Rede von
Dr.
Heinrich
von
Brentano
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich glaube, es war nicht gut, daß wir heute die Einbringung einer Gesetzesvorlage zu einer solchen Diskussion auswachsen ließen.
Ich bedauere es um so mehr, als diese Diskussion sich wieder mit einem noch nicht abgeschlossenen Verfahren beschäftigt hat. Ich stehe nicht an zu erklären, daß auch mich die Lektüre dieser Urteilsgründe tief erschüttert hat.
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Aber ich lehne es für meine Person und für meine Fraktion trotzdem ab, heute zu dem konkreten Fall des Urteils von Neumünster Stellung zu Nehmen, weil ich glaube, wir sollten es nicht tun. Wir sollten ein für allemal zu einem noch nicht abgeschlossenen Verfahren nicht Stellung nehmen. Die Folgen eines anderen Verhaltens können wir nicht absehen.
Ich bin mit den meisten meiner Vorredner der Meinung, daß die ungeheuer ernste Frage der Justiz und der Justizkrise nicht so nebenher im Zusammenhang mit einem anderen Thema erörtert werden kann.
Der Herr Kollege Zinn hat mich an eine Debatte erinnert, die wir in Wiesbaden geführt haben. Es ist selbstverständlich, daß ich heute noch unverändert zu dem stehe, was ich damals gesagt habe.
Ich bin mir klar, daß wir heute das tun müssen,
was wir vielleicht vor 20 Jahren versäumt haben.
Im Interesse unseres Staates und im Interesse der zahlreichen guten, einwandfreien Richter müssen wir alles daran setzen,
eine Justiz zu schaffen, die mit unserem Staat auch innerlich verbunden ist.
Herr Kollege Schmid hat mit Recht darauf hingewiesen, und Sie, Herr Kollege Euler, haben es bestätigt, daß das auch eine Frage der Auswahl und der Ausbildung der Richter ist,
— der Auswahl und Ausbildung und Bildung, der Herzens- und Gewissensbildung der Richter. Dieser Frage sollten wir uns annehmen, und wir sollten diese Frage dann auch ohne jede parteipolitische Leidenschaft diskutieren. Denn das Problem geht uns alle gleichmäßig an, denen das Schicksal unseres deutschen Vaterlandes am Herzen liegt.
Ich bin überzeugt und möchte das ausdrücklich sagen, daß diesem Problem auch der Bundesjustizminister seine ernste und volle Aufmerksamkeit zu schenken bereit ist und daß vielleicht auch manche — erlauben Sie mir das zu sagen, Herr Bundesjustizminister — mißverständliche Äußerung von heute in mir und meinen Freunden, und ich glaube, auch in der Mehrheit dieses Hauses nicht die Gewißheit zerstört, daß Sie sich auch darüber im klaren sind, daß es die Aufgabe eines Bundesjustizministers und jedes Landesjustizministers ist,
Justiz und Staat zusammenzubringen, nicht gegeneinanderzuführen, damit wir, bevor wir eine echte Justizkrise haben, die Voraussetzungen beseitigen, daß sie entstehen könnte.