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ID0103708600

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    Vokabeln: 6
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    Deutscher Bundestag - 37. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Februar 1950 1215 37. Sitzung Bonn, Freitag, den 10. Februar 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . 1215D, 1244D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen zur Förderung der Wirtschaft von GroßBerlin (West) (Drucksachen Nr. 500 und 496) 1215D Dr. Reif (FDP), Berichterstatter 1216A Tillmanns (CDU) . . . . . . 1216B Dr. Besold (BP) . . . . . . . 1218A Rische (KPD) 1219C Stegner (FDP) 1222C Löbe (SPD) 1223C Dr. von Merkatz (DP) 1224B Dr. Horlacher (CSU) 1225A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über die Anträge der Fraktion der WAV betr. Benzinpreiserhöhung, der Fraktion der KPD betr. Mißbilligung der Anordnung des Bundesministers für Wirtschaft auf Erhöhung der Mineralölpreise und Antrag auf Aufhebung derselben, der Abgeordneten Rademacher, Stahl, Dr. Oellers, Dr. Schäfer, Dr. Wellhausen und Fraktion der FDP betr. Preiserhöhung für Treibstoff (Drucksachen Nr. 501, 465, 331, 363, 384) 1225B, 1233A Dr. Schröder (CDU), Berichterstatter 1225C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1228A Zur Geschäftsordnung, Frage der Vertagung: Euler (FDP) 1228B, 1231C Seuffert (SPD) . . . . . . . 1228D Loritz (WAV) 1229D Rische (KPD) . . . . . 1230B Rademacher (FDP) . . . . . . . 1230D Dr. Schmid (SPD) . . . . . . . 1231D Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen . . . . . . . 1232A Persönliche Bemerkungen: Dr. Seelos (BP) . . . . . . . 1232B Schüttler (CDU) 1232D Unterbrechung der Sitzung . 1233A Zur Sache: Loritz (WAV) 1233B, 1243D Rademacher (FDP) . . . . . 1235B Vesper (KPD) . . . . . . . 1237A Reismann (Z) . . . . . . . 1238B Seuffert (SPD) 1239D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1241C Dr. Solleder (CSU) 1242A Etzel (CDU) 1242D Nächste Sitzung 1244D Die Sitzung wird um 9 Uhr 48 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Bernhard Reismann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist mir zunächst aufgefallen, daß einer der Herren Vorredner soeben erklärt hat, die Sternfahrt sei zu Ende. Durch die Erklärung habe ich vernommen, daß er sie wohl für beendet erklärt hat.

    (Lachen bei der KPD.)

    Draußen haben sich nämlich ganz kurz vor Beginn der Sitzung noch ausreichend Wagen vorgefunden, um nicht sehen zu können, daß sich etwas verändert hat. Ich will hoffen, daß das gute Mittagessen es Ihrem Magen bekömmlicher gemacht hat, den Druck der Straße auszuhalten, den Sie heute morgen so unangenehm empfunden haben.

    (Zuruf von der Mitte: So etwas freut Sie! — Abg. Dr. Gerstenmaier: Sehr geistreich!)

    Ich muß sagen, daß mir erst durch Ihre Äußerungen der Druck der Straße, von dem Sie heute morgen sprachen, bei dieser Gelegenheit als überhaupt möglich bewußt geworden ist. Ich hatte gar nicht daran gedacht. Als ich aber hörte, meine Herren von der Rechten, daß man Absperrmaßnahmen auf Grund einer gar nicht vorhandenen Bannmeile *vorgenommen habe, habe ich mich gefragt, in welchem Rechtsstaat mit Streifen wir uns denn hier eigentlich befinden.

    (Sehr richtig! beim Zentrum, bei der WAV und links.)

