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ID0104100800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 41. und 42. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1950 1387 41. und 42. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Februar 1950. 41. Sitzung Geschäftliche Mitteilungen . . . 1388B, 1424D Schriftlicher Bericht der Bundesregierung betreffend Notstandsgebiet WatenstedtSalzgitter (Drucksachen Nr. 362 und 612) 1388B Anfrage Nr. 42 der Fraktion der KPD betreffend Memorandum der Bundesregierung in der Presse (Drucksachen Nr. 456 und 606) 1388C Anfrage Nr. 46 der Abg. Strauß, Stücklen, Karpf und Genossen betreffend Anleihe bei den Inhabern von Telefonanschlüssen (Drucksachen Nr. 492 und 607) . . . . 1388C Erste Beratung des Entwurfs eines Ersten Wohnungsbaugesetzes (Drucksache Nr 567) 1388C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 1388D Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 1389B Klabunde (SPD) . . . . 1392A Dr. Brönner (CDU) . . . . 1393D Paul (KPD) 1395C Wirths (FDP) 1397A Bahlburg (DP) 1398D Dr. Glasmeyer (Z) 1399C Dr. Etzel (BP) 1400B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksachen Nr. 566 und 317) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abgeordneten Volkholz, von Aretin, Dr. Solleder, Kahn, Aumer und Genossen betreffend Säumniszuschlag auf Bundessteuern (Drucksache Nr. 539), mit der Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betreffend Stundungsvorschriften für Steuern (Drucksache Nr. 540) und mit der Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Horlacher, Hilbert, Strauß, Bauereisen, Struve, Nickl, Funk, Fuchs, Stücklen und Genossen betreffend steuerliche Behandlung der Landwirtschaft (Drucksache Nr. 544) . . . . . . . . 1400C Neuburger (CDU), Berichterstatter . . . . . . . 1400D, 1406C Freiherr von Aretin (BP), Antragsteller 1403C Dr. Bertram (Z), Antragsteller . . . . . 1403D, 1407B Dr. Horlacher (C SU), Antragsteller 1404A Dr. Koch (SPD), Antragsteller . . . . . 1405C, 1406D Renner (KPD), Antragsteller 1405D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1406B, 1407A Seuffert (SPD) 1407D, 1408C Dr. von Brentano (CDU) 1408B Erste Unterbrechung der Sitzung 1408D Zweite Unterbrechung der Sitzung 1409A Seuffert (SPD) 1409B Dr. Bertram (Z) (zur Geschäftsordnung) 1409C Mellies (SPD) (zur Abstimmung) . 1410B Beschlußunfähigkeit und nächste Sitzung 1410C 42. Sitzung Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksachen Nr. 566 und 317) in Verbindung mit der Beratung des Antrag s der Abgeordneten Volkholz, von Aretin, Dr. Solleder, Kahn, Aumer und Genossen betreffend Säumniszuschlag auf Bundessteuern (Drucksache Nr. 539), mit der Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betreffend Stundungsvorschriften für Steuern (Drucksache Nr. 540) und mit der Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Horlacher, Hilbert, Strauß, Bauereisen, Struve, Nickl, Funk, Fuchs, Stücklen und Genossen betreffend steuerliche Behandlung der Landwirtschaft (Drucksache Nr. 544) . . . . . 1410C Abstimmungen . . 1410D, 1412A, 1413D, 1414C, 1416C, 1417B, 1420B, 1423B Zur Abstimmung: Mellies (SPD) 1411A Arnholz (SPD) 1411D Mertins (SPD) 1414A Ritzel (SPD) 1423B 1388 Deutscher Bundestag — 41. und 42. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1950 U Zur Sache: Dr. Besold (BP) . . .. . . 1411C Dr. Miessner (DRP) 1411D Zur Geschäftsordnung: Dr. Reismann (Z) 1412B Neuburger (CDU) . . . . 1415A, 1422B Dr. Oellers (FDP) 1420A Dr. Bertram (Z) 1421A Zur Sache: Schäffer, Bundesminister der Finanzen . . . . . 