Meine Damen und Herren! Ich möchte idem Antrag, der im Ausschuß ein-. stimmig angenommen ist, noch einige Worte mit auf den Weg geben. Es handelt sich hier in der Tat um eine sehr ernste und wichtige Angelegenheit.
Ich spreche hier nicht bloß für die kriegszerstörten Anwesen im bayerischen Raum, sondern ich spreche ebenso für die kriegszerstörten Anwesen in den drei Westzonen, weil ich mir die Verhältnisse in den verschiedenen Gebieten aus einer Reihe von Gründen persönlich angesehen habe. Es geht um eine wichtige deutsche Angelegenheit, eine Angelegenheit ,der gesamten Landwirtschaft der Westzonen. Fünf Jahre nach Beendigung des Krieges ist es nach meine? Überzeugung endlich an der Zeit, daß dem Teil unserer Volkswirtschaft, der für die Volksernährung von besonderer Bedeutung ist, geholfen wird.
Dazu gehört insbesondere der Wiederaufbau der zerstörten landwirtschaftlichen Anwesen. Wir haben solche Zerstörungen in Bayern beispielsweise in idem Kreis um die Landratsämter Feuchtwangen, Rothenburg, Uffenheim, Scheinfeld. Wir haben auch in Mittelfranken solche Gebiete. Dort, wo der Widerstand sich besonders bemerkbar gemacht hat, sind noch große Teile der Dörfer wiederaufzubauen.
Besonders erschreckend waren für mich die Verhältnisse an der französischpfälzischen Grenze.
Ich habe mir die Lage dort selber angesehen und
kann Ihnen sagen: ein solches Maß einerseits von
Vertrauen der Bevölkerung darauf, daß ihr einmal wieder Hilfe ,zuteil wird, und andererseits
von Festhalten des Bauern und seiner Familie an
ihrem Grund und Boden habe ich selten erlebt.
Das war für mich ein tiefes Erlebnis. Die Umstände, unter denen die Leute dort leben müssen, sind zum Teil einfach erschütternd. Ich habe daher bei der dortigen Begrüßung, in der übrigens die Verbundenheit weiter Teile der Pfälzer Bevölkerung mit Bayern zum Ausdruck gekommen ist,
was ich besonders betonen möchte, in meiner Rede momentan stoppen müssen, weil ich von dem, was mir dort vorgetragen worden war, so erschüttert war, daß ich wegen des Eindrucks, der bei mir entstanden ist, nicht sofort flüssig weitersprechen konnte.
Es handelt sich also wirklich um eine Angelegenheit von sehr ernster Bedeutung. Deswegen ist in dem Antrag auch gefordert, daß diese zerstörten landwirtschaftlichen Anwesen noch in diesem Jahre wiederaufgebaut werden sollen. Das ist ein dringendes Bedürfnis. Hier heißt es, daß von seiten der Regierung die nötigen flüssigen Mittel bereitgestellt werden sollen. Das hat mit dem § 48 a der Geschäftsordnung nichts zu tun, denn die flüssigen Mittel für solche Zwecke sind disponibel. Sie müssen nur in einem entsprechenden Finanzierungsprogramm unter allen Umständen untergebracht werden.
Dafür kommen eine Reihe von Maßnahmen in Frage, die hier getroffen werden können. Erstens die Gegenwertmittel, und diesen Antrag habe ich deswegen gestellt, um besondere Schwierigkeiten, die außerhalb der deutschen Seite liegen, zu überwinden. Wenn ich schon von Steigerung der Veredlungsproduktion und von Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung rede, dann muß ich in erster Linie diese zerstörten landwirtschaftlichen Anwesen wiederaufbauen.
Deswegen müssen aus den Gegenwertfonds entsprechende Mittel unbedingt bereitgestellt werden. Ursprünglich waren die Mittel sehr hoch geschätzt; aber diese Mittel haben sich ja zu einem Teil erniedrigt, weil durch die Selbsthilfe der Leute selber das Menschenmöglichste getan worden ist.
Aber die Selbsthilfe allein reicht nicht aus. Ich
habe in der Zeitung gelesen, daß wieder 123 Millionen DM aus den Gegenwertfonds für solche Zwecke zur Verfügung stehen sollen. Aber, meine verehrten Damen und Herren, ich glaube den Zeitungsmeldungen auf diesem Gebiet kaum
mehr, bevor nicht das Geld wirklich flüssiggemacht ist.
Deswegen ist es hier notwendig, Gewißheit darüber zu bekommen.
