Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine Damen und Herren! Ich möchte lediglich zu den Drucksachen Nr. 624 und 625 Stellung nehmen. Der Antrag auf Drucksache Nr. 624 verlangt, daß ehemaliges Reichseigentum und Eigentum des preußischen Staates „in der Gestalt zur Verfügung gestellt" wird, daß damit „alsbald eine Generalbestimmung über die Verwendung dieses Eigentums zugunsten der Heimatlosen" erfolgt. Diese Fassung ist wohl etwas kompliziert. Ich nehme an, damit ist gemeint, daß dieses Vermögen sobald wie möglich und im Rahmen des Möglichen den Heimatlosen — und damit sind wohl auch nicht ausschließlich die Heimatlosen gemeint, sondern alle, die durch den Krieg in sozialer Not sind — zur Verfügung gestellt werden soll. Ich, muß aber auf die Rechtssage hinweisen, um von vornherein etwa einem Vorwurf zu begegnen, der nach einem Monat kommen könnte, daß auf diesem Gebiet nichts oder zu wenig geschehen sei.
Zu unterscheiden sind das preußische Vermögen und das frühere Reichsvermögen. Nach Artikel 135 Absatz 6 des Grundgesetzes geht von dem früheren preußischen Vermögen grundsätzlich überhaupt nur die Beteiligung an den großen Betrieben auf den Bund über. Der Kreis der hierfür in Betracht kommenden Beteiligungen dürfte bekannt sein. Es handelt sich um die Veba mit ihren Unterkonzernen Hibernia, Preußag und Preag. Daß diese Beteiligungen als solche bei dieser Betrachtung auszuscheiden haben, darf ich wohl als selbstverständlich voraussetzen.
Was nun das ehemalige Reichsvermögen betrifft, so würde eine Verfügung und ein Zurverfügungstellen durch den Bund natürlich zur Voraussetzung haben, daß der Bund rechtlich überhaupt befugt ist, über dieses frühere Reichsvermögen zu verfügen. Das ist, heute wenigstens, nicht der Fall. Durch das Gesetz Nr. 19 der amerikanischen Militärregierung ist in der amerikanischen Zone dieses Vermögen zunächst in das Eigentum des jeweiligen Belegenheitslandes übergeführt worden, und zwar mit dem Vorbehalt, daß der Bund befugt ist, durch Gesetz entsprechend den Bestimmungen des Grundgesetzes, die damals erwartet wurden, es in sein Eigentum zurückzuüberführen.
Die Verordnung Nr. 217 führt in der französischen Zone das frühere Reichsvermögen zunächst ebenfalls in das Eigentum der Länder über; sie enthält allerdings diesen ausdrücklichen Vorbehalt des amerikanischen Militärregierungsgesetzes Nr. 19 nicht. Es ist aber wohl anzunehmen, daß dieser Vorbehalt nur deshalb nicht ausdrücklich aufgenommen ist, weil er der Sache nach als selbstverständlich betrachtet wurde.
Auf alle Fälle bedürfte es, um dieses frühere Reichsvermögen in das Eigentum des Bundes überzuführen, eines Bundesgesetzes. Dieses Bundesgesetz, das schwierige und komplizierte Voraussetzungen hat, ist bereits in Ausarbeitung. Ich darf aber darauf hinweisen, daß dieses Bundesgesetz, um in Kraft zu treten, der ausdrücklichen Zustimmung des Bundesrats, also der Länder bedarf. Dieser Hinweis wird genügen, um darzutun, daß der Bund und die Bundesregierung allein nicht in der Lage sind, dieses Problem der Überführung in Bundeseigentum heute schon zu lösen.
In der britischen Zone scheinen die Dinge zunächst anders zu liegen. In der britischen Zone ist die Verordnung Nr. 202 der Militärregierung vorhanden, die das Eigentum des Bundes an dem früheren Reichsvermögen grundsätzlich anerkennt, aber doch dieses frühere Reichsvermögen in die Verwaltung der Länder der britischen Zone stellt. Der Bund hat zwar ein Weisungsrecht; aber es ist selbstverständlich, daß sich unter den elf Ländern eine Art einheitlicher Praxis herausbildet und daß die elf Länder voraussetzen und annehmen, daß der Bund nicht nach dem Zufall — wenn ich so sagen darf - der Gesetzgebung der Militärregierungen zu starke Unterschiede macht. Alle elf Länder stehen infolge dieser nun einmal vorhandenen Gesetzgebung der Militärregierungen auf dem Standpunkt, dessen Richtigkeit sich wohl nicht bestreiten läßt, daß es zur Überführung des Eigentums auf den Bund eines gesetzlichen Aktes bedarf, der nach unserem Grundgesetz die ausdrückliche Zustimmung des Bundesrats nötig hat. Es dürfte auch nicht möglich sein, diese Schwierigkeit dadurch zu beheben, daß sich der Bund, solange er das Eigentum noch nicht hat, praktisch eine Verfügungsbefugnis durch Verordnung oder auf einem anderen Weg, sagen wir einmal, zu erwerben sucht. Ich glaube, wenn es zu einem Streitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht in einem solchen Falle käme, daß die Entscheidung nicht unbedingt sicher zugunsten des Bundes lauten würde.
