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ID0104501000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 45. Sitzung. Bonn, Freitag, den 3. März 1950 1507 45. Sitzung Bonn, Freitag. den 3. März 1950. Geschäftliche Mitteilungen 1507C Einspruch des Abg. Seuffert gegen seinen Ausschluß in der 41. Sitzung (Drucksache Nr. 644) 1507D Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksachen Nr. 623, 566 und 317); Anträge (Drucksachen Nr. 640, 641) 1508A Dr. Koch (SPD) 1508A, 1531A, 1536C, 1545C Rische (KPD) 1516A, 1542B Loritz (WAV) 1520B, 1549A Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . . 1521D Dr. Besold (BP) 1524A Seuffert (SPD) 1524D, 1534D, 1536D, 1537A, B, 1542D, 1543A, 1544D, 1548A, 1550A Dr. Bertram (Z) 1527C, 1537A, C, . . . . . . . 1543A, 1546A, 1549B Neuburger (CDU) 1529C, 1541C, 1545B, 1548B, D Pelster (CDU) 1532D, 1541D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1535B, 1539A, 1540B, 1545D Freudenberg (FDP) 1538A Mertins (SPD) 1538B, .1540D Bazille (SPD) 1539A Renner (KPD) . . 1539B, 1544A, 1547B Höfler (CDU) . .. . . . . . 1540A Wönner (SPD) 1542B Dr. Greve (SPD) 1543B Dr. Oellers (FDP) 1545C Meyer (Bremen) (SPD) 1546D Dr. Wellhausen (FDP) 1547C Interpellation der Abgeordneten Dr. Vogel, Ollenhauer, Mende u. Gen. betr. Kopenhagener Wellenplan (Drucksache Nr. 611) 1550A Dr. Vogel (CDU), Interpellant . . . 1550B Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen . . 1552C Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Drucksache Nr. 649) . . . . . . 1554A Nächste Sitzungen 1554A Die Sitzung wird um 14 Uhr 10 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Alfred Loritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer geglaubt hat, daß zwischen der ersten Lesung dieses Entwurfs und der jetzigen Lesung im Ausschuß aus diesem Gesetz etwas werden könnte, was wenigstens einigermaßen Hand und Fuß hätte, der ist leider bitter enttäuscht. Als Überschrift über diesen neuen Entwurf, wie er uns vorliegt, könnte man, weiß Gott, das berühmte Gedicht von Heine setzen:
    Hast du viel, so wirst du bald
    Noch viel mehr dazu bekommen.
    Hast du wenig, wird dir auch
    Dieses noch hinweggenommen.
    Dieser Gesetzentwurf bringt nichts anderes als eine unerhörte und unerträgliche Erhöhung des Nettoeinkommens für die großen Vermögen, dagegen für die kleinen Leute so gut wie nichts. Das ist die Quintessenz dieser Dutzende von Paragraphen, die Ihnen vorliegen. Wir von der WAV denken uns eine Steuerreform anders, als sie hier zu sehen ist. Wir wollen endlich einmal die kleinen Einkommen möglichst wenig besteuert wissen

    (Sehr richtig! bei der WAV)

