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ID0104007100

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    6. Bundeswirtschaftsminister.: 1
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    Deutscher Bundestag - 40. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1950 1327 40. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 23. Februar 1950. Geschäftliche, Mitteilungen . . . 1328B, 1386D Zustimmung des Bundesrats zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung von Leistungen an Kriegsopfer 1328C Anfrage Nr. 27 der Zentrumsfraktion betr. die Häuser Dahlmannstraße 5 und 7 in Bonn (Drucksachen Nr. 379 und 546) 1328C I Anfrage Nr. 18 der Abg. Dr. Müller und Gen. betr. Gesetz zur Deckung der Kosten für den Umsatz ernährungswirtschaftlicher Waren (Drucksachen Nr. 278 und 585) 1328C Anfrage Nr. 34 der Abg. Goetzendorff und Gen. betr. Anteil der Heimatvertriebenen an den Stellenplänen der Ministerien (Drucksachen Nr. 414 und 593) . . . 1328D Anfrage Nr. 45 der Fraktion der KPD betr. Söldneranwerbung von Deutschen im Bundesgebiet (Drucksachen Nr. 489 und 595) 1328D Schreiben des Bundesministers für Angelegenheiten der Vertriebenen vom 14. Februar 1950 betr. Überführung der noch in den polnisch verwalteten deutschen Gebieten sowie der in Polen, der Tschechoslowakei und den südosteuropäischen Staaten lebenden Deutschen (Drucksache: Nr. 591) 1328D Zur Tagesordnung 1328D Abg. Renner (KPD) 1329A Abg. Dr. von Brentano (CDU) . 1329D Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Beendigung der Entnazifizierung (Drucksache Nr. 482) in Verbindung mit dem Antrag der Abg. Dr. Richter und Gen. betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Beendigung der Entnazifizierung (Drucksache Nr. 561) 1328D, 1329D Euler (FDP), Antragsteller 1330A, 1353C Dr. Richter (DRP), Antragsteller 1332A, 1354C Dr. Gerstenmeier (CDU) . . . . 1333C Dr. von Merkatz (DP) 1336A Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 1338B von Thadden (DRP) 1340A Dr. Etzel (BP) 1340D, 1355A Loritz (WAV) . . . . . . . . 1342D Erler (SPD) 1344D Dr. Reismann (Z) 1349C Paul (KPD) 1351B Dr. von Brentano (CDU) . . . 1352D Interpellation der Fraktion der SPD betr. Neufestsetzung der Kohlenpreise (Drucksache Nr. 404) . . 1328D, 1355B Imig (SPD), Interpellant . 1355B, 1361C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 1357A Rische (KPD) . . . . . . . 1359B C Dr. Blank (FDP) 1360B Dr. Seelos (BP) 1360D Loritz (WAV) 1361B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Bekanntmachungen (Drucksache Nr. 512) 1361D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Frau Abgeordneten Wessel und Gen. betr. Rentenversicherung für die freien Berufe (Drucksache Nr. 488 und 62) 1362A Schüttler (CSU), Berichterstatter 1362A Krause (Z) 1362D Renner (KPD) 1363B, 1366A Frau Kalinke (DP) 1363D Frau Dr. Steinbiss (CDU) . . . 1364C Dr. Hammer (FDP) 1364D Dr. Reismann (Z) 1365B Beratung des Antrags der Abgeordneten Strauß, Dr. Horlacher, Graf von Spreti und Gen. betr. Auslandwerbung für den Fremdenverkehr in Deutschland (Drucksache Nr. 490) 1366C Strauß (CSU), Antragsteller . . 1366C Eichner (BP) 1368A Jacobs (SPD) 1368C Stahl (FDP) 1369B Dr. Brönner (CDU) 1369D Mensing (CDU) . . . . . . . 1370A Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Studienkommission zur Erforschung der Möglichkeiten im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit (Drucksache Nr. 503). 1370B Dr. Bertram (Z), Antragsteller . 1370C Strauß (CSU) . . . . . . . 1371D Wönner (SPD) 1372A Harig (KPD) 1372B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Verlegung von Dienststellen des Bundes nach Berlin (Drucksache Nr. 508) 1373B Meitmann (SPD), Antragsteller 1373C, 1384C Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen . 1376B, 1386A Dr. Seelos (BP) 1378A Dr. Reismann (Z) 1379C Dr. Bucerius (CDU) 1380B Dr. Hoffmann (FDP) 1382A Neumann (SPD) 1382C Dr. Krone (CDU) 1384B Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen (Drucksachen Nr. 569, 497 und 175) 1386C Nächste Sitzung 1386C Die Sitzung wird um 14 Uhr 2 Minuten durch den' Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Erich Köhler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Wir kehren nunmehr zu Punkt 1 der Tagesordnung zurück:
    Interpellation der Fraktion der SPD betreffend Neufestsetzung der Kohlenpreise (Drucksache Nr. 404).
