Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wenden uns mit aller Entschiedenheit gegen die Anträge der Bayernpartei in den Drucksachen Nr. 799 und 781, das Bundesministerium für Angelegenheiten der Vertriebenen als Bundesministerium für kriegsgeschädigte Personen zu bezeichnen. Wir verstehen ganz genau die Tendenz der Bayernpartei, die dahin geht, die Bedeutung dieses Ministeriums abzuschwächen und es zu bagatellisieren, es mit einer Gruppe von Menschen zu belasten, die mit den Vertriebenen als solchen nichts gemein hat.
„Kriegsgeschädigte" ist ein sehr weiter Begriff. Jeder zweite Mensch in Westdeutschland kann sich als kriesgeschädigt bezeichnen. Der Begriff „Heimatvertriebene" müßte der Bayernpartei bekannt und klar sein. Es sind Menschen, die ihr Vermögen, ihre Existenz, vor allem ihre Heimat, kurz alles verloren haben und die eines ganz besonderen Schutzes bedürfen und deren Not und Elend nicht bagatellisiert werden darf.
Als Heimatvertriebene anerkennen wir mit großer Genugtuung die einmütige Haltung des ganzen Hauses zum Haushaltsplan des Bundesministeriums für Angelegenheiten der Vertriebenen. Damit wurde nicht nur die Bedeutung dieses Ministeriums, sondern auch die Bedeutung des ganzen Flüchtlingsproblems anerkannt. Der Bundesminister für Heimatvertriebene und sein Ministerium sind Repräsentanten von 8 Millionen Menschen, die in den westdeutschen Ländern zu den Heimatvertriebenen zählen, und darin liegt die große Bedeutung des Bundesministeriums für Heimatvertriebene. Nachdem das Flüchtlingsproblem kein deutsches Problem ist, greift es auch in unsere Außenpolitik ein und muß international gelöst werden. Deshalb hat auch der Bundesminister für Heimatvertriebene zu außenpolitischen Fragen Stellung zu nehmen. Er hat im Ministerrat die Sorgen und Nöte seiner Schicksalsgenossen zu vertreten und sich für sie einzusetzen. Wir wünschen, daß seine Position stark und fest sei.
Uns sind die Widerstände bekannt, die im Ministerrat, vor allem auch im Bundesrat liegen. Wir wollen, daß ein Flüchtlingsgesetz geschaffen wird für das gesamte Bundesgebiet, in dem die Kompetenz des Flüchtlingsministeriums auf fester Grundlage verankert werden muß. Aber ein Flüchtlingsgesetz, so wie wir es in Bayern haben, ohne Strafsanktionen, hat keine Bedeutung.
Ich hatte heute vormittag Gelegenheit, der Sitzung des Ausschusses für Heimatvertriebene beizuwohnen, an der auch der Bundesminister Dr. Lukaschek teilnahm. Am 2. Dezember 1949 hat dieses Hohe Haus einmütig die Gleichstellung der heimatvertriebenen Ruheständler mit den einheimischen beschlossen. Dieser Beschluß, der Zehntausenden von Menschen, die in Not leben, berechtigte Hoffnungen gemacht hat, ist bis heute nicht ausgeführt worden. Die Leute sind heue enttäuscht. Wir wissen ganz genau, daß die Widerstände gegen die Realisierung dieses Beschlusses des Bundestages vor allem beim Bundesfinanzminister Schäffer liegen, der sich gegen die Realisierung dieses
Beschlusses gestellt hat. Wenn wir heute hören — das habe ich heute vormittag gehört —, daß 20 Millionen als Überbrückungshilfe für diese Zwecke auf zwei Monate bewilligt werden, dann glaube ich, daß es sehr ernst um diese Frage ist. Ich halte es für unmöglich, daß die Bundesregierung und vor allem der Bundestag, bevor sie auf Osterferien gehen, diese Frage nicht erledigen. Es ist notwendig, daß hier endlich Klarheit geschaffen wird, damit wir die Leute, die in ihrer Not und ihrem Elend auf die Lösung dieser Frage warten, nicht dem Nihilismus oder der Verzweiflung preisgeben. Das wollte ich sagen.