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ID0104502400

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    Vokabeln: 7
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    5. Herr: 1
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    7. Pelster.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. März 1950 1507 45. Sitzung Bonn, Freitag. den 3. März 1950. Geschäftliche Mitteilungen 1507C Einspruch des Abg. Seuffert gegen seinen Ausschluß in der 41. Sitzung (Drucksache Nr. 644) 1507D Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksachen Nr. 623, 566 und 317); Anträge (Drucksachen Nr. 640, 641) 1508A Dr. Koch (SPD) 1508A, 1531A, 1536C, 1545C Rische (KPD) 1516A, 1542B Loritz (WAV) 1520B, 1549A Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . . 1521D Dr. Besold (BP) 1524A Seuffert (SPD) 1524D, 1534D, 1536D, 1537A, B, 1542D, 1543A, 1544D, 1548A, 1550A Dr. Bertram (Z) 1527C, 1537A, C, . . . . . . . 1543A, 1546A, 1549B Neuburger (CDU) 1529C, 1541C, 1545B, 1548B, D Pelster (CDU) 1532D, 1541D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1535B, 1539A, 1540B, 1545D Freudenberg (FDP) 1538A Mertins (SPD) 1538B, .1540D Bazille (SPD) 1539A Renner (KPD) . . 1539B, 1544A, 1547B Höfler (CDU) . .. . . . . . 1540A Wönner (SPD) 1542B Dr. Greve (SPD) 1543B Dr. Oellers (FDP) 1545C Meyer (Bremen) (SPD) 1546D Dr. Wellhausen (FDP) 1547C Interpellation der Abgeordneten Dr. Vogel, Ollenhauer, Mende u. Gen. betr. Kopenhagener Wellenplan (Drucksache Nr. 611) 1550A Dr. Vogel (CDU), Interpellant . . . 1550B Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . 1552C Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Drucksache Nr. 649) . . . . . . 1554A Nächste Sitzungen 1554A Die Sitzung wird um 14 Uhr 10 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Dr. Harald Koch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sorgen Sie sich bitte nicht, daß ich etwa Teile von dem, was ich vorhin gesagt habe, in Erwiderung auf das, was meine Herren Vorredner ausgeführt haben, wiederholen wollte. Ich möchte nur auf einige ganz wenige Punkte dessen eingehen, was von meinen Herren Vorrednern vorgetragen wurde.
    Der Herr Kollege Dr. Höpker-Aschoff hat mich zu der ersten Erklärung, die ich abgegeben habe, auf den § 100 der Geschäftsordnung hingewiesen. Wir haben nicht bezweifelt, daß die zweite Sitzung am vergangenen Freitag ordnungmäßig einberufen worden ist. Sie ist aber keineswegs ordnungsmäßig eröffnet worden, und wir hatten das Gefühl, als ob der Herr Präsident selbst nicht einmal genau wußte, ob es sich um eine unterbrochene Sitzung oder um eine ganz neue Sitzung handelte.

    (Zustimmung links.)

    Außerdem ist in dieser Sitzung unser Sprecher so häufig an der Geltendmachung der Anzweiflung der Beschlußfähigkeit gehindert worden,

    (Lachen und Zurufe bei den Regierungsparteien)

    daß man schon aus diesem Grunde von einer ordnungsmäßigen Durchführung dieser Sitzung nicht sprechen kann.
    Der Herr Kollege Dr. Höpker-Aschoff -- man hat richtig bemerken können, mit welcher inneren Befriedigung er unseren Tarif mit dem Tarif der russischen Zone verglich -- hat auf den Tarif der russischen Zone hingewiesen. Wir haben daran nichts auszusetzen. Aber ich erinnere mich einer Zeit, in der auch den Regierenden nichts anderes übrigblieb, als immer wieder Vergleiche mit Rußland anzustellen. Über diese Zeit sollten wir doch hinaus sein. Wir haben uns insbesondere auf den Vergleich mit den englischen Verhältnissen beschränkt, und da brauche ich den Zahlen. die ich vorhin genannt habe, . nichts hinzuzufügen.
    Ich möchte auch meinen Ausführungen nichts hinzufügen, die sich mit dem beschäftigten, womit nachher der Herr Kollege Neuburger hier sich noch einmal auseinandersetzte. Ich möchte nur sagen: wir können nicht Nominallöhne mit Nominallöhnen vergleichen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir können nicht Nominallöhne aus 1926 oder
    1937 zum Vergleich mit den Nominallöhnen im
    Jahre 1950 heranziehen. Wir können auch die
    Steuerbelastung nicht in der Form miteinander 0 vergleichen, wie es hier geschehen ist. Dabei möchte ich nur noch auf das eine hinweisen, worauf ich schon vorhin hingewiesen habe, daß nach dem bekannten Jecht -Gutachten die kleinen Einkommen- und Lohnempfänger in Deutschland fünfmal soviel Steuern schon vor dem Kriege zu zahlen hatten wie in England.