1412C, 1419A Dr. Koch (SPD) . . . . . . . . 1412D Dr. Bertram (Z) 1413B, 1414A, D, 1416D, 1418A, 1419D, 1421B Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) 1413C, 1419B Neuburger (CDU) 1414B, 1416B, 1422D Dr. Kather (CDU), Antragsteller . . 1415B Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 1415C Farke (DP) 1416A Dr. Reismann (Z) . . . . . 1416A Frommhold (DRP) 1416B Dr. Wellhausen (FDP) 1422A Dr. Becker (FDP) 1422B Dr. von Brentano (CDU) . . . 1423C ,Ritzel (SPD) 1424A Nächste Sitzung 1424D 41. Sitzung Die Sitzung wird um 14 Uhr 41 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Erich Klabunde


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat seine Ausführungen mit dem Appell an alle Parteien geschlossen, an diesem Werk mitzuarbeiten. Aus den Schlußworten des Herrn Bundeswohnungsbauministers haben Sie bereits vernehmen können, daß dieser Wunsch nicht nur für die Zukunft gilt, sondern sich erfreulicherweise in gewissem Umfang, sogar in erheblichem Umfang bereits verwirklicht hat; denn in dem Wohnungsausschuß dieses Hohen Hauses ist für die Gestaltung der künftigen Wohnungspolitik tatsächlich eine Reihe von wichtigen Übereinstimmungen erzielt worden. Unsere Hoffnung ist es, daß diese Übereinstimmung nicht nur eine solche des Ausschusses bleibt, sondern auch zu einer Übereinstimmung des gesamten Hauses wird.
    Wir haben im Wohnungsausschuß in Fragen Übereinstimmungen erzielen können, die ganz entscheidende Abweichungen von dem Regierungsentwurf bedeuten. Wenn ich auch für meine Partei und nach meiner eigenen persönlichen Überzeugung nicht in der Lage bin, alle Ansätze des Regierungsentwurfs zu akzeptieren, so muß ich doch sagen: es besteht eine gute Möglichkeit, zu einem besseren Gesetz zu gelangen, wie es ja an sich überhaupt die Aufgabe jedes Gesetzentwurfes ist, zu einem besseren Gesetz zu werden.
    Das gilt beispielsweise auch für die Frage der Mehrjährigkeit des Bauprogramms, für die die Lösung in dem Entwurf noch verneint wurde. Sie alle, soweit Sie direkt oder indirekt mit diesem Gebiet befaßt sind,' wissen, daß wir in jedem Winter die große Krise des Wohnungsbaus haben. Wenn wir an die Lösung des Problems ernsthaft gehen wollen, ist es notwendig und unvermeidlich, dafür zu sorgen,. daß es diese saisonalen Schwankungen nicht gibt, daß sie vielmehr durch eine rechtzeitige Planung — Planung in dem Sinne verstanden, wie sie für ein solches Gesetz allein verstanden werden kann —, durch eine rechtzeitige Ordnung der Dispositionen des nächsten Jahres beseitigt werden können und das Problem so in positivem Sinne gelöst wird. Die Lösung brauchen wir zu Beginn des Winters, und es darf nicht etwa so sein, wie es leider geworden ist, daß erst mit dem Auslauf des Winters die Beratungen des Gesetzes stattfinden müssen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    So erfreulich es auch ist, daß die Bundesregierung den Gedanken eines Wohnungsbaugesetzes aufgenommen hat — Sie erinnern sich ja, daß uns von einer Organisation in den ersten Tagen des September, als dieser Bundestag zum ersten
    Mal zusammentrat, bereits ein Entwurf vorgelegt wurde; man findet sogar zwischen dem Regierungsentwurf und jenem zitierten Entwurf eine gewisse Verwandtschaft —, so bedauerlich ist es doch, daß soviel Zeit vergehen mußte, und zwar nicht etwa für die positive Gestaltung, sondern sogar mit der Wirkung, dem ursprünglichen Entwurf, der in den Ministerien entstanden war, manche moderne Lösung und manche grundsätzliche Lösung zu nehmen und an deren Stelle die Vertröstung auf die Zukunft zu bringen.
