Haushaltsdebatte hatte ich bereits die Ehre, Ihnen im Namen meiner Fraktion unseren grundsätzlichen Standpunkt zu dem heute auf der Tagesordnung stehenden Problem darzulegen. Ich habe Ihnen gesagt, daß wir schon seit längerem den Zustand, in dem sich die verdrängten und vertriebenen Pensionisten und Beamten befinden, als eine Katastrophe ansehen. Ich habe ausführen können, daß wir bereit sind, alles zu tun, um hier eine Rechtslage zu schaffen, die diese entrechteten Menschen nach fünfjährigem Warten endlich wieder in den Genuß ihrer Rechte, die sie heute auch noch haben, setzen würde.
Meine Damen und Herren, die Antwort, die die Bundesregierung durch den Mund des Herrn Bundesfinanzministers auf die Interpellationen, denen sich fast alle Fraktionen angeschlossen haben, gegeben hat, finden wir nicht befriedigend. Die verzweifelten Anstrengungen, die der Bundestag und alle Fraktionen in den vergangenen Monaten gemacht haben, um diese festgefahrene Maschinerie irgendwie wieder in Gang zu bringen, sind nunmehr wieder einmal, wie mir scheint, an einem toten Punkt angekommen.
U Denn worum hat es sich heute bei all diesen Fragen gehandelt? Das Entscheidende ist nach unserer Auffassung die Klärung der Rechtsfrage, und ich muß ehrlich gestanden sagen: mit einem Zahlenmenü lasse ich mich nicht abspeisen! Wir wissen, daß wir den Krieg verloren haben; wir wissen, daß wir unseren Verpflichtungen nicht nachkommen können; wir wissen, daß wir sie nachher konkursmäßig irgendwie applanieren müssen. Das ist uns klar. Aber was wir heute wissen wollen, das ist: haben diese Menschen ein Recht, und wird man dem Recht des Art. 131 des Grundgesetzes nun endlich Folge geben oder nicht?
Da stehen wir in unserer Partei in allen Dingen, in der Entnazifizierung wie in allen grundsätzlichen Fragen, die zum Aufbau dieses Staates gehören, auf dem Standpunkt: Es darf nicht zweierlei Recht geben!
Wir wollen nicht Menschen zweierlei Rechts haben. Wir wollen den entrechteten vertriebenen Beamten geben, was ihnen nach Art. 131 wirklich zusteht; denn. meine Damen und Herren; nach den bisherigen Entscheidungen der höchsten Gerichte und nach den wissenschaftlichen Gutachten ist kein Zweifel darüber, daß der Art. 131 nicht etwa eine konstitutive Bedeutung hat, sondern daß er nur deklaratorisch die alten Rechte erklärt und nicht etwa beschneidet; lediglich durch den letzten Satz ,des Artikels sind sie im Augenblick sozusagen zur Ruhe gesetzt, bis das neue Gesetz kommt. Infolgedessen haben wir eine Erklärung über die Rechtslage all dieser Menschen erwartet, und ich würde es begrüßen, wenn es möglich wäre, zu dieser Frage heute noch eine klare Stellungnahme der Regierung zu bekommen.
Ich komme nun noch kurz auf die Frage des Gesetzentwurfs. Der Herr Bundesfinanzminister hat uns gesagt, daß sein Entwurf zunächst ad acta gelegt sei. Er scheint jedenfalls sehr sanft zu ruhen. Aber wenn wir im Beamtenausschuß recht informiert sind, gibt es ja noch einen ändern Entwurf der Bundesregierung, der demnächst fertig wird oder schon fertig ist. Ich darf mir die Frage erlauben, in welchem Verhältnis diese beiden Entwürfe zueinander stehen und ob wir Aussicht haben, daß wir nun endlich einmal einen klaren, die Rechtslage aller dieser Menschen wirklich offenlegenden Gesetzentwurf bekommen, so daß wir dann im Laufe des April an die Arbeit gehen können.