    (Zuruf von der CDU: Dann müssen Sie Engländer werden!)

    Der Herr Kollege Dr. Höpker-Aschoff hat dann gesagt, Investitionen seien kein Selbstzweck. Das ist ein sehr großes und gutes Wort. Investitionen sollen kein Selbstzweck sein. Wir haben aber gerade bei dieser Regierungsvorlage das Gefühl. als ob hier aus den Investitionen und aus der Selbstfinanzierung ein Selbstzweck gemacht würde.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wir können unter keinen Umständen dem zustimmen, daß neben den erheblichen Tarifsenkungen, die Sie beschließen wollen, noch die §§ 10 a und 32 a bestehen bleiben; denn das würde eine Kumulierung der Steuervergünstigungen bedeuten, die weit fiber das erträgliche Maß hinausgeht. Der Herr Bundesfinanzminister bezieht sich so gern auf die Ausführungen der Länderfinanzminister jedenfalls bei der Beratung dieses Gesetzes. Ich bitte. mir zu erlauben. einmal die Ausführungen des Herrn Finanzministers von Hessen, nämlich des Herrn Dr. Hilpert, hier bekanntzugeben, der bei der Beratung im Bundesrat folgendes gesagt hat:
    Nun ist es natürlich sowohl vom Standpunkt der Veranlagung wie aber auch vom finanziellen Standpunkte aus gesehen unmöglich, auf der einen Seite das ganze Maß der Bewertungsfeinheiten und Ausweichmöglichkeiten des gut beratenen Steuerpflichtigen aufrechtzuerhalten
    —§ 10a und §32a--
    und auf der anderen Seite noch den Tarif zu senken
    Das ist genau dasselbe, nur mit etwas anderen Worten, was der Herr Kollege Seuffert 7u den Tarifsenkungen im Verhältnis 7U den §§ 10 a und 32 a gesagt hat. Aus diesem Grunde lehnen wir unsere Zustimmung zu den §§ 10 a und 32 a ab.
    Ich verweise noch einmal auf das. was der Herr Direktor Abs zur Kapitalbildung und zur Selbstfinanzierung gesagt hat. Der Herr Kollege Höpker-Aschoff hat mich hier zum zweiten Mal mißverstanden. Ich habe das Wort Unternehmer überhaupt nicht gebraucht, genau so wenig, wie ich es seinerzeit im Ausschuß gebraucht habe. Ich habe größte Hochachtung vor jedem unternehmerischen Menschen und suche diesen unternehmerischen Menschen in allen Kreisen der Bevölkerung ohne Rücksicht auf Einkommen und Steuerpflicht. Aber, Herr Kollege Höpker-Aschoff, wir haben eine solche Hochachtung vor Ihrem Denken, daß wir uns gar nicht vorstellen können, daß Sie so primitiv denken, daß es außer der freien Wirtschaft nur noch die Zwangs- und Staatswirtschaft gibt.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Wir denken, wenn wir von einer gelenkten oder einer geplanten Investition sprechen, nicht an all die Reminiszenzen aus der Zeit der Zwangswirtschaft. Wir denken nicht an eine absolute staatliche Zwangslenkung. Wir suchen einen gesunden
    1532 Deutscher Bundestag -- 45. Sitzurig. Bonn, Freitag, den 3. März 1950

    (Dr. Koch)