    und dafür die wirklich großen Einkommensträger um so stärker heranziehen. Dieser Grundgedanke ist mit diesem Gesetz unter keinen Umständen verwirklicht. Das bißchen, was Sie an sogenannten Verbesserungen gebracht haben, stellt sich bei näherem Zusehen als eine Augenauswischerei dar, wie man österreichisch so unnachahmlich sagt. Wir sind überhaupt der Auffassung, daß man die kleinen und kleinsten Einkommen steuerfrei lassen muß. Sie haben hier in dem Entwurf nur ein Einkommen bis zu 750 D-Mark pro Jahr steuerfrei gelassen. Die Abschreibungen, die sonst noch möglich sind, will ich nicht 'hinzurechnen. Sie treten keineswegs in allen Fällen ein. Das sind ja dann auch tatsächlich berechtigte Abschreibungen, wir können sie außer acht lassen. Aber nehmen Sie doch ruhig noch 100 oder ein paar hundert Mark zu den 750 D-Mark Jahreseinkommen hinzu, dann kommen Sie immer noch auf Sätze, die so lächerlich gering sind, daß sie unter gar keinen Umständen verantwortet werden können. Die schreien nach einer Ausdehnung nach oben.
    Wir werden Ihnen andere Vorschläge machen, wie hier vorgegangen werden muß. Wir werden Ihnen Vorschläge machen, nach denen der Staat trotzdem nicht schlechter fährt. Der Staat soll endlich einmal dort zufassen, wo wirklich die Großeinkommen sind. Es ist ein geradezu skandalöser Zustand, wenn man weiß, was sich in dem letzten Jahr seit der Währungsreform ereignet hat. Wir haben ein Ansteigen der Gewinne aus dem Großaktienbesitz in der unerhörtesten Form. Aktien, die vor einem Jahr auf 15 standen, stehen heute auf 70 und noch mehr. So geht es durchschnittlich durch den ganzen Aktienplafond an den verschiedenen deutschen Börsen hindurch. Wir haben Riesengewinne, die durch zwei Währungsreformen gemacht worden sind. Alle diese Gewinne werden nur höchst unzureichend erfaßt.
    Der Staat aber sucht ganz woandersher Geld zu bekommen. Dem armen Teufel, dem einheimischen Ausgebombten und dem Heimatvertriebenen hat man jetzt in § 33 a die Sätze zu kürzen versucht. Wir von der WAV verlangen — die Anträge werden Sie auch noch schriftlich bekommen —, daß die ursprüngliche Form des § 10 f wiederhergestellt wird, daß also die neue Form des § 33 a in Wegfall kommt. Wir glauben, daß der Verbesserungsantrag, den die CDU das letzte Mal während unserer Abwesenheit beschlossen hat, noch keineswegs den Erfordernissen der Heimatvertriebenen und der einheimischen Ausgebombten und der politisch Verfolgten entspricht. Diese Verdoppelung ist immerhin noch eine bedeutende Verschlechterung gegenüber dem bisher geltenden Zustand. Ich wiederhole es: wir verlangen die Aufrechterhaltung des alten § 10 Buchstabe f in der Fassung vom 10. August 1949. Wenn die CDU wenigstens eine Verdreifachung dieser Sätze statt einer Verdoppelung beantragt und beschlossen hätte! Aber nicht einmal das hat sie getan.
    Wir verlangen vor allem einen ganz anderen Aufbau der Einkommensteuer. Ich werde Ihnen unsere Sätze hierzu vorlesen. Wir verlangen zunächst eine Streichung der Tabelle B. Bezüglich der Grundtabelle A verlangen wir, die Sätze dahin abzuändern, daß die Einkommensteuer bis zu einem Jahresbetrag von 1800 D-Mark Einkommen in Wegfall kommt, weil es sich hier wirklich


    (Loritz)

    um die Bettelpfennige der Ärmsten in unserem Volk handelt, der Leute, die höchstens 150 DMark im Monat verdienen. Sie wissen alle selber, was das bei den heutigen Preisen bedeutet; das Ist kaum mehr zum Leben genügend. Für Einkommen von 4800 bis 3600 D-Mark wollen wir einen anderen Satz als bisher haben. Wir wollen für den 1800 D-Mark übersteigenden Betrag einen Steuersatz von 10 Prozent haben. Wir wollen ferner eine Gruppe von 3600 bis 4800 DMark schaffen und für diese Gruppe 15 Prozent des 3600 D-Mark übersteigenden Betrages festgesetzt wissen. Wir wollen eine letzte Gruppe von 4800 bis 7200 D-Mark und einen Satz von 20 Prozent des 4800 D-Mark übersteigenden Betrages haben. Die Sätze, die ich Ihnen soeben genannt habe, betreffen alle die Kategorien der Arbeiter, der einfachen wie der gehobenen Arbeiter, und des kleinen Mittelstandes. Hier müssen Sie nur solche Steuern erheben, die wirklich verantwortet werden können. In der Bibel heißt es: den Zehnten sollt ihr nehmen und nicht mehr. Alles andere ist schon im Alten Testament als unsittlich erachtet worden. Die Herren von der CDU werden die betreffenden Stellen in der Bibel kennen.