    Meine Damen und Herren, das gilt insbesondere auch für die Frage der Enteignung des erforderlichen Baulandes. Hier ist aber im Ausschuß ebenfalls eine wichtige Übereinstimmung erzielt worden, nämlich dahin, daß die Bundesregierung bei den Beratungen über das Wohnungsbaugesetz ersucht werden soll, spätestens bis zum Hochsommer dieses Jahres ein Enteignungsgesetz über Bauland vorzulegen, das notfalls sogar über die Schranken des Grundgesetzes hinausgeht, weil diese Schranken des Grundgesetzes den Bedürfnissen für die Versorgung des Flüchtlingswohnungsbaus und des sozialen Wohnungsbaus mit Bauland nicht gerecht werden. Sie sehen also, daß die sachlich unabhängig von der politischen Einstellung anerkannten Notwendigkeiten bereits eine Fülle von Übereinstimmungen ergeben haben, die es nach meiner und unserer Auffassung nicht nur zu erhalten, sondern so zu erweitern gilt, daß eine grundlegende Lösung für den Wohnungsbau zustande kommen kann.
    Gerade weil uns sehr an der grundlegenden positiven Lösung liegt, gestatten Sie mir, eine Reihe von Bemerkungen zu den Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Wohnungsbauministers zu machen, um zu zeigen, wo noch offene Punkte der Lösung bedürfen. Ich möchte zunächst einmal darauf hinweisen, daß die Länder in ihrer Tätigkeit für die Zukunft hier etwas zu gering eingestuft worden sind. Das sage ich nicht aus Föderalismus, sondern ich sage das deswegen, weil die Länder in der Vergangenheit die einzigen Träger des Wohnungsbaus waren und neben ihnen der Bund sich seine Position erst erobern muß, die er nach dem Grundgesetz nur neben ihnen, aber nicht an ihrer Stelle haben kann. Wir müssen die volle Leistungsfähigkeit der Länder erhalten und die Leistung des Bundes dazubringen. Denn nur aus der Addition beider Kräfte können wir zu einem Mehr an Leistung gegenüber dem Vorjahr gelangen. Nur so wird es möglich sein, die wahrscheinliche Zahl von 1949, die nach den Schätzungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers bei 170 000, nach anderen Schätzungen bei 200 000 liegt, wirksam zu überschreiten. Und auf diese wirksame Überschreitung kommt es an.
    Erfreulicherweise hat der Herr Wohnungsbauminister in seiner Übersicht über die Finanzierung nicht nur das Aufkommen von 2,5 Milliarden zahlenmäßig skizziert, sondern er ist, wenn ich richtig addiert habe, bereits auf 2,75 Milliarden gekommen. Das heißt, er wäre nach seiner Aufstellung in der Lage, 270- bis 280 000 Wohnungen zu finanzieren. Wir hoffen sehr, daß die Zahlen, die er ausgesprochen hat, durch die Realität, durch die reale Entwicklung des Jahres 1950 bestätigt werden. Meine Damen und Herren! Das ist aber noch nicht sicher, sondern in dieser Rechnung sind so viele Unbekannte, daß wir bis jetzt nur etwa 70 Prozent der Summe als sicher ansehen können.