    Es hat doch, so sollte man meinen, in einem Rechtsstaat jedermann die gute Befugnis, zu verkehren, wo er will,

    (Nein-Rufe rechts)

    und wenn man das nicht wünscht, so mag man eben ein sogenanntes Bannmeilengesetz machen. Ein solches besteht aber nicht.
    Damit komme ich überhaupt auf das Kernproblem dieser ganzen Sache. Man neigt in diesem Hohen Hause nicht dazu, sich bei Entscheidungen, die unbequem sind, nach dem Recht zu orientieren.

    (Zustimmung beim Zentrum.)

    Wir haben das dieser Tage bei einer Geschäftsordnungsdebatte erlebt,

    (Abg. Loritz: Sehr wahr!)

    und wir erleben es jetzt in einer sachlichen Debatte schon wieder einmal. Das scheint mir eben das Bedenkliche. Es kommt nicht darauf an, um was für eine Frage es sich handelt. Das, was hier vorliegt, darf man nicht nach politischen Machtgesichtspunkten erledigen. Machtpolitische Entscheidungen könnten wir ausrechnen; denn es hat sich herumgesprochen, wie die Mehrheitsverhältnisse in diesem Hause sind.
    Wir müssen untersuchen und debattieren, ob das, was hier in Rede steht und was die Regierung tut, dem Recht entspricht, oder unsere Debatten sind zwecklos. Deswegen habe ich mich, als ich hierherkam, mit dem Gesetz- und Verordnungsblatt der Bizone bewaffnet und verweise hier auf das Gesetz vom 10. April 1949; es ist noch keine drei Vierteljahre alt. Es heißt dort im § 1:
    Eine Veränderung der Preise von Waren und
    Leistungen, die eine grundlegende Bedeutung für den gesamten Preisstandard, ins-
    besondere für die Lebenshaltung hat, bedarf
    der Zustimmung des Wirtschaftsrats.
    Es ist in den Ausschüssen davon die Rede gewesen, ob es sich hierbei um die Frage handle, nachträglich festzustellen, welche Auswirkungen eine Preiserhöhung gehabt hat, oder ob diese Frage der maßgeblichen und grundlegenden Preisbeeinflussung vorher, generell, nach dem Potentiellen, nach dem Möglichen zu beurteilen sei. Es kann, wenn man es von der rein rechtlichen Seite überlegt, gar keine Frage sein, daß die letztere Ansicht allein die richtige ist, und zwar deswegen, weil man sonst zur Beurteilung der Gültigkeit der Preisanordnung ein halbes Jahr warten müßte, um die Auswirkungen zu erkennen. Wenn aber nun der Herr Wirtschaftsminister glaubt, uns in der letzten Stunde vor der Behandlung dieses Themas mit einem langen Gutachten bedienen zu können, so kann ich daraus nur entnehmen, daß er sich sehr lange, nämlich vom Dezember bis heute, hat quälen müssen, dieses Gutachten zu Wege zu bringen,

    (Sehr wahr! links)

    so daß man das Material nicht einmal nachprüfen kann.
    Sie wissen, die Amerikaner haben ein Sprichwort. Es gilt sicherlich nicht für unser Ministerium; aber wenn es in Amerika gilt, kann es vielleicht auch anderswo gelten. Dieses Sprichwort heißt: „Die Steigerung von Lüge ist Meineid und Statistik." Und die höchste Stufe dieser Steigerung, die Statistik hat ihren Wahrheitsgehalt, je nach dem, mehr oder weniger, von der Zuverlässigkeit der Unterlagen. Da uns die Unterlagen nicht mitgeteilt worden sind, sind wir gar nicht in der Lage, das Gutachten nachzuprüfen.
    Weil aber hier nun einmal heute die Entscheidung zu fällen ist, so bewahrheitet sich das zunächst vorgetragene Argument. Man muß die


    (Dr. Reismann)

    Gültigkeit und die Erlaubtheit dieser Anordnung der Regierung — erlassen, ohne den Bundestag zu befragen — danach beurteilen, ob sie eine tiefgreifende Auswirkung haben kann oder nicht. Man muß also vorn Potentiellen ausgehen.

