Rede von
Lisa
Albrecht
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Meine politischen Freunde und ich sind nach wie vor der Meinung, daß in § 10 der Absatz 2 Ziffer 4 des deutschen Beamtengesetzes von 1937 zu streichen sei, weil er in die persönlichsten Rechte der Frauen eingreift. Der Herr Kollege Nowak war so liebenswürdig, uns darauf aufmerksam zu machen, wie schrecklich es sei und was alles geschehen könne, wenn ein Zollbeamter mit einer Frau, die einen Zigarrenladen besitzt, verheiratet wäre. Was aber könnte geschehen, wenn eine Beamtin mit einem Mann, der einen Gewerbebetrieb besitzt, verheiratet ist? Muß er dann zu der vorgesetzten Behörde seiner Frau gehen, um sich ebenfalls dort die Erlaubnis zur Führung seines Gewerbebetriebs einzuholen? Ist dann weniger die Gefahr einer Korruption gegeben als im umgekehrten Falle, oder treffen die Bedingungen in diesem Falle, weil der Mann der Besitzer eines Gewerbebetriebs ist und die Frau sich im Beamtenverhältnis befindet, nicht zu? Sind bei der Beurteilung dieser Frage der Gleichberechtigung nicht doch einige Konkurrenzzöpfchen bei den verehrten Herren Kollegen übriggeblieben? Ganz zweifellos hat der feminine Teil der Zivilisation seit der Jahrhundertwende eine Emanzipation erfahren. Diese Erscheinung muß man heute als eine entwicklungsgeschichtlich gegebene ansehen, als eine zwangsläufige Folge der Entwicklung der gesamten Menschheit zum Geistigen und Abstrakten. Die Frauen waren die Hauptleidtragenden der beiden verlorenen Kriege.
— Falls das die Herren nicht interessiert, können sie ja das Plenum verlassen.