    Darf ich über die Redezeit folgendes bekanntgeben. Der Ältestenrat schlägt gemäß § 88 der Geschäftsordnung vor, die Gesamtredezeit auf 90 Minuten zu beschränken. Darf ich dazu das Einverständnis des Hauses feststellen? — Ich höre keinen Widerspruch. — Es ist demgemäß beschlossen.
    Für die Begründung durch die Antragsteller sind 20 Minuten vorgesehen. Wer von den Herren Antragstellern wünscht das Wort zur Begründung? — Herr Abgeordneter Imig, bitte!
    Imig (SPD), Interpellant: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die mit Wirkung vom 1. 1. 1950 erfolgte Regelung des Kohlenpreises ist auf die Vorgänge bei der Festsetzung des neuen Verrechnungskurses der D-Mark anläßlich der Pfundabwertung zurückzuführen. Die Bundesregierung hatte damals der Hohen Kommission einen Kurs von 22,5 Dollar-Cent vorgeschlagen. Aber dann hat die Hohe Kommission am 28. 9. in einem. Memorandum den Beschluß festgelegt, daß diese Kursfestsetzung 23,8 Dollar-Cent sein solle. Diese Festsetzung war mit ganz bestimmten Vorschriften verbunden, und zwar einmal unter Ziffer 2, daß jegliche diskriminierenden Maßnahmen zu verschwinden haben, zweitens: Aufhören jeglichen Dumpings, und zum dritten: Einstellung jeglicher Subsidien für diese beiden Maßnahmen. Wir haben anläßlich der damaligen Debatte auf diese Punkte gar nicht so sehr Gewicht gelegt, aber heute zeigt es sich, daß sie schon zu ihrer Wirkung kommen. Denn jetzt hat Holland schon bei der Ruhrbehörde Einspruch eingelegt, weil Holland es als diskriminierende Maßnahme auffaßt, daß die Exportkohle nach der Schweiz und Frankreich billiger ist als nach Holland.
    Worauf sich heute unsere Eingabe stützt, das ist die Ziffer 3; denn da stand die Vorschrift, daß binnen 7 Tagen Maßnahmen zu treffen seien, daß die Kohle importierenden Länder durch die Abwertung der D-Mark nicht geschädigt werden dürften. Es waren auch Vorschläge dazu angegeben, und unter diesen Vorschlägen stand einmal die Aufrechterhaltung desselben Preises für Exportkohle vor der Abwertung, zum andernmal Angleichung der Export- und Inlandpreise, daß die Differenz nicht größer sein sollte als vor der Abwertung. Für die Durchführung sollte die Bundesregierung Maßnahmen vorschlagen. Anläßlich der Bekanntgabe dieses Memorandums hat dann der Herr Bundeskanzler im Namen der Bundesregierung Erklärungen abgegeben, die ich hier einmal wörtlich vorbringen möchte:
    Wir sind der Auffassung, daß eine derartige Heraufsetzung aus Anlaß der Angleichung des Verrechnungskurses der D-Mark an den Dollar
    — er betonte nicht Abwertung der D-Mark — für die deutsche Wirtschaft unmöglich und 'untragbar ist. Wir werden diesen Weg unter keinen Umständen beschreiten. Ich erkläre das ausdrücklich namens der Bundesregierung.
    Mit dieser Erklärung des Herrn Bundeskanzlers waren nun wohl die Parteien des Hohen Hauses sämtlich einverstanden; denn auch Herr Dr. Bucerius, der Sprecher der CDU, sagte:
    Wir haben mit Genugtuung vernommen, daß die innerdeutschen Kohlenpreise unter keinen Umständen erhöht werden dürfen, weil eine solche Erhöhung das bestehende deutsche Preis- und Lohngefüge stark erschüttern würde. Die CDU/CSU-Fraktion bittet die Bundesregierung, an diesem Standpunkt bei der Verhandlung unter allen Umständen festzuhalten.

