Rede von
Hermann
Aumer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie der Herr Kollege Rademacher bereits ausgeführt hat, hat das Hohe Haus bereits am 10. Februar 1950 beschlossen, dem Antrag der
DP Drucksache Nr. 384 zuzustimmen und damit eine Empfehlung an die Bundesregierung zu richten, den Preis für Benzin auf 53 Pfennig je Liter und für Dieseikraftstoff auf 38 Pfennig je Kilo festzusetzen. Seit diesem Zeitpunkt bis heute, bis zum 16. März, hat man zwar in den Zeitungen Verschiedenes darüber lesen können, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister Verhandlungen in dieser Angelegenheit pflegt. Auch hat der Herr Bundesfinanzminister sich wegen der ihm dadurch eventuell entgehenden Treibstoffsteuer in Höhe von 7 Pfennig geäußert. Jedoch hat man darüber hinaus von einer praktischen
Maßnahme der Bundesregierung, die einzig und allein die Öffentlichkeit interessieren würde, nichts mehr vernommen. An und für sich wurde doch von Anfang an von seiten des Herrn Bundeswirtschaftsministers daran gedacht, im Zuge der freien Marktwirtschaft Benzin und Dieselöl aus der Bezugsbeschränkung herauszunehmen und auch die Preise freizugeben. Umfangreiche Diskussionen haben hierüber im wirtschaftspolitischen Ausschuß und auch im Plenum stattgefunden. Die Ausführung dieses Gedankens des Herrn Bundeswirtschaftsministers wäre von meinen politischen Freunden und mir sehr begrüßt worden, und wir hoffen zuversichtlich, daß sie sich in kurzer Zeit doch noch verwirklichen läßt.
Es scheint nun wiederum die alliierte Seite zu sein, die der Bundesregierung mitgeteilt hat, daß sie sich mit der geplanten Freigabe der Dieselölbewirtschaftung zum 1. April nicht einverstanden erkläre und daß sie noch mehrere Einzelheiten über die Vorratslage bei Dieselöl und über die Auswirkungen einer derartigen Freigabe auf unsere Devisenbilanz zu wissen wünsche. Damit dürfte die Freigabe erneut bis zum 1. Mai auf jeden Fall hinausgezögert sein. Wahrscheinlich beabsichtigen die Alliierten dann aus den Erfahrungen, die nach der Freigabe des Dieselöls im Laufe weiterer Monate gemacht werden, zu ersehen, ob sie einer Benzinfreigabe zustimmen können. Dazu muß gesagt werden, daß zwischen den Verbrauchern von Dieselöl und Benzin ein sehr erheblicher Unterschied besteht und es eigentlich nicht einzusehen ist, warum nicht auch das Benzin freigegeben werden soll. Die in den Zeitungen hierfür genannten Gründe erscheinen mir nicht ganz einleuchtend. Es dürfte wohl unter Umständen auch auf der alliierten Seite noch einige Gründe geben, die hier nicht erwähnt werden. Wenn nun aber Benzin und Dieselkraftstoff freigegeben werden, so ist es doch selbstverständlich, daß man dann andererseits keine Festpreise dafür festsetzen kann. Diese Festsetzung — bei 53 und 38 Pfennig — würde bedeuten, daß zwar der Benzinpreis für die deutsche Produktion ausreichend wäre, der Gasölpreis aber nicht. Nach den von mir eingeholten Erkundigungen wäre ein solcher von 41 Pfennig je Liter in diesem Fall notwendig. Wenn eine Preisfreigabe auf dem gesamten Mineralölsektor, nicht nur an der Pumpe allein, erfolgt, würde der niedrigere Gasölpreis auch von der deutschen Erdölindustrie getragen werden können.
Damit würde auch eine Umwandlung der Ausgleichszahlungen in ein echtes Preisgefüge stattfinden können, die eine Preiseinbuße tragbar erscheinen lassen. Über diese Ausgleichsbeträge, die auch hier im Hause immer wieder als Subventionen bezeichnet werden, ist in der Öffentlichkeit in großem Umfang eine falsche Meinung entstanden. Ich halte es daher für notwendig, dazukurz einmal Stellung zu nehmen.
Die deutschen Rohölpreise, die über 10 Jahre lang unverändert geblieben waren, wurden am 15. September 1948 von der Verwaltung für Wirtschaft um rund ein Drittel erhöht und das Rohöl selbst in drei Qualitätsgruppen eingeteilt. Es handelte sich bei dem diesbezüglichen Preiserlaß Nr. 155/48 um eine Preisfestsetzung und nicht um eine Höchstpreisfestsetzung. Von den Verarbeitern, also den Raffinerien, wurden diese neuen Preise den Erdölproduzenten von dem erwähnten Stichtag an gezahlt, jedoch wurde es den Raffinerien nicht gestattet, die Preiserhöhung ihrerseits auf die Verbraucher abzuwälzen. Die Raffinierie erhielt jedoch im Umfang der erhöhten Rohölpreise eine Ausgleichszahlung aus einem bei dem Zentralbüro gebildeten Fonds, der seinerseits aus den nicht erhobenen Zöllen gespeist wurde. Daraus geht hervor, daß es sich hier nicht um eine Subvention der Erdölindustrie handelt, sondern um eine echte Preiserhöhung. Durch die Gruppeneinteilung wurden auch die Leistungen der besseren und schlechteren Betriebe berücksichtigt.
In der Zwischenzeit haben sich verschiedene Parlamentsausschüsse, insonderheit der von Niedersachsen, mit diesen Ausgleichszahlungen befaßt. Als Ergebnis dieser Diskussionen wurde der deutschen Erdölindustrie von der Verwaltung für Wirtschaft mitgeteilt, daß die Ausgleichszahlungen zwar auch in Zukunft geleistet werden sollten, jedoch nunmehr über den Staatsetat laufen würden. Es ist hier einzufügen, daß die Überschüsse des Zentralbüros bereits seit 1945 von der Finanzverwaltung abgeschöpft worden sind. Seit dem Oktober des vorigen Jahres wurden entgegen der vereinbarten Regelung an die Raffinerien keinerlei Ausgleichszahlungen mehr geleistet. Erst in der letzten Zeit hat der Herr Bundeswirtschaftsminister sich bereit erklärt, 50 Prozent dieser Ausgleichszahlungen allerdings mit Rückforderungsrecht zu gewähren.