    (Unruhe rechts. — Abg. Freiherr Dr. von Rechenberg: Noch einmal! Das war unverständlich!)

    — Ich sage: man muß davon ausgehen, daß 'man die Wirkung und so die Zulässigkeit einer Anordnung sofort muß feststellen können. Wenn man davon ausgehen muß, so ist sie auf den gegenwärtigen Zeitpunkt zu beziehen und nicht auf den Zeitpunkt von etwa drei Monaten später, wenn man also erst festgestellt hat, wie es sich ausgewirkt hat. Es kommt auf die Frage an, wie sie sich auswirken k a n n.

    (Zuruf aus der Mitte: Das verstehe ich nicht!)

    Aber ein Zweites. Es handelt sich hier um eine Steuererhöhung, wie heute morgen vom Wirtschaftsminister zugegeben worden ist. Der wesentliche Faktor für die Erhöhung dieser Abgabe ist dabei nämlich die Erhöhung der Abgabe an die öffentliche Hand. Der Benzinpreis wird deswegen teurer, weil die Abgabe an den Staat um rund 6 Pfennig höher wird. Im übrigen steckt noch indirekt eine zweite Abgabe drin, weil die Transportkosten erhöht werden sollen. Allein aus diesen beiden Gründen also ist es erforderlich, den Bundestag zu hören, und zwar vorher zu hören. Wir haben also ein Recht darauf, vorher davon zu erfahren, wenn die Regierung beabsichtigt, solche Preise zu erhöhen. Dann hat der Bundestag das Recht, dazu Ja oder Nein zu sagen. Es ist hier wiederum festzustellen, daß sich die Bundesregierung bemüht, das Parlament auszuschalten. Ich verstehe nicht einmal, wieso die Mehrheit des Hauses zu diesen Bestrebungen der Regierung dauernd die Hand bietet. Wenn diese Praxis jetzt eingeführt und ausgebildet wird, so muß sie damit rechnen, daß sie fortwirken wird in einer Zeit, in der sie selber in der Minderheit ist, in der sie selber auch einmal Oppositionspartei sein wird.
    Diese Art erinnert an die Vergangenheit des Herrn Bundeskanzlers, als er vor einem nach der rheinischen Gemeindeverfassung amtierenden Stadtparlament praktisch der Chef des Ganzen war.

    (Sehr richtig! links.)

    Diese Praxis aber auf die gegenwärtige Bundesverfassung zu übertragen, halte ich für durchaus unzulässig, und ich bin der Ansicht, daß alle Parteien dieses Hohen Hauses das gleiche Interesse hätten, nämlich das Interesse, die Bundesregierung nicht übergreifen zu lassen auf das eigentliche Gebiet der Legislative, zumal nämlich hier — bei Steuern — im Grundgesetz dem Parlament ausdrücklich die 'Mitwirkung zugesichert und garantiert ist. Und da, wo sie vorgeschrieben ist, sollten wir uns diese Prärogative auf keinen Fall entwinden lassen, gerade von einer Regierung, die aber auch jede nur mögliche Gelegenheit benutzt. ihre Macht und Vollmacht auszuweiten; gerade dann, wenn es sich um eine solche Regierung handelt.
    Ich weise noch auf eine weitere interessante Beobachtung bei dieser Gelegenheit hin. Es stellte sich bei der Erörterung dieses Gesetzes hier erst heraus, daß trotz allen Geredes von der Freiheit der Wirtschaft ein Monopol existiert, wie es schöner gar nicht gedacht werden kann. Während man von freier Wirtschaft spricht, wird einem einzigen Verein ein Monopol auf die Einfuhr und auf die Verteilung allen Treibstoffs, der nach Deutschland kommt, eingeräumt. Ich erhebe die Frage, ob das etwa geschieht, um den Treibstoff zu verbilligen, oder ob das deswegen geschieht, um eine Rente zu garantieren, die nicht durch Konkurrenz beeinflußt wird, und um einem Betriebe ein sorgenfreies Dasein zu gestatten, der nicht zu fürchten hat, daß einer auf den Gedanken käme, den Treibstoff auch billiger anzubieten.