    (Heiterkeit.)

    Heute wären wir froh, wenn es nur beim Zehnten bleiben würde. Heute wird gerade den armen Teufeln ein Betrag weggenommen, der nach der Bibel bereits als unsittlich bezeichnet werden muß.

    (Beifall bei der WAV.)

    Wir wollen von wo ganz anders Beträge hereinbekommen. Wir möchten nämlich die Grundtabelle A so erhöht wissen, daß die Steuer für Einkommen von 20- bis 30 000 D-Mark statt auf 50 Prozent des Betrages, der 20 000 D-Mark übersteigt, auf 60 Prozent, bei Einkommen von 30- bis 40 000 D-Mark statt 55 auf 65 Prozent, dann bei 40- bis 60 000 D-Mark auf 70 Prozent, von 60 000 D-Mark ab auf 90 Prozent des 60 000 D-Mark übersteigenden Betrages und von über 100 000 D-Mark auf 95 Prozent des 100 000 D-Mark übersteigenden Betrags festgesetzt wird. Das sind die Summen, die man vor seinem Gewissen und vor unserem Volk verantworten kann. Aber lassen Sie bitte endlich einmal die Finger vom Arbeitereinkommen und vom Einkommen des kleinen Mittelstandes weg, weil Sie nämlich sonst die ganze Volkswirtschaft kaputtmachen. Denn daran haben wir ja schon vor 1933 gekrankt, und ich wage zu behaupten: es war mit der Grund der Katastrophe, die über uns hereingebrochen ist, daß man den kleinen Mittelstand so wenig gekannt hat und daß man ihn gegenüber den Rieseneinkommen steuerlich viel zu wenig berücksichtigt hat. Und doch liegt gerade beim Mittelstand in Stadt und Land, bei den Bauern wie bei den städtischen Gewerbetreibenden und bei den Arbeitern, gerade bei diesen Schichten das Wohl der Nation verankert!
    Das sind die Anträge, die die WAV heute einzureichen hat. Wir wissen, was diesen Anträgen blüht. Wir wissen, daß leider Sie, meine Herren von der Rechten, Ihre Zustimmung höchstwahrscheinlich nicht geben werden. Denn Sie haben hier einen Gesetzentwurf geschaffen, der nichts anderes als eine Bevorteilung und Begünstigung der Rieseneinkommen ist; und da können wir nicht mitmachen. Helfen Sie doch endlich einmal dazu, meine sehr verehrten Damen und Herren, die kleinen Einkommen wirklich in einer Art und Weise heranzuziehen, daß den Leuten noch ein bißchen bleibt und daß nicht Sätze von 20 und 25 Prozent bereits bei kleinem Einkommen zu zahlen sind. Das ist unmoralisch, das kann nicht mehr gerechtfertigt werden. Suchen Sie diese Summen, die Ihnen hier verlorengehen, bei den Großaktionären, bei den Währungsreformgewinnlern, dann werden Sie nicht schlecht fahren, dann werden diese Summen für Sie die beste Anlage sein, die jemals von seiten der Finanzbehörden gemacht worden ist.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie abschließend nochmals: machen Sie doch endlich Schluß mit dieser vollkommen verfehlten Steuerpolitik, immer wieder bei den kleinen und kleinsten Einkommen die Hauptsteuerträger zu suchen. Denken Sie an andere Länder, in denen das Einkommen des Staates zum allergrößten Teil auf Vermögensteuern und auf Besteuerung der hohen Einkommen gerichtet ist. Denken Sie daran, dann werden Sie vielleicht auch den Antrag der WAV in Berücksichtigung ziehen. Wir sind der Auffassung, daß nur eine Steuerreform, die wirklich diesen Namen verdient, die dieses Unrecht gegenüber den kleinen Einkommen wiedergutmacht, überhaupt einen Zweck hat. Das, was uns die Regierung vorlegt, wird zu gar nichts anderem als zu einem Rückgang der Steuereinkünfte und zu einer Begünstigung der Großverdiener führen. Das hat die WAV zu diesem Punkte zu sagen.
    Wir können der Regierungsvorlage aus den Gründen, die ich Ihnen eben nannte, unsere Zustimmung nicht geben. Wir bitten sie, doch endlich einmal eine vernünftige und wirtschaftsfreundliche Steuergesetzgebung zu machen, statt gerade die breiten Schichten des Volkes immer wieder in schlimmster Art und Weise zu benachteiligen und zu belasten.