    Deutscher .Bundestag — 41. und 42. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1950 193

    (Klabunde)

    Es wird sehr viel Verhandlungskunst und sehr viel Bemühungen kosten, die Lücke im übrigen zu schließen. Jedenfalls ist die Situation heute so, daß nicht etwa die Zusagen von hoher öffentlicher Stelle, die Herren Wiederaufbauminister mögen doch zu ihren Hypothekenbanken gehen und die Darlehen abheben, schon Geltung besitzen; vielmehr sind bei den Hypothekenbanken die Mittel für die ersten Hypotheken weitgehend bzw. vollständig gesperrt. Wir befinden uns in der grotesken Lage, daß durch Vorgriffe auf das Etatjahr 1950/51 in einer Reihe von Ländern mehrere Dutzend Millionen an Wohnungsbaumitteln zur Verfügung stehen, die nicht effektiv werden können, weil die Mittel für die ersten Hypotheken fehlen. Ich weiß, daß die Bundesregierung sich bemüht hat, hier auf dem Weg der Vorfinanzierung eine Überbrückung zu finden. Es wäre wünschenswert, wenn uns ganz konkrete Angaben über das Schließen dieser Lücke gemacht werden könnten. Denn es wäre beklagenswert, wenn zu Beginn des Baujahres oder noch vor seinem Beginn diese Unsicherheit sich schon als dauernd erweisen müßte.
    Nach den Überlegungen des Herrn Bundeswohnungsbauministers sind von den 2,75 Milliarden insgesamt 0,65 Milliarden echte Kreditschöpfungsbeträge aus den Münzgewinnen und aus den ERP- Beträgen. Beide Mittel sind aber noch nicht gesetzlich gesichert. Über die Münzgewinne brauchen wir ein Gesetz, von dem wir bisher noch nicht einmal den Entwurf kennen. Was die ERP- Mittel angeht, so ist ja ein Teil Bestandteil der Mittel des nächsten Marshallplanjahres, ohne daß bis jetzt schon bindende Zusagen vorliegen. Sie ersehen also daraus, wie wenig feste Fundamente dieses Gebäude des Wohnungsbaus des Jahres 1950 hat, so sehr wir alle ihm diese Fundamente wünschen. Sie mögen daraus ersehen, wie notwendig es ist, das mehrjährige Gesetz zu schaffen, damit wir uns nicht etwa in 11 bis 12 Monaten an dieser Stelle über das gleiche Thema mit der gleichen oder einer noch gesteigerten Unsicherheit unterhalten. müssen.
    Ich möchte, was die Förderung des Wohnungsbaus durch Steuermittel angeht, auf einen Umstand aufmerksam machen, der sich vielleicht bei der Beratung des Einkommensteuergesetzes oder einer Novelle dazu, die in Kürze möglich wäre, beheben läßt. Die Spartätigkeit des kleinen Mannes, der nicht mit sehr hohen Prozentsätzen bei der Lohn- und Einkommensteuer belastet ist, ist geradezu benachteiligt gegenüber der Spartätigkeit hoher Einkommenbezieher, die im extremsten Fall bis zu 95 Prozent des Baubetrags aus öffentlichen Mitteln erhalten, während der Durchschnitt etwa bei 50 bis 60 Prozent liegt und der kleine Mann mit sehr viel geringeren Vergünstigungen zu rechnen hat.
    Ein gemeinsamer Antrag des Zentrums und der SPD versucht diese Lücke zu schließen. Das hat eine überragende Bedeutung, wenn Sie den kleinen Lohn- und Einkommenempfänger bewegen wollen, in stärkerem Maße Mittel in dem Wohnungsbau zu investieren. Gerade aus diesem Grunde möchte ich auch beklagen, daß der private Wohnungsbau hier in einer Weise betont wird, als wenn echte private Leistungen vorliegen, während es sich tatsächlich nur um einen Wohnungsbau handelt, den man als sogenannten privaten bezeichnen muß, weil nämlich die dabei zur Verbauung gelangenden Mittel nicht nur teilweise, sondern sogar überwiegend Steuerermäßigungen, also öffentliche Mittel darstellen. Das widerspricht insofern dem Grundsatz des Wohnungsbaugesetzes, als öffentliche Mittel nur für den sozialen Wohnungsbau verwandt werden sollen. Ich hoffe, daß auch diese mißliche Lösung in eine bessere Lösung umgewandelt werden kann.