    (Abg. Dr. Bucerius: Sehr wahr!)

    Mein Fraktionsfreund Kollege Dr. Schumacher ersuchte dann die Bundesregierung um ein detailliertes Programm von Abwehrmaßnahmen unter der Bedingung, daß die Bewilligung der dafür erforderlichen Mittel der Zuständigkeit des Hohen Hauses unterliegen sollte. Aber, meine Damen und Herren, ich bin der guten Meinung: wenn die Bundesregierung diesem Ersuchen nachgekommen wäre, dann wäre sie ihrer sonstigen Handlungsweise untreu geworden.
    Am 29. 9. hat dann nochmals eine Unterredung auf dem Petersberg stattgefunden. Auch hier wurde § 3 des Memorandums noch einmal erwähnt, und die Bundesregierung sollte dazu neue Vorschläge ausarbeiten. Die Hohe Kommission hat nun zu Anfang Dezember zu Verhandlungen geladen, die auf dem Hügel zunächst unter Hinzuziehung von zwei Vertretern der DKBL stattgefunden haben. Aber damit im Hohen Hause kein Irrtum aufkommt, möchte ich sagen, daß die DKBL keine Wirtschaftsabteilung der Ge-


    (Imig)

    werkschaften, sondern die Deutsche Kohlenbergbauleitung ist. Seitens dieser Vertreter der DKBL wurde jede Änderung des Kohlenpreises, die die Kostenlage des Bergbaues nach der Minusseite beeinflussen konnte, abgelehnt. Die Verhandlungen sind dann ohne die DKBL weitergeführt worden und ergaben das bekannte Resultat: 2 Mark 18 je Tonne Minderung des Exportpreises und Erhöhung des Inlandpreises um 30 Pfennig je Tonne. Dazu kommt noch der Krisenzuschlag der Bundesbahn für die Kohlenfrachten von 121/2 vom Hundert: Verteuerung pro Tonne 10 Pfennig. Aber das wollen wir in der Rechnung nicht weiter berücksichtigen.
    Die Regelung ist natürlich nicht in 7 Tagen erfolgt. Es hat auch keine Erhöhung des Inlandpreises um 25 Prozent stattgefunden. Aber im Prinzip ist die Bundesregierung gedrängt worden, diesen Weg zu beschreiten. Die Senkung des Exportpreises um 2 Mark 18 und die Erhöhung des Inlandpreises um 30 Pfennig bewirkt, daß die jetzige Differenz zwischen Inlandpreis und Exportpreis 5 Mark 50 beträgt. Wir haben bisher nach den amtlichen Berechnungen im Bundesgebiet 104 Millionen Tonnen Kohle gefördert. Davon wurden 22 Millionen Tonnen exportiert — ohne 5 Millionen Tonnen Braunkohlebriketts —, und nach diesem Stande haben wir einen Exportmindererlös von rund 48 Millionen D-Mark. Es erfolgt natürlich ein teilweiser Ausgleich, durch die Erhöhung des Inlandpreises mit 25 Millionen D-Mark, so daß wir also im Bergbau einen Mindererlös von rund 23 Millionen D-Mark zu verzeichnen haben. Das bewirkt, daß für den Inlandsverbrauch eine ungedeckte Spanne von 0,36 D-Mark je Tonne vorhanden ist. Natürlich sind dann einige große Bedarfsträger von dieser Erhöhung ausgenommen worden, wie die Bundesbahn, Eisen- und Stahlindustrie, Elektrizitätswerke, Gas- und Wasserwerke, die einen Verbrauch von rund 26,2 Millionen Tonnen haben. Das sind also rund 32 Prozent des Inlandabsatzes. Die gesamte darauf entfallende Mehrbelastung wird dem verbleibenden Inlandsrestverbrauch zugeschrieben. Man hat wahrscheinlich mit der Herausnahme der großen Bedarfsträger ein Ausweichen vor den Rückschlägen auf die Preisgestaltung bewirken wollen. Aber selbst diese Möglichkeit, die man da zu erschöpfen versucht, kann natürlich nicht bewirken, daß die übrige Industrie, die ja auch Kohlenverbraucher ist, diese Erhöhung ohne weiteres absorbieren kann. Die Wirkungen dieser Handlung sind schon damals bei der Debatte über das Memorandum der Hohen Kommission sämtlich geschildert worden, namentlich eine starke Beeinflussung unserer Handelsbilanz durch den Verlust von Devisenbeträgen, die für uns so äußerst wertvoll sind,