    (Abg. Dr. Oellers: Ein Rest der gelenkten Wirtschaft, die Sie doch so befürworten!)

    — Der gelenkten Wirtschaft? Wenn die Preise dabei gesenkt würden, würde ich nichts dagegen sagen. Bisher soll es aber dazu benutzt werden, um die Preise zu steigern. Man hat sich dieses Arguments bedient, um die Preise festzuhalten und dann zu steigern.
    Ich werde darauf aufmerksam gemacht, daß meine Redezeit zu Ende ist.

    (Zurufe: Gott sei Dank!)

    — Ja, ich kann mir denken, daß Ihnen das gefällt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich hätte Ihnen sonst noch mehr zu der Sache zu sagen gehabt. Aber es kommen ja noch andere Redner, die das ergänzen können, was ich bei der Beschränkung der Redezeit nicht erledigen konnte.

    (Beifall beim Zentrum.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Seuffert.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Walter Seuffert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem wir dem sogenannten Druck der Straße nachgegeben haben, hat er sich in Nichts aufgelöst. Jedenfalls dürfen wir nunmehr die Hoffnung haben, daß die Meinungsverschiedenheiten zwischen unseren sehr geschätzten Kollegen der Freien Demokratischen Partei darüber, was eine wohlorganisierte Demonstration, eine wirkungsvolle Demonstration des Verkehrsgewerbes und was der Druck der Straße ist, weitere Vertagungen des Hauses nicht mehr nötig machen,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    so daß wir nunmehr zur Sache kommen können mit der Ruhe und trotz der gebotenen Kürze doch auch mit der Gründlichkeit, die sie verdient.
    Es handelt sich hier in der Tat um noch etwas mehr als um den Benzinpreis, der an und für sich wichtig genug ist. Was liegt denn vor? — Es liegt zunächst eine Preisanordnung vor, durch die der Kraftstoffpreis, für Benzin zum Beispiel von 40 auf 60 Pfennig je Liter, erhöht worden ist. Die Zustimmung des Parlaments zu dieser Anordnung ist nicht eingeholt worden, und es ist deswegen streitig, ob sie rechtsgültig ist. Da sie unter der Herrschaft des alten Preisgesetzes ergangen ist, ist unstreitig, daß es für die Rechtsgültigkeit darauf ankommt, ob diese Preiserhöhung von allgemeinwirtschaftlicher Bedeutung ist oder nicht.
    Die Ausschüsse oder einige der Ausschüsse haben mit Mehrheit die Auffassung vertreten, daß keine allgemeinwirtschaftliche Bedeutung,

    (Zurufe rechts: „Grundlegende" Bedeutung!) keine grundlegende wirtschaftliche Bedeutung vorläge. Die Schwäche der hier geltend gemachten Argumente ist bereits von Vorrednern beleuchtet worden, ebenso wie die außerordentliche Ver..



    (Seuffert)

    spätung, mit der Material hierzu vorgelegt worden ist. Ich will deshalb hierauf nicht näher eingehen, obwohl ich glaube, sogar als Jurist soviel gesunden Menschenverstand übrigbehalten zu haben,

    (Hört! Hört! und Heiterkeit)

    daß ich eigentlich nicht verstehe, wie man bei
    einer Preiserhohung, die 350 Millionen für die
    Wirtschaft ausmacht, die grundlegende Bedeutung
    leugnen kann, — mit welchen Argumenten denn?

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Abg. Dr. Oellers: ich bin ganz Ihrer Meinung!)