Weiterhin muß auch ein Teil der Mittel aus dem allgemeinen Arbeitsbeschaffungs- und Wohnungsbauprogramm beschafft werden.
Denn nach meiner Überzeugung ist es außer-
ordentlich wichtig, daß durch die Inangriffnahme
solche Bauvorhaben die Arbeitslosigkeit gerade
auch auf dem Lande bekämpft wird. Wir haben
ja hier gesehen, daß die Arbeitslosigkeit zum
großen Teil nicht so sehr in den großen Industrie-
gebieten allein vorliegt, sondern sich auch auf
dem flachen Lande draußen bemerkbar macht.
Deshalb ist es notwendig, daß hier dieses Finanzierungsprogramm aufgestellt wird.
Zu dem Finanzierungsprogramm gehört auch, daß die Regierung ihrerseits beispielsweise Zinsverbilligungsmittel zur Verfügung stellt, um die Finanzierung absolut sicherzustellen. Dazu gehört auch eine weitsichtige Handhabung der Steuergesetzgebung zugunsten dieser kriegszerstörten Gebiete.
Denn hier muß durch weitgehende Steuernachlässe unter allen Umständen für eine Reihe von Jahren die Möglichkeit gegeben werden, daß Selbsthilfe und Staatshilfe sich zu einem wirksamen Zusammengreifen vereinigen können.
Das möchte ich grundsätzlich dazu sagen. Mir kommt es also darauf an, daß das Finanzierungsprogramm möglichst bald fertiggestellt wird, damit hier die Arbeiten möglichst rasch in' Angriff genommen werden können. Manche Länder haben hier auf diesem Gebiet schon manches getan; manche Länder konnten das nicht. Auch das Land Rheinland-Palz konnte das nicht.
Und deswegen ist es notwendig, daß der Bund
hier unter allen Umständen einspringt und im
Zusammenwirken mit den Ländern das Notwendige veranlaßt, damit die Dinge möglichst rasch in Fluß kommen.
Dann ist meinem Antrag noch ein letzter Punkt angefügt. Er lautet:
Mit den Hohen Kommissaren sollen alsbald Verhandlungen aufgenommen werden, damit die auf französischem Boden liegenden Grundstücke der in der „roten Zone" befindlichen Besitzungen wieder genutzt werden können.
Da muß es — das ist noch nicht korrigiert — anstatt „auf französischem Boden" heißen: „auf ausländischem Boden". Ich bringe einen dementsprechenden Abänderungsantrag dazu ein. Das ist ja eine notwendige Änderung.
Ich möchte dazu folgendes sagen. Wir und insbesondere auch die Landbevölkerung sind sicher Anhänger weitgehender Völkerverständigung. Wenn die Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland wirksame Fortschritte machen soll, ist es unter allen Umständen notwendig, daß die gegenseitigen Beziehungen an der Grenze wieder auf freundschaftliche Weise hergestellt werden.
Denn das ist ein erstes Erfordernis. Hier sind die Verhältnisse an der Grenze in der roten Zone besonders schlimm, weil hier die Leute zu den Feldern, die ihnen ehemals jenseits der Grenze gehört haben, nicht hinüberkommen, weil beispielsweise in einer Gemeinde, die ich gesehen habe, eine Brücke, die zerstört war, nicht wieder aufgebaut wird, d. h. es wird nicht zugelassen. Da besteht auch die Notwendigkeit, daß die Regierung ihrerseits mit den Hohen Kommissaren in Verhandlungen eintritt, damit diese Grenzverhältnisse wieder auf eine normale Grundlage gestellt werden.
Das ist auch ein wichtiger Teil der Völkerverständigung. Gerade an der Grenze ist das wichtig, damit die Beziehungen der Grenzbevölkerungen zueinander wieder normale und freundschaftliche werden können.
Diese wenigen Worte wollte ich dem Antrag mit auf den Weg geben. Ich hoffe, daß es der Regierung gelingt, in diesem Jahre durch wirksame Maßnahmen einen Schritt vorwärtszukommen. Sie würde dadurch Zehntausenden von Familien gerade in den kleineren und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben einen ungeheuren Dienst erweisen. Ich wette darauf, daß dann, wenn die Leute das hier hören könnten, sie sagen würden: endlich kümmert man sich um unsere Verhältnisse. Nun, es ist jetzt auch Zeit, daß die Regierung sich darum kümmert, damit \\wir hier einen wichtigen Teil des Wiederaufbaus in diesem Jahre vollenden können.