Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem wir dem sogenannten Druck der Straße nachgegeben haben, hat er sich in Nichts aufgelöst. Jedenfalls dürfen wir nunmehr die Hoffnung haben, daß die Meinungsverschiedenheiten zwischen unseren sehr geschätzten Kollegen der Freien Demokratischen Partei darüber, was eine wohlorganisierte Demonstration, eine wirkungsvolle Demonstration des Verkehrsgewerbes und was der Druck der Straße ist, weitere Vertagungen des Hauses nicht mehr nötig machen,
so daß wir nunmehr zur Sache kommen können mit der Ruhe und trotz der gebotenen Kürze doch auch mit der Gründlichkeit, die sie verdient.
Es handelt sich hier in der Tat um noch etwas mehr als um den Benzinpreis, der an und für sich wichtig genug ist. Was liegt denn vor? — Es liegt zunächst eine Preisanordnung vor, durch die der Kraftstoffpreis, für Benzin zum Beispiel von 40 auf 60 Pfennig je Liter, erhöht worden ist. Die Zustimmung des Parlaments zu dieser Anordnung ist nicht eingeholt worden, und es ist deswegen streitig, ob sie rechtsgültig ist. Da sie unter der Herrschaft des alten Preisgesetzes ergangen ist, ist unstreitig, daß es für die Rechtsgültigkeit darauf ankommt, ob diese Preiserhöhung von allgemeinwirtschaftlicher Bedeutung ist oder nicht.
Die Ausschüsse oder einige der Ausschüsse haben mit Mehrheit die Auffassung vertreten, daß keine allgemeinwirtschaftliche Bedeutung,
keine grundlegende wirtschaftliche Bedeutung vorläge. Die Schwäche der hier geltend gemachten Argumente ist bereits von Vorrednern beleuchtet worden, ebenso wie die außerordentliche Ver..
spätung, mit der Material hierzu vorgelegt worden ist. Ich will deshalb hierauf nicht näher eingehen, obwohl ich glaube, sogar als Jurist soviel gesunden Menschenverstand übrigbehalten zu haben,
daß ich eigentlich nicht verstehe, wie man bei
einer Preiserhohung, die 350 Millionen für die
Wirtschaft ausmacht, die grundlegende Bedeutung
leugnen kann, — mit welchen Argumenten denn?
Das ist meine Meinung, sehr richtig! Meine Fraktion wird jedenfalls, wie sie es auch in allen Ausschussen getan hat, den Standpunkt weiter vertreten, daß diese Anordnung nicht ohne Zustimmung des Parlaments ergehen konnte und deswegen rechtsungültig ist.
Meine Damen und Herren, Sie haben vielleicht davon gehört, daß nach dieser Preiserhöhung nunmehr wieder der Benzinzoll erhoben werden sollte. Sie haben sich wohl gewundert, weil Sie vielleicht der Meinung waren, über Zollerhebungen hätten doch Sie hier im Bundestag zu beschließen. Wundern Sie sich nicht allzusehr; denn wenn Sie angenommen haben sollten oder noch annehmen sollten, daß dieser Zoll erhoben wird, so irren Sie sich!
Was liegt denn hier vor? Wir haben ein Zoilbegünstigungsgesetz des Vereinigten Wirtschaftsgebietes vom 22. August 1949, wonach der Benzinzoll, der an sich im Zolltarif steht, nicht erhoben wird. Dieses Gesetz ist am 31. Dezember 1949 ausgelaufen. Man hätte meinen sollen, daß über die Frage, welche Zölle nunmehr weiter erhoben werden sollen oder nicht, ob insbesondere zum Beispiel auch der Benzinzoll weiter erhoben werden soll, die Regierung irgendwelche Unterhandlungen mit dem Parlament angeknüpft hätte, ihm irgendwelche Vorlagen gemacht und seine Entscheidung eingeholt hätte. Das ist nicht der Fall gewesen, und das ist sehr zu rügen, meine Damen und Herren. Die Regierung weiß auch nicht. ob sie diesen Zoll wirklich erheben kann oder nicht, zumal, wie wir von der Regierung selbst hören, gegen die Erhebung des Zolls, der im übrigen ein reiner Finanzzoll ist, von der Hohen Kommission Bedenken geltend gemacht werden. Die Regierung erhebt diesen Zoll auch gar nicht, genau so wenig wie die anderen Zölle, die nach dem Zollbegünstigungsgesetz nicht erhoben worden sind und jetzt theoretisch anfallen. Der Benzinzoll wird gestundet. Er bleibt in den Taschen des einzigen Importeurs für Kraftstoff, den es in Deutschland gibt, des Zentralbüros für Mineralöl, und hoffentlich trägt er dort gute Zinsen!
