Rede von
Lisa
Albrecht
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Herren und meine Damen! Ich hatte die hohe Ehre, gestern zu Ihnen zu sprechen, und Sie haben mir das, was ich zu Ihnen sagte, sehr schlecht gedankt. Jetzt wird wieder auf die Gleichberechtigung der Frau hingewiesen, und der Herr Kollege von der FDP hat sehr nette Worte gefunden. Ich möchte aber doch an dieser Stelle noch einmal betonen, daß es auf die schönen Worte der Kollegen nicht ankommt. Sondern wir für das gesamte Volk mittätigen Frauen — im wahrsten Sinne des Wortes Frauen und auch Mütter — wollen mit Ihnen für alle Frauen und Töchter Deutschlands zusammenarbeiten.
Vorweg möchte ich etwas ganz Grundsätzliches sagen. Wir sind beauftragt, die Gesetze für das Volk neu zu schaffen. Wir schaffen und bauen aber die Gesetze nicht allein für uns und für unsere Generation, sondern wir bauen sie für die Zukunft und für die künftigen Generationen. Zum mindesten haben wir den Grund für die Moderne in der Gesetzgebung zu legen, und darauf kommt es doch an.
Nun darf ich an etwas anderem nicht vorbeigehen. Schließlich und endlich sind die Männer immer bereit, wenn die wirtschaftliche Situation in Deutschland prekär ist, die Frauen dafür leiden zu lassen. Sie gehen am Grundsätzlichen vorbei. Wir müssen aber darauf bestehen, daß bei allem der Grundsatz erkannt und geachtet und auch gewahrt wird.
Hier wurde darum gebeten, daß man über unseren Antrag nach den drei Punkten im einzelnen abstimmen sollte. Wir haben gar nichts dagegen, wenn das getan wird. Wir haben unsern Antrag sehr reiflich überlegt. Wenn es in Punkt 2 heißt, daß ein besonderes Referat im Innenministerium eingerichtet werden soll, dann soll dieses kein Sonderfrauenreferat in dem Sinne sein, daß es einen eigenen politischen Weg einschlägt. sondern es soll die Soziologie der Frau beobachten, es soll alle die Werte, die sich aus diesem Leben ergeben, zusammenfassen, und es soll ein Hilfsmaterial für dieses Referat entstehen.
Ich darf Ihnen in drei Minuten folgendes sagen. Bei meiner Reise durch Amerika und dem Studium in Washington im Department of Labor und speziell im Women's-Bureau war es mir außerordentlich interessant, daß dieser große Staat Amerika sein gesamtes Frauenmaterial im Women's-Bureau zusammentrug.
— Lachen Sie ruhig darüber, meine Herren! Sie werden sich an den neuen Zustand gewöhnen müssen, ob Sie wollen oder nicht! Die Dinge gehen ja einfach über Sie hinweg.
— Herr Euler, Sie können gern lachen; mir macht es nichts aus.
— Schauen Sie, Herr Horlacher, wir sind keine Bayern, nicht wahr! — Aber in diesem Frauenbüro im Department of Labor wird ernsthaft auf einem Gebiet gearbeitet, das man in Deutschland noch nicht ernst genug genommen hat. Alles, was sich im Leben dieser mittätigen Menschen abspielt und ergibt, geht dort als Material in die Öffentlichkeit hinaus. Dieses Büro wird nicht für die Beamtinnen der Behörden eingesetzt; es hat eine Arbeitsaufgabe, die sich wie ein Bogen über das ganze Volk und Land hinüberspannt. So müssen Sie das betrachten, und darum. unser Antrag! Das mag für Sie etwas Neues sein. Aber bitte, geben Sie nach und beschäftigen Sie sich auch einmal mit dem Neuen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Größe mit der Annahme dieses unseres Antrages bewiesen. Beweisen auch wir, daß wir bereit sind, unsere staatsbürgerlichen Aufgaben zu erfüllen und unser Können einzusetzen!