    (Beifall bei der WAV.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Höpker-Aschoff.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Damen und Herren! Von dem Herrn Kollegen Koch ist vorhin die Rechtmäßigkeit der zweiten Lesung dieser Vorlage mit Rücksicht darauf angezweifelt worden, daß damals die Beschlußunfähigkeit des Hauses festgestellt und alsdann eine neue Sitzung anberaumt wurde. Herr Kollege Koch, ich verstehe Ihre Einwendungen nicht. Nach dem klaren Wortlaut von § 100 der Geschäftsordnung hat der Präsident bei Beschlußunfähigkeit die Sitzung sofort aufzuheben und Zeit und Tagesordnung der nächsten Sitzung zu verkünden. Nach dieser Bestimmung ist verfahren worden. Als sich die Beschlußunfähigkeit ergeben hatte, hat der Herr Präsident eine neue Sitzung, ich glaube, mit einem Zwischenraum von einer Viertelstunde, anberaumt, und dann haben wir dieselbe Tagesordnung wie zuvor zugrunde gelegt. In ähnlicher Weise ist schon öfters hier im Hause verfahren worden, und zwar auch in Fällen, in denen die Beschlußfähigkeit nicht von Ihrer Fraktion angezweifelt worden war, sondern von anderer Seite, ohne daß von Ihnen die geringste Einwendung erhoben worden wäre. Ich glaube also nicht, daß die Rechtmäßigkeit der zweiten Lesung bezweifelt werden kann. Das hindert Sie natürlich nicht, auch in der dritten Lesung noch Abänderungsanträge zu stellen, auch zu den einzelnen Paragraphen; das ist ja in der Geschäftsordnung aus-


    (Dr. Dr. Höpker-Aschoff)

    drücklich vorgesehen. Aber, meine Damen und Herren, um das klarzustellen: für uns ist diese Lesung. die dritte Lesung, und daraus muß sich der weitere Gang der Beratungen ergeben.
    Nun zu der Sache selbst. Der Herr Kollege Koch hat nochmals darauf hingewiesen — wir haben diese Ausführungen ja schon im Ausschuß gehört —, daß diese Steuervorlage zu wenig für die kleinen Einkommen und zu viel für die großen Einkommen gebe. Ähnliche Einwendungen sind ja auch von den beiden Vorrednern, dem Herrn Kollegen Rische und dem Herrn Kollegen Loritz, gemacht worden.
    Um die Einwendungen des Herrn Kollegen Rische gleich vorwegzunehmen -- er hat ja über seine Einwendungen hinaus noch eine Fülle von Anträgen zur Verbesserung unseres Steuersystems gestellt, die auch im wesentlichen den kleinen Steuerzahlern zugute kommen sollen. Man müßte nach diesen Ausführungen meinen, daß er das Vorbild für seine Vorschläge in der russischen Zone gefunden hat und daß dort die kleinen Leute in einem Steuerparadies leben. Ich weiß nicht, Herr Kollege Rische, ob Sie den Steuertarif der Einkommensteuer kennen, der heute in der russischen Zone maßgebend ist. Ich will nur ein paar Zahlen aus diesem Steuertarif hier einmal anführen und sie den Zahlen gegenüberstellen, die sich aus unserer Regierungsvorlage jetzt ergeben. Nach diesem Tarif in der russischen Zone beträgt die Steuer für einen Ledigen mit einem Einkommen von 1 500 Mark 129 Mark, bei uns nach der Regierungsvorlage 82 Mark;