    Das ist meine Meinung, sehr richtig! Meine Fraktion wird jedenfalls, wie sie es auch in allen Ausschussen getan hat, den Standpunkt weiter vertreten, daß diese Anordnung nicht ohne Zustimmung des Parlaments ergehen konnte und deswegen rechtsungültig ist.
    Meine Damen und Herren, Sie haben vielleicht davon gehört, daß nach dieser Preiserhöhung nunmehr wieder der Benzinzoll erhoben werden sollte. Sie haben sich wohl gewundert, weil Sie vielleicht der Meinung waren, über Zollerhebungen hätten doch Sie hier im Bundestag zu beschließen. Wundern Sie sich nicht allzusehr; denn wenn Sie angenommen haben sollten oder noch annehmen sollten, daß dieser Zoll erhoben wird, so irren Sie sich!
    Was liegt denn hier vor? Wir haben ein Zoilbegünstigungsgesetz des Vereinigten Wirtschaftsgebietes vom 22. August 1949, wonach der Benzinzoll, der an sich im Zolltarif steht, nicht erhoben wird. Dieses Gesetz ist am 31. Dezember 1949 ausgelaufen. Man hätte meinen sollen, daß über die Frage, welche Zölle nunmehr weiter erhoben werden sollen oder nicht, ob insbesondere zum Beispiel auch der Benzinzoll weiter erhoben werden soll, die Regierung irgendwelche Unterhandlungen mit dem Parlament angeknüpft hätte, ihm irgendwelche Vorlagen gemacht und seine Entscheidung eingeholt hätte. Das ist nicht der Fall gewesen, und das ist sehr zu rügen, meine Damen und Herren. Die Regierung weiß auch nicht. ob sie diesen Zoll wirklich erheben kann oder nicht, zumal, wie wir von der Regierung selbst hören, gegen die Erhebung des Zolls, der im übrigen ein reiner Finanzzoll ist, von der Hohen Kommission Bedenken geltend gemacht werden. Die Regierung erhebt diesen Zoll auch gar nicht, genau so wenig wie die anderen Zölle, die nach dem Zollbegünstigungsgesetz nicht erhoben worden sind und jetzt theoretisch anfallen. Der Benzinzoll wird gestundet. Er bleibt in den Taschen des einzigen Importeurs für Kraftstoff, den es in Deutschland gibt, des Zentralbüros für Mineralöl, und hoffentlich trägt er dort gute Zinsen!

    (Hört! Hört! Links. — Zuruf von der CDU: Das ist sicherlich nicht richtig!)

    Drittens, meine Damen und Herren, was macht es denn für einen Unterschied, ob der Zoll erhoben wird oder nicht?

    (Zuruf von der FDP: 21 Pfennig!)

    — Sie irren, Sie irren, verehrter Kollege! Nach
    dem Gesetz des Vereinigten Wirtschaftsgebietes
    vom 10. August 1949 über die Abführung der Ersparnisse beim Zentralbüro für Mineralöl sind
    laut den Haushaltszahlen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 215 D-Mark pro Tonne an Zollersparnissen abzuführen, während der Zoll 21,3
    Pfennig pro Liter oder etwa 286 Mark pro Tonne
    ausmacht. Es macht also allenfalls einen Unterschied von etwa 7 oder 8 Pfennig pro Liter aus
    und keineswegs 20 Pfennig. Das ist das Dritte.
    Und nun kommt das Vierte. Aus diesen Zollersparnisbeträgen, die, wie ich Ihnen eben gesagt habe, praktisch mindestens fast so hoch sind wie der auf dem Papier, aber nicht wirklich erhohene Zoll, sollen laut Haushaltsrecht des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, das ja einstweilen weitergilt, gewisse Preisverbilligungen, gewisse Ausgleichszahlungen, gewisse Subventionen finanziert werden. Wir haben in Frankfurt außerordentlich großen Wert darauf gelegt, daß diese Zahlungen unter Haushaltskontrolle stehen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Es hat außerordentliche Beanstandungen ergeben, als wir darauf kamen, daß die damalige Verwaltung für Wirtschaft die hier ersparten Beträge auf einem Sonderfonds angesammelt und daraus Zahlungen angewiesen hatte, ohne sich irgendeiner Kontrolle zu unterstellen. Deswegen ist ja dieses Gesetz vom 10. August 1949 gemacht worden.

