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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es scheint heute eine rhetorische Selbstverständlichkeit zu sein, sich vor Erörterungen der Not- und Leidensfrage unseres Volkes nahezu gewohnheitsmäßig auf das furchtbare Erbe der vergangenen Zeit zu berufen. Das ist zugleich billig und bequem und enthebt von vornherein eines Großteils der Verantwortung. Mich wundert dabei nur, daß man sich nicht auch, noch auf den allerdings etwas weiter zurückliegenden 30jährigen Krieg beruft.
Trotz des Krieges und der furchtbaren Niederlage wäre schon viel Not gewendet und der wirtschaftliche Aufstieg Deutschlands eine Tatsache, wenn nicht von innen und von außen — das ist kein Vorwurf gegen die Bundesregierung — aus sehr bewußter Absicht oder aus Unfähigkeit immer wieder Schwierigkeiten über Schwierigkeiten bereitet worden wären oder bereitet werden.
Wenn nicht die Siegermächte gegen jedes Völkerrecht unsere trotz Krieg und Niederlage noch weitgehend verwendbare Industrie bis zur nahezu völligen Vernichtung demontiert hätten, wenn nicht der deutsche Export um anderer Vorteile willen immer noch gedrosselt, unsere Beziehungen zum Ausland durch alle möglichen Befehle, die den Handel lahmlegen, gestört würden, wenn uns nicht Tausende deutscher Patente genommen und vorenthalten worden wären, dann wäre es wahrhaftig um unsere deutsche Wirtschaft besser bestellt.
Darüber hinaus sei folgendes gesagt. Wir haben leider Gottes immer noch eine außerordentlich aufgeblähte Bürokratie,. die nicht in der Lage ist — vor allem bei den Ländern -, wirksame Hilfe zu schaffen, beispielsweise neue Industrien für die Vertriebenen aufzubauen. Die Bereitstellung von Möglichkeiten einer planmäßigen und wirklich individuellen Umschulung und Eingliederung der Berufssoldaten etwa scheint mir bis heute noch kaum erwogen zu sein. An eine notwendige Unterstützung der sehr vorbildlichen Selbsthilfeorganisation der Arbeitslosen, die heute noch durch gewisse Gesetze schwerstens gehemmt wird, scheint ebenfalls nicht gedacht zu werden. Dazu kommt aber, daß ein riesenhafter Prozentsatz unseres Steueraufkommens für Besatzungskosten verloren geht. Wir möchten doch an dieser Stelle die Regierung bitten, diesem Kapitel ganz besonders ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden. Man denke nicht etwa daran, daß sich das Sparvermögen vergrößern könnte; denn die kleinen Sparer haben, wie ich glaube, durch die verschiedenen Währungsmanöver ihr Vertrauen einigermaßen eingebüßt.
In manchen Ländern gibt es sogenannte Jugendschutzgesetze. Sie stellen in Wirklichkeit keine Gesetze zum Jugendschutz dar. sondern sind Gesetze, die die Jugend daran hindern, eine wirksame Ausbildung zu genießen.
Darüber hinaus möchte ich noch eine Frage stellen, nämlich ob es den Tatsachen entspricht, daß Deutschland daran gehindert wurde, gewisse für die deutsche Arbeitsbeschaffung entscheidende Lieferungen durchzuführen, von einer Macht gehindert, die aus Konkurrenzneid dieses Hemmnis Deutschland in den Weg legte, um selber die Lieferungen übernehmen zu können. Wir bitten deshalb die Regierung, alles zu tun, um ihre Souveränität zu bezeugen.
Hier geht es um Arbeitsmöglichkeiten, und es muß alles getan werden, um dem deutschen Volk in jeder Form Arbeitsmöglichkeiten zu beschaffen.
Wenn davon gesprochen wird, Menschen, vor allem Jugendliche, von der Straße wegzubringen und ohne große Mehrkosten für die Regierung einer für die Allgemeinheit nutzbringenden Arbeit zuzuführen, so will ich -- selbst auf die Gefahr hin, als Ketzer zu erscheinen --, wie es übrigens neulich auch ein Mitglied einer Regierungspartei in einem anderen Falle getan hat, auf eine Einrichtung hinweisen, nach der von verschiedenen Seiten seit längerer Zeit die Fühler ausgestreckt werden, eine Einrichtung, die nicht nur in Deutschland im Frieden segensreich wirkte, sondern schon vorher in anderen Ländern erprobt war, eine Einrichtung, die unserer Überzeugung nach schnellstens geschaffen werden müßte: ein deutscher Arbeitsdienst.
- Es tut mir leid, daß Ihnen bei Erwähnung dieser Sache schon die Hosen zu schlackern anfangen!