Rede von
Dr.
Carlo
Schmid
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Vor einigen Tagen ist im Ältestenrat der Antrag gestellt worden, dieses Haus möge so bald als möglich einen Ausschuß wählen, der eine Ehrenordnung aufstellt,
und das Haus möge alsdann einen Ehrenrat bestellen: Früher kam man in den Parlamenten ohne solche Einrichtung aus.
Früher genügte es, die Geschäftsordnung richtig zu handhaben, man konnte sich darauf verlassen. daß die Abgeordneten draußen — wenn sie vor ihren Wählern sprachen — sich in einer Weise benahmen, daß einem der Gedanke an die Notwendigkeit von Ehrenordnungen nicht zu kommen brauchte.
Das hat sich offenbar geändert, und da die Institutionen den Verhältnissen angepaßt werden müssen und die Verhältnisse so sind, wie ich sie schilderte, scheint mir die Bestellung eines Ehrenrats und die Verabschiedung einer Ehrenordnung eine dringende Notwendigkeit zu sein.
Ich bitte Sie, zu bedenken, was ein Abgeordneter tun soll, dem es widerfährt, daß ein anderer Abgeordneter des Hauses — es war Herr Dr. Ott — auf einer Versammlung mit Bezug auf ihn und mit Nennung seines Namens sagt, daß er — ich in diesem Falle — vier Gehälter à 2000 Mark usw. beziehe; daß dieser Mann auf einem internationalen Kongreß seine deutsche Sprache verraten habe und daß man schon an seinem Körnerumfang feststellen könne, daß seine Partei eine Bonzenpartei sei usw. usw.
Soll ich denn dem Mann auf seine Versammlungen nachreisen und seinem Publikum sagen, was es gehört habe, sei nicht wahr?
Solange keine Ehrenordnung da ist, bleibt in solchen Fällen nur die Möglichkeit der Selbsthilfe. Ich habe zur Selbsthilfe gegriffen und dem Herrn Dr. Ott gesagt, so benehme sich kein Politiker, sondern ein Strauchdieb!
Es ist eine merkwürdige Sache, daß sich hier jemand zum Hüter der Ehrenhaftigkeit der Abgeordneten und zum Kritiker ihrer so „unendlichen" Bezüge aufwirft, der es nicht verschmäht, sich in der
Anwesenheitsliste einzutragen, ohne nachher den Sitzungssaal zu betreten.
Vielleicht kann man die Anwesenheitsliste vom 3. März daraufhin nachsehen.
Er behauptet vor seinen Wählern, er habe sich so verhalten müssen, wie ich es schilderte, weil er einen Großangriff auf die SPD habe starten müssen.
Nun, die SPD — eine lokale Stelle dieser Partei: Reichenbach an der Fils —
hat ihn aufgefordert, sich einer Diskussion zu stellen. Herr Dr. Ott hat es vorgezogen, nicht zu kommen.
Und dann hat er einen seiner Wirbel angerichtet
und deklariert hier für einen. Großangriff, was man,
wenn man in poetischer Sprache reden wollte, eher
dem Surren einer Schmeißfliege vergleichen könnte.
Damit, meine Damen und Herren, habe ich gesagt, was ich zu dieser Sache und zu dem Verhalten des Herrn Dr. Ott zu sagen hatte.