Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage, welcher Personenkreis unter Art. 131 des Grundgesetzes fällt, hat uns hier im Laufe der vergangenen Monate wiederholt beschäftigt, ohne daß allerdings bisher in irgendeiner Weise eine positive Regelung im Sinne des Grundgesetzes erfolgt ist. Von seiten der Verwaltung sind entsprechende statistische Erhebungen gemacht worden; aber wir sind bis heute noch nicht in den Besitz der Zahlen gekommen, die diese Erhebungen ergeben haben. obwohl in einzelnen Ländern die Zahlen in den lokalen Zeitungen bereits veröffentlicht worden sind. Mit dem 1. April geht die Regelung der Verhältnisse auf den Bund über.
Ich möchte die Frage unter zwei Gesichtspunkten behandeln, einmal unter dem der Verwaltung, zum andern unter dem viel wichtigeren des menschlichen Problems. Wenn der Bund am 1. April die von den Ländern getroffenen Regelungen übernimmt, so sieht er sich vor eine Aufgabe gestellt, die absolut verwirrend ist. Wenn Sie die Unzahl der Bestimmungen sehen - ich habe hier eine Zusammenstellung vor mir liegen —, die in den einzelnen Ländern getroffen sind, wenn Sie dann feststellen, daß es kaum eine Bestimmung in einem Lande gibt, die mit den Bestimmungen in den anderen Ländern übereinstimmt, dann muß man sagen, daß die Verwaltung selbst das größte Interesse daran haben muß, daß eine Vereinheitlichung auf diesem Gebiet durchgeführt wird. Eine solche Vereinheitlichung schafft unser Antrag, wenn er angenommen wird. Er sieht vor, daß die jeweils günstigste Regelung für den betreffenden Personenkreis, die in irgendeinem Lande des Deutschen Bundes besteht, zur grundsätzlichen Regelung erhoben wird.
Man hat uns darauf aufmerksam gemacht, daß es einige Länder gibt, die erst vor kurzem Gesetze gemacht haben und zwar sehr günstige Gesetze, weil sie sich gesagt haben, daß die ganze Angelegenheit am 1. April auf den Bund übergeht, weil sie sich dann gesagt haben: warum sollen wir uns innere Schwierigkeiten machen, indem wir uns mit kleinlichen Lösungen abgeben; machen wir großzügige Lösungen, am 1. April muß der Bund in seine Kasse greifen!
Wir werden über diese Punkte im Ausschuß sprechen müssen. Aber ich glaube, die Verwaltung hat das dringendste Interesse daran, daß diese Frage so schnell wie möglich geregelt wird, und wir hoffen, daß es dem Beamtenrechtsausschuß gelingt, bis zu der am Freitag vorgesehenen zweiten und dritten Lesung diese Fragen zu regeln und den endgültigen Vorschlag vorzulegen.
Nun lassen Sie mich noch einige Worte zu der menschlichen Seite der Angelegenheit sagen. Ich habe hier schon wiederholt darüber gesprochen, und ich glaube ich brauche Ihnen da nicht mehr viel zu sagen; denn jeder von uns bekommt Tag für Tag Briefe aus den betroffenen Kreisen, die von einem erschütternden Elend sprechen. Sicher ist es nicht so, wie es manchmal von den Organisationen der Betroffenen dargestellt wird, als ob nun gar kein vertriebener oder gar kein entnazifizierter Beamter oder gar kein früherer Angehöriger der Wehrmacht wieder in amtlicher Tätigkeit ist. Im Gegenteil, es sind sehr erhebliche Kreise in Tätigkeit. Aber trotzdem: der Kreis derjenigen, der außerhalb der Versorgung, der außerhalb der Tätigkeit steht, ist wirklich weit größer. In diesen Kreisen besteht zum Teil eine ungeheure Not. Man sieht diese Not nicht. Armut und Not machen keine Lichtreklame. Aber sie besteht, sie ist vorhanden. Und alle diese Menschen haben ihre Hoffnungen auf den Bund gesetzt. Sie sind erst jahrelang von den Ländern vertröstet worden. Dann gab es mehr oder weniger günstige oder annehmbare Lösungen, und letzten Endes hieß es immer wieder: ja, der Bund regelt das.
Der Bund hat diese Regelung in das Grundgesetz aufgenommen. Dieses Grundgesetz ist bald ein Jahr alt. In dieses Grundgesetz hat man gleichzeitig ein Verbot für die Betroffenen aufgenommen, den Rechtsweg über die Gerichte einzuschlagen. Ein solches Verbot ist nur begründet und läßt sich nur vertreten, wenn man, wie es auch der Sinn dieser Bestimmung des Grundgesetzes ist, diese Angelegenheit schnell regelt. Wenn man dagegen die Dinge nicht mit der genügenden Schnelligkeit beendet, wenn man sie hinauszögert, dann entsteht für die Betroffenen zweifellos eine Rechtsminderung, die auf die Dauer nicht vertretbar ist. Darüber kann es gar keinen Zweifel geben. Wir wollen durch unseren Antrag diesem Personenkreis nun endlich einmal eine Regelung geben, die als Zwischenlösung gedacht ist, die ihnen als Lösung ein einheitliches Recht gibt, die ihnen bei notwendigen Umzügen von dem einen Land in das andere Land nicht Rechtsansprüche wieder nimmt, sondern die alles auf eine einheitliche Linie bringt.
Wir wollen damit den betroffenen Personen auch sagen, daß wir sie nicht vergessen haben, sondern daß wir uns für ihre Interessen einsetzen. Wir glauben, daß diese zu treffende Regelung, daß der vor uns gemachte Vorschlag auch finanziell für die Bundesregierung tragbar ist. Wir hoffen, daß es uns gelingt, im Ausschuß in den wenigen Tagen bis zur zweiten und dritten Lesung eine Übereinstimmung herbeizuführen und Ihnen dann ein Ergebnis vorzulegen, dem Sie alle zustimmen können.
Wir hoffen, damit dann einen entscheidenden Schritt zur Befriedung unseres Volkes getan zu haben, einen Schritt, der das Schicksal von Hunderttausenden von Menschen betrifft.