Meine Damen und Herren! Am 24. Oktober 1949 hat die Fraktion der Bayernpartei einen Antrag betreffend Stromlieferung an den Bundestag gestellt. Der Antrag hat gelautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird beauftragt
1. den Zentrallastverteiler anzuweisen, daß er das Energie-Notgesetz in vollem Umfange durchführt und die einseitige Benachteiligung der Wirtschaft einzelner Länder, durch welche deren gleichmäßige und volle Entwicklung nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Eigenart gefährdet wird, unterläßt, vor allem auch die Bayern diskriminierende Kürzung der Zulieferung von 180 000 Kilowatt auf 130 000 Kilowatt sofort rückgängig macht,
2. bei den Besatzungsmächten Schritte zu unternehmen, um zu erwirken, daß die Stromlieferung Bayerns an Länder außerhalb des Bundes in Zeiten knapper Wasserführung gekürzt oder erforderlichenfalls ganz eingestellt wird.
Dieser Antrag ist seinerzeit dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik zur Prüfung überwiesen worden. Ihm lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 9. November des vergangenen Jahres mußten die Strombezüge der süddeutschen Länder Bayern, Baden-Württemberg, Württemberg-Hohenzollern, Südbaden, Rheinland-Pfalz und Südhessen
zur Schonung der Wasservorräte in Vorarlberg und im Schwarzwald zurückgesetzt werden. Die zur Aufrechterhaltung des Verbundbetriebes unentbehrlichen großen Speicher waren im damaligen Zeitpunkt so weit entleert, und zwar bis auf 15 Prozent ihres Inhalts, daß in Kürze mit ihrem völligen Ausfall gerechnet werden mußte.
Die Situation ist in solchen Fällen folgende: Die gesetzliche Grundlage für Maßnahmen des Bundeswirtschaftsministeriums bei eintretenden Schwierigkeiten ist das Energie -Notgesetz vom 10. Juni 1949. Die betrieblichen Aufgaben der Stromversorgung und auch des Stromaustausches zwischen den Energiebezirken und den Ländern wickeln sich normalerweise auf privatwirtschaftlicher Grundlinie ab. Wenn Versorgungsschwierigkeiten eintreten, die als Kriegsfolgen heute immer noch bestehen und immer wieder eintreten können, dann ist hier mit Hilfe des Energie -Notgesetzes eine Möglichkeit zum Eingreifen gegeben; es sind dann entsprechende Maßnahmen nötig. Hierbei sollen nach den gesetzlichen Bestimmungen die Länder eine möglichst gleichmäßige Behandlung erfahren, das heißt, soweit das nach den technischen Anlagen und den physikalischen Voraussetzungen möglich ist. Die Erzeugungsmöglichkeiten für elektrische Energie sind nun einmal nach oben begrenzt durch die jeweilige Kraftwerkskapazität, die wiederum Schwankungen infolge von Störungen, Maschinenausfällen, wechselnder Wasserdarbietung usw. unterliegt.
Es ist gelungen, im vergangenen Jahr 1949 die Leistungsfähigkeit um 20 Prozent, das heißt um 1 Million Kilowatt zu erhöhen, und auf Grund dieser Erhöhung sind die Verbrauchsrichtwerte entsprechend verbessert worden. Dabei hat das Land Bayern einen Anteil bekommen, der bei einer wöchentlichen Kapazität von 530 Millionen Kilowatt für Bayern 93 Millionen Kilowatt betrug. Diese Stromaufteilung ist für den Fall auftretender Versorgungsschwierigkeiten festgesetzt worden, und zwar im Rahmen des Energie -Notgesetzes durch den Länderausschuß, einen Ausschuß, der vor der damaligen Schwierigkeit zum letzten Mal am 11. Oktober 1949 getagt hatte. Wir haben bei der Untersuchung im Ausschuß für Wirtschaftspolitik festgestellt, daß eine Benachteiligung des Landes Bayern im Zuge der damals notwendigen Restriktionen nicht eingetreten ist. Es ist aus Zufuhrgebieten, insbesondere aus den norddeutschen Gebieten, dauernd die Strommenge geliefert worden, die nach der vorhandenen Leitungskapazität geliefert werden konnte, und zwar sind die Leitungen monatelang Tag und Nacht in einem betrieblich kaum zu vertretenden Ausmaß überlastet worden,.
