Rede von
Dr.
Michael
Horlacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin ganz überrascht, daß ich so plötzlich drankomme. Da muß manches nicht so sein, wie es sein soll. Aber ich will mich auf eine kurze Begründung meines Antrages beschränken. Ich will auch auf die technischen Einzelheiten dieser Verordnung zur Durchführung des Einkommensteuergesetzes bei den nichtbuchführenden Landwirten im einzelnen nicht eingehen. Das würde zu weit. führen. Ich will nur einige Grundsätze herausgreifen, die zur allgemeinen Kenntnis der Verhältnisse notwendig sind.
Es handelt sich zunächst darum, daß man hier den veränderten Verhältnissen der Landwirtschaft Rechnung tragen muß. Trotz mancher .gegenteiligen Stimmungen gegenüber unserer Bauernbevölkerung kommt doch eines jetzt auch in der großstädtischen Presse immer mehr zum Ausdruck: daß die Landwirtschaft sich in einer Krise befindet. Es kommt auch in einzelnen Presseerörterungen jetzt zum Ausdruck, daß diese Krise nicht allein von der Preisseite her kommt, sondern auch von der Seite der Belastung der Landwirtschaft. Dieser Belastungsseite der Landwirtschaft will ich mich jetzt mit einigen Ausführungen zuwenden. Da ist es notwendig, daß die Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft entsprechend den veränderten Verhältnissen geändert wird. Die Durchschnittssätze, die für die nichtbuchführenden Landwirte aufgestellt werden, gehen von einem Reinertrag aus, der sich unter der Annahme eines Betriebes aufbaut, der nur mit fremden Arbeitskräften arbeitet. Auf dieser Grundlage wird dann das Einkommen des Bauern dadurch errechnet, daß man den Arbeitsverdienst des Bauern, seiner Ehefrau und seiner mitarbeitenden Kinder dazurechnet. Hier kommt eine alte Forderung unserer Bauernbevölkerung, daß man insbesondere die mitarbeitenden Familienangehörigen in der Landwirtschaft steuerlich entsprechend berücksichtigt. Es kommt auch hier der Grundsatz, der auch sonst eine Rolle spielt, wegen der Haushaltsbesteuerung herein. Diese Haushaltsbesteuerung wirkt sich im bäuerlichen Betrieb besonders nachteilig aus.
Da stelle ich einen Grundsatz auf, für den sich das Hohe Haus eigentlich ganz allgemein entscheiden sollte, daß man hier eine steuerliche Berücksichtigung der mitarbeitenden Bauernkinder herbeiführt. Denn hier handelt es sich darum, daß der Lohn, den die mitarbeitenden Familienangehörigen sich während des Jahres verdienen, genau so berücksichtigt werden sollte wie bei einer fremden Arbeitskraft, die einen bestimmten Jahresarbeitsverdienst in einem bäuerlichen Betrieb erzielt Deswegen ist dieser Antrag in erster Linie auf die Berücksichtigung der familieneigenen Arbeitskräfte des Bauern berechnet. Das heißt, die familieneigenen Arbeitskräfte des Bauern haben einen Anspruch darauf, daß der Arbeitslohn für sie entsprechend in Rücklage genommen wird, damit die arbeitenden Kinder, insbesondere nachdem durch die Währungsreform ihre Ersparnisse zugrunde gegangen sind, einen Anreiz haben, auf dem Bauernhof zu bleiben. Mit anderen Worten, hier ist ein besonders wirksames Mittel vorhanden, um die Landflucht aus dem bäuerlichen Betrieb zu bekämpfen. Sie müssen den bäuerlichen mitarbeitenden Familienangehörigen entsprechende Beträge gutschreiben, auf die sie als Lohn Anspruch haben. Über die Höhe der Gutschriften können die Meinungen auseinandergehen. Ich denke mir aber, daß für die mitarbeitenden Familienangehörigen bei der Einkommensteuerermäßigung des Bauernbetriebes keine Zuschläge mehr gemacht werden. Das wäre eine wesentliche Berücksichtigung der eigenen Arbeitskräfte des Bauern.
Es kommt noch die Berücksichtigung des Arbeitseinkommens der Bauersfrau hinzu. Da möchte ich sagen: wenn wir die ganze Zeit nach dem Krieg betrachten und die Verhältnisse an uns vorüberziehen lassen, so wird es ein Ruhmesblatt in der Geschichte unseres Bauerntums sein, daß die Bäuerin den Bauernhof unter den schwierigsten Verhältnissen in die jetzige Zeit hinübergerettet hat.
Sie mußte mit wenigen Arbeitskräften all das leisten, was andere nicht mehr tun konnten, weil der Mann im Kriege war, weil die erwachsenen Söhne im Kriege waren usw. Sie ist eigentlich der Motor zur Aufrechterhaltung unseres bäuerlichen Betriebes gewesen. Da sollte man hier der arbeitenden Bauersfrau entgegenkommen; denn eigentlich sollte die Bauersfrau sich wie jede Frau in einem ordnungsgemäßen Haushalt darauf beschränken, nur ihren Haushalt zu führen,
und nicht übermäßig in die übrige Wirtschaft eingeschaltet werden. Deswegen ist es eine steuerliche Benachteiligung der Bauersfrau, daß ihre Arbeitskraft zusätzlich bewertet wird; denn in anderen Haushalten wird sie auch nicht zusätzlich bewertet. So sollte man hier entgegenkommend sein.
Ein besonderes Entgegenkommen ist für die Witwen und die Kriegerwitwen in unseren Bauernbetrieben notwendig; denn die Kriegerwitwen müssen, um einigermaßen durchkommen zu können, eine fremde Arbeitskraft ersetzen. Deswegen sollte man die steuerliche Begünstigung insbe-
Deutscher Bundestag — 41. und 42. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1950 1405
sondere bei den Kriegerwitwen und den Witwen überhaupt eintreten lassen.
Das sind die Grundsätze, die maßgebend sein sollten. Das kann der Herr Finanzminister durch eine Verordnung machen, die sich an das Einkommensteuergesetz anschließt. Wenn das Einkommensteuergesetz zu einer Belebung der Wirtschaft und zu einer Sicherung unserer Wirtschaftsbetriebe beitragen soll, dann muß meines Erachtens auf solche Verhältnisse Rücksicht genommen werden.
Daß ich in dem Antrag weiter fordere, den veränderten Verhältnissen der Landwirtschaft bei der Bemessung des Einheitswertes Rechnung zu tragen, dürfte sich von selbst verstehen. Denn jetzt wird der Grundertrag aus einem Zwölftel des Einheitswertes errechnet. Früher war es ein Achtzehntel. Da stehe ich auf dem Standpunkt, daß angesichts der veränderten Preis- und sonstigen Verhältnisse in .der Landwirtschaft wieder die frühere Berechnungsgrundlage festgelegt werden sollte. Schließlich ist noch darauf hingewiesen, daß auch die Umsatzsteuerrichtzahlen den veränderten Verhältnissen angepaßt werden müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie so meine Ausführungen hören und sie bei Ihnen auf fruchtbaren Boden gefallen sind, dann habe ich gar keinen Zweifel, daß dieser Antrag einstimmig angenommen werden muß. Ich bin aber dafür, daß der Antrag dem Finanz- und Steuerausschuß nochmals zur gründlichen Beratung überwiesen wird, damit man insbesondere die steuertechnischen Grundsätze im einzelnen erörtern kann. Ich sehe aus Ihrer Haltung, daß Sie grundsätzlich mit meinen Ausführungen einverstanden sind.