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ID0103900600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag. — 39. Sitzung: Bonn, Donnerstag, den 16. Februar 1950 1301 39. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 16. Februar 1950. Geschäftliche Mitteilungen 1301D, 1307D, 1326C Anfrage Nr. 41 der Abg. Strauß und Genossen betr. Einfuhr von Kakaoschalen (Drucksachen Nr. 452 und 562) . . . 1302A Anfrage Nr. 29 der Fraktion der DP betr. Reichsanstalt für Angestellte (Drucksachen Nr. 388 und 568) 1302A Erklärung der Fraktion der SPD betr Freispruch im Prozeß gegen den Abg Hedler 1302A Ollenhauer (SPD) 1302A Kiesinger (CDU) . . . . . . . 1302C Euler (FDP) . . . . . . . . 1303B Dr. von Merkatz (DP) . . . . 1303D Renner (KPD) . . . . . . . 1304C Dr. Reismann (Z) 1305D Dr. Schmid (SPD) . . . . . . 1306B Strauß (CSU) . . . . . . . . 1307B von Thadden (DRP) 1307C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Überwachungsausschuß zur Durchführung des § 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen (Drucksachen Nr. 467 und 231) . . . 1308A Gaul (FDP), Berichterstatter . . 1308A Pannenbecker (Z) 1308D Dr. Kleindinst (CSU) 1309B Böhm (SPD) . . . . . . . . 1309C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Vereinheitlichung der Sozialversicherung (Drucksachen Nr. 483 und 296) . . . . 1310A Degener (CDU), Berichterstatter . . 1310B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung über den Antrag der SPD betr. Frauen im öffentlichen Dienst bei der Bundesverwaltung (Drucksachen Nr 487 und 177) 1310C Dr. Dr. h. c. Lehr (CDU), Berichterstatter 1310D Neumayer (FDP) 1311C Frau Dr. Weber (CDU) 1312A Frau Albrecht (SPD) 1312A Frau Kalinke (DP) 1312D Frau Wessel (Z) 1313A Dr. Heinemann, Bundes- minister des Innern . . . . . 1313B Euler (FDP) (zur Abstimmung) . . 1313D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität über den Antrag des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 19. Oktober 1949 betr. Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Aumer (Drucksache Nr. 494) 1313D Ritzel (SPD), Berichterstatter . . 1314A Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. ordnungsgemäße Erneuerung des Fahrzeugparks der Bundesbahn (Drucksache Nr. 486) 1314C Jahn (SPD), Antragsteller 1314D, 1322D Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 1316A Vesper (KPD) 1320B Juncker (FDP) 1320C Dr. Bucerius (CDU) 1320D Dr. Bertram (Z) 1321D Dr. Wellhausen (FDP) . . . . 1322B Ollenhauer (SPD) (zur Geschäftsordnung) 1323C Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Drucksache Nr. 533) 1323D Interpellation der Fraktion der SPD betr. Neufestsetzung der Kohlenpreise (Drucksache Nr. 404) 1323D Ollenhauer (SPD) . . . . . 1323D Interpellation der Abgeordneten Dr. Bucerius und Genossen betr. Ausweisung aus dem Bundesgebiet (Drucksache Nr. 426) 1324A Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern 1324A Dr. Bucerius (CDU), Interpellant 1325A Ewers (DP) 1325C Niebergall (KPD) 1326A Nächste Sitzung 1326D Die Sitzung wird um 14 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Kurt Georg Kiesinger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde bedauern aufs tiefste, daß die sozialdemokratische Fraktion den Fall Hedler zum Anlaß genommen hat, diese außerordentlich bedenkliche Erklärung abzugeben.

    (Zurufe in der Mitte: Sehr richtig! Das kann man wohl sagen! — Gegenrufe von der SPD. — Unruhe links.)

    Meine Damen und Herren! Wir wissen uns im Grundsätzlichen, das heißt in der Stellungnahme gegen das, was Sie dem Abgeordneten Hedler vorwerfen, und in dem Willen, gegen jene Kräfte, die Sie mit Ihrer Erklärung meinen, unbeugsam vorzugehen, einig.

    (Zurufe von der SPD: Na also! — Abg. Dr. Schmid: Aber nicht nur den Mund spitzen!)


    (Sehr richtig! in der Mitte)

    und zu diesen Grundsätzen gehört die Unabhängigkeit der Justiz.

    (Stürmischer Beifall in der Mitte und rechts. — Hört! Hört! bei der KPD. — Lärm links.)

    (Abg. Dr. Schumacher: Nun hört es aber
    auf! — Große Unruhe bei der SPD und
    bei der KPD.)
    — Ich sagte: die wenigsten von Ihnen. Herr Dr. Schumacher, Sie mögen den einen oder andern Experten gehabt haben, der die Protokolle verfolgt, der Tatbestand und Entscheidungsgründe dieses Urteils sorgfältig geprüft hat. Wieviele Ihrer Fraktion aber waren dazu in der Lage? Niemand von uns war dazu in der Lage. Jeder von uns, der etwa den schweren Vorwurf der Rechtsbeugung diesen Richtern gegenüber erheben wollte, hätte sich der Mühe unterziehen müssen, die Tage gekostet hätte, die Protokolle, den ganzen Verhandlungsverlauf, den Tatbestand und die Urteilsgründe zu überprüfen.

    (Sehr wahr! in der Mitte und rechts. — Zuruf links: Das sind keine Argumente! — Unruhe.)

