Rede von
Paul
Krause
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DZP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DZP)
Meine Damen und Herren! Ich habe nicht vor, zu wiederholen, was meine Vorredner schon gesagt haben. Ich habe auch nicht vor, mich
selbst zu wiederholen, sondern ich bin der Meinung, daß nach zehnstündiger Debatte, in der fortwährend von Ostvertriebenen die Rede war, endlich auch einmal ein Ostvertriebener selbst zu Wort kommen sollte, um aus der Erfahrung seiner Schicksalsgefährten und seiner eigenen Erfahrung das zu ergänzen, was wir heute gehört haben.
Wir haben mit wachen Augen und offenen Ohren die Debatte verfolgt und davon Kenntnis genommen, daß die Bundesregierung zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Millionenbeträge bereitstellen will. Und wir werden in geeigneter Form darauf aufpassen, von wem und an wen und in welcher Form die Beträge nun verteilt werden.
Es ist heute im Zusammenhang mit dem Vertriebenenproblem oft von den Millionen Arbeitsloser gesprochen worden, und ich glaube: es ist notwendig, daß die Öffentlichkeit in der Trizone auf Grund amtlicher Zahlen in dieser Stunde und im Zusammenhang mit dieser Debatte einmal davon in Kenntnis gesetzt wird, daß der Anteil der Ostvertriebenen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hier im Westen an der Gesamterwerbslosigkeit 38 Prozent und an der Gesamtbevölkerung zirka 16 Prozent beträgt, daß also der Anteil der Ostvertriebenen an der Arbeitslosigkeit im gesamten Bundesgebiet 2,4 mal so groß wie bei der einheimischen Bevölkerung ist.
Ein weiteres: wir haben den Wunsch, daß die Kredite an Flüchtlingsbetriebe, besonders an solche an entlegenen Orten, gegeben werden; denn der Aufwand für die Arbeitslosenunterstützung und Arbeitslosenfürsorge würde sonst schon in wenigen Wochen oder Monaten der Höhe des von Betrieben dieser Art dann beantragten Kredits entsprechen.
Der Kürze der Zeit wegen schnell noch ein Gedanke: Die Ostvertriebenen der Trizone wünschen nicht, daß das Jahr 1950 für sie ein Jahr der Enttäuschung wird. Sie hoffen, daß sich endlich einmal Mittel zur praktischen Betätigung finden lassen, daß endlich wirklich neue Arbeitsmöglichkeiten erschlossen werden; ich denke da in diesem Zusammenhang ganz besonders an die Zahlung des Wartegeldes; denn der Großteil der ostvertriebenen Beamten bezieht heute Wartegeld und, wenn diese Frage endlich einmal geregelt sein würde, dann entfiele auf der anderen Seite nämlich der hohe Kostensatz für die Arbeitslosen- und Wohlfahrtsfürsorgebeträge für diese Massen verzweifelter Menschen.
Ich darf zum Schluß noch einmal anregen, daß in die Beratungen über die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit im Bundesgebiet auch das Projekt der Ruhrtalbahn mit aufgenommen wird. Nach den Besprechungen, die ich gestern in den verschiedenen Ministerien gehabt habe, würde es sich lohnen, einmal auch diesen Plan zu prüfen, damit im Ruhrtal die Lücke in der Nord-Südverbindung des Güterverkehrs zwischen der Nordsee und Frankfurt am Main, zwischen Warstein und Meschede geschlossen wird. Auf diese Weise würde es möglich werden, auch in diesem Gebiet, wo die Arbeitslosigkeit ganz besonders groß ist und ständig zunimmt, die Arbeitslosen von der Straße zu bringen.