    (Hört! Hört! bei den Regierungsparteien)

    für einen Ledigen mit 3 000 Mark drüben 450 Mark, bei uns 335 Mark;

    (Hört! Hört! bei den Regierungsparteien und Zuruf in der Mitte: Peinlich!)

    für einen Ledigen mit 6 000 Mark drüben 1 373 Mark, bei uns 1 125 Mark.

    (Hört! Hört! in der Mitte und rechts.)

    Nun nehmen Sie die Verheirateten ohne Kinder: drüben bei 1 500 Mark 129 Mark, bei uns 45 Mark; drüben bei 3 000 Mark 458 Mark, bei uns 217 Mark; drüben bei 6 000 Mark 1 373 Mark, bei uns 945 Mark. Also, wenn irgendeiner sich die Maßnahmen eines anderen zum Vorbild nehmen könnte, so wäre es in diesem Falle die russische Zone, die hier wirklich noch etwas von uns lernen könnte.
    Aber es kommt noch etwas ganz anderes dazu. Das sind die Bestimmungen der russischen Zone über die Ermäßigungen für die Ehefrau. Auch das ist ganz interessant. Es gibt auch dort einen Freibetrag von 720 Mark, also etwas geringer als bei uns; wir haben 750 Mark. Es gibt aber auch einen Freibetrag für die Ehefrau von 600 Mark. Aber diese Freibeträge kommen der Ehefrau in der Sowjetzone nür dann zustatten, wenn sie a) mindestens vier Monate vor Ablauf des Steuerjahres das 50. Lebensjahr erreicht hat oder b), wenn aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind, die bis zum Schluß des Steuerjahres das 8. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, oder c) wenn sie selber zu über 50 Prozent erwerbsunfähig ist. Also ich glaube, man kann auch hier feststellen, daß das, was die Regierungsvorlage in dieser Hinsicht vorschlägt, weit über das hinausgeht, was heute in der russischen Zone rechtens ist.
    Dann auch noch ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Loritz. Er ist ein bibelfester Mann und hat gemeint, der Staat solle nicht mehr als den Zehnten nehmen. Nun, Herr Kollege Loritz, so weit sind wir von dieser biblischen Regelung gar nicht entfernt. Wenn Sie einmal die Tabelle B der Regierungsvorlage aufschlagen und ein Einkommen von 5 000 Mark nehmen, so sind Sie bei einem Verheirateten mit einem Kind bei einem Steuersatz von 500 Mark; das würde also genau dem biblischen Zehnten entsprechen. Daß wir in den höheren Steuergruppen mehr zu erheben haben -- das hängt mit den veränderten Verhältnissen und den sozialen Lasten zusammen, die wir zu tragen haben, und den Folgen eines schrecklichen, verlorenen Krieges. In den Einkommenstufen unter 5 000 Mark aber erheben wir viel weniger als den biblischen Zehnten.
    Nun aber einiges zu den Ausführungen, die der Herr Kollege Koch hier gemacht hat. Er hat zugegeben, daß sich der heutige Tarif auf dem JuniTarif aufbaut; er hat auch zugegeben, daß dieser Juni-Tarif vom Jahre 1948 von dem damaligen Wirtschaftsrat einmütig — auch mit Zustimmung der Sozialdemokratischen Partei — beschlossen war, aber er meint, seither seien doch sehr starke Veränderungen eingetreten, die Lebenshaltungskosten seien stark gestiegen. Nun, es ist richtig, die Lebenshaltungskosten sind nach der Währungsreform gestiegen; sie sind dann aber nicht unerheblich wieder gesunken, und sie liegen heute gar nicht mehr soviel über den Lebenshaltungskosten zur Zeit der Währungsreform.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Auf der anderen Seite sind aber auch die Einkommen seit der Währungsreform nicht unerheblich gestiegen.