    Aber das Ganze berührt auch noch eine zweite Seite, und das ist die Lohnfrage. Es ist nun einmal so, daß einer der lohnintensivsten Betriebe der Bergbau ist. Hier erfolgt die Ertragsberechnung nicht nach Mark, sondern nach Pfennigen. Meine Damen und Herren! Bei der jetzigen Jahresförderung bedeutet ein Pfennig pro Tonne Kohle eine Million D-Mark. Durch die Erhöhung der Belegschaft und die persönliche Leistungssteigerung des Bergmannes ist eine Verbesserung der Kostenlage des Bergbaues um 2 Mark 50 je Tonne verwertbarer Förderung erzielt worden. Dieses durch die Leistungssteigerung bedingte Kostenbild wird durch die Neubelastung von 0,36 D-Mark stark gefährdet. Bis jetzt haben die Bergarbeiter bewiesen, daß sie für die wirtschaftlichen Verhältnisse immerhin Verständnis aufgebracht haben. Sie haben bei der letzten Lohnforderung diese Tatsache eben in Rechnung stellen müssen. Das ist der Beweis einer wirtschaftlichen Vernunft und die Anerkennung wirtschaftlicher Verhältnisse, und diese wirtschaftliche Vernunft und diese Anerkennung der wirtschaftlichen Verhältnisse möchte ich auch allen Verfechtern der freien Marktwirtschaft einmal anempfehlen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Es wäre manche Unzufriedenheit beseitigt worden, wenn man dem nachgekommen wäre. Nach den Gesetzen der freien Wirtschaft gilt nun eben einmal das freie Spiel der Kräfte. Was würde aber daraus werden, wenn einmal beide Sozialpartner diesen Standpunkt vertreten würden!

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Der Herr Wirtschaftsminister hat als Rezept, um dieses Minus wieder auszugleichen, erhöhte Leistungen empfohlen. Erhöhte Leistungen bedeuten aber Investitionen für die Mechanisierung. Das ist ein langfristiges Programm und kann nicht von heute auf morgen verwirklicht werden. Die physische Leistung des einzelnen Arbeiters im Bergbau ist in einem dauernden Ansteigen begriffen. Auf der anderen Seite haben wir aber zu verzeichnen, daß der Kohlengroßhandel eine Erhöhung seiner Handelsverdienstquote von 50 Prozent bekommen hat.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das bedeutet für den Konsumenten einfach eine Gewinnverlagerung vom deutschen Kohlenverkauf auf den Kohlenhandel; aber für uns als Bergarbeiter bedeutet das eine Minderung des Erlöses des Bergbaues; das ist ein wesentlicher Unterschied. Es handelt sich hier um eine Verdienstspanne, die nahezu 20 Millionen Mark ausmacht. Meine Damen und Herren, ich darf es einmal deutlich sagen, daß es die Bergarbeiter satt haben, daß auf ihre Kosten Preispolitik getrieben wird. Die Bergarbeiter haben durch ihr Verhalten in aller Deutlichkeit gezeigt, daß sie gewillt sind, den wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Sie haben deswegen auch in bezug auf das Mitbestimmungsrecht ganz bestimmte Forderungen zu stellen. Ich habe einmal in diesem Hohen Hause eine Äußerung der Rechten gehört: „Das müßte schön aussehen, wenn die Arbeiter mitbestimmen würden". Ich verstehe eigentlich gar nicht, warum Sie so ängstlich sind. Wir haben bisher zwei Kriege gehabt, die ein gerüttelt Maß von Not und Elend, von Trümmern und Schutt geschaffen haben. Wenn ich einmal zynisch werden darf, möchte ich Ihnen ehrlich versichern, daß der dümmste Funktionär innerhalb der Gewerkschaften noch viel zu schlau dazu ist, um einen derartigen Haufen von Dreck und Schutt hinzulegen. In dieser Beziehung können Sie also eigentlich unbekümmert sein.
