Rede von
Margot
Kalinke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Nach der eindeutigen Stellungnahme im Ausschuß wäre es eigentlich nicht notwendig gewesen, noch eine Debatte zu führen.
Die vornehmste Verpflichtung der Demokratie
sollte sein, die Bedürfnisse derjenigen zu erforschen, die es angeht. In einer Zeit, die uns vor so viele Aufgaben stellt, die wir nicht erfüllen können, sollten wir uns davor hüten, Menschen mit einer Lösung zu beglücken, die sie nicht wünschen. Der Herr Berichterstatter hat sehr sachlich und sehr richtig erklärt, daß sich im Ausschuß die absolute Mehrheit von denjenigen hat überzeugen lassen, die es anging, nämlich von den Vertretern der organisierten freien Berufe. Ich bin überzeugt, die Vertreter des Ärztestandes werden noch das ihre dazu sagen, wieweit sie in Vergangenheit und Gegenwart bewiesen haben, daß sie die Altersversorgung ihrer Berufsangehörigen in voller Verpflichtung und Verantwortung selbst zu lösen verstanden. Sie haben uns im Ausschuß auch gesagt, wie sie sich die künftige Lösung vorstellen, und zwar unter den gleichen Voraussetzungen, wie sie in der Praxis schon beispielhaft entwickelt worden sind. Weiter ist uns mit aller Klarheit gesagt worden, daß diejenigen, die die Versicherung nicht wünschen, auch keine Möglichkeit hätten, die Beiträge aufzubringen. Also es geht hier um die ganz eindeutige Frage: Staatsfürsorge oder Versicherung?
Wenn ich in der kurzen Zeit, die mir zur Verfügung steht — ich darf nur fünf Minuten sprechen —,
das Problem nur anrühren kann, so möchte ich dem Kollegen Renner doch sagen, daß er diesmal Frau Schroeder — obwohl ich sonst mit ihr nicht immer einig bin — falsch zitiert hat. Die Vertreterin Berlins hat mit aller Klarheit im Ausschuß gesagt, daß sie mit der Zwangsversicherung der Selbständigen die schlechtesten Erfahrungen gemacht hätten, daß diese selbständigen Berufe kein gutes Risiko gewesen sind und man aus diesen Gründen — nicht etwa aus Gründen der Anpassung an den Westen —, also auf Grund dieser Erfahrung feststellen mußte, daß die freien und damit selbständigen Berufe aus der Versicherung herausgenommen werden sollten. Im übrigen würde ich um der Versicherten willen glücklich sein, wenn diese Anpassung an den Westen schon verwirklicht worden wäre!
Das übrige, was hier ausgeführt worden ist, hat mit dem Antrag der Zentrums-Fraktion nichts mehr zu tun. Der Antrag der Zentrums-Fraktion wollte eine gesetzliche Zwangsversicherung für alle freien Berufe. Das ist eigentlich eindeutig im Ausschuß abgelehnt worden.
— Ich kenne Ihren Antrag besser als Ihr Vertreter, Herr Dr. Reismann. Sie waren ja im Ausschuß bei der Beratung leider nicht dabei.
Sie kamen erst zum Schluß und haben, da Sie erst zum Schluß kamen, nicht einmal die Auffassung derjenigen gehört, die als Sachverständige dazu gesprochen haben. Sie haben sich entschuldigen lassen, und wir haben im Ausschuß über eine Stunde auf Sie gewartet. Deshalb können Sie auch nicht so genau Bescheid wissen.