Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind uns durchaus darüber im klaren, daß es nicht der Sinn eines Antrags sein kann, auf einem so wichtigen Gebiet wie dem, das heute zur Debatte steht, etwa eine Verzögerung herbeizuführen. Deshalb ändern wir unseren Antrag in der Form ab, daß wir nicht einen Gesetzentwurf von der Regierung vorgelegt haben möchten, sondern daß dieser Antrag die Unterlage für die Ausschußarbeit darstellen soll. Wir sehen in manchen Punkten der Gesetzesvorlage doch gewisse Mängel, die wir gern behoben wissen möchten.
Hierzu ist zunächst einmal grundsätzlich eines zu sagen, und auch der Kollege Euler deutete das schon an, wenn auch nicht in der Form, wie ich es jetzt tun muß. Die Entnazifizierung bezeichnete er als eine Ausnahmegesetzgebung. Das ist sie ohne Zweifel; ja sie ist eigentlich noch etwas ganz anderes, sie ist eigentlich noch viel mehr: sie ist etwas Völkerrechtswidriges.
Sie widerspricht — falls Sie es nicht wissen sollten — dem Artikel 43 der Haager Landkriegsordnung. Diesen können Sie sich einmal zu Gemüte führen. Nach diesem Artikel 43 der Haager Landkriegsordnung haben die Alliierten nicht das Recht, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen oder Gesetze zu erlassen, die in das innere Leben eines Volkes eingreifen, sondern sie haben die bestehenden Gesetze zu achten,
was ja bisher in „vorbildlicher" Weise geschehen ist.
Aus diesem Grunde lehnen wir die Entnazifizierung grundsätzlich als etwas Völkerrechtswidriges ab und stehen nicht an, offen zu erklären, daß alle — ohne daß wir damit die Leute etwa samt und sonders in einen Topf werfen und gleich den Stab über sie brechen wollen —, die in irgendeiner Form etwas damit zu tun hatten, doch in gewisser Hinsicht völkerrechtswidrig gehandelt haben.
Die Entnazifizierung war zunächst ein Gebiet, auf dem gewisse Leute ihren ganzen infernalischen politischen Haß austobten.
— Nun, Herr Greve, Sie sind ganz bestimmt nicht der geeignete Interpret einer Demokratie!
— Gerade Sie dürfen sich nicht in dieser Form aufregen.
Ich möchte nur das eine sagen: Ich empfinde es als eine ausgesprochene Schwäche der Demokratie, wenn Sie eine solche — —
— Herr Greve, Sie müssen viel lauter reden! Ich kann Sie beim besten Willen nicht verstehen, wenn Ihre sämtlichen Genossen auf einmal schreien.