Hohes Haus! Die diesem Antrag zugrundeliegende Absicht ist eine sehr löbliche, und meine Fraktion ist mit einer entsprechenden Förderung des Fremdenverkehrs durchaus einverstanden. Der Herr Kollege Strauß hat bei der Erörterung des Antrags allerdings ausschließlich die rein volkswirtschaftlichen Gesichtspunkte eine Rolle spielen lassen und dabei für uns den etwas bitteren Geschmack auf der Zunge zurückgelassen, als wenn es weniger um die Fremden denn um das geht, was die Fremden in der Tasche tragen. Aber für uns Sozialdemokraten hat die Fremdenwerbung darüber hinaus noch eine Seite, die gerade in der heutigen Situation nicht genügend berücksichtigt werden kann, und zwar handelt es sich um eine rein politische und damit auch geistige Angelegenheit, nämlich um eine Art von Fremdenwerbung, die es zumindest den kommenden Generationen in Europa einmal gestattet, sich gegenseitig nicht nur aus der Perspektive einer Maginotlinie oder eines Westwalls und nicht immer nur in einem Rock, der mehr als vier Knöpfe hat, kennenzulernen. Weil dem so ist, legen wir großen Wert darauf, daß mit der sogenannten Organisierung des Fremdenverkehrs — wenn dieses Wort schon einmal in diesem Zusammenhang notwendig ist — Stellen und Personen beauftragt werden, die dieser selbstverständlichen Voraussetzung des Fremdenverkehrs auch Rechnung tragen. Wir befürchten, daß auf dem Gebiet der Personalpolitik auch hier wieder von vornherein entscheidende Fehler gemacht werden.
Ich darf auf folgendes hinweisen, was mir Veranlassung war, zu diesem Punkt der Tagesordnung überhaupt Stellung zu nehmen. In Frankfurt erscheint eine sehr repräsentativ aufgemachte Zeitschrift in. zwölf Sprachen. Sie nennt sich „Deutsche Revue" und hat sich die Werbung für den Fremdenverkehr zur Aufgabe gesetzt. Der Chefredakteur scheint ein Herr Schwarzenstein zu sein, der die Direktoren der einzelnen Verkehrsämter in Deutschland aufgefordert hat, für dieses Heft Bilder repräsentativer Bauten und von Landschaften einzusenden. Ich habe zufällig Gelegenheit gehabt, eine solche Aufforderung an den Verkehrsdirektor des Gebiets zu lesen, aus dem ich stamme. Der Direktor des Verkehrsamtes in Trier hat entsprechend dieser Aufforderung selbstverständlich auch ein Bild der Porta Nigra eingesandt. Er hat auf seine Frage, warum dieses Bild in der Zeitschrift nicht erschienen ist, folgende Antwort von diesem Mann bekommen, die kurz vorlesen zu dürfen ich die Erlaubnis des Herrn Präsidenten erbitten möchte. Es heißt darin:
Wir haben selbstverständlich daran gedacht, dieses repräsentative Tor zu bringen, kamen dann aber zu der Überregung, daß es wohl besser wäre, in unserer Zeitschrift als Illustration zu dem einleitenden Artikel nicht gerade ein Bauwerk zu wählen, das einer, wenn auch schon lange zurückliegenden Besatzungszeit seine Entstehung verdankt.
Ich bin der Auffassung, daß das nur das geistige Produkt eines Zwillingswesens sein kann; denn in einem Mann allein kann nicht soviel idiotischer Nationalismus virulent sein, abgesehen davon,
daß anscheinend auch für einen Journalisten das D Wort zu gelten hat: Geschichtskenntnis ist Glücksache. Dieses Tor wurde nämlich von den Menschen, von denen es erbaut wurde, damals nicht als das Werk einer Besatzungsmacht angesehen, sondern galt als Schutzmaßnahme gegen die damals — das ist allerdings eine sehr lange zurückliegende Zeit - einfallenden ollen Germanen. Es handelt sich also darum, daß dieses Werk gegen die Okkupanten dieses Gebiets errichtet wurde. Ich will nun nicht sagen, daß uns als Bevölkerung in der Zwischenzeit nicht Freud und Leid mit den damaligen Okkupanten getroffen hat, vielleicht mehr Leid als Freud. Wir haben uns mit dieser Entwicklung durchaus abzufinden vermocht. Ich hielt es für notwendig, dies dem Hohen Haus mitzuteilen, um zu zeigen, wie hier tatsächlich die Gefahr vorhanden ist, daß an solchen Stellen wiederum Menschen in irgendeiner Form entscheidend mitwirken können. bei denen solche im Effekt gefährlichen Vorstellungen virulent sind. Wir sollten uns hüten, die Frage des Fremdenverkehrs ausschließlich von der volkswirtschaftlichen, von der kommerziellen Seite her zu sehen, sondern sollten auch dem Gesichtspunkt Rechnung tragen. den ich zu Anfang meiner Ausführungen erwähnte, nämlich den Fremdenverkehr auch im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung der Beziehungen der Völker untereinander zu sehen. Und wir sollten bei der Auswahl der damit zu beauftragenden Personen mit aller Entschiedenheit darauf achten, daß wir nicht auf solche Leute zurückgreifen müssen, die unter Umständen viel mehr Porzellan zerschlagen. als sie Gutes zu tun geeignet und in der Lage sind.