Meine Damen und Herren! Nachdem so unendlich viele demokratische Sonnen um die große sozialdemokratische Sonne herumgekreist sind, gestatten Sie mir, bei der Beratung dieses Antrages der SPD mit unseren diesbezüglichen Vorschlägen hervorzutreten.
Dieser Entwurf eines Gesetzes gegen die Feinde der Demokratie erscheint uns in manchen Punkten außerordentlich verwerflich, in anderen Punkten vorzüglich; wir haben ähnliche Gedanken bereits bei uns erörtert.
-- Wir brauchen uns nicht vor unseren Freunden zu schützen. Ich möchte aber Ihnen, Herr Dr. Greve, nur einmal die folgende Frage vorlegen: In § 5 des Entwurfs, an dessen Fassung Sie ja sicher nicht ganz unmaßgeblich beteiligt waren
-- so, dann habe ich mich geirrt —, steht:
Wer sich an einer Verbindung beteiligt oder sie fördert, die darauf ausgeht, aus Feindschaft gegen die Demokratie die Freiheit der anderen anzugreifen, wird mit Gefängnis nicht unter 6 Monaten bestraft, wenn sich der Angriff gegen die in den Artikeln 3, 4 und 5 des Grundgesetzes gewährleisteten Rechte richtet.
Artikel 5 des Grundgesetzes beinhaltet die Freiheit der Rede, und es heißt dort:
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern.
Ich frage nun die- Herren Antragsteller -- sie wollen sich ja sicher nicht als „Feinde der Demokratie" bezeichnen lassen —: wie geht man mit denen um, die als vermeintliche „Freunde der Demokratie" zum Beispiel die Freiheit der Rede dadurch zu beeinträchtigen suchen, daß sie durch Inszenierung von Saalschlachten und Prügeleien die Ausübung der freien Rede durch politische Gegner verhindern?
Ich möchte hier nur, da so viel von den Feinden von rechts geredet worden ist, mit denen man zweifelsfrei auch meine Fraktion gemeint hat, auf folgendes hinweisen.
-- Herr Dr. Greve, nennen Sie uns einen einzigen Fall, in dem meine politischen Freunde in irgendeiner Art und Weise, sei es durch Inszenierung von Radau, sei es durch Anwendung von Gewalt, Ihnen das Recht zu nehmen versucht hätten, Ihre Meinung frei zu äußern! Sie können mir keinen solchen Fall nennen.
Es blieb Ihrer Partei vorbehalten, die erste Saalschlacht nach 1945 zu liefern.
Und ich .möchte außerdem nicht verheimlichen, daß sich gerade in der letzten Zeit die Fälle immerhin beachtlich mehren -- sie gewinnen Bedeutung durch die gleichzeitige Abgabe von Stellungnahmen Ihres Vorstandes -- in denen man versucht, mit der Organisation von Terror und mit Gewaltakten einen politischen Gegner, mit dem man sich durchaus in sachlicher Rede auseinandersetzen kann,
an der Ausübung dieser freien Rede zu hindern.
Ich möchte Ihnen, meine Herren Antragsteller von der Linken, nur folgenden Rat mitgeben.
— Das ist Ihre subjektive Auffassung, ob ich der geeignete bin; viele erachten mich als geeignet. —
Wie wäre es, wenn Sie bedächten, daß es doch ganz schön wäre, wenn Sie hier einen Passus einbauen würden, der terroristische Handlungen und die Androhung von solchen, seien sie gegen Behörden, Parlamente, Organisationen oder Einzelpersonen gerichtet, unter besondere Strafe stellte.
— Nein, es ist nicht ganz so drin, wie wir es gern sehen würden.
Es mehren sich die Fälle — das können Sie als
Begründung bringen —, wo man durch Androhung und Veranstaltung von Tumulten, Gewalttätigkeiten, Streiks usw. erpresserischen
Druck auf politische Gegner auszuüben versucht.
Wir müssen unter allen Umständen verhindern,
— Herr Greve, Sie wiesen in Ihrer Rede ja darauf hin —, daß Zustände im politischen Kampf, wie sie zwischen 1918 und 1933 gang und gäbe waren, die Zustände des politischen Faustrechts, wieder bei uns Platz greifen. Wir müssen auch ganz entschieden aufpassen,
daß zum Beispiel der Bundestag kein Bundestag mehr ist, sondern eine Kaschemme wird, in der man sich schlägt, und zwar kolonnenweise gegen einzelne.
— Wir waren doch so lange friedlich. Warum wollen wir nicht auch die letzten drei Minuten friedlich bleiben.