    Mittelweg. Ich darf in diesem Zusammenhang auf das verweisen, was unser Kollege Professor Schmid in seinen Ausführungen zur Regierungserklärung gerade über diesen Punkt gesagt hat.
    Sie haben das Risiko erwähnt, das die Unternehmer haben, die ihr Geld anlegen und verlieren und so eine höhere Verantwortung tragen als andere. Ich meine, wir sollten doch daran denken, daß dem Unternehmer, wenn er sein Geld verloren hat, in aller Regel noch so viel übrigbleibt, daß er davon leben kann. Das sagte neulich ein Unternehmer aus meinem Wahlkreis, als er um ein Darlehn einkam. Er brachte diesen Gedanken, indem er sagte: Es handelt sich ja nicht um mich, es handelt sich um meine Arbeitnehmer; wenn ich dieses hohe Darlehn nicht bekomme, muß ich einen Großteil dieser Arbeitnehmer entlassen; ich habe immer noch so viel, daß ich sehr anständig davon leben kann, aber was machen dann diese armen Menschen?
    Wir sollten auch nicht vergessen, daß die Fehlinvestitionen, wenn sie auf dem Wege über diese Kapitallenkung erfolgen, wie die Regierungsvorlage sie will, nicht nur dem Unternehmer verlorengehen, sondern daß damit wieder eine ganze Menge Arbeitskräfte freigesetzt werden.
    Der Herr Kollege Höpker-Aschoff hat noch einmal die ganze Klaviatur der freien Wirtschaft durchgespielt, ohne daran zu denken, daß wir ja auch hier in der Regierungspolitik nicht mehr von freier Wirtschaft sprechen, sondern von einer sogenannten sozialverpflichteten Marktwirtschaft. Ich glaube aber nicht, daß es angebracht wäre, sich jetzt noch einmal mit dieser neuen Wirtschaftsform auseinanderzusetzen.
    Der Herr Kollege Höpker-Aschoff hat meine Zahlen angezweifelt. Das hat mich natürlich am meisten bekümmert. Ich habe davon gesprochen, daß bei einem Jahreseinkommen von 1200 Mark die Steuerermäßigung 0,75 Prozent — und nun bitte ich aufzupassen -- des Einkommens betrage. Ich habe versucht, Ihnen das noch klarzumachen, Herr Höpker-Aschoff, während Sie Ihre Ausführungen machten — aber auf diesen Zwischenruf sind Sie nicht eingegangen --, damit Ihnen die Möglichkeit bliebe, das Weitere auszuführen. Ich nenne diese Zahlen noch einmal; denn sie sind für diese Regierungsvorlage grundlegend. Bei einem Einkommen von 1200 D-Mark im Jahr beträgt die Steuerermäßigung noch nicht einmal 1 Prozent vom Einkommen.

    (Abg. Neuburger: Nein! Bei 1200 D-Mark ist Steuerfreiheit gegeben!)

    Herr Kollege, ich erinnere Sie an die Tabelle B, wie ich es schon vorhin getan habe. Bei einem Einkommen von 2 400 D-Mark beträgt die Steuerermäßigung noch nicht einmal 2 Prozent vom Einkommen, während sie bei einem Einkommen von 60 000 D-Mark 20 Prozent beträgt.

    (Hört! Hört! rechts.)

    In diesem Zusammenhang ist schon einmal ein Sprichwort gebraucht worden. Ich möchte dieses Sprichwort um ein weiteres ergänzen, das auf diese ganze Vorlage zutrifft: „Wer da hat, dem wird gegeben!" Oder lassen Sie es mich in meiner plattdeutschen Heimatsprache — und damit bleibe ich noch parlamentarisch — so ausdrücken: „De Düwel schitt up den hohen Barg", womit ich nicht gesagt haben möchte, daß der Finanzminister dieser Düwel ist.
    Der Herr Kollege Neuburger hat sich mit unseren Argumenten nicht so sehr auseinandergesetzt.

    (Abg. Neuburger: Er hat es auch nicht gewollt!)