    Wenn Sie sich die Fragen, die bei der Erörterung des Wohnungsbaues entstehen müssen, vergegenwärtigen, so gehört dazu die unbedingte Bereitschaft des Hauses, sehr viel an dem Regierungsentwurf zu ändern. Es gehört aber dazu auch die Bereitschaft der Bundesregierung, nicht die einzelnen Thesen ihres Entwurfs unbedingt hochzuhalten, sondern bereit zu sein, der Initiative, für die sich eine Mehrheit des Parlaments zu finden scheint, nachzugeben, und zwar nicht faute de mieux nachzugeben, sondern in der Erkenntnis, daß es sich hier wirklich um die bessere Lösung handelt. Wenn wir darüber einig sind, wenn wir insbesondere auch zu klaren Fixierungen in bezug auf die künftige Miethöhe kommen, die der Regierungsentwurf ebenfalls vermissen läßt, so läßt sich, glaube ich, der Appell des Herrn Bundeskanzlers erfüllen. Aber die Erfüllung dieses Appells bedeutet nicht die unveränderte Annahme des Regierungsentwurfs, sondern sie bedeutet seine völlige Umgestaltung.
    Seien wir uns auch über die arbeitsmarktpolitischen Wirkungen klar. Diese sind zwar in der öffentlichen Debatte und zum Teil in Erklärungen aus hohem Munde überschätzt worden. Denn es handelt sich nicht darum, daß 2,5 oder gar 2,7 Milliarden Mittel für die Arbeitsbeschaffung zur Verfügung stehen. Wenn im vorigen Jahre bereits 2 Milliarden aus öffentlichen und privaten Beträgen in den Wohnungsbau geflossen sind, fließt nur die Spitze von 500 bis 700 Millionen, falls sie zur Verfügung steht, dem Wohnungsbau zusätzlich zu und erfüllt nur insofern die Merkmale eines Arbeitsbeschaffungsprogramms. Denn bei der Arbeitsbeschaffung handelt es sich nicht um die Finanzierung üblicher Arbeiten, sondern um die Finanzierung zusätzlicher Arbeiten. Gerade um an den Wohnungsbau nicht die Hoffnung der Wunderwirkung zu knüpfen, wäre ich sehr dankbar, wenn alle Teile des Hauses und die Regierung diesen Unterschied bedenken und klar herausstellen würden.
    Ich betone nochmals: Wir können zu einer einheitlichen Lösung kommen. Aber die einheitliche Lösung erfordert ein wohnungspolitisches Neudenken, für das sich erfreulicherweise sehr verheißungsvolle Ansätze zeigen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Brönner. Die Redezeit beträgt
18 Minuten.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Josef Brönner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir erleben heute vielleicht unsere bisher bedeutsamste Stunde im Bundestag. Das ganze Volk wartet seit Monaten darauf, daß hier endlich eine praktische Arbeit geleistet wird. Wir müssen es bedauern, daß wir heute erst dazu kommen. Aber wir haben den ernsten Willen, hier wirklich eine Arbeit zu leisten, die sich sehen läßt.
    394 Deutscher Bundestag — 41. und 42. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Februar 1950

    (Dr. Brönner)

    Meine Aufgabe sehe ich darin, dem Hause den Rahmen darzulegen, wie sich meine Fraktion dieses Wohnungsbaugesetz vorstellt. Daher gebe ich nur schlagwortartig die Gesichtspunkte an, die für uns bedeutsam sind.
    Erstens. Der Wohnungsbau wird aus der Zwangswirtschaft herausgenommen und wird unter den Anreiz des einzelnen Baulustigen gestellt. Wir müssen den Weg gehen, von dem überflüssigen Konsum das Geld abzuzweigen und in den Wohnungsbau hineinzuführen. Den Anreiz zum Sparen für das eigene Haus, für die eigene Wohnung und den gemeinnützigen Wohnungsbau können wir gar nicht stark genug machen. Nach dieser Richtung sind folgende Gedanken maßgebend: erstens die Steuerbegünstigungen, zweitens die Baulandbeschaffung und drittens die Lockerung der Wohnungszwangswirtschaft.