    Sie berufen sich immer darauf, daß diese Maßnahmen ergriffen werden müßten, um zu einer blühenden Wirtschaft zu kommen. Die „blühende Wirtschaft" mit dem „ehrlichen, tüchtigen" Unternehmer haben wir schon gehabt, und zwar so, daß nahezu nichts mehr daran auszubauen war; und wir haben dabei Millionen von Erwerbslosen gehabt. Es handelt sich nicht nur um


    (Imig)

    ein Produktionsproblem, sondern es ist in der Hauptsache mit ein Verteilungsproblem. Und wenn Sie sich auf den tüchtigen und ehrlichen Unternehmer berufen, dann vergessen Sie nicht, meine Damen und Herren, daß der skrupellose und hemmungslose Unternehmer immer noch dem ehrlichen und tüchtigen überlegen ist!
    An den Herrn Bundesminister habe ich noch die Frage zu richten, inwieweit die Erhöhung der Quote für den Kohlengroßhandel jetzt noch einen zusätzlichen Gewinn für diesen bedeutet.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ludwig Erhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Neuregelung der Kohlenpreise ab 1. Januar 1950 geht nicht auf einen Vorschlag der Bundesregierung zurück, sondern erfolgte auf Veranlassung der Alliierten Hohen Kommission, die für die Festsetzung der deutschen Kohlenexportpreise nach Anweisung Nr. 33 der JEIA die alleinige. Zuständigkeit hat. Es ist daran zu erinnern, daß die Hohe Kommission bei der Festsetzung der Kohlenexportpreise unmittelbar nach der D-
    Mark-Abwertung die Bundesregierung vor die Alternative stellte, entweder die Kohlenexportpreise um den vollen Betrag der D-Mark-Abwertung zu senken oder aber die deutschen Inlandspreise für Kohle so zu erhöhen, daß das bisherige Verhältnis zwischen Inlands- und Auslandspreis unverändert blieb. Die Bundesregierung hat in diesem Zusammenhang damals er- klärt, daß sie eine Erhöhung der Inlandspreise der Kohle keineswegs vorzunehmen wünsche und daher den Weg unveränderter D-Mark-Exportpreise, das heißt um den vollen Abwertungsbetrag gesenkter Dollarerlöse wähle.
    Ich darf hinzufügen, daß diese Entscheidung richtig gewesen ist; denn es wäre angesichts der Entwicklung auf dem Weltmarkt und des Verhaltens Englands im Kohlenexport selbstverständlich gar nicht möglich gewesen, die alten Dollarerlöse aufrechtzuerhalten.
    Die Inlandspreisvorschläge der Bundesregierung wurden von der Hohen Kommission angenommen, jedoch mit der Klausel, daß im Laufe der kommenden Monate eine Überprüfung der Exportpreise mit dem Ziel vorzunehmen sei, ein revidiertes Preisschema ab 1. Januar 1950 einzuführen. Inzwischen wurde die bestehende Differenz zwischen dem Exportpreis und Inlandspreis für westdeutsche Kohle und Koks Gegenstand starker Kritik seitens der Organisation für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas; denn es bestand zwischen Inlandspreis und Exportpreis eine Differenz von ungefähr 8 Mark. Maßgebend war und ist dabei die Auffassung, daß ein einheitliches Niveau der Kohlekosten in den europäischen Ländern eine wichtige Voraussetzung für eine zukünftige europäische Wirtschaftseinheit bildet. In den Verhandlungen der OEEC in Paris wurde bezüglich der Kohle hierzu herausgestellt, daß die Wirtschaft der auf Kohleeinfuhr aus Deutschland angewiesenen Länder — selbstverständlich auch in England — durch die Höhe der Kohlenexportpreise gegenüber den kohleexportierenden Ländern mit ihren niedrigen Inlandspreisen erheblich benachteiligt werde und daß diese Doppelpreise abgeschafft werden sollen, da sie eine Beeinträchtigung des europäischen Wiederaufbaues bedeuten.
    In Verfolgung dieser Linie überreichte die Alliierte Hohe Kommission der Bundesregierung Anfang Dezember ein Memorandum, in dem mitgeteilt wurde, daß eine Dreimächte-Studiengruppe für deutsche Kohlepreise angewiesen worden sei, sich mit von der Bundesregierung zu benennenden Sachverständigen in Verbindung zu setzen, um neue Kohlen-Exportpreise für das erste Quartal 1950 aufzustellen und zu einem Abkommen über die Verminderung der zwischen dem deutschen Exportpreis und dem Inlandpreis für Kohle bestehenden Differenz zu gelangen. Diese Differenz betrug, wie ich schon sagte, 8 D-Mark pro Tonne. Weiter wurde in dem Memorandum darauf hingewiesen, daß die Sachverständigen der Alliierten Hohen Kommission eine Verringerung der Differenz um 50 Prozent, das heißt also um 4 D-Mark pro Tonne, in Erwägung gezogen hätten.
