Rede von
Georg
Kurlbaum
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde haben dem Antrag des Ausschusses ihre Zustimmung gegeben. Allerdings halten wir es für notwendig, zu der sehr allgemeinen Fassung dieses Antrags unsere Stellung auch noch im einzelnen zu präzisieren, insbesondere weil auch der Herr Bundeswirtschaftsminister bei der ersten Aussprache über diesen Punkt in sehr breiter Weise auf seine allgemeine Wirtschaftspolitik eingegangen ist und schließlich, weil ich auch feststellen mußte, daß der Bericht des Berichterstatters heute nicht alles ganz sachlich wiedergegeben hat.
Wie stellen wir uns . nun die Preisüberwachung vor? Das möchten wir im einzelnen hier darlegen, damit wir nicht mißverstanden werden. Für ein erstes wichtiges Mittel halten wir die Preisauszeichnungspflicht. Wir haben uns gefreut, daß sich die Verwaltung im Ausschuß verpflichtet hat, auch in Zukunft für die öffentliche Preisauszeichnung in den Läden einzutreten, und wir würden es sehr begrüßen, wenn auch der Herr Bundeswirtschaftsminister seine Stellung dazu eindeutig klarstellen würde, insbesondere da wir immer wieder feststellen müssen, daß bestimmte Kreise versuchen, diese Preisauszeichnungspflicht in dem Sinne einzuengen, daß gesagt wird, sie könnte auf Güter mit hohen Preisen nicht angewendet werden, und da wir gerade befürchten, daß durch diese Auslegung die Auswirkungen illusorisch werden.
Dann legen wir den allergrößten Wert darauf, daß die in dem Antrag des Ausschusses verlangte Veröffentlichung der Preise auch wirklich stattfindet, und es sollen das nicht nur die Großhandelspreise sein, sondern auch insbesondere die Importpreise. Wir erwarten, daß man bei diesen Veröffentlichungen nicht allzu schamhaft verfährt.
Schließlich komme ich nun zu dem sehr wichtigen Punkt der lokalen Preisbehörden. In diesem Punkt muß ich den Berichterstatter korrigieren. Denn unsere Partei hat keineswegs den Standpunkt mitvertreten, daß diese Behörden auf lokaler Basis nicht arbeiten könnten.
— Na, gut! Das ist mir jedenfalls in den Ausführungen des Berichterstatters nicht so klar geworden.
Die lokalen Preisbehörden brauchen wir deshalb, meine Damen und Herren, weil es doch ganz ausgeschlossen ist, daß man wirklich den Dingen nachgeht, wenn diese Preisüberwachung durch eine zentrale Behörde stattfindet, die sich fern der Wirklichkeit mehr oder weniger nur mit Statistik beschäftigt. Wir haben immer wieder die Erfahrung gemacht, daß man letzten Endes zu einer Durchleuchtung der Preisvorgänge nur kommen kann, wenn der Preisprüfer, ausgehend von dem ausgezeichneten Preis im Laden, rückwärts verfolgt, wie dieser Preis entstanden ist. Und dabei stehen wir gerade auch auf dem Standpunkt, daß der letzte Händler durchaus ein Interesse daran hat, darzutun, daß
die hohen Preise teilweise gar nicht durch ihn selbst zustande kommen, sondern im Gegenteil durch die ersten Stufen des Handels und insbesondere den Importeur, von dem ich vorhin schon gesprochen habe. -
In diesem Zusammenhang muß ich es außerordentlich bedauern, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister, obwohl ich damals darum gebeten habe, solche Äußerungen nicht zu tun, in der Plenarverhandlung nochmals gesagt hat, er sei dafür, die Preisbehörden auf der Basis der Städte und Landkreise zum Teufel zu jagen. Meine Damen und Herren! Mit solchen Dingen kommen wir, glaube ich, nicht weiter. Der Herr Bundeswirtschaftsminister darf sich dann auch nicht darüber wundern, wenn er in den Verdacht kommt, daß er durch solche Äußerungen diese Behörden erst aktionsunfähig machen will, um dann nachher nachzuweisen, daß mit solchen Behörden überhaupt nichts erreicht werden könnte. Vielleicht erleben wir es demnächst einmal, daß ein Minister, wenn er auf dem Standpunkt steht, daß die Soforthilfe- oder die Lastenausgleichsabgaben zu groß sind, uns erklärt, auch die Finanzämter müßten zum Teufel gejagt werden.
Nun haben wir in dem Zusammenhang auch wieder einmal das Schlagwort von der Majestät des Kunden gehört. Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten damit doch aufhören. Im Zusammenhang mit dieser Diskussion sprechen wir doch in erster Linie von den Wirtschaftsbereichen, die lebensnotwendig sind und wo die Versorgung noch nicht funktioniert, noch nicht ausreichend ist. Da sollten wir doch mit dem dummen Schlagwort von der Majestät des Kunden endlich aufhören.
Dann ist davon gesprochen worden, ob man der Wirtschaft noch solche Kontrollen zumuten könnte. Ich finde, man sollte viel eher fragen, ob man denn dem Verbraucher auch zumuten kann, daß er heute beinahe zwei Jahre nach der Währungsreform immer noch mit teilweise überhöhten Preisen belastet wird. Herr Professor Erhard hat auch in der Plenarsitzung am 26. 2. überhaupt Zweifel an der Wirksamkeit einer solchen Preisüberwachung geäußert. Er hat im Gegenteil behauptet, daß durch Festlegung von irgendwelchen Richtspannen oder Richtpreisen eine Preisentwicklung nach unten verhindert würde. Meine Damen und Herren, es hat ja niemand von uns jemals daran gedacht, die Preise nach unten zu begrenzen.