Drittens, meine Damen und Herren, was macht es denn für einen Unterschied, ob der Zoll erhoben wird oder nicht?
— Sie irren, Sie irren, verehrter Kollege! Nach
dem Gesetz des Vereinigten Wirtschaftsgebietes
vom 10. August 1949 über die Abführung der Ersparnisse beim Zentralbüro für Mineralöl sind
laut den Haushaltszahlen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 215 D-Mark pro Tonne an Zollersparnissen abzuführen, während der Zoll 21,3
Pfennig pro Liter oder etwa 286 Mark pro Tonne
ausmacht. Es macht also allenfalls einen Unterschied von etwa 7 oder 8 Pfennig pro Liter aus
und keineswegs 20 Pfennig. Das ist das Dritte.
Und nun kommt das Vierte. Aus diesen Zollersparnisbeträgen, die, wie ich Ihnen eben gesagt habe, praktisch mindestens fast so hoch sind wie der auf dem Papier, aber nicht wirklich erhohene Zoll, sollen laut Haushaltsrecht des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, das ja einstweilen weitergilt, gewisse Preisverbilligungen, gewisse Ausgleichszahlungen, gewisse Subventionen finanziert werden. Wir haben in Frankfurt außerordentlich großen Wert darauf gelegt, daß diese Zahlungen unter Haushaltskontrolle stehen.
Es hat außerordentliche Beanstandungen ergeben, als wir darauf kamen, daß die damalige Verwaltung für Wirtschaft die hier ersparten Beträge auf einem Sonderfonds angesammelt und daraus Zahlungen angewiesen hatte, ohne sich irgendeiner Kontrolle zu unterstellen. Deswegen ist ja dieses Gesetz vom 10. August 1949 gemacht worden.
Wir legten Wert darauf, diese Subventionen genau zu prüfen und im Einzelfall zu bewilligen. Der Haushaltsausschuß in Frankfurt ist kurz vor den Wahlen, sogar noch nach den Wahlen, zu mehreren Sitzungen zusammengetreten und hat eingehende Beschlüsse darüber gefaßt, welche dieser Subventionen gezahlt, welche gesperrt, welche gestrichen, welche zeitlich bewilligt und welche der Prüfung durch den Rechnungshof unterzogen werden sollen. Der Bericht des Rechnungshofes liegt inzwischen tatsächlich vor und enthält einige sehr interessante Feststellungen.
Nun, diese Subventionen und diese Preisausgleiche waren, wie ich Ihnen soeben dargelegt habe, bei einem Benzinpreis von 40 Pfennig vollkommen gedeckt, ja es blieb sogar noch etwas für den Haushalt übrig. Deswegen war es jedenfalls keineswegs notwendig, den Benzinpreis zu erhöhen. Notwendig war es allenfalls dann, wenn man diese Subventionen aus dem Haushalt wieder herausnehmen, sie wieder dem Zentralbüro für Mineralöl nach Gutdünken überlassen und damit die Kontrolle umgehen wollte, und das war auch der Zweck der Übung. Wenn Sie jetzt in der Begründung, die die Bundesregierung zu ihrem Antrag an den Bundesrat gegeben hat, lesen, es sei nicht zweckmäßig gewesen, den derzeitigen Zustand der Bewilligung der Subventionen im Haushalt aufrechtzuerhalten, so ist das genau die Ansicht, die das Zentralbüro für Mineralöl schon vor einem halben Jahr in der eigenartigsten Weise vertreten hat.
Nun zu der Frage: Was ist denn eigentlich der richtige Benzinpreis? Wir haben das trotz vieler Unterlagen in der Tat noch nicht ermitteln können, denn wir haben feststellen müssen — und das war das Ergebnis der sonst ergebnislosen gestrigen Beratungen des Haushaltsausschuses —, daß hier mit zweigleisigen Unterlagen gerechnet wird und daß in den Preisberechnungen des Wirtschaftsministeriums genau dieselben Posten als Kostenfaktoren wieder auftreten, die in der Haushaltsrechnung des Bundesfinanzministeriums als Zuschüsse aus dem Haushalt, die dem Zentralbüro usw. vergütet werden, aufgeführt sind.
Auf diese Art und Weise kommen Sie natürlich nie zu einer eindeutigen Feststellung.
