Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Erler hat schon bei der Berichterstattung zu der ersten Lesung des Etats des Innenministeriums darauf hingewiesen, daß bei der Haushaltsberatung starke Meinungsverschiedenheiten auftraten bezüglich der Zuständigkeit für das Veterinärwesen. Diese Beratungen haben dazu geführt, daß in der ersten Lesung im Haushaltsausschuß das Referat, dem u. a. die Aufgaben des Veterinärwesens obliegen, gestrichen wurde.. Bei der zweiten Lesung ist dann allerdings nach der Mitteilung des Herrn Regierungsvertreters, daß zwischen dem Innenministerium und dem Landwirtschaftsministerium eine Einigung zustande gekommen sei, dieses Referat wieder eingesetzt worden.
Vor Ihnen liegt nun der Antrag Drucksache Nr. 782, wonach die Stelle eines Regierungsdirektors — A 1 b — und die Stelle eines Regierungsoberinspektors — A 4 b 1 — gestrichen werden sollen. Dieser Antrag verfolgt den Zweck, diese Abteilung im Innenministerium wieder zu streichen und das Aufgabengebiet der Veterinärverwaltung bzw. die Angelegenheiten des ganzen Veterinärwesens wieder dem Landwirtschaftsministerium zu übertragen. Dieses Referat ist im Stellenplan mit dem folgenden Aufgabengebiet ausgewiesen: a) allgemeine Fragen des tierärztlichen Prüfungswesens, b) Zulassung zu tierärztlichen Heilberufen und c) Fragen der Überwachung von Lebensmitteln tierischer Herkunft. Die Antragsteller sind der Meinung, daß das bezeichnete Aufgabengebiet in das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gehört. Gestatten Sie mir zu unserem Antrag einige Worte.
Ein Rückblick auf die geschichtliche Entwicklung zeigt folgendes: In der Zeit vor 1918 war dieses Aufgabengebiet den Landwirtschaftsministerien der einzelnen Länder unterstellt. Im
Reiche gab es in der damaligen Bismarckschen Verfassung noch kein Reichsministerium für Landwirtschaft, sondern dieses Ressort war dem Innenministerium angegliedert. In dem großen Lande Preußen dagegen war dieses Aufgabengebiet dem Landwirtschaftsministerium unterstellt. In der Weimarer Zeit ist es dann dem Reichsernährungsministerium zugewiesen worden, und dieses Ministerium hat diese Abteilung bis zum Dritten Reich behalten. Erst als dann keine gewählte Volksvertretung mehr da war und die Bürokratie allein entscheiden konnte, sind diese Aufgaben dem Innenministerium übergeben worden. Dabei muß ich allerdings feststellen, daß im Jahre 1943 eine Abmachung getroffen wurde, nach der dieses Aufgabengebiet wieder an das Ernährungsministerium zurückgegeben werden sollte. In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch darauf hinweisen, daß in fast allen anderen Ländern, beispielsweise in Dänemark und in Amerika, dieses Aufgabengebiet der Landwirtschaftsverwaltung unterstellt ist.
Das Kabinett selbst hat sich ebenfalls auf den Standpunkt gestellt, daß diese Dinge vom Bundesministerium für Ernährung; Landwirtschaft und Forsten betreut werden sollten. Der Bundesrat hat sich in zwei Sitzungen mit der gleichen Frage befaßt und ist gleichfalls einhellig zu der Überzeugung gekommen, daß, um Kompetenzschwierigkeiten zu vermeiden, das gesamte Veterinärwesen dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eingegliedert werden sollte. Lediglich in der russischen Zone Deutschlands ist dieses Aufgabengebiet geteilt. Wir haben aber gehört, daß sich diese Teilung dort sehr schlecht bewährt hat und daß man auch drüben dazu übergehen will, die Zuständigkeit für diese Fragen ausschließlich dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu übertragen.
Sie sehen also, die gesamte geschichtliche Entwicklung geht dahin, das Veterinärwesen vom Landwirtschaftsministerium betreuen zu lassen.
Aber nicht nur die geschichtliche Entwicklung zeigt das, sondern es ist auch der Wunsch der in Frage kommenden Stellen. Die westdeutsche Tierärztekammer hat sich an den Herrn Bundeskanzler gewandt mit der Bitte, dieses ganze Aufgabengebiet dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu übertragen. Sie hat sich weiter in einem Brief vom März auch an alle Abgeordnete des Hauses mit einer ausführlichen Begründung und mit der Bitte gewandt, diesem Zustand ein Ende zu machen, daß hier wegen der Kompetenzschwierigkeiten die Aufgaben, die da zu lösen sind, gefährdet werden.
Welche Aufgaben sind zu lösen? Es ist folgendes. Hier ist es nicht etwa damit getan, die Fleischbeschau zu überwachen, oder es ist nicht damit getan, darüber zu wachen, daß die Krankheiten der Tiere nicht auf die Menschen übertragen werden können, sondern vor allen Dingen ist hier doch das ganze Gebiet des Veterinärwesens zu überwachen. Das ist heute besonders wichtig. Bei den vielen Einfuhren drohen der Landwirtschaft Seuchengefahren. Ich erinnere nur an die Maul- und Klauenseuche, an die Hühnerpest, an die Lungenseuche und an alle möglichen Seuchen, die jetzt unsere Land
wirtschaft von außen her gefährden. Wenn dieses Aufgabengebiet nicht in einer Hand zusammengefaßt ist, so besteht die Gefahr, daß wagen der Kompetenzschwierigkeiten Verzögerungen eintreten, wenn irgendwelche Maßnahmen getroffen werden sollen.
Wenn wir einen Schutz gegenüber den von den Tieren auf den Menschen übertragbaren Krankheiten haben wollen, so müssen wir vor allen Dingen doch auch die Krankheiten bei den Tieren beobachten und bekämpfen. Ich denke hier an Milzbrand, abortus Bang und an alle anderen ansteckenden Krankheiten, die auch auf den Menschen übertragen werden können. Es ist von unseren Gegnern darauf hingewiesen worden, daß die Polizeigewalt bei dem Ministerium des Innern liege und daß das dafür spreche. auch diese Aufgabengebiete von dem Ministerium des Innern mit in die Hand nehmen zu lassen. Aber, meine Damen und Herren, dem ist ja nicht so. Denn die Polizeigewalt liegt in den Händen der Länderregierungen, und wir wissen sehr gut, daß man von dort mit polizeilichen Maßnahmen diesen Bestimmungen genügend Nachdruck geben kann.
Deswegen haben wir diesen Antrag eingereicht, und ich bitte im Namen der Unterzeichneten - und ich kann wohl sagen im Namen der gesamten Landwirtschaft und der Westdeutschen Tierärztekammer — um Annahme dieses Antrages.