    Die Bundesregierung wünschte sich diesen Verhandlungen vor allem auch deshalb nicht zu entziehen, weil sie grundsätzlich die Konzeption der Abschaffung der Doppelpreise als förderndes Moment für die europäische Wirtschaftseinheit anzuerkennen bereit war und den Wunsch hatte, einen praktischen Beitrag im Sinne der europäischen Zusammenarbeit zu leisten. Obwohl dies ein sehr erhebliches Opfer bedeutete, erklärte sich die Bundesregierung schließlich bereit, die Kohlen-Exportpreise um 2,18 D-Mark je Tonne zu senken und gleichzeitig den Inlandspreis nur in einem solchen Umfang zu erhöhen, daß sich keinesfalls Auswirkungen auf das gesamte Preisgefüge befürchten ließen. Diese Erhöhung betrug 0,30 D-Mark pro Tonne für den Inlandspreis. Die alliierte Kommission zeigte schließlich für den deutschen Standpunkt Verständnis und nahm den deutschen Vorschlag als einen ersten Schritt in der Richtung auf Abschaffung der Doppelpreise an, obwohl die damit erreichte Verringerung der Spanne zwischen Inlands- und Exportpreis um 30 Prozent nicht den Forderungen der Alliierten Hohen Kommission entsprach.
    Bei der Erhöhung des Inland-Kohlepreises um 0,30 D-Mark je Tonne im Durchschnitt nahm die Bundesregierung weitgehend Rücksicht auf die Verbrauchergruppen mit hohem Kohlenkostenanteil. So wurden die Preise der Kohlensorten, die vornehmlich für den Verbrauch der Bundesbahn, der eisenschaffenden Industrie und der Versorgungsbetriebe in Betracht kommen, nicht oder nur sehr geringfügig erhöht. Im übrigen sind mit der am 1. Januar 1950 in Kraft getretenen Kohlenpreiserhöhung im Inland keine wesentlichen Auswirkungen auf andere Produktpreise zu erwarten, da das Ausmaß dieser Kohlenpreiserhöhung nicht einmal ein Prozent des bis dahin gültigen Kohlenpreises beträgt. Bei der überwiegenden Zahl der Industrien sind bisher Auswirkungen auf die Produktpreise nicht bekanntgeworden.
    Der Bergbau selbst hat erkennen lassen, daß eine Erhöhung der Inlandpreise um 0,30 D-Mark je Tonne im Durchschnitt nicht ausreiche, um die Erlösminderung im Export auszugleichen. Eine Erhöhung um 0,66 D-Mark je Tonne wurde vom Bergbau als erforderlich bezeichnet, eine Forderung, die die Bundesregierung mit Rücksicht auf die Gefahr einer Auswirkung auf das gesamte Preisgefüge nicht erfüllen zu können glaubte.


    (Bundesminister Dr. Erhard)

    Im übrigen hätte nach Auffassung der Bundesregierung eine durchschnittliche Erhöhung um 0,50 D-Mark je Tonne zur vollen Abdeckung der Erlösminderung im Export genügt. Die sich danach ergebende ungedeckte Differenz ist nicht so bedeutend, um nennenswerte Auswirkungen auf die Rentabilitätslage, die Förderung und die sozialen Leistungen der Bergbaubetriebe zu haben.