Außerdem liegt doch ein Trugschluß dabei vor. Wir freuen uns selbstverständlich auch, wenn in richtiger, wohlgemerkt richtiger Vorausschätzung einer besseren Versorgung die behördlichen Eingriffe vermindert werden - wir stehen gar nicht an, das zu sagen —, aber wir legen Wert darauf, daß das auch in richtiger Voraussicht der Entwicklung der Marktlage geschieht, und wir legen Wert darauf, daß, wenn nachher die Preise nicht steigen und die Dinge sich günstig entwickeln, die Sache dann nicht so dargestellt wird, als wäre das durch die Aufhebung der Preiskontrolle erreicht, während es vielmehr doch durch die reichlichere Versorgung dazu gekommen ist. Daß das umgekehrt durchaus nicht der Fall zu sein braucht, daß im Gegenteil bei zu frühzeitiger Freigabe dieser Kontrollen die Preise
sich sehr schnell nach oben bewegen können, haben wir im ersten Halbjahr nach der Währungsreform zur Genüge erlebt. — Bitte, meine Herren, ich gebe Ihnen ja ohne weiteres zu, daß die Dinge sehr verschieden sind, aber gerade auf diese Differenzierung kommt es an. Darauf werde ich später noch einmal zu sprechen kommen.
Ich begrüße es, daß der Bundeswirtschaftsminister in der Plenarsitzung auch ausdrücklich zugegeben hat, daß die Versorgung teilweise auch heute noch problematisch ist. Wer den Wirtschaftsbericht der Verwaltung für Wirtschaft vom Januar gelesen hat, der wird feststellen, daß auch dort praktisch dasselbe steht. Und schließlich, meine Damen und Herren, was die Wirksamkeit solcher Bindungen anlangt, stellen wir uns doch nicht ein so furchtbares Armutszeugnis aus, insbesondere Sie, meine Herren win der
Wirtschaft! Gibt es denn wirklich in den Kreisen der Produzenten und Händler ausschließlich Leute, die sich von nichts anderem als dem Streben nach dem allerhöchsten Gewinn leiten lassen? Gibt es vielmehr nicht auch dort Leute, die einen Sinn für Gerechtigkeit und Schonung des Verbrauchers haben? Nach meiner Ansicht und nach der Ansicht meiner Parteifreunde kommt es im Gegenteil darauf an, diesen positiven Kräften den Rücken zu stärken. Das kann man aber selbstverständlich nicht dadurch tun, daß man nur allgemeine moralische Appelle an sie richtet, sondern es muß klar werden, daß den negativ eingestellten Kräften und Sündern materielle Nachteile erwachsen. Das kann in sehr einfacher Form dadurch geschehen, daß Importeuren, die überhöhte Spannen nehmen, die Importgenehmigung versagt wird. Wenn in diesem Zusammenhang immer wieder gesagt wird, auf die einzelne Spanne komme es nicht an, es komme auf die Gesamtrentabilität des Handels an, dann möchte ich zu erwägen geben, daß diese Gesamtrentabilität eben wegen der überhöhten Spannen und der daraus entstandenen Übersetzung des Handels erst in Frage gestellt wird.
So stellen wir uns einen Wiederaufbau der Wirtschafts- und Preismoral vor. Was wir in den letzten zwei Jahren hier auf dem Gebiet gesehen haben, das sieht mir — nehmen Sie es mir nicht übel — mehr wie eine Selbstdemontage dieser Preismoral aus.
Das waren die Dinge, die unmittelbar mit dieser Preispolitik zusammenhängen.
Lassen Sie mich noch auf einige wichtige Punkte hinweisen, die mittelbar mit der Preispolitik zusammenhängen. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat des öfteren darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, durch unsere Handelsverträge die Lücken in den Versorgung auszufüllen, die wir teilweise noch haben. Was für ein besseres Mittel als die Preisüberwachung gibt es denn, um festzustellen, wo überhöhte Preise sind und wo wir wirksam im Wege der Handelsverträge noch eingreifen müssen?
Dann zu dem viel diskutierten Thema einer Monopolkontrolle. Wie stellen Sie sich praktisch die Wirksamkeit eines Monopolamtes vor? Wie will das Monopolamt praktisch feststellen, wo sich monopolistische Bestrebungen geltend
machen, wenn nicht durch eine Überwachung der Preise? Überhöhte Preise sind nämlich das allerbeste Anzeichen für monopolistische Bestrebungen. Wer also wirklich eine Monopolkontrolle will, der muß auch eine wirksame Preisüberwachung wollen, und wer die wirksame Preisüberwachung nicht will, der will auch keine Monopolkontrolle.
Schließlich komme ich noch auf die Bedeutung einer wirksamen Preiskontrolle im Zusammenhang mit der Arbeitslosigkeit zurück. Wir haben uns sehr gefreut, daß die Regierung sich auf dem Gebiet der Kreditpolitik, zu einer etwas liberaleren Politik durchzuringen scheint. Wer aber diese lebensnotwendigen Dinge in den näheren Zusammenhängen kennt, der weiß ganz genau, daß die Grenzen einer solchen Kreditpolitik letzten Endes in der Preisentwicklung liegen, und zwar auf allen Gebieten. Wer sich der Mittel beraubt, einen stärkeren Einfluß auf die Preise auszuüben, der beraubt sich selber dieses Mittels einer etwas liberaleren Kreditpolitik und schränkt sich selber in der Möglichkeit einer Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ein.