    — Er hat es auch nicht gewollt. Er ist lediglich von der Grundkonzeption dieses Gesetzes ausgegangen -- wie er sagte —, um zu erklären, daß alle unsere Abänderungsanträge mit dieser Grundkonzeption nicht in Einklang zu bringen seien. Aber gerade diese Grundkonzeption ist es ja, die wir anfechten und die wir für absolut falsch halten. Auch wir, Herr Kollege Neuburger, sind gegen die verschwenderischen Spesenausgaben, wie wir schon gesagt haben. Aber wir wollen diesen Ausgaben nicht dadurch zu Leibe gehen, daß wir die Steuern senken, sondern dadurch, daß wir nach anderen Wegen suchen. Wir haben dem Herrn Finanzminister dazu die verschiedensten Vorschläge gemacht.
    Mit keinem Wort ist der Herr Kollege Neuburger auf die sozialen Notwendigkeiten eingegangen, von denen wir gesprochen haben.

    (Abg. Neuburger: Das ergibt sich ja aus der Gegenüberstellung!)

    Wir haben nach seinen Ausführungen beinahe das Gefühl, als ob es Schäden tatsächlich nur in der Wirtschaft gäbe und als ob es nicht Millionen von Kriegsbeschädigten und anderen gäbe, die in diesem Krieg alles verloren haben. In diesen Tagen weilt hier in dieser Stadt ein Mann, dessen Name wir alle immer mit der höchsten Hochachtung und der größten Dankbarkeit nennen sollten: Victor Gollancz. Gollancz hat sich nach einer Mitteilung der „Neuen Zeitung" zu den großen sozialen Niveauunterschieden in Deutschland geäußert, die durch dieses Gesetz noch vertieft werden. Darüber wird berichtet:
    Der britische Publizist und Verleger Victor Gollancz erklärte bei seinem Besuch in Nürnberg, die Lebenslage der Kriegsbeschädigten habe sich zwar seit seinem letzten Besuch überraschend verbessert, —

    (Zuruf von der CDU: Na also!)

    die Lage der notleidenden deutschen Bevölkerung sei jedoch ungleich schlechter als die der gleichen Kreise in England. Dagegen hat er
    — so meint Gollancz
    schon in den wenigen Stunden seiner Anwesenheit feststellen können,
    — nun kommt das Wesentliche —
    daß der Lebensstandard der sogenannten oberen Schichten in Deutschland wesentlich besser sei als in seiner Heimat.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Darin sehe er eine nicht zu unterschätzende innerpolitische _Gefahr.
    Auf diese großen sozialen Unterschiede kommt es an. Um dieser großen sozialen Unterschiede willen haben die Gewerkschaften in ihrer Stellungnahme ihre Stimme erhoben, und ich betone noch einmal: der Tarif wird der Maßstab sein, an dem Ihre Handlungen gemessen werden.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Pelster.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Georg Pelster


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um das Zu-
    Deutscher- Bundestag -- 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. März 1950 1533

    (Pelster)

    standekommen dieses Gesetzes haben wir uns seit Wochen bemüht und in ernster Arbeit von morgens früh bis spät abends, bis in die Nachtstunden hinein verhandelt. Wir haben versucht, auch Fühlung mit den Herren des. Bundesrats zu nehmen. Diese Arbeit wird nun in einer Weise herabgewürdigt, als wenn sie nichts und wiederum gar nichts wäre. Ich möchte dem Herrn Kollegen Loritz nur sagen, wenn wir den Zehnten auch bei den unteren Einkommen erhöben, dann hätten wir verdient, von diesen unteren Einkommensschichten gesteinigt zu werden.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Die haben wir gerade von der Belastung weithin freigestellt. Ich möchte weiter sagen, daß wir bisher eine Freigrenze von 1374 D-Mark hatten, die wir auf 1530 D-Mark erhöht haben. Ich möchte weiter sagen, daß wir die kleineren Einkommen nicht mit 20 bis 25 Prozent, sondern daß wir die Einkommen bis zu 600 D-Mark im Monat mit 2,5 — ich komme gleich darauf zurück — bis 3,6, bis 5,2 Prozent bloß belasten. Wenn Einkommen darüber hinausgehen, dann bin ich schon der Meinung, daß angesichts der gewaltigen Not, in der wir stecken, angesichts der gewaltigen Lasten, die wir, wie der Herr Kollege Koch sagte, für Kriegsgeschädigte usw. tragen müssen, auch diese Schichten in etwa zur Aufbringung dieser Lasten mit herangezogen werden müssen.
    Ich möchte dann auch noch des weiteren sagen, daß diese Steuer eine Ländersteuer ist; die Länder haben diese Steuer zu bekommen und müssen mit diesen Steuern zum allergrößten Teil soziale Verpflichtungen erfüllen.

