Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß wir mit dem Antrag der SPD zwar in der Sache, aber nicht in der Form auf dem richtigen Wege sind. Wir wissen alle ganz genau, daß die Bundesbahn einer der wichtigsten Faktoren der Konjunkturbeeinflussung ist. Als
Verbraucher und Auftraggeber wichtiger Güter der Schwerindustrie hat sie selbstverständlich einen maßgeblichen Einfluß auf die Entwicklung des Preis- und Arbeitsniveaus. Das Verfahren, nach dem festgestellt wird, in welchem Umfange die Bahn Aufträge zu vergeben hat, ist aber nun einmal ein anderes, und ich glaube, wir sollten uns bemühen, uns wenigstens im Rahmen dieses Verfahrens zu halten. Der Verkehrsminister hat uns vorgetragen, daß im Wirtschaftsplan für das Jahr 1950 genau vorgesehen ist, welche Beträge für die Zwecke ausgegeben werden sollen, die die SPD nach ihrem der Sache nach durchaus begrüßenswerten Antrage gern ausgegeben sehen möchte. Die Beträge decken sich in der Höhe zwar nicht völlig mit dem Antrag der SPD. Es sind nämlich insgesamt nur 210 Millionen statt 220 Millionen. Diese Abweichung ist so gering, daß sie der Sache nach nicht von entscheidender Bedeutung sein dürfte. Ich darf Ihnen die Zahlen, die der Verkehrsminister angegeben hat, kurz in die Erinnerung zurückrufen: Neubau 40 Millionen, Wiederaufbau und Ausbesserung 60 Millionen, zusätzlicher Bedarf 110 Millionen.
Es, ist Aufgabe der Instanzen, die bei der Festsetzung des Wirtschaftsplans der Bundesbahn mitzuwirken haben, darüber zu wachen, daß diese Positionen auch tasächlich verwirklicht werden. Der Wirtschaftsplan der Bundesbahn wird im Verkehrsbeirat festgestellt, dem unter anderen der Herr Kollege Jahn und andere Kollegen dieses Hauses angehören. Also die Instanzen, die hier vertreten sind, haben einen maßgeblichen Einfluß auf die Festsetzung des Wirtschaftplans selbst. Er ist demnächst vom Finanzminister und vom Verkehrsminister zu genehmigen und wird diesem Hause zur Kenntnis vorgelegt. Ich nehme an, daß dieses Verfahren sich in Kürze abspielen wird und wir dann Gelegenheit haben werden, anläßlich der Kenntnisnahme Bedenken vorzutragen, wenn den Wünschen, die der SPD-Antrag hier mit Recht vorgebracht hat. nicht Genüge getan sein sollte. Ich glaube, daß es zweckmäßig ist. dieses Verfahren abzuwarten und daher insoweit den Antrag der SPD als erledigt anzusehen, nachdem der Verkehrsminister uns mitgeteilt hat, daß in den Wirtschaftsplan entsprechende Positionen aufgenommen werden. Das zu dem einen Teil des Antrages.
Der zweite Teil des Antrages befaßt sich mit der Personalfrage der Bundesbahn. Nichts hat alle Beteiligten mit größerem Schmerz erfüllt, als die Feststellung daß im vergangenen Jahre bei dem Personal der Bundesbahn aus wirtschaftlichen Gründen namhafte Einschränkungen haben vornommen werden müssen. Wir wissen, daß diese Einschränkungen nicht nur aus Gründen der Rationalisierung erfolgten, sondern daß zum Teil auch die bei der Bundesbahn herrschende Notlage die Einsparungsmaßnahmen am wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Ort zur Folge hatte. Wir haben nun aber ebenfalls von dem Herrn Verkehrsminister gerade erfahren, daß über diese Frage zwischen den Beteiligten, die sie eigentlich allein angeht, nämlich den Gewerkschaften und der Leitung der Bundesbahn, Abmachungen getroffen worden sind. Diese Abmachungen. Herr Jahn, sind nach dem 1. Februar, das heißt nach dem Datum, an dem Sie Ihren Antrag eingereicht haben, getroffen worden. Ich muß annehmen. daß die Vereinbarungen alle Beteiligten zufriedengestellt haben, soweit dies unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Bundesbahn möglich ist, auf die wir nun einmal Rücksicht zu nehmen haben und mit der wir uns abfinden müssen, da wir sie nicht ändern können. Sie bedeuten, daß bis Ende dieses Jahres überhaupt keine Entlassungen vorgenommen werden und daß die Arbeitszeitverkürzungen in erheblichem Umfange eingestellt und demnächst ganz aufgehoben werden. Nachdem eine solche Einigung erfolgt ist, wäre es untunlich, wenn das Parlament von hoher Hand in die zwischen den Sozialpartnern getroffene Vereinbarung eingreifen wollte.
Dazu noch ein grundsätzliches Wort. Wir stehen im Begriff, die Rechtsverhältnisse der Bundesbahn neu zu ordnen. Es sind zwei Gedankenkomplexe, die im Streite miteinander liegen: auf der einen Seite die Vorstellung, daß die Bundesbahn möglichst vollständig aus der Arbeit der Bundesregierung, vor allem aus dem Verkehrsministerium, herausgelöst werden sollte, und auf der anderen Seite die Auffassung, man solle die Bundesbahn der Kommandogewalt des Verkehrsministers möglichst straff unterwerfen. Die Gewerkschaften, die auch von Herrn Jahn vertreten werden, stehen dem ersten Standpunkt nahe. Sie vertreten den Standpunkt möglichst weitgehender wirtschaftlicher Selbständigkeit, ein Standpunkt, für den außerordentlich viel anzuführen ist. Dieser Auffassung widerstreitet es aber, wenn der Bundestag die Befugnis für sich in Anspruch nimmt, der Bundesbahn in einzelnen Fragen ihrer Wirtschaftsgestaltung Befehle zu erteilen. Wir können nicht auf der einen Seite den Standpunkt vertreten, daß der Verkehrsminister als solcher der Bundesbahn keine Einzelanordnungen erteilen dürfe, auf der anderen Seite für uns, die Legislative, aber dieses Recht in Anspruch nehmen. Insofern liegt in dem Antrag der SPD ein innerer Widerspruch, über den man schwerlich in diesem Zusammenhang hinwegkommen kann. Für die Beurteilung dieses Antrages ist das aber nicht entscheidend.
Wesentlich scheint mir zu sein, daß in den beiden wichtigsten Punkten der Antrag der SPD sachlich erledigt ist. Hinsichtlich der Personalfrage ist nach der Einbringung dieses Antrages eine Vereinbarung abgeschlossen worden, und auch das Petitum des übrigen Teiles des SPD-Antrages — die Einsetzung eines namhaften Betrages, um die Bundesbahn als Auftraggeber der deutschen Industrie instand zu setzen, ihre Funktion als Konjunkturbeeinflusser zu erfüllen — ist dadurch erfüllt, daß die entsprechenden Beträge in den Wirtschaftsplan der Bundesbahn für das Jahr 1950 eingesetzt worden sind. Wir sind deshalb der Auffassung, daß der Antrag durch Vorgänge, die nach der Antragstellung. liegen, sachlich gegenstandslos geworden ist, und wir stellen daher den Antrag, der Bundestag möge beschließen: Der Antrag der SPD ist durch die Regierungserklärung sachlich erledigt.