    (Hört! Hört! links.)

    Wir legten Wert darauf, diese Subventionen genau zu prüfen und im Einzelfall zu bewilligen. Der Haushaltsausschuß in Frankfurt ist kurz vor den Wahlen, sogar noch nach den Wahlen, zu mehreren Sitzungen zusammengetreten und hat eingehende Beschlüsse darüber gefaßt, welche dieser Subventionen gezahlt, welche gesperrt, welche gestrichen, welche zeitlich bewilligt und welche der Prüfung durch den Rechnungshof unterzogen werden sollen. Der Bericht des Rechnungshofes liegt inzwischen tatsächlich vor und enthält einige sehr interessante Feststellungen.
    Nun, diese Subventionen und diese Preisausgleiche waren, wie ich Ihnen soeben dargelegt habe, bei einem Benzinpreis von 40 Pfennig vollkommen gedeckt, ja es blieb sogar noch etwas für den Haushalt übrig. Deswegen war es jedenfalls keineswegs notwendig, den Benzinpreis zu erhöhen. Notwendig war es allenfalls dann, wenn man diese Subventionen aus dem Haushalt wieder herausnehmen, sie wieder dem Zentralbüro für Mineralöl nach Gutdünken überlassen und damit die Kontrolle umgehen wollte, und das war auch der Zweck der Übung. Wenn Sie jetzt in der Begründung, die die Bundesregierung zu ihrem Antrag an den Bundesrat gegeben hat, lesen, es sei nicht zweckmäßig gewesen, den derzeitigen Zustand der Bewilligung der Subventionen im Haushalt aufrechtzuerhalten, so ist das genau die Ansicht, die das Zentralbüro für Mineralöl schon vor einem halben Jahr in der eigenartigsten Weise vertreten hat.

    (Hört! Hört! links.)

    Nun zu der Frage: Was ist denn eigentlich der richtige Benzinpreis? Wir haben das trotz vieler Unterlagen in der Tat noch nicht ermitteln können, denn wir haben feststellen müssen — und das war das Ergebnis der sonst ergebnislosen gestrigen Beratungen des Haushaltsausschuses —, daß hier mit zweigleisigen Unterlagen gerechnet wird und daß in den Preisberechnungen des Wirtschaftsministeriums genau dieselben Posten als Kostenfaktoren wieder auftreten, die in der Haushaltsrechnung des Bundesfinanzministeriums als Zuschüsse aus dem Haushalt, die dem Zentralbüro usw. vergütet werden, aufgeführt sind.

    (Hört! Hört! links.)

    Auf diese Art und Weise kommen Sie natürlich nie zu einer eindeutigen Feststellung.


    (Seuffert)

    Der Herr Bundesfinanzminister hat heute morgen erklärt, es sei hier die Frage, ob aus dem allgemeinen Haushalt für irgendwelche Interessentengruppen Subventionen oder sonstige Mittel ausgeschüttet werden sollten. Das ist allerdings die Frage, aber diese Frage ist auf dem rechtlichen und richtigen Wege zu entscheiden. Das aber ist bisher nicht geschehen. Und nun, meine Damen und Herren, nachdem Sie alle diese Berechnungen angestellt haben, bleiben Ihnen immer noch die 7 oder 6 Pfennig übrig — bei Diesel der entsprechende Betrag — zwischen den 53 oder 54 und den 60 Pfennig. Von diesen hören wir, sie sollen in die Tasche der Bundesregierung, in die Bundeskasse fließen. Aber da müßte uns denn doch, glaube ich, ein Steueroder Abgabengesetz vorliegen. Seit wann werden denn Mittel für die Bundeskasse durch Korrespondenz oder meinetwegen Telephonvereinbarungen mit Privatfirmen gegen Zusagen beschafft, die wir gar nicht kennen?