    In einem von der Alliierten Hohen Kommission veröffentlichten Presse-Kommuniqué zu den neuen deutschen Kohle-Exportpreisen wurde darauf hingewiesen, daß die ab 1. Januar 1950 erfolgte Erhöhung der deutschen Bahnfrachten nicht zu Lasten der ausländischen Abnehmer von deutscher Kohle gehen werde. Demgegenüber hat die Bundesregierung in einer Note an die Alliierte Hohe Kommission darauf hingewiesen, daß in den Dezember-Verhandlungen zur Neuordnung der Kohle-Exportpreise von den deutschen Sachverständigen eindeutig dargelegt und in ihrem endgültigen Preisvorschlag zum Ausdruck gebracht wurde, daß sie eine nachträglich erfolgende Erhöhung der Bahnfrachten in der Freistellung für die Frei-Grenze-Preise Berücksichtigung finden müsse. Da die Alliierte Hohe Kommission darauf bestand, daß die Kohlen-Exportpreise ohne Berücksichtigung der inzwischen erfolgten Erhöhung der Bahnfrachten den ausländischen Abnehmern bekanntgegeben würden, was inzwischen geschehen ist, sah die Bundesregierung nur den Ausweg, gleichzeitig mit der eben genannten Note der Alliierten Hohen Kommission neue Exportpreisvorschläge zu übermitteln, in welchen die Bahnfrachterhöhungen Berücksichtigung finden, und der Erwartung Ausdruck zu geben, daß die Alliierte Hohe Kommission sich bereit findet, auf der Grundlage dieser Vorschläge über eine Revision der Exportpreise zusammen mit deutschen Sachverständigen zu beraten. Auf Grund dieser Vorschläge haben Verhandlungen stattgefunden, die noch nicht zum Abschluß gelangt sind.
    Ich darf zur Kosten- und Ertragslage noch folgendes sagen. Der Bergbau beziffert unter Berücksichtigung der Kohlenpreiserhöhung um 0,30 D-Mark je Tonne den Verlust des Bergbaues infolge der Senkung des Exportpreises auf rund 20 Millionen D-Mark pro Jahr, erklärt die Mindereinnahme für außerordentlich bedeutsam und leitet daraus Ansprüche auf Erhöhung der Subventionen her. Der Bergbau bezieht sich hierbei auf den Bericht des Enquête-Ausschusses aus dem Jahre 1949, in dem unter anderem ausgeführt wird, daß der Ausschuß im gegenwärtigen Augenblick keine Möglichkeit sieht, dem Wirtschaftsrat eine allgemeine Preissenkung für Steinkohle und so weiter zu empfehlen, da das Ergebnis der Untersuchungszeit weder eine Preissenkung noch eine Preiserhöhung rechtfertigt. Der Enquête liegen eingehende Untersuchungen zu Grunde, die sich jedoch auf die Verhältnisse im Bergbau vom September 1948 beziehen.

    (Zuruf von der KPD: Ist längst überholt!)

    In der Zwischenzeit sind eine Reihe von Veränderungen der Kosten- und der Ertragslage des Kohlenbergbaues eingetreten, und zwar sowohl solche, die in Richtung einer Senkung der Kosten und einer Erhöhung der Erträge gehen, wie andererseits auch solche, die die Kosten- und Ertragslage ungünstig beeinflussen. Unter anderem kann darauf hingewiesen werden, daß die Förderungsziffern im Steinkohlenbergbau sich von September 1948 bis Januar 1950 von rund 290 000 Tonnen auf -360 000 Tonnen Tagesleistung erhöht haben. Auch die Leistung pro Mann und Schicht ist von 1150 Kilogramm in der gleichen Zeit auf 1380 Kilogramm gestiegen. Eine Reihe von Materialkosten haben sich nicht unwesentlich verringert. Zum Beispiel ist der Grubenholzpreis in der gleichen Zeit von 35 D-Mark je Festmeter auf 31 D-Mark je Festmeter gesunken, und gleichzeitig ist der Grubenholzverbrauch von 33,8 Festmeter auf 27,4 Festmeter pro 1000 Tonnen Förderung gesunken, was zum Teil allerdings mit einem stärkeren Einsatz von Eisen, zum Teil aber auch mit der Lieferung besserer Hölzer in angemessenen Abmessungen zusammenhängt. Diese Steigerung der Leistung und Verminderung der Unkosten kann nicht ohne wesentliche Einwirkung auf die Ertragslage, auf die Frage der Abschreibungen und die Höhe des Kapitaldienstes sein. Auf der anderen Seite ist es nicht zu leugnen, daß die inzwischen eingetretene Lohnerhöhung, die Steigerung der Sozialkosten und die Veränderung der Urlaubsregelung sowie die Senkung der Exporterlöse sich in der entgegengesetzten Richtung bemerkbar machen müssen, es sei denn, daß gleichzeitig eine weitere Leistungssteigerung eintritt.
    Von dem Bundesministerium für Wirtschaft ist daher eine erneute Prüfung der Kosten- und Ertragslage eingeleitet worden, die die Veränderungen seit der erwähnten Kohlenenquête berücksichtigen soll. Die Prüfung ist noch nicht völlig abgeschlossen. Nach ihrem Abschluß wird die Regierung zu den Forderungen des Bergbaus Stellung nehmen.
