Rede von
Arthur
Mertins
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der einmütigen Haltung der Mehrheit dieses Hauses gegen jede soziale Verbesserung des vorliegenden Gesetzes
scheint es mir außerordentlich schwierig zu sein, diesen Antrag der sozialdemokratischen Fraktion zu begründen. Wenn ich den Mut dazu finde, dann nur aus dem einfachen Grund, weil ich glaube, daß es sich bei diesem Teil der Bevölkerung, der hier angesprochen wird, um Menschen
handelt, die selbst bei Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Rechten, vielleicht soviel, sagen wir einmal, Entgegenkommen finden werden, daß Sie sich vielleicht doch überwinden können, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben.
-- Sie haben ganz andere Wahlreden gehalten und halten das heute nicht, was Sie damals versprochen haben, meine Herren!
Es handelt sich um unseren Antrag zu Artikel I Ziffer 18 des vorliegenden Gesetzentwurfs, der Ihnen in der Drucksache Nr. 641 unter Ziffer 5 vorliegt. Der Sinn dieses Antrages ist, die Spätheimkehrer mit den Vertriebenen und politisch Verfolgten in bezug auf Freibeträge für besondere Fälle gleichzustellen. Nach unserem Antrag würde dann der § 33 a Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes folgendermaßen lauten:
Bei Flüchtlingen, Vertriebenen und politisch Verfolgten, Personen, die nach dem 1. Januar 1949 aus Kriegsgefangenschaft heimgekehrt sind , sowie bei Personen, die den Hausrat und die Kleidung infolge Kriegseinwirkung verloren haben,
und so weiter.
Meine Damen und Herren! Wir sind der Ansicht, daß diese Heimkehrer ein Recht auf Wiedergutmachung haben. Sie sind gegen alles Völkerrecht und sogar entgegen der klaren Vereinbarung der Alliierten unter sich zurückgehalten und zum großen Teil sogar ausgebeutet worden. Nach ihrer Rückkehr in das Vaterland sind sie besonders benachteiligt, da vielfach ihr Arbeitsplatz noch besetzt ist und sie längere Zeit auf Arbeit warten mußten oder noch müssen. Sie haben zum Teil gesundheitliche Schäden erlitten, die sie hindern, ihre volle Arbeitskraft in den Wettbewerb einzusetzen, und sie haben auch vielfach einen sehr großen Nachholbedarf an Kleidung und Hausrat, weil sie oft ein ganzes Jahrzehnt in der Gefangenschaft bzw. im Kriege waren.
Meine Fraktion hat schon am 14. Oktober 1949 durch die Einbringung eines Antrages unter Drucksache Nr. 118 betreffend einheitliche Regegelung der Heimkehrerbetreuung dieser Menschen gedacht. Dort heißt es in Ziffer 9:
Im Rahmen der Steuergesetzgebung sind den Heimkehrern Vergünstigungen zu gewähren, die ihnen die Eingliederung in das wirtschaftliche Leben erleichtern.
Diesem Antrag haben Sie, meine Damen und Herren, damals zugestimmt, und ich wüßte nicht, was Sie heute hindern sollte, unserem jetzigen Antrag auch zuzustimmen. Der Antrag, den wir damals stellten, ist weitergehend als der heutige, da er alle Heimkehrer erfaßt und da die Vergünstigungen in ihm auch weitergehend sind. Wenn wir uns heute auf diesen Ihnen vorliegenden Antrag beschränken, dann nur deshalb, weil wir im Ausschuß gesehen haben, wie kaltblütig der Herr Finanzminister und auch die Mehrheit, die hinter ihm steht, alle derartigen Anträge abgelehnt haben. Wir wollen retten, was noch zu retten ist. Geben Sie diesen Ärmsten der Armen Gerechtigkeit!