    Die Steuerbegünstigungen sind nach vier Gesichtspunkten hin zu beachten. Einmal die unverzinslichen Darlehen und Zuschüsse nach § 7 des Einkommensteuergesetzes. Zweitens die Abzüge nach § 10, wonach im Rahmen der zulässigen Sonderausgaben, insbesondere die Einzahlungen auf Bausparverträge steuerbegünstigt sind. Drittens die Grundsteuerbefreiung, die wir ungefähr auf 10 Jahre festgelegt sehen möchten. Wir denken dabei auch an die Gemeinden mit vielen kriegszerstörten Häusern. Diese Gemeinden haben dann einen so starken Grundsteuerausfall gegenüber früher und außerdem ihre zerstörten Häuser, daß ein Weg gefunden werden muß, damit dieser Ausfall an Grundsteuer einigermaßen gedeckt wird. An vierter Stelle führe ich den Punkt an, der heute morgen zur Beratung stand und den mein Herr Vorredner herausgestellt hat. Wir wollen dem kleinen Mann die Möglichkeit geben, daß er einen etwas größeren Vorteil hat, wenn er für sein Eigenheim und seine eigene Wohnung spart, gegenüber dem anderen, der nach § 7 c ganz große Beträge als unverzinsliche Darlehen oder als Zuschüsse für den Wohnungsbau von seinem versteuerbaren Einkommen abziehen kann. Auch nach dieser Richtung erwarten wir von der Regierung, wie uns das zugesagt wurde, daß bei der Einkommensteuernovelle die Begünstigung der kleinen Sparer erreicht wird, um den stärksten Anreiz zu dem langfristigen Sparen für das eigene Haus und für die eigene Wohnung zu geben.
    Zweitens die Baulandbeschaffung. Da ist es klar, daß die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände eine starke Verpflichtung haben, Bauland zu angemessenen Preisen zur Verfügung zu stellen. Manchmal kommt es vor, daß solche Gemeinden kein baureifes Gelände haben. Dann müssen sie vielleicht einen Tausch gegen anderes Gelände durchführen; denn daran darf der Wohnungsbau nicht scheitern, daß es an Bauplätzen fehlt.
    Der zweite Gesichtspunkt der Bauplatzenteignung wurde auch schon erwähnt. Wir befinden uns heute in einem Notstand in bezug auf die Bauplätze. Die Eigentümer der Bauplätze sind in vielen Fällen nicht bereit, sie zu einem angemessenen Preis abzugeben. Wir hätten es begrüßt, wenn wir schon in dieses Gesetz eine Art Enteignung hätten hineinarbeiten können. Es haben sich aber bei der Besprechung mit anderen Ausschüssen Schwierigkeiten ergeben; doch ist uns zugesagt worden, im Laufe des Jahres werde ein Gesetzentwurf vorgelegt, in dem diese Notlage beachtet und damit der Notstand möglichst beseitigt wird, so daß baureife Bauplätze tatsächlich enteignet werden können. Damit hoffen wir, dem Wohnungsbau einen erneuten Anreiz und einen erneuten Anstoß zu geben.
    Ich komme zur Finanzierung der Wohnungsbauten. Hierüber hat uns der Herr Wohnungsbauminister schon hinreichende Darlegungen gemacht. Ich verzichte auf einzelne Zahlen, aber die Bedingungen möchte ich erwähnen. Wir brauchen erstens hinreichend Kapital. Dabei ist es möglich, daß wir entweder durch eine Ermächtigung der Regierung auf die Realkreditinstitute einen Druck ausüben können, damit die notwendigen Gelder gegen erste und zweite Hypotheken gegeben werden. Wenn es aber gelingt, das Ziel ohne Zwang zu erreichen, dann ist es um so besser. Auf keinen Fall darf aber der Wohnungsbau daran scheitern, daß die Realkreditinstitute nicht bereit wären, die notwendigen Gelder zur Verfügung zu stellen. Hier hat die Regierung eine Aufgabe, und wir müssen uns darauf verlassen, daß daran der Wohnungsbau nicht scheitert.
