Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es fällt mir eigentlich schwer, im Anschluß an den Kollegen Dr. Kather zu sprechen, weil wir meinen mußten, daß er vielleicht als Sozialdemokrat vor diesem Hohen Hause gesprochen hat.
Überlegen Sie einmal, ob auch in Zukunft von
einem Mitglied der Regierungskoalition weiterhin
dem Hohen Hause so deutlich und unmißverständlich gesagt wird, was vorhin vom Kollegen Dr.
Kather zur Regierungsbank hin gesprochen wurde!
Nach den von den verschiedensten Fraktionen eingebrachten Anträgen betreffend die Gleichstellung der heimatvertriebenen ruhegehaltsbereichtigten Beamten, Angestellten und Lohnempfänger hat sich der 22. Ausschuß dieses Hohen Hauses in den Sitzungen vom 13. Oktober, vom 26. Oktober und insbesondere in der Sitzung vom 22. November 1949 mit dieser speziellen Materie beschäftigt, nachdem insbesondere auch der Beamtenrechtsausschuß in der Sitzung vom 13. Oktober 1949 das Ersuchen an die Bundesregierung gerichtet hatte, innerhalb von drei Wochen eine Vorlage über die finanziellen Auswirkungen einer solchen Gleichstellung der Anspruchsberechtigten an die zuständigen Ausschüsse des Hohen Hauses gelangen zu lassen. Außerdem war sich damals der Beamtenrechtsausschuß grundsätzlich darüber einig, daß diese Frage auf dem Verordnungswege einer schnellen Regelung zugeführt werden soll. Nach den eingehenden Beratungen vom 22. November 1949 im Ausschuß für Heimatvertriebene ist es alsdann zu der Beschlußfassung des Bundestags vorn 2. Dezember 1949 gekommen, wonach die Gleichstellung der anspruchsberechtigten Personenkreise eindeutig ausgesprochen worden ist.
Meine Damen und Herren, heute schreiben wir den 31. März 1950. Was ist nun seit dem Beschluß des Bundestages vom 2. Dezember 1949 bis zum heutigen Tage in Ausführung dieses Beschlusses geschehen?
Meine Damen und Herren, ich gebe hier der Meinung der Heimatvertriebenen, der beteiligten Öffentlichkeit Ausdruck, wenn ich erkläre, daß bis auf den Sonderantrag bezüglich der 120 Millionen Hausratshilfe — Herr Dr. Kather sagte ganz richtig, daß dies eine Summe im Sinne der Vorfinanzierung gewesen sei — effektiv von der Bundesregierung, seit sie besteht, nichts, nichts, aber auch gar nichts realisiert worden ist.
Niemand in diesem Hause ist in der Lage, diesem Satz, den ich eben ausgesprochen habe, zu widersprechen. Wenn Sie es tun, dann sagen Sie Unwahres.
Am gestrigen Tage ist uns Abgeordneten u. a. ein Schreiben des Zentralverbandes der vertriebenen Deutschen, Kreisverband Hameln, in unser Fach gelegt worden. Der Herr Präsident wird mir erlauben, kurz zu zitieren, was u. a. zu dieser Spezialmaterie, die wir im Augenblick hier beraten, gesagt wird .Es heißt da:
Er handelt verantwortungslos nicht nur gegenüber denen, die sich als fünfter Stand betrachten und die die Not immer mehr zusammenschweißt, sondern auch gegenüber denen, die ihm noch vertrauen.
Also dem Staat, unserer jungen Republik! Von ihr ist in diesem Schreiben die Rede. Dann heißt es weiter:
Auch wir, wenngleich wir uns enttäuscht, sogar betrogen fühlen, wollen für eine kurze Zeit noch dem Staatsgedanken den Platz einräumen, den er immer in unserem Leben gehabt hat. Wir wollen aber auch in aller Eindeutigkeit darauf hinweisen, daß wir bei allergrößtem Verantwortungsbewußtsein dies nicht mehr lange können, weil unsere seelischen und körperlichen Kräfte einfach erschöpft sind.
Meine Damen und Herren, das kommt aus den Kreisen der heimatvertriebenen Beamten, Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes; aber es deckt sich haarscharf mit den gesamten Auffassungen der übrigen insgesamt acht Millionen heimatvertriebenen Deutschen im westdeutschen Bundesgebiet. Sie alle stehen auf dem gleichen Standpunkt.
Ich habe eben gefragt: Was ist nun seit dem 2. Dezember 1949 von der Bundesregierung in Durchführung dieses Beschlusses getan? — Ich habe gesagt: nichts, nichts und nochmals nichts! Herr Kather sagte: Wir brauchen zur völligen Klarstellung ein Rahmengesetz für das Heimatvertriebenenwesen. Das Kernstück dieses Gesetzes muß auch die Regelung der Gleichberechtigung und Gleichstellung bringen. Darüber besteht Klarheit.
Dem Ausschuß für Angelegenheiten der Heimatvertriebenen wurde nun schon zum soundsovielten Male berichtet, was alles im Schoße der Regierung geplant wird. Nichts anderes als immer nur Erklärungen! So sehen wir uns verpflichtet zu fragen:
Erstens: Wann wird die Gleichstellung durchgeführt? Das ist die erste Frage unserer Drucksache Nr. 637. Ich glaube den Herrn Finanzminister doch richtig dahin verstanden zu haben — falls ich mich hier vorn auf meinem Platz nicht verhört haben sollte —, daß er die Gleichstellung und die Gleichberechtigung bejaht hat. Ich wäre dankbar, wenn er mich korrigieren wollte, falls ich ihn falsch verstanden haben sollte.
Zweitens: Ist Vorsorge getroffen, daß die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen? — Der Herr Bundesfinanzminister hat erklärt, er werde unabhängig von dem in Drucksache Nr. 810 vorgesehenen Betrag von 35 Millionen noch 400 Millionen in den Etat 1950/51 einsetzen. Er hat uns dann die hohe Summe der Besatzungskosten genannt, die der Bund zu tragen hat. Er hat uns auch die Etatsumme des Bundes überhaupt genannt und darüber hinaus Schätzungssummen,wenn man alle Ansprüche einschließlich der ,,Wehrmachtsanspruchsberechtigten" befriedigen wollte. Dann müßte er dafür 11/2 Milliarden einsetzen. Wir wünschen jedenfalls, diese Frage der „Wehrmachtsanspruchsberechtigten" in diesem Augenblick nicht vermischt oder vermanscht zu sehen mit den reinen Summen, die auf Grund der Gleichstellung und Gleichberechtigung der ruhegehaltsberechtigten heimatvertriebenen Beamten, Angestellten und Lohnempfänger in den Etat einzusetzen sind.
Meine Damen und Herren, ich möchte nach alledem, was die Soforthilfegesetzgebung — die „Soforthilfe-Späthilfe-Gesetzgebung" — bisher erbracht hat. über den zu den Planungen Lastenausgleich sowie zur Planung über ein „kommen sollendes" Bundesflüchtlingsrahmengesetz sagen, daß das alles tatsächlich nur Planungen sind.
Um in der Sache selbst kurz zu bleiben, nutze ich noch nicht einmal meine Redezeit aus sondern sage: jedes Wort, was in dieser Sache hier noch gesagt wird, ist nach meiner Ansicht unnötig. Es wird Sache der Bundesregierung, es wird Sache des Herrn Bundesfinanzministers sein, die genügenden Mittel für alle Heimatvertriebenen und speziell auch für die heute hier zur Besprechung stehenden Anspruchsberechtigten zur Verfügung D zu stellen und keine Worte mehr zu verlieren!