    Was nun die Frage der Kohlenhandelswege anlangt, so sind Unterschiede zwischen der britischen, amerikanischen und französischen Zone festzustellen. In der amerikanischen Zone wurde auf Verlangen der US-Militärregierung durch Beschluß des süddeutschen Länderrats mit Wirkung vom 1. 7. 1946 die Festlegung der Lieferbeziehungen — der sogenannte zementierte Handelsweg — aufgehoben und der freie Wettbewerb beim Absatz von Kohle wiederhergestellt. Der Verbraucher ist in der Wahl seines Lieferers frei.
    In der britischen Zone hat bis vor kurzem noch der zementierte Handelsweg bestanden. Ich darf in Erinnerung an Verhandlungen im Wirtschaftsrat noch sagen, daß seinerzeit gerade auch von der SPD, insbesondere von dem Abgeordneten Dahrendorf, mir gegenüber wiederholt die Auflösung der zementierten Handelswege als dringend notwendig bezeichnet wurde. Für die britische Zone stellt sich die Sache wie folgt dar. Auf Grund der Ende Dezember 1949 zwischen der Kohlenabsatzorganisation, Deutscher Kohlen-Verkauf, und dem Kohlengroßhandel getroffenen Vereinbarung sind alle Geschäfte mit Industrieverbrauchern mit einem Jahresbedarf bis zu 6000 Tonnen dem Großhandel überlassen. Der Verbraucher ist in der Wahl des Händlers frei. Geschäfte über 6000 Tonnen bleiben dem DKV als Direktgeschäft. Soweit der Großhandel allerdings industrielle Verbraucher mit einem Jahresbedarf von über 6000 Tonnen bisher schon beliefert hat, bleiben ihm diese Geschäfte erhalten. Dem Großhandel bleiben ferner die Lieferanteile bei solchen Industrieverbrauchern, deren Jahresbedarf über 6000 Tonnen liegt und


    (Bundesminister Dr. Erhard)

    bei denen er bereits in Mitlieferung steht. Lieferungen an Kohleneinzelhändler werden ausschließlich über den Kohlengroßhandel ausgeführt. Selbstverständlich übernimmt der Kohlengroßhandel damit auch die Kosten des Delkredere und die Funktionskosten, die damit verbunden sind.
    In der französischen Zone gilt folgendes. Die Festlegung der Lieferbeziehungen ist mit Wirkung vom 1. 10. 1948 aufgehoben, jedoch mit der Maligabe, daß alle Verbraucher mit einer Jahresabnahme von 2400 Tonnen der Oberrheinischen Kohlen-Union zur unmittelbaren Belieferung vorbehalten sind. Mit der Umgestaltung der Oberrheinischen Kohlen-Union wird auch eine Neuregelung über die Tonnengrenze zu erfolgen haben.
    Infolge der Lockerung des zementierten Handelsweges in der britischen Zone entgeht dem Bergbau jährlich ein bestimmter Betrag an Rabatten, der nunmehr dem Großhandel eingeräumt werden muß. Dieser Betrag wird aber nur auf 3,8 Millionen D-Mark im Jahr veranschlagt. Der dem Bergbau dadurch entstehende Verlust wird durch die Erwägung kompensiert, daß dem Kohlenbergbau bei einer Auflockerung der Kohlenlage, also insbesondere bei steigender Produktion, bei einsetzender Kohlenschwemme an einem leistungsfähigen Großhandel viel gelegen sein muß. Diese Stärkung des Kohlengroßhandels ist auf anderem Wege nicht zu erreichen. Immerhin ist im Hinblick auf die finanzielle Lage des Bergbaus von einer vollständigen Aufhebung des zementierten Handelsweges abgesehen und nur die oben skizzierte Lockerung durchgeführt worden. Außerdem steht die Aufgabenteilung zwischen Bergbau und Großhandel im Einklang mit den Grundgedanken der Wirtschaftspolitik. Auch. war es notwendig, eine allmähliche Angleichung der Verhältnisse in der britischen und amerikanischen Zone vorzunehmen. Der jetzt noch bestehende Unterschied kann in Kauf genommen werden, da der Großhandel in der amerikanischen Zone auch früher eine freiere Stellung gegenüber dem zechengebundenen Handel der jetzigen britischen Zone gehabt hat.