    Wir müssen auch tragbare Zinssätze bekommen. Das ist ein schwieriges Kapitel. Trotzdem müssen wir Mittel und Wege suchen, gerade für die ersten Hypotheken hinreichend Kapital zu tragbaren Zinssätzen zu bekommen bei 1 Prozent Tilgung.
    Endlich ist in bezug auf die Finanzierung noch anzuführen: wir müssen eine sofortige Vorfinanzierung sichern. Wir sind mit dem Gesetz schon reichlich spät dran. Daher ist es notwendig, daß die Regierung alle Schritte unternimmt, damit der Anfang des Wohnungsbaus in diesem Jahr nicht darunter leidet, weil die uns genannten Gelder noch nicht fließen. Also unter allen Umständen eine Vorfinanzierung, wenn es nicht gelingt, die Gelder selbst rechtzeitig flüssig zu machen.
    Ich komme zur Art der Wohnungsbauten. Wir denken an erster Stelle an den Wiederaufbau der kriegszerstörten Wohnungen. An zweiter Stelle und ebenso wichtig ist und bleibt der soziale Wohnungsbau für die breiten Schichten des Volkes. Darin sind wir uns mit meinem Vorredner und vermutlich mit allen Parteien einig. Wir brauchen nähere Bestimmungen in bezug auf Größe, Ausbau und Miete. Diese Dinge sind wichtig. Sie sollen hier nicht näher erörtert werden, weil Mauern entstehen könnten, über die man bei der ernstlichen Beratung im Ausschuß nicht hinwegkommen kann. Ich bin der Überzeugung, daß wir zusammen in dem Ausschuß, in dem bisher eine sehr harmonische Arbeit geleistet worden ist, auch diese Schwierigkeiten überwinden werden.
    Die Mieten im sozialen Wohnungsbau müssen für die breiten Schichten des Volkes tragbar sein. Wir können unterscheiden die Altmieten, die beschränkten Neubaumieten und die freien Marktmieten. Es gibt hier eine Reihe von Gesichtspunkten. Worauf es aber ankommt, ist folgendes. Der kleine Mann muß eine Miete bekommen, die er auch tragen kann. Vielleicht gibt es eine Abwanderung von den am wenigsten leistungsfähigen Mietern nach den bisherigen Altbauten mit der billigeren Miete. Wie dem aber auch sei, wir müssen die äußersten Anstrengungen für tragbare Mieten machen. Nun sind wir uns über eines klar. Die Miete ist eine Funktion der vom Staat aus öffentlichen Mitteln gegebenen
    Deutscher Bundestag -- 41. und 42. Sitzung. Bann. Freitag. den 24. Februar 1950 1395

    (Dr. Brönner)

    unverzinslichen Darlehen. Je größer der Beitrag I an öffentlichen Mitteln ist, desto kleiner kann die Miete sein und umgekehrt. Auch da heißt es einen Ausweg finden. Wenn wir zum Beispiel 6000 D-Mark für eine einzelne „soziale" Wohnung an unverzinslichen Darlehen geben würden, und wir haben zwei andere Baugesuche, die beide befriedigt werden können, wenn jeder nur 3000 D-Mark bekommt, dann würden wir mit demselben Betrag zwei „soziale" Wohnungen schaffen. Das sind Erwägungen, die alle beachtet werden müssen: der Mietpreis einerseits und die Höhe des .unverzinslichen Darlehns andererseits.
    Der Kreis der Mieter ist dadurch charakterisiert, daß der soziale Wohnungsbau für die breiten Schichten der Bevölkerung bestimmt ist. Es gibt noch einen anderen Gesichtspunkt, nämlich den Kreis der Personen, die der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Vielleicht könnte man sagen, daß eine Person, die 600 D-Mark Bruttoeinkommen im Monat hat, eigentlich die billigeren Wohnungen, die für die breiten Schichten des Volkes bestimmt sind, gar nicht bekommen dürfte. Auch das ist eine beachtliche Erwägung. Aber wir wünschen trotzdem einen Maßstab, ein gewisses objektives Merkmal zu haben, nach dem die Kreise für die billigen Wohnungen festgestellt werden.