    (Sehr richtig!)

    Nur zum geringsten Teil können sie verwertet werden, um kulturelle Aufgaben zu erfüllen. Die Länder sind verpflichtet, 80 Prozent der Wohlfahrtslasten, der Fürsorgelasten, die in den Gemeinden entstehen, aus ihren Mitteln wieder an die Gemeinden zurückzuerstatten. Wenn wir diesen Ländern die Steuerquellen allzu stark beschneiden, — —

    (Zuruf von der SPD: Das tun Sie ja!)

    — Meine Herren, Sie nennen sich doch Demokraten, Sozialdemokraten;

    (Abg. Arnholz: Wir sind es sogar!)

    dann möchte ich Sie doch bitten, mich ausreden zu lassen und still anzuhören, wie auch wir Ihre Redner angehört haben.

    (Beifall bei der CDU. — Zurufe links.)

    Von dem Herrn Kollegen Bertram sind die Tabellen angezogen worden; da wäre es auch richtig gewesen, sie richtig zu lesen!

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Wenn er bei Einkommen bis 1500 D-Mark 46 DMark im Gegensatz zu 25 D-Mark setzt, dann mag er die Überschrift dieser Tabelle lesen, sie heißt: „je Steuerfall". Also alle Steuerfälle durcheinander gerechnet, dann könnte es so sein! Wenn wir aber diese Fälle auch wieder je Steuerfall nehmen, dann kann ich Ihnen sagen, daß Einkommen bis zu 3000 D-Mark 1925 25,9 Millionen aufgebracht haben und nach dem Vorschlag der Regierung, der noch verbessert worden ist — nur nach dem Vorschlag der Regierung vor Beginn der Abänderungen —, bloß 17 Millionen D-Mark.
    Ferner ergibt sich bei den weiteren Freigrenzen bei einem Einkommen von 4000 D-Mark nach den Vorschlägen der Gewerkschaften nur eine Belastung von 23. Millionen, während nach den Ergebnissen der Ausschußberatungen 27 Millionen DMark in Frage kommen. Soweit sind wir also nicht auseinander. Wenn wir das nehmen, was herausgearbeitet worden ist, dann sind wir uns doch im ganzen Haus darüber klar, daß das A und O die Versorgung unserer Wirtschaft mit Kapital ist. Wir müssen auch zu unserem Teil tun, was wir tun können, um Kapital zu bilden. Fest steht — das wird auch im ganzen Haus nicht bestritten —, daß uns der Juni-Tarif eine zwanzigprozentige Senkung der Lohnsteuern gebracht hat, während die höheren und mittleren Einkommen nicht daran teilhatten. Tatsache ist, daß jetzt die Steuerlasten roh gerechnet in den unteren Einkommenstufen 16 Prozent gesenkt werden, steigend bis zu 25 Prozent und dann wieder abfallend, so daß in den höchsten Stufen es bei den alten Steuersätzen bleibt. Tatsache ist, daß wir den Betrag der Sonderausgaben von 26 D-Mark auf 39 D-Mark erhöht haben; und es ist mir doch aus Ihren Reihen gesagt worden: wir sind eigentlich dagegen.

    (Hört! Hört! in der Mitte:)

    Ja, das beträgt bloß die Kleinigkeit von 60 bis 70 Millionen D-Mark, die den Arbeitnehmern durch die Erhöhung von 26 auf 39 an Steuerminderung zufließen. Das ist doch auch schon etwas.
    Es ist weiter von uns durchgesetzt worden, daß der Arbeitnehmer, der das Unglück hat, daß seine Frau verstirbt, jetzt, sobald er das 50. Lebensjahr erreicht hat — und das ist das Alter, wo gewöhnlich seine Kinder nicht mehr steuerbegünstigt sind —, trotzdem in Steuerklasse II bleibt, während er sonst wieder als Lediger nach Steuerklasse I besteuert wurde. Das ist ein wesentlicher Vorteil. Es wurde besonders in den Arbeitnehmerschichten bitter empfunden, daß zu dem großen Unglück des Verlustes der Ehefrau auch noch die Bestrafung kam, daß er dann in Klasse I hinein sollte. Auch das muß ein klein wenig berücksichtigt werden.