Das ist die Situation, die zur Zeit gegeben ist.
Was nun die ehemaligen Munitionslager, Flugplätze usw. betrifft, so muß ich darauf hinweisen, daß dieses Vermögen, das früheres Wehrmachtsvermögen ist, unter der Vermögenskontrolle der Militärregierung nach Gesetz Nr. 52 steht.
Also, kurz gesagt: Erstens, um diese letztere Schwierigkeit zu beheben, ist ein Antrag bei den Hohen Kommissaren notwendig, dieses Gesetz Nr. 52 zum mindesten mit Rücksicht auf diese Vermögensarten aufzuheben, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Der Antrag ist schon seit langem vorbereitet und wird gestellt werden. Der Zeitpunkt ist nach bestem Wissen und Gewissen je nach Atmosphäre zu wählen.
Zweitens: die Gesetzgebung des Bundes wird angestrebt. Es war bisher das Bemühen, ein monatelanges Bemühen, zu einer vernünftigen und zweckmäßigen Vereinbarung mit den Ländern auf dem Weg der sogenannten Verwaltungsvereinbarung zu kommen. Ob diese Verwaltungsvereinbarung zustande kommt, muß sich in den nächsten Tagen entscheiden. Wenn die Verwaltungsvereinbarung nicht sofort zustande kommt, muß der Gesetzentwurf zur Überführung in das Vermögen des Bundes so rasch als möglich der gesetzgebenden Körperschaft vorgelegt werden. Es muß dann angestrebt werden, ein Einvernehmen zwischen Bundestag und Bunresrat herbeizuführen.
Zu Ziffer 2 betreffend Mittel des ERP-Plans habe ich mich persönlich nicht zu äußern. Ich darf sagen, daß wohl die Hoffnung besteht, speziell für Betreuung und Versorgung der Flüchtlinge Mittel zur Verfügung stellen zu können.
Was nun die in dem Antrag Drucksache Nr. 625 angeschnittene Frage der Bundesbürgschaft betrifft, so verweise ich zunächst darauf, daß in dem sogenannten Schwerpunktprogramm des 950 Millionenprogramms ja bereits 300 Millionen insbesondere für die Länder vorgesehen sind, die mit Flüchtlingen überlastet sind. Der Bund hat schon eine Erklärung gegenüber der Bank deutscher Länder abgegeben, daß er bereit ist, eine Bundesgarantie als letzte Rückendeckung für diesen Betrag von insgesamt 300 Millionen Mark zu übernehmen. Damit ist also schon eine Bundesbürgschaft in sehr beträchtlichem Betrage gegeben. Ich brauche nicht besonders darauf zu verweisen, daß, wie den ERP-Mitteln eine gewisse Grenze gesetzt ist, auch der Übernahme von Bürgschaften durch den Bund eine gewisse Grenze gesetzt sein muß, wenn nicht die Übernahme der Bürgschaft durch allzu großes Anschwellen der Bürgschaften im Einzelfall entwertet werden soll.
Was nun die Frage der steuerlichen Begünstigung betrifft, so haben wir uns ja gelegentlich der Beratung des Einkommensteueränderungsgesetzes über dieses Thema lebhaft unterhalten. Das Einkommensteuergesetz enthält Bestimmungen, die gewisse Kategorien — ich erinnere an den § 33 a, für die Heimatvertriebenen und Kriegsgeschädigten überhaupt - besonders berücksichtigen. Das ist in der Übergangszeit möglich. Ich mache aufmerksam: die Voraussetzung jeder Steuerbegünstigung muß der Natur der Sache nach sein, daß die Steuerbegünstigung wegen eines wirtschaftlichen Tatbestandes, in diesem Falle also wegen eines wirtschaftlichen Notstandes gegeben wird. Wenn wir den Weg zu einer großen und endgültigen Steuerreform finden, dann hoffe ich, daß wir auch zu dem Grundsatz rein und sauber zurückkehren werden und zurückkehren müssen, daß der wirtschaftliche Tatbestand, der Notstand und nicht die Zugehörigkeit zu einer Kategorie das wesentliche Merkmal für die Besteuerung und etwaige Steuerbegünstigung ist.
Was nun den letzten Punkt, die kommende Gesetzgebung zum Lastenausgleich, betrifft, so darf ich doch vielleicht darauf verweisen, daß der Gedanke, der hier ausgesprochen ist, ja schon im Gesetz über die Soforthilfe-Abgabe in dem Wort „Aufbauhilfe" enthalten ist. Und da ich gern von wirklichen Taten und Tatsachen rede und weniger von proklamatorischen oder rethorischen Dingen, so freue ich mich, feststellen zu können, daß meines Wissens es wieder möglich gewesen ist, aus den Mitteln des Soforthilfe-Fonds einen recht beträchtlichen Betrag für die Durchführung der Aufbauhilfe in diesen Tagen zu sichern.