    Meine Damen und Herren, wir dürfen uns in dem gemeinsamen Willen, die politischen Gegner dieser neuen Verfassung zu bekämpfen, nicht zu voreiligen, emotional bedingten Entschlüssen hinreißen lassen.

    (Sehr gut in der Mitte. — Widerspruch und Unruhe links. — Abg. Strauß: Justiz der Ostzone!)

    Wir würden gerade im Interesse dieser Verfassung damit einen schweren Fehler begehen. Warten wir ruhig ab, bis die Tatsachen feststehen.


    (Kiesinger)


    (Widerspruch und Zurufe links: Warten Sie ab!)

    Sie hätten allenfalls eine Untersuchung dieses Gerichtsurteils verlangen können, Sie hätten fordern können, daß untersucht wird, ob wirklich die Richter in diesem Falle irgendwie befangen gewesen sind. Vorläufig haben Sie nur eine Vermutung, und auf Grund dieser Vermutung erheben Sie gegen die deutsche Justiz einen derartig schweren Vorwurf.

    (Abg. Dr. Schumacher: Nein! — Zuruf von der SPD: Auch was Sie sagen, ist eine Vermutung!)

    Meine Damen und Herren, es gibt nun einmal
    den Grundsatz der Unabhängigkeit der Justiz,
    und wir können von diesem Grundsatz nicht
    dann abgehen, wenn es uns paßt, und uns ein
    andermal zu ihm bekennen, wenn es uns paßt.
    Wir müssen diesen Grundsatz auch dann respektieren, wenn uns ein Urteil einmal nicht gefällt.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts. — Zuruf links: „Einmal"?)

    Wir haben, meine Damen und Herren, nicht nur eine Demokratie zu verteidigen, wir haben auch einen Rechtsstaat zu verteidigen.

    (Erneuter Beifall in der Mitte und rechts.) Und das eine ist genau so wichtig wie das andere. Erwecken wir untereinander nicht den Eindruck, als ob wir etwa nicht im Letzten, um das es geht, nicht einig wären. Das sind wir! Leider sind wir uns nicht einig darin, daß wir die Grundlagen dieses Rechtsstaates nicht antasten dürfen.


    (Zuruf links: Rechtsstaat?!)

    Denn tasten wir sie an, dann bricht eines Tages das ganze Gebäude zusammen. Deswegen bedauern wir diese Erklärung.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts. Lärm bei der KPD und bei der SPD.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ehe ich das Wort weiter erteile, darf ich an alle Seiten des Hauses den herzlichen Appell richten, die Ausführungen der Redner möglichst mit Ruhe anzuhören. Daß wir alle an diesem Vorgang mit innerer Leidenschaft teilnehmen, unterliegt keinem Zweifel; aber wir sollten dieser Leidenschaft auf allen Seiten in einer parlamentarisch gemessenen Form Ausdruck geben. Darf ich diese Bitte an Sie richten!
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Euler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von August-Martin Euler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine politischen Freunde haben aus den Ereignissen der letzten 30 Jahre den Schluß gezogen, daß es gilt, das deutsche Volk vor jeder Art von Totalitarismus und Kollektivismus zu bewahren, daß es darum geht, einen freiheitlichen Rechtsstaat aufzurichten, in den die Achtung vor dem Recht und vor den Menschen, die die schwere Aufgabe haben, das Recht zu wahren, über allem steht. Deswegen bedauern wir eine Erklärung, die von der Ehrfurcht vor dem Recht und vor der schweren Aufgabe der Rechtswahrung nicht getragen ist.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts — Erregter Widerspruch und Klappen mit Pultdeckeln links.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben gestern eine äußerst scharfe Erklärung des Herrn Dr. Schumacher über die Richter, die diesen Fall zu beurteilen hatten, in einem Augenblick vernommen, als überhaupt noch kein Bericht über die mündliche Urteilsbegründung vorlag.

    (Hört! Hört! rechts. — Abg. Dr. Schumacher: Das ist unrichtig!)

    Es hat bis jetzt noch keinen zuverlässigen und einigermaßen erschöpfenden Bericht über den Inhalt dieser Urteilsbegründung gegeben.

    (Abg. Dr. Schumacher: Doch!)

    Das, was man aus ernsthaften Blättern entnehmen kann, das ist dies: daß die von einem sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten angefertigte Niederschrift über die damalige Rede Hedlers von den Zeugen nicht bestätigt worden ist, daß sich sogar -herausgestellt hat, daß diese Niederschrift erst nach der Rede — man weiß nicht genau, in welchem Zeitpunkt — angefertigt und daß sie noch überarbeitet wurde.

    (Hört! Hört! in der Mitte und rechts.) Auf Grund eines solchen Tatbestandes müssen wir uns mit äußerster Entschiedenheit dagegen verwahren, daß deutschen Richtern ohne eine verantwortliche Prüfung


    (Lachen links)

    der Vorwurf der Rechtsbeugung gemacht wird.

    (Abg. Wehner: Sie sind ein Nazi-Advokat!) Hier wird dieselbe Justizhetze betrieben wie in der Zeit vor 1933.


    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts. — Rufe links: Unerhört! — Erneute Rufe von der SPD: Nazi-Advokat! — Große Unruhe. — Abg. Hilbert: Herr Präsident, da hat jemand „Nazi-Advokat" gerufen!)