Der Herr Bundesfinanzminister hat heute morgen erklärt, es sei hier die Frage, ob aus dem allgemeinen Haushalt für irgendwelche Interessentengruppen Subventionen oder sonstige Mittel ausgeschüttet werden sollten. Das ist allerdings die Frage, aber diese Frage ist auf dem rechtlichen und richtigen Wege zu entscheiden. Das aber ist bisher nicht geschehen. Und nun, meine Damen und Herren, nachdem Sie alle diese Berechnungen angestellt haben, bleiben Ihnen immer noch die 7 oder 6 Pfennig übrig — bei Diesel der entsprechende Betrag — zwischen den 53 oder 54 und den 60 Pfennig. Von diesen hören wir, sie sollen in die Tasche der Bundesregierung, in die Bundeskasse fließen. Aber da müßte uns denn doch, glaube ich, ein Steueroder Abgabengesetz vorliegen. Seit wann werden denn Mittel für die Bundeskasse durch Korrespondenz oder meinetwegen Telephonvereinbarungen mit Privatfirmen gegen Zusagen beschafft, die wir gar nicht kennen?
Sehen Sie, meine Damen und Herren, was beabsichtigt ist, das haben wir uns so einigermaßen denken können; was geschehen ist, ist bisher nichts, gar nichts als die Preiserhöhung. Die 20 Pfennig bleiben in der Tasche des Zentralbüros; der Zoll auch, denn er ist gestundet. Und wie sie aus der Tasche des Zentralbüros in die Bundeskasse kommen sollen, das müssen wir abwarten.
— Das scheint mir auch so.
Auf die Fragen die sonst noch damit zusammenhängen, zum Beispiel den Monopolcharakter des Zentralbüros, die Lage des Verkehrsgewerbes, die Frage der Beförderungssteuer beim Werkfernverkehr und andere Dinge, gehe ich jetzt gar nicht ein. Ich glaube, das, was ich gesagt habe, genügt zu der Feststellung, daß für die Maßnahmen der Regierung und auch für die Maßnahmen, die nicht getroffen worden sind, oder ich will einmal sagen für diejenigen Maßnahmen, die getroffen worden sind, weil andere Maßnahmen nicht getroffen worden sind, irgendeine rechtliche und tatsächliche Begründung nicht zu ersehen ist Die einzige Folgerung, die wir hieraus ziehen können, ist die, daß diese Maßnahmen abzulehnen sind. Die Stellung meiner Fraktion ist deswegen die: sie wird jeden Antrag unterstützen, der auf Beseitigung der getroffenen Preiserhöhungsmaßnahmen hinausgeht. Sie wird sich vorbehalten, derartige Anträge selber zu stellen, und sie wird alle Anträge unterstützen, die dahin wirken, daß diese Angelegenheit heute und hier zur Entscheidung kommt.
Ein Wort zur Drucksache Nr. 531. Die Drucksache Nr. 531, der Antrag des Ausschusses auf Freigabe der Benzinbewirtschaftung, steht — ich glaube, da hat der Herr Präsident sich heute morgen geirrt — nicht auf der Tagesordnung.
Es ist heute morgen Bericht erstattet worden, sie steht aber nicht auf der Tagesordnung. Jedenfalls konnten die Fraktionen sich mit dieser Frage nicht befassen, die vor allen Dingen deshalb außerordentlich schwierig ist, weil wir ja nicht wissen, was nach der Aufhebung der Bewirtschaftung kommt. Wir haben da in der
Presse, in der Zeitung der britischen Militärregierung — ich habe mich daran gewöhnt, sie für ein recht gut informiertes Blatt zu halten — gar seltsame Dinge über Treibstoffpläne, -kartelie usw., für die schon Verordnungen in der Schublade fertig sein sollen, gehört.
Wir glauben deshalb, daß wir uns mit der Entscheidung dieser Frage noch einmal befassen und darüber beraten müssen. Wir bitten deswegen von unserer Fraktion aus, diese Beschlußfassung heute zurückzustellen.
Nun ist Ihnen weiter durch die Drucksache Nr. 541 ein Antrag meiner Fraktion auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vorgelegt worden. Die Begründung für diesen Antrag ergibt sich, auch nach den Ausführungen in der ubrigen Debatte, von selbst. Auch über seine Annahme wird, da er von der verfassungsmäßig vorgeschriebenen Zahl von einem Viertel der Mitglieder des Hauses zweifellos unterstützt wird, wenig zu sagen sein. Ich verzichte deswegen auf eine weitere Begründung. Ich bringe den Antrag hiermit formell ein und bitte Sie, ihm zuzustimmen.