    (Sehr wahr! in der Mitte.)

    Nach den statistischen Unterlagen ist das Einkommen eines Arbeiters seit der Währungsreform im Durchschnitt um 20 Prozent gestiegen.

    (Zuruf von der KPD.)

    Also die Steigerung der Einkommen beträgt sicherlich mehr als die Erhöhung der Lebenshaltungskosten. Man kann daher gegen das, was damals der Wirtschaftsrat einmütig beschlossen hat, heute nicht einwenden, die Lebenshaltungskosten seien stärker gestiegen als die Einkommen. Denn das entspricht in keiner Weise den Tatsachen.
    Dann habe ich, Herr Kollege Koch, Ihre Berechnungen offen gesagt nicht verstanden. Sie haben uns ausgerechnet, daß bei einem Einkommen von 1200 Mark und 2 400 Mark die Vorlage so gut wie gar keine Ermäßigung bringe. Ich bitte Sie, doch einmal die Einkommensteuertabelle B, wie sie bisher gültig war, und die Einkommensteuertabelle B, wie sie jetzt der Regierungsvorlage zugrunde liegt, miteinander zu vergleichen. Nehmen Sie dann ein' Einkommen von 1200 Mark, so finden Sie, daß nach der bisherigen Tabelle die Steuerpflichtigen in dieser Gruppe haben zahlen müssen 50 Mark der Ledige und 30 Mark in der Steuerklasse II; nach der neuen Tabelle 41 und 25. Wenn Sie dann ein Einkommen von 2 400 Mark nehmen, dann haben Sie nach der bisherigen Tabelle 261 Mark für den Ledigen, 153 Mark in der Steuerklasse II, dagegen nach der Tabelle der Regierungsvorlage 217 und 127. Es handelt sich hier also nicht um Ermäßigungen von 0,75 oder 1,9 Prozent, sondern es handelt sich hier, wie es in der Begründung der Regierungsvorlage vorgesehen ist, bei den unteren Steuerklassen in der Tat um Ermäßigungen um ein Sechstel bis ein Fünftel.

    (Abg. Dr. Koch: Ich habe es auf das Einkommen bezogen!)

    Aber, meine Damen und Herren, es wäre ja doch außerordentlich lehrreich, wenn die Tabellen über


    (Dr. Dr. Höpker-Aschoff)

    die Steuerkurven, die uns von dem Herrn Bundesfinanzminister im Ausschuß zugänglich gemacht sind, mehr bekannt wären und auch einmal in die Öffentlichkeit kommen würden.

    (Zustimmung links und in der Mitte.) Wenn man sich auf dieser Steuertabelle die Steuerkurven ansieht — die Steuerkurve von 1925, 1938 und 1943 und die Steuerkurve der heutigen Regierungsvorlage —, so ergibt sich doch die bemerkenswerte Tatsache, daß die Steuerkurve der heutigen Regierungsvorlage die Steuerkurve des Jahres 1925 erst bei einem Einkommen von 4 800 Mark schneidet, daß sie die Steuerkurve des Jahres 1938, die, wenigstens für die kleineren Einkommen, noch maßvoller war als die Steuerkurve des Jahres 1925, erst bei etwa 4 500 schneidet, mit anderen Worten: die kleinen Einkommen bis zu 5 000 Mark sind in Deutschland nie so günstig versteuert worden wie durch die Regierungsvorlage.


    (Hört! Hört! rechts.)

