Meine Damen und Herren! Ich habe heute nachmittag in einer Zeitung gelesen, daß die Arbeitslosigkeit weiterhin im Steigen begriffen ist und daß jetzt offiziell 2 018 000 Arbeitslose registriert worden sind, ferner daß allein im Monat Februar, der noch gar nicht zu Ende ist, in Nordrhein-Westfalen 35 000 Personen zusätzlich arbeitslos geworden sind. Es ist daher notwendig, daß etwas getan wird. Es muß etwas getan werden, es hätte schon längst etwas getan werden müssen. Ich bin aber nicht der Meinung, daß das, was hier vorgeschlagen wurde, der richtige Weg ist. Das, was eben von dem Vertreter des Zentrums zur Begründung gesagt worden ist, ist doch gerade das, was wir alle von unserer Regierung erwarten, das ist doch das, was zu den Aufgaben unserer Regierung gehört. Wir haben doch solche Experten, die auf dem Gebiet so ungeheuer viel und Großes leisten können; das haben sie vorher immer gesagt. Wir haben einen Bundeskanzler namens Adenauer, der hat gerade dies Problem in den Vordergrund seiner Aufgaben gestellt. Wir haben einen Professor Erhard als Wirtschaftsminister, der hat die Arbeitslosigkeit zuerst negiert, und nachher hat er gesagt: wenn ich das will, ist in wenigen Tagen das Arbeitslosenproblem gelöst. Dann haben wir noch einen Arbeitsminister Storch, der hat sich doch ähnlich ausgelassen. Warum denn jetzt eine Studienkommission aufbauen und das Prestige, das man noch bei der schaffenden Bevölkerung und den Arbeitslosen hat, verlieren? Die lachen nämlich darüber. Es hat nach 1918 auch so etwas wie eine Studienkommission gegeben, das ist noch in Erinnerung.
In der vergangenen Woche hat mein Fraktionsfreund Nuding anläßlich der Debatte über das Arbeitslosenproblem auf die Ursachen der Arbeitslosigkeit hingewiesen und dargetan, daß sie im Widerspruch des Systems liegen. Er hat nicht vergessen, dabei darauf hinzuweisen, daß gerade der Marshallplan eine dieser Ursachen darstellt. Jetzt soll aber diese Kommission gebildet werden, und sie soll ein Gutachten erstatten. Ich denke, wir brauchen keine Gutachten mehr. Wir brauchen nur hinauszugehen, da sehen wir die ungeheure Wohnungsnot, da sehen wir die ungeheuren Trümmer, die daliegen, wir brauchen auch nur den Zustand der Bundesbahn zu betrachten, dann brauchen wir kein Gutachten darüber, wie wir für die Arbeitslosen Arbeit finden. Wir können uns meinetwegen auch ganz freundlich an die Gewerkschaften wenden. Die Gewerkschaften haben genügend Untersuchungen angestellt. Die Gewerkschaften würden das Gutachten, ohne daß wir eine Kommission bilden, schon geben können.
Mein Kollege Hans Böhm hat mir heute nachmittag freundlicherweise eine Zeitung zur Verfügung gestellt, die „Welt der Arbeit". Die neueste Nummer dieser Zeitung, die morgen erst herauskommt, hat als Hauptüberschrift auf der ersten Seite stehen: „Übergewinne eingestanden. Erhard gibt Milliarden-Gewinne der Unternehmer zu." Wir lesen dann auf der ersten Seite, daß seit der Währungsreform 4 1/2 bis 5 1/2 Milliarden D-Mark Privatgewinne für Investierungen gemacht worden sind. Sehen Sie, meine Herrschaften, da könnte man doch dazu übergehen, den Unternehmern einfach zu verbieten, weitere Entlassungen vorzunehmen. Man könnte ein weiteres tun, man könnte ihnen gebieten, in Höhe von 5 Prozent ihrer Belegschaft junge Menschen aufzunehmen, die jetzt keine Arbeit haben, von denen wir jetzt schon eine halbe Million haben, und sie als Lehrlinge in die Betriebe einzustellen. Wenn 5 Prozent dieser jungen Leute Lehrlinge würden, würde das für manchen Familienvater, vielleicht für manchen arbeitslosen Vater eine wertvolle Unterstützung sein.
Die sozialdemokratische Fraktion hat eben erklärt, daß sie gegen die Studienkommission ist. Die Sozialdemokraten tun auch gut daran, gegen diesen Antrag zu stimmen. Denn was hat sich herausgestellt? Auch wir haben anläßlich der Debatte über die Arbeitslosigkeit einige Vorschläge gemacht. Der Bundeskanzler aber hat erklärt: „Die SPD hat nicht einen einzigen konkreten Vorschlag gemacht." Wenn sie noch keinen gemacht hat, mein Gott, dann wird sie auch in. Zukunft keinen machen können.
— Ich habe eben Vorschläge gemacht.
Und die CDU — das steht in der Zeitung — hat geschrieben: „Es ist offensichtlich, daß die Arbeitslosigkeit gottgewollt ist, und es bleibt nichts anderes übrig, als sich darin zu schicken."