Kurz nach der Stellung dieses Antrages ist dann zusätzlich eine Leitung zwischen Frankfurt und Nürnberg in Betrieb genommen worden in einer Stärke und Leistung von 220 000 Volt. Die Zurücksetzung der bayerischen Wirtschaft von 180- auf 150 000 Kilowatt ist praktisch kaum in Erscheinung getreten, weil es damals durch besondere Verhandlungen gelungen ist, das Hamburger Elektrizitätswerk über die Ostzone einzuschalten und so die bayerische Wirtschaft in einem Maße zu versorgen, daß dieser Rückführungsbeschluß praktisch nicht durchgeführt zu werden brauchte.
Trotz dieser geschilderten Lage ist aber auch insgesamt Bayern nicht benachteiligt worden. Bayern hat in den ersten 11 Monaten des vergangenen Jahres 1949 einen Verbrauch von 4 138 Millionen Kilowattstunden gehabt gegenüber 3 449 Millionen Kilowattstunden im gleichen Zeitabschnitt des Jahres 1948. Es hat damit die Steigerung erfahren, die der mittleren Steigerung im Bundesgebiet entspricht. Diese Steigerung ist zugunsten von Bayern durchgeführt worden, obwohl Bayerns eigene Wasserstromerzeugung in der gleichen Zeit um 400 Millionen Kilowattstunden niedriger gewesen ist als im Jahr zuvor. Das Mittel liegt etwa bei 20. Schleswig -Holstein hat damals von der Steigerung zusätzlich bekommen 6,9 Prozent, Hamburg 9, Niedersachsen 10,9, Nordrhein-Westfalen 27,7, Bremen 19,1, Hessen 22,7, Württemberg-Baden 19, Bayern 20 und die Länder der französischen Zone 20,5 Prozent. Es ist ,also festzustellen, daß weder tatsächlich noch anordnungsmäßig irgendwelche diskriminierenden Maßnahmen gegenüber Bayern durchgeführt worden sind.
Was den zweiten Teil des Antrages der Bayernpartei anlangt, so sind schon seit längerer Zeit Verhandlungen über eine Zurücksetzung des Exports der Bundesrepublik geführt worden, die auch bereits zu günstigen Ergebnissen geführt haben. Ich will es mir angesichts der Tatsache, daß die praktischen Dinge sehr weit zurückliegen, ersparen, die Einzelheiten dem Hohen Hause vorzutragen und damit seine Zeit aufzuhalten. Ich darf nur darauf hinweisen, daß die so geschilderten Verhältnisse das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft schon am 5. Dezember 1949 veranlaßt haben, an die Verwaltung für Wirtschaft in Frankfurt am Main-Höchst folgendes Schreiben zu schicken:
:Stromversorgungslage in Bayern. Das Ministerium dankt für die ausführliche Darlegung der Stromversorgungslage und die Bereitschaft der VfW, alle technischen Möglichkeiten für eine verstärkte Aushilfe für Bayern wahrzunehmen. Es hofft, daß die Inbetriebnahme der 200-Kilowatt-Leitung die Möglichkeit zu einer weiteren Verbesserung der Verhältnisse bieten wird.
Angesichts dieser Sachlage hat der Ausschuß für Wirtschaftspolitik beschlossen, Ihnen vorzuschlagen:
Der Bundestag wolle beschließen:
den Antrag der Fraktion der Bayernpartei Nr. 226 der Drucksachen für erledigt zu erklären.