    Die Tarife, die wir 1925 und im Jahre 1938 gehabt haben, lagen für diese Einkommen höher als der heutige Tarif.
    Wenn Sie dann aber weitergehen und auch einmal nach den höheren Einkommen hinschauen — das möchte ich insbesondere auch dem Kollegen Loritz sagen —, so haben Sie das umgekehrte Bild. Während bei den unteren Einkommen die Steuerkurve des Regierungstarifs noch unter den niedrigsten Kurven bleibt, die wir jemals gehabt haben, geht es dann schon bei den mittleren und höheren Einkommen auch nach dem, was heute die Regierungsvorlage vorschlägt, weit über diese Kurven hinaus.
    Meine Damen und Herren! Denken Sie einmal an den harten Tarif, den wir während des Krieges hatten. Dieser Tarif lief mit einem Höchststeuersatz von 58 Prozent aus. Unser heutiger Tarif nach der Regierungsvorlage läuft nach der Ermäßigung mit 89 Prozent aus, und zwar in den Durchschnittssätzen und nicht nur in den Steuersätzen für die Spitze gerechnet. Man kann also beim besten Willen nicht sagen, daß, verglichen mit früheren Zugriffen des Steuergesetzgebers, hier nicht eine gewisse Gerechtigkeit auch in der Abstufung der verschiedenen Einkommensteuerklassen walte. Daß unser Tarif, soweit die kleineren Einkommen in Frage kommen, hinter dem englischen Tarif zurückbleibt, daß der englische Tarif größere Freibeträge gewährt und auch geringere Steuersätze für kleinere Einkommen und besonders für die Arbeitseinkommen, kann leider nicht bestritten werden. Es handelt sich doch aber auch darum, einmal das Einkommen und zum anderen die Produktionskapazitäten dieser beiden Länder miteinander zu vergleichen. Wir hätten alle den Wunsch gehabt — ich glaube, das kann ich für alle Abgeordneten in diesem Hause sagen —, die Steuersätze für die niedrigeren Einkommen noch weiter zu ermäßigen, wenn wir hier nicht vor dem unerbittlichen Muß gestanden hätten, auch das Gleichgewicht der Einnahmen und Ausgaben des Haushalts in Rechnung zu stellen.
    Herr Kollege Koch, noch ein anderes; ich will mich im allgemeinen kurz fassen und nur auf wesentliche Punkte hinweisen. Sie sind der Meinung, daß die Begünstigungen, die den höheren Einkommen zugute kommen, nicht nur durch den Steuertarif, sondern auch durch die Bestimmungen der Paragraphen 10a und 32a über die Förderung der Kapitalbildung, zu Fehlinvestitionen führen. Sie haben das Maß der Investitionen bei uns und in
    England miteinander verglichen. Herr Kollege Koch, wenn wir von Kapitalbildung reden, können wir nie die Bruttoinvestitionen zugrunde legen, sondern nur die Nettoinvestitionen, und diese Nettoinvestitionen werden heute bei uns bei einem Volkseinkommen, gleich Sozialprodukt, von meinetwegen 70 Milliarden etwa 8 oder 9 oder 10 Milliarden betragen. Wir haben heute viele statistischen Ämter und viele Meldungen, und überall weichen die Berechnungen immer etwas voneinander ab. Ich frage Sie eines, Herr Koch, wenn im Verhältnis zu diesem Einkommen die Investitionsquote verhältnismäßig groß erscheint und dann natürlich auf Kosten der Konsumquote geht, wie wollen Sie das Volkseinkommen, das Realeinkommen, das Sozialprodukt auf die Dauer "in die Höhe treiben,

    (Sehr richtig! rechts)

    wenn Sie in einer Wirtschaft, wie wir sie haben, mit den furchtbaren Zerstörungen, nicht soviel Investitionen machen wie nur eben möglich?

    (Sehr richtig! und Bravo! rechts.)