    Wir brauchen weiter eine Senkung der Baukosten. Wir haben in dem Sektor der Bauwirtschaft keine Zwangswirtschaft mehr. Also müssen wir einen gesunden Wettbewerb erstreben. Ein gesunder Wettbewerb ist nur dann möglich, wenn eine Anzahl von Angeboten vorliegt. Wenn wir zum Beispiel mit unserem großen Programm herausrücken, dann besteht die Gefahr, daß die derzeitige Bauwirtschaft, weil die Konkurrenz fehlt, nur zu höchsten Preisen Bauten übernimmt. Wenn wir den gesunden Wettbewerb haben wollen, müssen wir also dafür sorgen, daß in der Bauindustrie, in der gesamten Bauwirtschaft, Investitionen gemacht werden können, damit das Angebot immer etwas größer ist als die Nachfrage. Die Regierung wird sich deshalb zu überlegen haben, ob nicht langfristige Kredite an die Bauwirtschaft gegeben werden sollten. um deren Apparat auszustatten und zu vergrößern, damit von dort her ein Druck auf die Preise kommt und nicht durch unser großes Bauprogramm eine Preissteigerung herbeigeführt wird.
    Dazu muß die Bindung der zinslosen Darlehen an preiswerte Kostenvoranschläge kommen. Es ist selbstverständlich, daß jeder so billig baut, wie es möglich ist. Aber die Länder können für die Hergabe ihrer unverzinslichen Darlehen auch Richtlinien aufstellen, wonach sie bestimmen: nur wenn die Kostenvoranschläge den und den Preis nicht überschreiten, werden zinslose Darlehen gegeben.
    Ich möchte noch einen anderen Gesichtspunkt herausstellen. Das Schwergewicht im Wohnungsbau möchten wir auf das Eigentum gelegt sehen. Wer ein eigenes Haus besitzt, ist der sparsame, der zufriedene, der glückliche Mann; dessen ganze Familie lebt ganz anders, als wenn sie in eine Wohnung in irgendeinem Stockwerk hineingepreßt ist. Es fragt sich also, ob wir gerade das Sparen für das Eigenheim und das Sparen, für das Wohnungseigentum nicht noch weiter fördern können. Je mehr Eigentum an den Wohnungen, desto zufriedener ist die Bevölkerung. Dabei wäre auch zu erwägen, ob sich nicht gerade die gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmungen etwa stärker auf Erwerbshäuser verlegen könnten, soweit es außerhalb der Großstädte möglich ist, damit auch ein Mitglied durch Sparen allmählich das kleine ein- oder zweistöckige Haus erwerben kann und damit das Wohnungsbauunternehmen mit diesem Geld wieder neue Wohnungen erstellt.
    Als letzten Grundsatz möchte ich die Gleichstellung des privatwirtschaftlichen und des gemeinwirtschaftlichen Wohnungsbaus herausstellen. Jeder ist uns recht, der baut, der billig und zu preiswerten Mieten baut. - Aber diese preiswerten Mieten sollen auch eine dauernde Geltung haben, sie sollen nicht bloß von heute auf morgen gelten. Außerdem soll derjenige, der gebaut und vom Staat ein zinsloses Darlehen bekommen hat, beim Verkauf seines Hauses keinen unverdienten Gewinn machen. Auch dieser Gesichtspunkt ist beachtlich.
    Meine Frauen und Männer! Wir haben eine Gemeinschaftsleistung zu vollbringen. In absehbarer Zeit müssen wir Millionen von Wohnungen bauen. Das Volk soll wissen: der Bundestag ist sich einig in dem Willen, diese Schicksalsfrage des deutschen Volkes nach besten Kräften zu lösen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)