Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf die Worte einzugehen, die mein Herr kommunistischer Vorredner hier vor uns gesprochen hat, halte ich für ziemlich überflüssig. Ich möchte dem Hohen Hause nur eines zu überlegen geben. Wir alle essen schließlich von den 31/2 Millionen Tonnen Weizen, die a conto des Marshallplans und der Army-Funds herüberkommen. Auch Herr Rische ißt von diesem Weizen und er ist ihm nicht schlecht bekommen.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit nur noch eines feststellen: Wenn dieser Weizen nicht einträfe, würden mindestens 10 bis 15 Millionen in dieser Zone zum Hungertode verurteilt sein. Denn niemand wird sich doch wohl einbilden, daß eine Hilfe, die dann nachher aus dem Osten eintreffen sollte, technisch überhaupt möglich wäre. Denn, Herr Kollege Rische, eines können Sie nicht leugnen, Ihre Politik und Ihre Eisenbahnschienen sind verdammt eingleisig geworden.
Lassen Sie mich zu einigen Punkten Stellung nehmen, die vor allen Dingen der Herr Minister vor uns ausgebreitet hat. Ich muß ihm eines bestätigen: Auf Grund der eingehenden Beratungen seines Planes im Ausschuß haben wir feststellen müssen — ich glaube, diese Feststellung ist einmütig erfolgt, denn der Herr kommunistische Vertreter ließ sich bei diesen Dingen nie sehen, wast auch die völlige Ahnungslosigkeit seiner Ausführungen hier einigermaßen erklärt —:
dieser Stellenplan ist wirklich sparsam aufgestellt worden, und ich glaube, wir hatten im allgemeinen keine Beanstandungen daran vorzunehmen.
Etwas anderes war es mit den Kosten, die uns die Washingtoner und die Pariser Delegation auferlegt -haben. Es ist natürlich für den Ausschuß ungemein schwer gewesen, sich hier von der Notwendigkeit der Ausgaben irgendein Bild zu gestalten. Denn wir standen ja hier — bei der Auswahl, bei der Entsendung, bei der Möblierung und Behausung dieser Delegation — vor völlig neuen Aufgaben. Wer nach der Katastrophe von 1945 im Auslande war, weiß, wie ungemein schwierig es überhaupt ist, in den Hauptstädten ein Unterkommen und dort neue Maßstäbe für die Besoldung und für die Ausstattung deutscher Auslandsdelegationen zu finden. Wir trafen hier auf die Probleme, die uns in allernächster Zukunft ja noch in einem weitaus größeren Maßstab beschäftigen werden. Ich glaube, daß es deswegen einmal ganz nützlich ist, Ihnen jetzt schon einen kleinen Einblick von dem zu vermitteln, was zum Beispiel die Kosten der Delegation in Paris ausmachen.
Ich habe hier vor mir eine Aufstellung der Pariser Delegation über die Kosten, die zum Beispiel die bloße Unterbringung der Beamten in Paris selbst verursachen. Die Monatsmiete für eine Zweizimmerwohnung mit Bad und Küche beträgt 482 DM monatlich. Die Monatsmiete für weitere zwei kleine Zimmer eines anderen Beamten beträgt 434 DM. Die Monatsmiete eines Einzelzim-
mers ohne Bad und Küche einer Angestellten nach Gehaltsgruppe 6 b beträgt 181 DM. Sie sehen also, daß sich die Dinge gegenüber der Vorkriegszeit ungemein gewandelt haben, daß infolgedessen diese hohen Ziffern für die Auslandszuschüsse, die im Haushaltsplan ausgewiesen worden sind, keineswegs ungerechtfertigt sind. Ich glaube, es wäre nichts törichter, als wenn wir unsere Auslandsvertretungen nicht so einrichten und ausstatten würden, daß sie in der Lage sind, einigermaßen zu leben und vor allen Dingen ihre Arbeitskraft uneingeschränkt dem deutschen Volke zur Verfügung stellen zu können.
Herr Minister Blücher hat bei der Behandlung der Delegationen von Washington und Paris allerdings einen Punkt übergangen, der uns im Ausschuß besonders bewegt hat. Es ist die Frage der Unterstellung dieser beiden Delegationen. Ich darf hier wohl als bekannt voraussetzen, daß er bei der Behandlung der Washingtoner Delegation vor dem Ausschuß bereits unter einmütigem Beifall erklärt hatte, über die sachliche Weisungsberechtigung seines Ministeriums bestehe kein Zweifel. Wir waren aber im Ausschuß wohl einmütig der Meinung, daß die fachliche Auswahl bzw. die personelle Unterstellung aller deutschen Auslandsvertretungen nach Möglichkeit von einer Stelle aus geschehen sollte, um die Gefahr einer Zweigleisigkeit in der Zukunft ein für allemal auszuscheiden; denn wir haben aus vielen Jahren der Vorkriegszeit, vor allen Dingen auch aus der Zeit vor 1914 von der Rolle der Marine- und Militärattachés keine überwältigenden Eindrücke gewonnen, und wir wünschen, daß die deutsche Auslandspolitik und die personelle Auswahl nach Möglichkeit von einer Stelle aus gelenkt wird. Ich glaube, in dieser Be ziehung bestand im Haushaltsausschuß Einmütigkeit.
