Meine Damen und Herren! Wir stehen in einer Aussprache über Interpellationen. Wir sind im Begriff, Kritik zu üben, vielleicht Kritik zu üben an der Bundesregierung. Wir sollten in diesem Augenblick objektiv genug sein, ein wenig an uns selbst Kritik zu üben. Es wird keinen sehr guten Eindruck machen, wenn in der Öffentlichkeit bekannt wird, daß die Beratung eines Themas, an dem so viele Tausende von Menschen interessiert sind, vor einem sehr wenig gut besetzten Hause stattfindet. Die hier zur Behandlung stehende Frage ist sehr, sehr ernst. Wer sich mit Beamtenrechtsfragen zu beschäftigen hat, weiß, daß wir jeden Tag mit einer Fülle von Zuschriften überflutet werden.
Meine Fraktion hat mit Drucksache Nr. 726 zusammen mit der Zentrumsfraktion eine Interpellation eingebracht, der sich die Fraktion der Deutschen Partei angeschlossen hat. Der Herr Bundesfinanzminister hat erklärt, diese Interpellation nicht bekommen zu haben. Ich habe selbstverständlich keinen Anlaß, daran zu zweifeln. Es wird festzustellen sein, wie es kommt, daß diese Interpellation das Bundesfinanzministerium bzw. das Bundeskanzleramt nicht erreicht hat. Ich spreche für meine Fraktion und, wie ich hoffe, auch für die beiden anderen Fraktionen, wenn ich erkläre, daß ich mich nicht damit zufrieden geben kann, wenn der Herr Bundesfinanzminister bemerkte, er glaube, durch die Beantwortung der beiden anderen Interpellationen sei auch die Interpellation Drucksache Nr. '726 beantwortet.
Die Interpellation Drucksache Nr. 726 geht nämlich weiter und stellt sehr konkrete Fragen. Ich werde diese Fragen jetzt vortragen und die Bundesregierung bitten, sie zu beantworten. Sollte es nicht möglich sein, eine Antwort zu bekommen, so werden sich die antragstellenden Fraktionen vorbehalten müssen, darum zu bitten, die Interpellation neuerdings auf die Tagesordnung, etwa der nächsten Plenarsitzung, zu setzen.
Die Interpellation Drucksache Nr. 726 stellt die konkrete Frage, ob ein Gesetzentwurf im Sinne des Bundestagsbeschlusses vom 2. Dezember 1949 vorbereitet ist und wann mit seiner Vorlage gerechnet werden kann. Die zweite Frage lautet: Trägt der Entwurf der Forderung nach voller Angleichung der Pensionen und der Zahlung eines Wartegeldes Rechnung? Die dritte Frage lautet: Ist der vom Herrn Bundesfinanzminister am 19. Januar 1950 angekündigte Gesetzentwurf fertiggestellt, und wann kann mit seiner Vorlage gerechnet werden? Ich darf darauf hinweisen, daß uns insbesondere die Beantwortung dieser Frage interessiert. Denn in der Sitzung vom 19. Januar war in dieser Sache eine sehr konkrete Auskunft gegeben worden. Es war ausdrücklich durch den Herrn Bundesfinanzminister betont worden — ich zitiere das Protokoll —, „daß dieses Gesetz zur Herstellung der Rechtsgleichheit für die ausgeschiedenen öffentlichen Bediensteten" vorgelegt werden müsse, „ohne daß die statistischen Unterlagen im Zeitpunkt der Vorlage beschafft werden können".
Ich möchte in diesem Zusammenhang — wobei ich mir vorbehalten muß, falls eine Antwort auf diese Fragen gegeben wird, namens meiner Fraktion noch einmal das Wort zu ergreifen — etwas Grundsätzliches betonen. Nach Ansicht meiner Fraktion geht es bei der gesamten Fragestellung nicht allein um die Frage der Gleichstellung der heimatvertriebenen Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes, sondern um den gesamten Fragenkomplex der verdrängten Beamten, der heimatvertriebenen Beamten, der sogenannten entnazifizierten Beamten und der früheren aktiven Angehörigen der deutschen Wehrmacht. Meine Damen und Herren, es ist von einem der Herren Vorredner mit Recht betont worden, wir sollten die Erörterung dieser Frage aus der parteipolitischen Ebene herauslösen. Es ist tatsächlich eine Frage, die mit Parteipolitik nichts zu tun hat.
Ich möchte die Bundesregierung bitten, die von mir jetzt konkret gestellten Fragen zu beantworten. Falls das nicht möglich sein sollte, müssen wir bitten, daß die Interpellation neuerdings auf die Tagesordnung gesetzt wird.