    Denn Investitionen sind kein. Selbstzweck, sondern alle Investitionen dienen dazu, einmal den laufenden Verbrauchsgüterstrom zu verstärken. Das ist der Sinn der Investitionen. Eine zerstörte Wirtschaft wie die deutsche braucht natürlich viel stärkere Investitionen als die englische,

    (Zuruf links: Aber keine Fehlinvestitionen!)

    und wenn sie wirklich die gleiche Investitionsquote wie die englische Wirtschaft erreicht, dann sollten wir darüber nicht klagen, sondern uns darüber freuen, denn je größer die Investitionsquote ist, desto schneller werden wir zu dem Zeitpunkt kommen, in dem auch ein größerer Konsumgüterstrom an die gesamte Masse des deutschen Volkes verteilt werden kann.
    Nun zur zweiten Frage, Herr Kollege Koch, oder richtiger, zur Unterfrage. Ihnen gefällt es nicht, daß die Unternehmer darüber entscheiden, was und wie investiert werden soll. Sie sprechen viel von Fehlinvestitionen und sind der Meinung, daß es gescheiter sei, wenn von Staats wegen ein Plan für die Investitionen ausgearbeitet würde. Herr Kollege Koch, ich gebe Ihnen ohne weiteres zu, daß bei den Investitionen Irrtümer möglich sind, und auch die Unternehmer werden bei ihren Investitionen irren können. Aber niemand hat mir bisher gesagt, aus welchen Gründen nun staatliche Kommissionen vor solchen Irrtümern bewahrt bleiben sollen.

    (Sehr richtig! rechts und in Mitte. — Lachen links.)

    Ich bin der Auffassung, daß der Unternehmer, der auf sein eigenes Risiko handelt und vor der Gefahr großer Verluste steht, wenn er Fehlinvestitionen vornimmt, sorgfältiger prüft, welche Investitionen vorgenommen werden sollen, als die öffentliche staatliche Planungskommission, die keine Verantwortung zu tragen hat

    (Sehr richtig! rechts)

    und nicht an ihrem Beutel merkt, ob Fehlinvestitionen vorgenommen worden sind oder nicht. Und sehen Sie, Herr Kollege Koch, noch ein anderes: Wenn einmal ein Unternehmer eine Fehlinvestition macht, dann muß er es bezahlen; er scheidet dann aus,

    (Zurufe links: Das bezahlt der Staat! —Arbeitslose!)

    — Auch das Volk muß mit bezahlen; denn es wurde
    ja volkswirtschaftliches Kapital vergeudet. Immerlun werden sich solche Irrtümer in gewissen Gren-


    (Dr. Dr. Höpker-Aschoff)

    zen halten. Werden aber von der staatlichen Kornmission bei ihren Planungen, die sich auf die ganze Wirtschaft ausdehnen, Fehler gemacht, so wachsen die Verluste ins Riesenhafte. Aber hier handelt es sich vielleicht um eine grundsätzliche Einstellung. Sie als Sozialist sind der Meinung, daß die staatliche Planung der Weisheit letzter Schluß ist. Wir von unserem Standpunkt aus sind der Meinung, daß in einer freien Wirtschaft auch die Entscheidung darüber, was und wie investiert werden soll, dem verantwortungsbewußten Unternehmer überlassen werden soll.

    (Abg. Rische: Reden Sie doch nicht von Verantwortungsbewußtsein! Sind Ihnen die Arbeitslosen kein Beweis?)

    — Herr Rische, Sie möchte ich ganz gewiß nicht als Arbeitgeber haben; darauf können Sie sich verlassen!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich glaube, daß unsere deutschen Unternehmer das besser machen würden als Sie.
    Meine Damen und Herren, damit will ich meine kurzen Ausführungen abschließen. Aber ich frage alle Mitglieder des Hauses: wartet nicht draußen im deutschen Volkes alles, ohne Unterschied der Klassen, auf diese Steuerreform? Wir haben die Pflicht, diese Steuerreform so schnell wie möglich zu verabschieden, und wenn wir das tun, dann wird das von allen Klassen im deutschen Volke begrüßt werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)