Was nun die Kosten dieser einzelnen Delegationen anlangt, so bin ich glücklich, Ihnen sagen zu können, daß die Pariser Delegation jetzt in einem Hause untergebracht ist, das außergewöhnlich billig erworben worden ist, daß sie dort also nicht mehr zur Miete zu wohnen braucht, und daß, ich glaube, auch die Ausstattung dieses Hauses sich durchaus in dem Rahmen bewegt, den uns unsere beschränkten, armseligen Verhältnisse auferlegen.
Auf einen Punkt, der mir von sehr großer Bedeutung zu sein scheint, lassen Sie mich noch hinweisen. Herr Minister Blücher hat Sie bereits darauf aufmerksam gemacht, daß durch die Hände dieser Auslandsmissionen bzw. durch das ERP-Kontor ungewöhnlich große Summen gehen. Das bedingt auch eine ungewöhnlich große Verantwortung der mit der Handhabung dieser Summen betrauten Menschen. Aus diesem Grunde allein schon ist es beinahe bedenklich, wenn zum Beispiel das ERP-Kontor nur einer Persönlichkeit im Range eines Oberregierungsrats unterstellt ist, während die dort durchlaufenden Summen in die Milliarden gehen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit mit Nachdruck unterstreichen, daß dieses Hohe Haus sicher erwartet, daß die Kontrolle all dieser gewaltigen Mittel, über die hier ständig verfügt wird, mit äußerster Sorgsamkeit, ja mit äußerster Peinlichkeit erfolgt. Wir haben zum Beispiel, um nur ein einziges Problem herauszugreifen, in den letzten Tagen und Wochen auch die teilweise Verfügung über die Verfrachtung von den Vereinigten Staaten nach Deutschland erlangt. Aber die Verfügung über einen so großen Betrag führt naturgemäß auch zu einer Verantwortungslast der damit betrauten Menschen, um die sie niemand beneiden wird. Wir alle hoffen also wohl, daß sich diese Dinge mit dem äußersten Maß an Korrektheit vollziehen werden, das wir von deutschen Auslandsvertretungen erwarten dürfen.
Wir sind alle bereit, den Damen und Herren, die jetzt draußen als erste den Schritt in das Neuland getan haben und die draußen eine ungemein schwierige und ungemein verantwortungsvolle Arbeit zu leisten haben, für das, was sie gort zu tun haben, zu danken. Ich habe mich in Paris selbst davon überzeugen können, daß die Arbeitszeit der dort tätigen Mitglieder der deutschen Delegation weit über das hinausgeht, was normalerweise von einem Beamten im Inland verlangt wird, und ich glaube, daß die Anforderungen, die von Seiten des Marshallplanministeriums in Zukunft auch an diese Delegationen gestellt werden, noch über das hinausgehen dürften, was sie bis jetzt tun mußten. Denn vor allen Dingen von der Tätigkeit der OEEC-Delegation in Paris wird es im wesentlichen abhängen, welche Rolle wir in einem hoffentlich vereinten Europa künftig einmal spielen werden. Wir wollen hoffen, daß diese Rolle nicht gering ist.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang allerdings auch ein offenes Wort sagen. Deutschland leistet zu den Kosten des OEEC-Büros in Paris einen Beitrag von 13,4%. Das ist ein relativ sehr hoher Betrag. Unter den 900 Angestellten des OEEC-Büros sind wir allerdings bis jetzt nur mit drei vertreten, und über den Eintritt weiterer acht Deutscher schweben, glaube ich, Verhandlungen. Ich denke, ich gehe mit Ihnen völlig einig, wenn ich der Erwartung Ausdruck gebe, daß der deutsche Anteil an diesem OEEC-Buro recht bald dem Umfang der Kosten entsprechen möchte, diet wir zu diesem Büro beitragen. Das ist eine Frage des Entgegenkommens der anderen Seite, möchte ich sagen. Es wäre wünschenswert, wenn sich dieses Entgegenkommen rasch und möglichst reibungslos zeigen würde.
Gerade in den nächsten Wochen und Monaten, während deren in Washington über die neuen Summen entschieden wird, wird von den Delegationen eine wichtige Arbeit zu leisten sein. Wir werden in den nächsten zwei oder drei Jahren wahrscheinlich zu sehr großen Entschlüssen gelangen müssen, wenn wir die Integration Europas ernstlich in Angriff nehmen wollen. Wir werden zu Entschlüssen kommen müssen, die an Kühnheit weit über das hinausgehen, was bis jetzt auf diesem Gebiet gewagt worden ist,
oder wir werden uns, und zwar nicht wir allein, sondern ganz Europa, im Jahre 1951 in der Tat einer Situation gegenübergestellt sehen, die wir nicht als wünschenswert betrachten können. Ich glaube, daß, allein von der Größe dieser Aufgabe her gesehen, dieses Ministerium sehr wohl seine Daseinsberechtigung hat und haben muß.