Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Mit Recht ist heute von einer Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion schon zugerufen worden: Schaffen Sie eine gerechte soziale Ordnung, damit schaffen Sie einen der wesentlichsten Faktoren für die Kriminalität unserer Jugend aus der Welt.
- Nein, dort sinkt sie bezeichnenderweise! Das kann Ihnen jeder Fachjurist bestätigen, der hier sitzt; das dürfen Sie bloß nicht in Ihren Zeitungen schreiben. So liegen die Dinge.
Es muß so sein in der Deutschen Demokratischen Republik. Dort gibt es keine Erwerbslosigkeit mehr,
dort gibt es keine Jugendlichen, die sich nach Schulentlassung auf der Straße herumtreiben müssen.
Dort gibt es Aufbau-, dort gibt es Aufstiegsmöglichkeiten für die Jugend, die Sie ihr hier im Westen nicht bieten können,
und darum muß logischerweise die Kriminalität sinken. Die Ernsten unter Ihnen wissen das auch; denn das ist in Ihren eigenen westdeutschen juristischen Zeitschriften nachzulesen.
Ich komme zum Schluß.
Ich will, weil ich Achtung habe vor der Stunde, nicht auf die Frage eingehen, die hier aufgeworfen worden ist, ob der Parlamentarische Rat berechtigt gewesen ist, diesen Artikel in das Grundgesetz hereinzubringen. Wenn ich es tun wollte, wäre ich verpflichtet, dem Herrn Kollegen Laforet einige Erlebnisse aus der damaligen Periode in Erinnerung zurückzurufen. Wenn er hier zum Beispiel von der „Freiheit seines Gewissens" sprach, die er bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes gehabt habe, dann sei daran erinnert, wie oft die Herren Militärgouverneure von Frankfurt diese „Freiheit des Gewissens" durch schallende Ohrfeigen korrigiert haben, die sie gewissen Fraktionen des Parlamentarischen Rates bei Gelegenheit und recht häufig appliziert haben. Also kommen Sie mir nicht mit diesen Dingen! Diese Frage steht auch nur in allzu losem Zusammenhang mit dem, was heute vor sich geht.
Der Kampf um die Beibehaltung des Verbotes der Todesstrafe muß Sache aller fortschrittlichen demokratischen Menschen sein. Wer eine andere Auffassung vertritt, — —
— Gut, daß Sie mir zuletzt noch diesen Tip geben!
-- Gerade Sie, Herr Bausch, dürften wissen, daß eine alte sozialistische Forderung lautet: Beseitigung der Todesstrafe.
- In Rußland war die Todesstrafe grundsätzlich bereits abgeschafft.
Aber
sie ist - das wissen Sie so genau wie ich - für einen ganz genau umrissenen, eng begrenzten Tatbestand und ausdrücklich zeitweilig wieder eingeführt worden.
Das wissen Sie, und Sie wissen, daß, wenn dieser Tatbestand aus der Welt geschafft ist, d. h. wenn die Bedrohung der Sowjetunion durch Ihre Agenten
und die anderen imperialistischen Staaten, wenn die Bedrohung der Sowjetunion durch den von Ihnen gewollten und vorbereiteten Krieg aufhört, dann die Todesstrafe in der Sowjetunion sofort wieder abgeschafft wird.
Herr Bausch, Sie haben doch im Parlamentarischen Rat - -
— Ihre Freunde haben im Parlamentarischen Rat zum Teil wenigstens mit großer Wärme auch vom Standpunkt des Christentums aus die Rechtfertigung der Beseitigung der Todesstrafe bejaht. Also bitte, beweisen Sie zumindest, daß Sie in Westdeutschland Christen sind!