Rede von
Dr.
Gerhard
Lütkens
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Um mich nicht noch einem weiteren Vorwurf auszusetzen, daß ich den Herrn Bundeskanzler nicht rechtzeitig über das informiert habe, was geschehen würde, möchte ich die Aufmerksamkeit des Hohen Hauses darauf richten, daß der Herr Bundeskanzler, an den ich mich zu adressieren haben werde, zur Zeit nicht anwesend ist.
Was die Ausführungen des Herrn Abgeordneten der Kommunistischen Partei angeht, daß in der Methode Richtiges, zur Sache wenig Richtiges gesagt worden sei, so möchte ich ihm, was das Verhältnis der Methode zur Sache anlangt, an eine Äußerung des Premierministers der Sowjetunion erinnern, der vor einigen Jahren während des Krieges gesagt hat, der Kommunismus passe zum deutschen Volk wie der Sattel zur Kuh.
— Da müssen Sie sich Ihre eigenen Publikationen ansehen.
Was die Antwort, die mir der Herr Bundeskanzler gegeben hat, angeht, so habe ich dazu eine Reihe von Bemerkungen zu machen. Es ist ja nicht das erstemal, daß in diesem Hohen Hause von Personen, die in der Ministerialbürokratie angestellt sind, die Rede gewesen ist, und die Herren, von denen ich heute gesprochen habe, sind schon vorher in diesem Hohen Hause oder in seinen Ausschüssen erwähnt worden. Ich vermag eigentlich nicht einzusehen, wieso es insbesondere nicht der Pflicht der Abgeordneten dieses Hohen Hauses entsprechen würde, Mißstände, die sie zu sehen glauben, aufzudecken und auf politische Schäden, die sie zu sehen glauben, hinzuweisen. In keiner Weise könnte ich mich mit den Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers einverstanden erklären, die dahin gingen, daß ein Deutscher in den Fragen der Personalpolitik nicht minutiöser sein solle als die Besatzungsmächte. Was meine Fraktion angeht, so glaube ich sagen zu dürfen, daß wir uns mit den Entscheidungen der Besatzungsmächte in dieser Frage weder im Positiven noch im Negativen unbedingt identifizieren zu müssen verpflichtet fühlen. Es kommt ja gerade darauf an, wie mir scheint, daß das deutsche Volk und die verantwortlichen Stellen dieser Regierung nach besten Kräften versuchen, jene Selbstbereinigung noch zu vollziehen, die bisher ausgeblieben ist.
Ich bin einigermaßen erstaunt gewesen, vom Herrn Bundeskanzler zu hören, daß ich ihn nicht vorher über das informiert hätte, was ich heute etwa sagen würde. Ich sah in keiner Weise Veranlassung dazu. Es handelt sich um eine Haushaltsdebatte, und bei der Haushaltsdebatte handelt es sich per se um die ernsteste Angelegenheit, -der sich dieses Hohe Haus einmal im Jahr zu
unterziehen hat. Es handelt sich per se um eine Angelegenheit, bei der alle möglichen Fragen von Gewicht, so wie wir sie sehen, aufgeworfen werden müssen. Es muß daher von jedem Minister und auch dem Herrn Bundeskanzler erwartet werden, daß Fragen aufgeworfen werden, die ernsthaft betrachtet werden müssen. Darüber hinaus wundere ich mich außerordentlich, diesen Vorwurf hier zu hören, und ich glaube, daß meine politischen Freunde derselben Ansicht sein werden, seitdem es sich nun doch seit Monaten um die Frage handelt, daß seitens des Bundeskanzlers keine Informationen weder an die Opposition noch an die Ausschüsse dieses Hohen Hauses noch an dieses Hohe Haus selbst gegeben werden.
Mir scheint, daß dieser Vorwurf ins Leere trifft oder wie ein Bumerang auf den zurückgeworfen werden mußte, der ihn hier geaußert hat.
Im Auswärtigen Ausschuß, das ist richtig, ist schon seit Wochen von den Fragen, die ich personhch heue hier auszuwerfen die Ehre gehabt habe, die Jude gewesen. Der Herr Bundeskanzler hat uns vor Wochen die Vorlage eines Organisationspians
in diesem Ausschuß versprochen. Bis heue ist dieser Organisationsplan im Auswartigen Ausschuß nicht vorgelegt und infolgedessen heuere Moghchkeit einer sachlichen Debatter über heces Piobiem der Boden entzogen worden. Wir hortten sehr, daß nunmehr sowohl der Ausschuß wie dieses Hohe Haus, aber auch die Bundesregierung ernsthaft an die Losung der schwebenden Fragen herangehen werden.
Ich habe es außerordentlich bedauert, daß der Herr Bundeskanzier es fur richtig befunden hat, den Herrn Bundespräsidenten in die Debatte in diesem Hohen Haus zu ziehen. Ich fur meine Person kann ihm auf diesem Wege nicht folgen. Ich kann zu den Bemerkungen, die er in diesem Zusammenhang gemacht hat, nur sagen, daß ich jedenfalls von seiten des Herrn Bundeskanzlers bis zum heutigen Tag eine Aufforderung, mit thin über irgendwelche Fragen zu sprechen, nicht bekommen habe. Es wird mir aber ein außerordentliches
Vergnügen sein, der von ihm heute ausgesprochenen Aufforderung bei nachesse Gelegenheit Folge zu leisten, wenn ich die Ehre haben werde, ein Interview mit ihm zu haben.
Seitens der FDP ist ein Antrag eingereicht worden, die Angelegenheit, -die wir heute hier beraten haben, zunächst in den Auswareigen Ausschuß zu leiten. Ich bin der Meinung, daß es nicht richtig wäre, mit dieser sehr dringenden Angelegenheit so zu verfahren, wie man das oft macht, indem man Angelegenheiten zunächst an den Ausschuß verweist. Nach den Erfahrungen, die wir bisher im Ausschuß gemacht haben, kann das bedeuten, daß wir nach einem halben J ahr oder nach drei Monaten hier erneut diese Debatte zu führen haben werden. Ich möchte den Antrag der FDP sehr gerne dahin verstehen, daß mit ihm gemeint ist, daß der Auswärtige Ausschuß morgen schon — denn er ist für morgen einberufen worden — sich mit einem Skelett dessen, was in den Anträgen niedergelegt ist, beschäftigt und mit einem von diesem Ausschuß dann gemeinsam auszuarbeitenden Vorschlag noch morgen in dieses
Plenum kommt, damit noch morgen der Wille 1 dieses Hohen Hauses seinen Ausdruck findet.