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Sehen Sie, meine Damen und Herren, was beabsichtigt ist, das haben wir uns so einigermaßen denken können; was geschehen ist, ist bisher nichts, gar nichts als die Preiserhöhung. Die 20 Pfennig bleiben in der Tasche des Zentralbüros; der Zoll auch, denn er ist gestundet. Und wie sie aus der Tasche des Zentralbüros in die Bundeskasse kommen sollen, das müssen wir abwarten.

    (Abg. Mellies: Das hängt vom guten Willen des Generaldirektors ab!)

    — Das scheint mir auch so.
    Auf die Fragen die sonst noch damit zusammenhängen, zum Beispiel den Monopolcharakter des Zentralbüros, die Lage des Verkehrsgewerbes, die Frage der Beförderungssteuer beim Werkfernverkehr und andere Dinge, gehe ich jetzt gar nicht ein. Ich glaube, das, was ich gesagt habe, genügt zu der Feststellung, daß für die Maßnahmen der Regierung und auch für die Maßnahmen, die nicht getroffen worden sind, oder ich will einmal sagen für diejenigen Maßnahmen, die getroffen worden sind, weil andere Maßnahmen nicht getroffen worden sind, irgendeine rechtliche und tatsächliche Begründung nicht zu ersehen ist Die einzige Folgerung, die wir hieraus ziehen können, ist die, daß diese Maßnahmen abzulehnen sind. Die Stellung meiner Fraktion ist deswegen die: sie wird jeden Antrag unterstützen, der auf Beseitigung der getroffenen Preiserhöhungsmaßnahmen hinausgeht. Sie wird sich vorbehalten, derartige Anträge selber zu stellen, und sie wird alle Anträge unterstützen, die dahin wirken, daß diese Angelegenheit heute und hier zur Entscheidung kommt.

    (Zustimmung und Beifall bei der SPD.)

    Ein Wort zur Drucksache Nr. 531. Die Drucksache Nr. 531, der Antrag des Ausschusses auf Freigabe der Benzinbewirtschaftung, steht — ich glaube, da hat der Herr Präsident sich heute morgen geirrt — nicht auf der Tagesordnung.

    (Zuruf in der Mitte: Heute morgen nicht, aber jetzt!)

    Es ist heute morgen Bericht erstattet worden, sie steht aber nicht auf der Tagesordnung. Jedenfalls konnten die Fraktionen sich mit dieser Frage nicht befassen, die vor allen Dingen deshalb außerordentlich schwierig ist, weil wir ja nicht wissen, was nach der Aufhebung der Bewirtschaftung kommt. Wir haben da in der
    Presse, in der Zeitung der britischen Militärregierung — ich habe mich daran gewöhnt, sie für ein recht gut informiertes Blatt zu halten — gar seltsame Dinge über Treibstoffpläne, -kartelie usw., für die schon Verordnungen in der Schublade fertig sein sollen, gehört.

    (Abg. Dr. Solleder: Phantasie!)

    Wir glauben deshalb, daß wir uns mit der Entscheidung dieser Frage noch einmal befassen und darüber beraten müssen. Wir bitten deswegen von unserer Fraktion aus, diese Beschlußfassung heute zurückzustellen.
    Nun ist Ihnen weiter durch die Drucksache Nr. 541 ein Antrag meiner Fraktion auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vorgelegt worden. Die Begründung für diesen Antrag ergibt sich, auch nach den Ausführungen in der ubrigen Debatte, von selbst. Auch über seine Annahme wird, da er von der verfassungsmäßig vorgeschriebenen Zahl von einem Viertel der Mitglieder des Hauses zweifellos unterstützt wird, wenig zu sagen sein. Ich verzichte deswegen auf eine weitere Begründung. Ich bringe den Antrag hiermit formell ein und bitte Sie, ihm zuzustimmen.

    (Beifall bei der SPD.)