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Wir haben weiter bei dem ledigen Arbeitnehmer die bisherige Grenze des 65. Lebensjahres — das ist die Grenze des Rentneralters. wo er also Invalidenrente beziehen kann, im Falle der Weiterarbeit erst von Klasse I in Klasse II kommt — auf das 60. Lebensjahr heruntergesetzt.
    Wir haben weiter eingefügt, daß Heiratsbeihilfen bis zu 500 D-Mark steuerfrei bleiben; daß hei Geburtsbeihilfen, soweit sie gewährt werden, bis zu 300 D-Mark steuerfrei bleiben; daß Sonderzahlungen aus irgendeinem Anlaß — Jubiläumszahlungen oder Zahlungen aus sonstigen besonderen Anlässen — auf Grund einer Rechtsverordnung ganz oder teilweise steuerfrei bleiben sollen.
    Sie haben gesagt: wir wollen den Ärmsten der Armen helfen. Wir haben den Pauschalbetrag in § 33 a eingebaut mit 40 D-Mark für den Ledigen pro Monat — 480 im Jahr — 50 D-Mark für den Verheirateten pro Monat — 600 im Jahr —, darüber hinausgehend mit 60 D-Mark pro Monat — 720 D-Mark im Jahr —, darüber hinausgehend vom dritten Kinde an jährlich 60 D-Mark und für jedes weitere Kind ebenfalls


    (Pelster)

    GO D-Mark; dazu soll dann -- darüber haben wir ja zu befinden — im übersteigenden Fall ebenfalls noch Entgegenkommen gezeigt werden
    Meine sehr Verehrten, das ist im großen und ganzen doch immerhin schon etwas.
    Nun möchte ich Ihnen sagen, wie die Belastung ist. Nach dem Kriege hatten wir Bruttoeinkommen des Lohnempfängers bis 2200 Mark mit 183,30 Mark, das heißt mit 1,7 Prozent belastet, jetzt noch mit 0,4 Prozent des Einkommens.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Wir hatten 3200 Mark mit 4,6 Prozent belastet, jetzt haben wir 2,7 Prozent. Wir hatten bei 4200 Mark 10,4 Prozent Belastung. jetzt belasten wir es noch nach unserem Vorschlag, ohne daß die Feinheiten, die ich eben vorgetragen habe. berücksichtigt sind, mit 3.6 Prozent. Und wenn Sie 5200 Mark nehmen, dann wurde dieses Einkommen — das sind 433 Mark im Monat —1946 mit 16,1 Prozent Einkommensteuer belastet, heute noch mit 6,8 Prozent. Das sind also wesentliche Verbesserungen, die dort eingetreten sind. Wenn wir dann die Einkommen mit 7200 Mark jährlich — 600 Mark monatlich -- nehmen, dann hatten wir 1946 25 Prozent und heute noch 121/2 Prozent Steuern zu zahlen. Darüber hinaus steigen die Beträge an, besonders wenn die Vorkriegsbelastung von 1925 dazu genommen wird; das ist eine Selbstverständlichkeit. Dagegen sind die höheren Einkommen wesentlich stärker erfaßt worden, was ja unbedingt notwendig ist.
    Wenn Sie aber sagen. wir hätten die Gewerkschaftsforderungen völlig in den Wind geschlagen. dann trifft auch das nicht zu. Auch mir sind sie zugegangen, da ich nun auch seit meinem 15. Lebensjahr in der deutschen Gewerkschaftsbewegung gestanden habe und ihr treu und ehrlich von 1919 bis 1933 in amtlicher Stellung dienen durfte. Auch ich habe, wenn ich auch heute nicht mehr drinstehe, ein Herz für das. was mit der Gewerkschaft zusammenhängt. Es wird gefordert, Heirats- und Geburtsbeihilfen zu gewähren. Wir habensie gewährt, sie sind eingeführt. Es wird die Steuervergünstigung für Ersatzbeschaffungen gefordert. Wir haben sie durchgesetzt. Es wird weiter gefordert, daß vor allen Dingen die Selbsteinschätzung wegfällt, und daß die Veranlagung kommt. Wir haben sie im Gesetzentwurf drin. Es wird weiter gefordert, daß die Steuervergünstigung für Mehrarbeitszuschläge erhalten bleibt. Wir haben sie erhalten. wenn wir auch die Grenze von 48 Stunden dafür eingebaut haben. So sehen die Dinge nach der anderen Seite aus.

