Rede von
Dr.
Fritz
Neumayer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch in den Reihen der Freien Demokratischen Partei herrschen verschiedene Auffassungen über die Abschaffung oder Wiedereinführung der Todesstrafe. Ich bin von einem Teil meiner Fraktion beauftragt, für diejenigen hier noch einige Worte auszuführen, die an sich materiell-rechtlich dem von der Bayernpartei gestellten Antrag ihre Zustimmung geben könnten. Nach all den schönen Ausführungen, die hier für die Ablehnung des von der Bayernpartei gestellten Antrages gemacht worden sind, fällt es schwer, nun noch in entgegengesetztem Sinn einige Worte zu finden. Ich gebe ohne weiteres zu, daß die Ausführungen insbesondere der Rednerin der Sozialdemokratischen Partei auch mich gefühlsmäßig stark beeindruckt haben.
Von den verfassungsrechtlichen Bedenken, die vorhin vorgetragen sind, wollen wir hierbei absehen. Meine Freunde und ich haben diesen Antrag nicht gestellt und würden ihn wohl auch wegen der verfassungsrechtlichen Bedenken, die der Herr Justizminister geäußert hat, nicht gestellt haben. Trotzdem aber einige Worte zu dem materiellen Inhalt dieses Antrages.
Meine Damen und Herren! Von den Anhängern der Todesstrafe wird vor allem betont, daß sie in zweierlei Hinsicht besonders bedeutungsvoll sei: einmal als Sühne, zum andern als Abschreckung. Gegen die Vergeltungstheorie wird insbesondere eingewandt, daß diese doch wohl noch eine Reminiszenz an primitive Zeiten darstelle, sich mit den heutigen humanen Auffassungen nicht mehr decke und vielleicht auch mit der christlichen Idee nicht in Einklang gebracht werden könne. Diese primitive Idee — wenn ich sie so nennen darf — verlangt, daß derjenige, der fremdes Leben genommen hat, auch sein eigenes lassen müsse. Wir sind der Auffassung, daß trotz aller Auflockerung im Denken über die Fortschritte in der Wissenschaft und in der Kultur ein gewisses Maß von primitivem Denken doch wohl nicht entbehrt werden kann.
Wenn wir heute gerade den primitiven Menschen fragen und hören wollen, wie seine Auffassung zu diesen Problemen ist, so werden wir in den meisten Fällen doch erfahren, daß er die Auffassung vertritt: Wenn ein Mord geschehen ist, dann soll er auch mit der Todesstrafe geahndet werden.