Rede von
Josef
Arndgen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei den Beratungen über das Arbeitsbeschaffungsprogramm hat der Herr Bundeskanzler neben anderem mitgeteilt, daß rund 480 000 Kriegsgefangene in den letzten eineinhalb Jahren nach hier zurückgekehrt seien. Weiter ist von Regierungsseite schätzungsweise festgestellt worden, daß wir noch rund 1 700 000 Wehrmachtvermißte zu verzeichnen haben. Dabei soll mit ungefähr 400 000 Postverbindung bestehen. Zu diesen kämen noch 150 000 Zivilinternierte und noch rund 25 000 weibliche Wehrmachtangehörige. Am vergangenen Samstag, am 11. dieses Monats, ist eine Aktion zu Ende gegangen, die von deutscher Seite aus beabsichtigt, genaue Zahlen über alle diejenigen festzustellen, die sich noch irgendwie und irgendwo in Gewahrsam befinden. Wenn auch die endgültigen Ziffern heute noch nicht bekannt sind, so, glaube ich, wird diese Aktion mit dazu beitragen, daß endlich einmal die Wahrheit über die Anzahl derjenigen, die als vermißt gelten, und derjenigen, die sich noch sonst irgendwie in Gewahrsam befinden, ermittelt wird.
Die Anstrengungen aller deutschen Stellen, diese Menschen aus Unterdrückung und Schmach wieder in die Heimat zurückzuführen, sind uns bekannt. Doch mit diesen Bemühungen ist nur ein Problem in Kriegsgefangenenangelegenheiten angeschnitten. Das zweite Problem, das ebenso wichtig ist und vor dem wir stehen, ist die Wiedereingliederung der Heimkehrer in unser Gemeinschaftsleben. Die Heimkehrer haben einen erheblichen Teil der besten Jahre ihres Lebens verloren. Durch Arbeits-, Militär- und Kriegsdienst und dann durch jahrelange Gefangenschaft sind sie dem zivilen Leben entwöhnt. Sie haben vielfach kaum ein Berufs- oder Arbeitsleben kennengelernt. Daher ist das Problem der Wiedereingliederung dieser Menschen in unser ziviles Leben genau so wichtig wie das Problem der Heimführung. Gewiß haben die Länder durch
regionale Regelungen den Heimkehrern bisher nach Möglichkeit geholfen. Auch die Wohlfahrtsorganisationen des In- und auch zum Teil des Auslandes, das Rote Kreuz, die kirchlichen und sonstigen karitativen Verbände haben Hervorragendes in der Hilfe für die Heimkehrer geleistet, und ich glaube, daß der Bundestag Ursache hat, diesen Organisationen für die bisher geleistete Hilfe Dank zu sagen.
Meine Damen und Herren, die regionalen Regelungen der Länder sind in der Heimkehrerversorgung als ein Provisorium betrachtet worden, und der Bundestag hat sich bei Behandlung der Drucksachen Nr. 121 und 190 schon einmal eingehend mit den Heimkehrerproblemen beschäftigt.
Heute liegt nun dem Hohen Hause ein Gesetzentwurf der Regierung vor, der sich zum Ziel gesetzt hat, auf breiter Grundlage für das gesamte Bundesgebiet die Hilfeleistungen für entlassene Kriegsgefangene rechtlich zu regeln. Wir stehen vor der Aufgabe, in der Hilfeleistung für Heimkehrer etwas Endgültiges zu schaffen, und dabei muß der Regierungsentwurf genau überprüft und durchberaten werden. Es ist nun nicht meine Absicht, auf die einzelnen Paragraphen und Bestimmun gen des Regierungsentwurfs heute näher einzugehen; ich muß aber darauf aufmerksam machen. daß meine Freunde und ich eine Reihe von Wünschen zu diesem Gesetz anzumelden haben. Dabei sind einige Gedanken anzurühren, die in dem Entwurf nicht oder nicht präzise genug berücksichtigt wurden. Denn wenn wir schon eine endgültige Regelung schaffen wollen, denn muß auch versucht werden, all das, was notwendig erscheint, irgendwie in klare Bestimmungen hineinzubringen.
Da ist beispielsweise daran zu denken, daß Altersgrenzen, die für Berufseingliederung oder für Mitgliedschaften und Leistungen der Sozialversicherung und sonstiger Versicherungen vorgesehen sind, für Heimkehrer nicht in Geltung bleiben können. Da müssen weiter die Bestimmungen für Ausbildungs- und Studentenhilfe genauer gefaßt werden. Da darf weiter nicht vergessen werden, daß Heimkehrern, die Beamte sind. Gelegenheit gegeben werden muß, das Besoldungshöchstalter zu erreichen. Auch muß berücksichtigt werden, daß die Heimkehrer und einige Organisationen von Heimkehrern Wünsche geäußert und Vorschläge gemacht haben, die in diesem Gesetz berücksichtigt werden sollen. Ich will Ihnen diese Wünsche, die teilweise sehr stark von dem Regierungsentwurf abweichen, hier nicht im einzelnen vortragen; aber ich bin der Auffassung, daß die Ergänzungs- und Änderungswünsche, die wir haben, und die Vorschläge, die seitens der Heimkehrer an uns herangetragen wurden, eingehend durchgearbeitet und genau überprüft werden müssen.
Da meine Freunde und ich dieser Auffassung sind, stelle ich namens meiner Fraktion den Antrag, den Regierungsentwurf federführend an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen und gleichzeitig die Abschnitte III, IV und
V dem Ausschuß für Arbeit und den Abschnitt
VI dem Ausschuß für Sozialpolitik zu überweisen, damit diese drei Ausschüsse gleichzeitig in die Beratung des Entwurfs bezüglich der ihnen überwiesenen Abschnitte eintreten können und das Gesetz recht bald verabschiedet werden kann.