    (Abg. Neuburger: Die Erhöhung der Sonderausgaben!)

    -- Die Sonderausgaben sind bis 39 D-Mark steuerfrei und die darüber hinausgehenden Beträge — —

    (Abg. Neuburger: Auch entsprechend der Gewerkschaftsforderung!)

    -- Die Sonderausgaben haben auch die Gewerkschaften gefordert, und diese Forderung ist von uns mit durchgesetzt worden. Ich möchte sagen, daß aber für Beträge, die über 39 D-Mark monatlich im Lohnsteuerjahresausgleich hinausgehen — wenn das Ganze überschritten wird —, wiederum Steuerfreiheit beantragt werden kann
    und daß dann eine zu viel oder überbezahlte Einkommen- und Lohnsteuer zurückerstattet wird.
    Ich möchte weiter sagen: diese Steuerreform ist schon notwendig. Wir alle, wie wir hier im Hause sitzen, sind uns, wenn wir uns in der Wandelhalle darüber unterhalten, darin ohne große Differenzen einig, daß sie unter allen Umständen kommen muß. Im Zentralbankrat waren es ja Vertreter Ihrer Partei, die ganz offen zum Ausdruck gebracht haben, wie uns von Ministerseite gesagt worden ist, daß, wenn die Steuerreform nicht durchgehe, dann alle Arbeitsbeschaffungsnrogramme nichts nutzten; dann sind sie nur ein Stoß in die Luft hinein.

    (Hört! Hört! und Zustimmung in der Mitte.)

    Ich will auf andere Einzelheiten nicht weiter eingehen, sondern nur noch einmal darauf hinweisen, daß wochenlang in ernster Arbeit verhandelt worden ist und daß sich alle darüber Gedanken gemacht haben. Das ist ja auch unsere Pflicht, nicht nur dafür zu sorgen, wie wir dem Volk draußen Erleichterung verschaffen können, sondern es ist auch unsere Pflicht, dafür zu sorgen, daß der Staat in die Lage versetzt wird, die Lasten. die er im Interesse des ganzen Volkes infolge der Verhältnisse, in die wir durch diesen Krieg hineingekommen sind, zu tragen hat, auch tragen kann. Dieser Verantwortung müssen wir uns bei diesen Dingen auch bewußt sein. Ich bin bereit und in der Lage, vor jedem, vor jeder Berufsschicht das zu vertreten, was hier erarbeitet worden ist. Daß es nicht vollkommen ist. das ist mir klar, darüber streite ich mich mit Ihnen nicht, . da bin ich mit Ihnen einig. Es bleiben Wünsche offen, Wünsche für den Arbeitnehmer, die ich auch angemeldet habe. Wenn Herr Kollege Bertram meint, unsere Zustimmung sei wie Schnee vor der Sonne, der vom einen zum anderen Tag absackt, auch aufgegeben worden, dann darf ich sagen, daß dies in der Form nicht zutrifft, wenn ich ihn auch nach der Seite unterstützt habe. Ich bin mir aber darüber klar, daß ich die Interessen des gesamten Volkes und der gesamten Wirtschaft als Abgeordneter in diesem Hohen Hause zu vertreten habe. Obwohl nach der einen Seite Wünsche nach dem § 32 a und § 10 a bleiben und Wünsche für die Landwirtschaft, für das Handwerk, überhaupt nach allen Seiten offen bleiben. kommt es uns darauf an, daß heute endlich zur Tat werden muß, worauf das ganze Volk ohne Unterschied des Berufs und Standes wartet.

    (Beifall rechts.)

    Wenn das Volk dadurch enttäuscht werden sollte, daß wir diese Reform heute nicht durchsetzen, dann, glaube ich, könnte das auch für unser Ansehen gefährlich werden. Sorgen wir dafür, daß die Dinge, nachdem sie bis ins letzte ausgefeilt worden sind, jetzt endlich Tat werden, und da möchte ich an das Verantwortungsbewußtsein eines jeden Mitgliedes dieses Hohen Hauses appellieren.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)